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Eins geht schon noch...

J

jerado

Guest

Eins geht schon noch...

Was soll er sagen?
"Hallo, mein Name ist Niko. Darf ich dich auf einen Drink einladen?"
Nein, das klingt blöd und funktioniert sowieso nur in Soaps reibungslos.
Sonst fällt ihm nichts ein.

Eigentlich mag er diese Kneipe nicht. Ist ihm alles irgendwie zu edel und zu protzig. Vor ein paar Wochen hat er sich von seinen Kollegen überreden lassen, mit ihnen hier her zu kommen und nach einem gelungenem Vertragsabschluss noch ein bisschen zu feiern. Eigentlich wollte er zwar lieber nach Hause gehen und dort ein bisschen chillen, doch dem zuletzt etwas eisigem Kollegenverhältnis wollte er etwas Gutes tun. Jetzt ist er ihnen natürlich dankbar. Ihnen den Prototypen der Zielgruppe dieser Bar. Gutaussehend, jung, edle Designeranzüge tragend und mindestens genauso edle Schlitten vor der Tür stehen zu haben. Niko ist nicht sicher, was nun mehr Eindruck auf die Frauenwelt macht.

Er dagegen, zwar mit den gleichen Anzügen und mit genauso gut gebauten Körper, spielt trotzdem nicht in einer Liga mit den anderen. Zu groß seine Schüchternheit. Zu groß seine Angst vor einem Korb.

Das ist nun der Grund dafür, dass er sie noch nicht angesprochen hat. Feigheit. Er verflucht sich selber dafür. Jetzt sitzt er also wieder da, wie schon seit fünf Wochen und schaut unauffällig zu der Frau am Nebentisch. Am liebsten würde er sie anstieren, mit ihrem roten Kleid, das ihre weiblichen Reize zur Schau stellt und ihrem schallendem Lachen, das im ganzen Lokal zu hören ist.

Er hat sich fest vorgenommen, sie heute anzusprechen und bestellt sich erstmal ein Bier. Das erste Mal seit langem, aber was soll er tun wenn er sich sonst nicht traut?

Also schüttet er angewidert das erste Glas hinunter und auch das zweite trinkt er schnell und inzwischen findet er den bitteren Geschmack nicht mehr ganz so eklig. Zwar ist seine Hemmschwelle schon gesunken, bestellt sich aber sicherheitshalber noch ein Bier und einen Schnaps, damit auch wirklich nichts mehr schief gehen kann.

Danach fühlt er sich bereit; zumindest bis er aufsteht und sich doch gleich wieder hinsetzt. Sein Gleichgewichtssinn scheint doch etwas mehr als erwartet unter dem Alkohol gelitten zu haben.

Ach, was soll's. Wenn nicht jetzt, wann dann?

"Hallo, Süße, wie geht's? Lust auf'n `nen Drink? Oder Lust auf mich?"
"Hau ab du Penner!" Und dreht sich weg.

Scheiße.

Langsam, um nicht zu fallen, geht er raus und schwankt nach Hause.

 

Hallo Jerado,

deine kleine Szene hat mir eigentlich ganz gut gefallen. Hast dich gut in deinen Protagonisten eingefühlt und konsequent aus seiner Perspektive erzählt.

Auch was der Typ für einen Charakter hat, wird klar: Er ist vor allem gehemmt. Dann ist es realistisch, dass er sich Mut antrinken will, und dann seinen Auftritt verpatzt.

Ein paar Details:
- Es klingt so, als wäre Nico kein Stammgast dieser Kneipe, wäre nur einmal von seinen Kollegen mitgeschleift worden. Wieso guckt er aber "wie schon seit fünf Wochen" zu der Frau rüber?

- "und nach einem gelungenem Vertragsabschluss noch ein bisschen zu feiern. Eigentlich wollte er zwar lieber nach Hause gehen und dort ein bisschen chillen, doch dem zuletzt etwas eisigem Kollegenverhältnis wollte er etwas Gutes tun."
Diesen Teil find ich etwas zu lang. Was Nico eigentlich tun wollte tut nichts zur Sache, oder?

- "Er dagegen, zwar mit den gleichen Anzügen und mit genauso gut gebauten Körper,..."
Erstens hat er doch nur EINEN Anzug an. Und zweitens glaub ich nicht, dass alle seine Kollegen gut gebaut sind. Mein Vorschlag: "Er hat einen genauso gut sitzenden Anzug an, und er geht regelmäßig ins Fitnessstudio, aber..."

- "Ihnen den Prototypen der Zielgruppe dieser Bar"
Abgesehen davon dass da ein Komma fehlt nach "Ihnen", finde ich den Satz sprachlich nicht so gelungen, wegen des doppelten Genitivs (DER Zielgruppe DER Bar).

Insgesamt keine schlechte Geschichte, vor allem, wenn man mit dem Zeugs vergleicht, was ich mit 15 geschrieben habe. (Hab in deinem Profil nachgeguckt.)

Grüße,
Stefan

 

Joa, möchte mich Leix anschließen. Wer mit fünfzehn schon schreibt, weiß besser was er mit zwanzig will. Wird entschlossener.

 

Hallo jerado,

ich habe mich gefragt, was Du mit Deiner Geschichte aussagen willst.
Da freut sich jemand, dass er eine Frau sieht, die ihm gefällt, quatscht sie ungeschickt an, geht nach Hause.
Eine Geschichte sollte z.B. durch das Aufzeigen von Gegensätzen eine Aussage verdeutlichen, oder Bekanntes in Frage stellen. Wenn sie zusätzlich noch eine Stimmung kreativ beschreibt, oder sensibel psychologische Mechanismen aufzeigt, ist sie gelungen. (Obwohl manche Autoren schon mit einem der von mir genannten Aspekten zufrieden sind).

In stilistischer und inhaltlicher Hinsicht müßtest Du noch an Deiner Geschichte arbeiten.
Dies soll nicht heißen, dass Deine Geschichte eine Katastrophe ist, sondern sich noch entwickeln muß (bzw. Du als Autor- und da hast Du ja noch ´ne Menge Zeit...).

Also:Überlege: Welche besondere, mitteilenswerte Aussage will ich darstellen?
Welche Stimmung soll der Leser verspüren, wie kann man diese erreichen? (Wortwahl, Satzbau ... ).

Tschüß... Woltochinon

 

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