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Eins

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21.03.2003
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Eins

Eins

Als ich heute hinaus in die laue Sommernacht trete und meinen Blick auf den Sternenhimmel werfe, wird mir wieder einmal bewusst, wie klein und unbedeutend ein einzelnes Leben doch ist. Seltsamerweise jedoch erfüllt mich diese Erkenntnis mit einer tiefen Zufriedenheit. Was auch immer in diesem Universum geschieht, ich kann es nicht verändern, ich trage nicht die Verantwortung. Es ist ein sehr erleichterndes Gefühl, sich dessen so vollkommen bewusst zu sein. Ich schlage eine Richtung durch meinen kleinen Vorort ein, die keinesfalls zufällig gewählt ist. Ich weiß genau, wohin mich mein Weg durch die mitternächtlichen Straßen führen soll. Rasch laufe ich am Rand des nahen Friedhofs vorbei. Auch wenn ich nicht an Zombies oder dergleichen glaube, erweckt der Gedanke an so viele tote Menschen zu dieser Uhrzeit ein beklemmendes Gefühl in mir. Doch sobald ich die kleine Kapelle am Ende der Straße hinter mir gelassen habe, schlägt diese Beklemmung in euphorische Vorfreude um.
Eine leichte Brise umweht mich und ich fühle mich plötzlich so lebendig wie lange nicht mehr. Fast unmerklich beschleunigen sich meine Schritte und mein Herzschlag in ungleichem Maße. Ein Lächeln erscheint auf meinem Gesicht und ich versinke in Gedanken, so dass ich meine Umgebung kaum mehr wahrnehme. Einige Straßenecken später verfalle ich in einen langsameren Gang. Ich bin fast da. Noch vorbei am nächsten Baum, dann kann ich es sehen. Auf der gegenüberliegenden Straßenseite liegt ein Haus im Dunkeln. Einzig ein Fenster im ersten Stock scheint hell erleuchtet. Ich stehe mit pochendem Herzen hinter einem kleinen Busch und warte. Warte worauf? Erstaunt muss ich feststellen, dass ich es gar nicht weiß. In diesem Moment taucht ein Gesicht in dem Fenster auf. Es ist dein Gesicht. Darauf habe ich gewartet. Du hast deinen Blick zum Himmel gewandt und ich folge ihm in den sternenbedeckten Nachthimmel. In diesem Moment sehe ich, was du siehst. Ich fühle, was du fühlst. Für einen endlos erscheinenden Augenblick sind wir einander tiefer verbunden als wir es sonst je sein könnten. Ich befinde mich nicht mehr draußen auf der Straße. Nein, ich bin ein Teil des Firmaments und ich spüre dich neben mir in der Unendlichkeit des Universums. Dort oben blicken wir beide uns direkt in die Augen und wissen, dass es für immer ist.
Ein vorüberfahrendes Auto reißt mich aus meiner Trance. Bei einem erneuten Blick hoch zu deinem Zimmer muss ich feststellen, dass auch du deinen Blick von der Unendlichkeit abgewandt hast. Nur dein dunkler Haarschopf ist noch zu sehen und ein bläuliches Licht verrät mir, dass dich die unendlichen Weiten des Cyberspace wieder gefangen genommen haben. Ich lasse meine Augen noch ein letztes Mal den schwarzen Nachthimmel sehen und mache mich dann auf den Weg nach Hause. Nun werde ich wieder eine ganze Weile in der Erinnerung leben müssen. In der schmerzhaft schönen Erinnerung, dir so nahe gewesen zu sein, dass alle Grenzen verschwammen, dass wir Eins waren. Auch wenn du bei unserem nächsten Treffen den Anschein erwecken wirst, mich nicht zu kennen, weiß ich, dass auch du es gespürt hast, dass auch du in diesem Augenblick eins geworden bist mit mir und dem unendlichen Universum.

 

Hallo powell,

auch wenn du schreibst, dein Prot wäre glücklich in diesem Moment, klingt deine Geschichte für mich ganz schön einsam. Ein Mensch nähert sich dem Fenster einer Frau, nur um für einen Augenblick mit ihr in den Sternenhimmel zu schauen und zu wissen, dass sie diesen Moment mit ihm teilt.
Ob sie ihn teilt, wissen wir nicht, nur dass er daran glaubt. Das ist traurig.
Es hätte auch beklemmend sein können, eine unerlaubte Aneignung von Nähe, die er sich sucht, eine Intimität, die er sich im Verborgenen ohne ihr Wissen nimmt, auch wenn es nbatürlich weder steafbar ist, mit jemanden in den Himmel zu schauen, noch sich seine Fantasien dazu zu machen.

Leider tritt beim Lesen keines der möglichen Gefühle in mir ein, weder die Zufriedenheit, die du beschreibst, noch die Traurigkeit, welche der Plot nahelegen würde, noch seine Beklemmung. Dazu erscheint mir die Geschichte nicht mutig genug, etwas zu konventionell erzählt. Sie ist sprachlich sauber, es ist nichts dran auszusetzen, doch irgendetwas fehlt.

Vielleicht baust du diese Geschichte ein bisschen aus, beschreibst auf deinem Weg schon Gedanken an sie, wie er sie kennengelernt hat, wie er ihr einmal erlaubterweise nah gewesen ist, woher er weiß, dass sie in dieser Nacht in den Himmel schauen wird. Vielleicht machst du uns einfach seine Sehnsucht plausibel indem du uns das Ziel dem sie gilt ein bisschen mehr vorstellst.

Lieben Gruß, sim

 

Hallo Sim!

Ja, du hast recht!
Für den aussenstehenden Leser ist es wohl wirklich schwer nachzuvollziehen, was und wie der Prot fühlt.
Ich vermute das liegt daran, dass die Geschichte ziemlich autobiographisch ist, und man beim Schreiben nicht merkt, dass es schwer zu erfassen ist, da man nur selbst fühlen kann, was es bedeutet, weil man es selbst erlebt hat.
Ich denke drüber nach, wie man diese Gefühle deutlicher rüberbringen könnte.

Danke fürs Lesen, Bastiaan :)

 

Hallo powell!

Ich frage mich, warum Dein Protagonist überhaupt zu dem Haus hingeht, da er ja auch von einem anderen Ort aus mit ihr zufällig zugleich in den Himmel schauen könnte oder sich zumindest einbilden, daß sie es ihm gleichtut. Dann wüßte er nicht mehr und nicht weniger, wo ihre Gedanken dabei sind, oder ähnliches.

Aber wenn ich nocheinmal den Anfang Deiner Geschichte lese, komme ich doch noch zu einem Sinn in Deiner Geschichte:

Was auch immer in diesem Universum geschieht, ich kann es nicht verändern, ich trage nicht die Verantwortung.
Ich denke, der Protagonist wünschte sich vielleicht insgeheim, mit der Frau direkten Kontakt aufzunehmen, vielleicht wollte er anläuten und hat es letztlich doch nicht getan, weil er nicht gewöhnt ist, sein Schicksal selbst in die Hand zu nehmen? Wartet er, daß etwas (größeres?) sein Schicksal bestimmt?

Bei der Stelle...

ein bläuliches Licht verrät mir, dass dich die unendlichen Weiten des Cyberspace wieder gefangen genommen haben.
...hab ich mir dann wiederum gedacht, vielleicht weiß er ja auch, daß sie keine Zeit für ihn hat, weil ihr das Internet wichtiger ist?

Auch, wenn die Geschichte autobiografisch ist, sollte sie doch etwas deutlicher als hier einen Sinn oder eine Aussage erkennen lassen, oder vielleicht auch einen Spannungsbogen. Nur hinerzählt ist noch keine richtige Geschichte. Aber ich denke, mit ein bisschen Überarbeitung könnte sie noch ganz gut werden. ;)

Liebe Grüße,
Susi :)

 

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