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Eingesperrt
Ich lag in meinem Bett und starrte an die Decke des Krankenzimmers in der Baumgartner Höhe. Mein neuer bester Freund lag nicht weit entfernt ebenfalls in seinem Bett. Zumindest tat er etwas Sinnvolles und löste Rätsel in einer kleinen rot-gelben Zeitschrift. Aus langweile stand setzte ich mich erst auf, stand auf und verließ den Raum. Der lange Gang machte mir jedes einzelne Mal Angst. Auf der rechten Seite lagen die Patientenzimmer, während auf der anderen Seite Speise- und Gemeinschaftsraum waren. Direkt neben dem Eingang der Station war das Schwesternzimmer. Geschützt mit schweren metallenen Türen, durch die man nur mit dem passenden Schlüssel passieren kann. Eine große dicke Glasscheibe sorgte auch dafür, dass Pfleger den Gang in den Augen behalten können und zugleich geschützt sind.
Um mich etwas von diesem Elend und den Stimmen in meinem Schädel etwas abzulenken, betrat ich den großen Gemeinschaftsraum. Die Wände waren vom Rauch schon vergilbt. Manche, die eingewiesen wurden und nicht das Gebäude verlassen durften verbrachten hier den gesamten Tag. Diese Patienten sind gesichert mit einer Art elektronischen Fußfessel. Das Verlassen der Abteilung führt dabei immer zu einem Alarm.
Der geringe Antrieb und die Stimmen zwangen mich irgendwie dazu, mir auch eine Zigarette anzuzünden. Ich steckte die Zigarette zwischen meine Lippen, holte mein Feuerzeug heraus und machte einen Zug, während die kleine Flamme die Zigarette anzündete. Schon beim ersten Zug spürte ich, wie der Rauch beim Einatmen meine Lungenflügel füllte. Mit demselben seltsam angenehmen Gefühl atmete ich den Rauch auch wieder aus.
Ein etwas älterer Herr setzte sich auf den Sessel neben mir und starrte mich kurze Zeit an, bis er aus dem Fenster sah.
»Auch eine Zigarette?«, fragte ich ihn.
»Wenn es dir nichts ausmacht, sehr gerne«, antwortete der Mann, dessen Namen ich nicht einmal kenne. Aber wir sind hier alle sofort perdu. Die meisten, aber eben nicht alle, merken relativ schnell, dass wir hier im selben Boot sitzen und das Beste daraus machen müssen. So gab ich ihm eine Zigarette von mir ab und sah ihm dabei zu, wie auch er sich die Zigarette anzündete und genüsslich begann zu rauchen.
»Musst du mich dabei so anstarren?«, fragte er mich. Ich verneinte und setzte mich wieder in Richtung des Tisches, klopfte etwas Asche von meiner Zigarette in den Aschenbecher und versuchte meinen Stimmen nicht nachzugeben, sondern stark zu bleiben.
Irgendwann kam Andreas in den Gemeinschaftsraum. Wir hatten schon öfters Probleme miteinander gehabt, haben gestritten und geschrien. Beim letzten Mal warf er eine Tasse durch den Raum. Weiß nicht genau, welche Diagnose er hat. Ich weiß nur, dass er mich wirklich jedes Mal Angst machte, wenn er mir zu nahe kam.
Auch diesmal reizte er es aus, und stellte sich direkt neben mich und legte seine Hand auf meine Schulter. »Sag mal Idiot, was hast du denn heute Glorreiches vor? Wieder mal eine Halluzination gehabt?«, fragte er mich in einem sehr gemeinen Tonfall. »Was geht dich das an«, war meine Antwort darauf, die ich schnell bereuen werde.
Andi, wie ihn alle liebevoll nannten, packte mich und riss mich so vom Sessel, dass ich zu Boden flog. Der ältere Herr stand sofort auf, öffnete die Tür zum Gang und rief einen Pfleger. Andreas klatschte mir mit seiner Hand ins Gesicht. Ich stellte ihm das Bein sodass er ebenfalls zu Boden ging. Natürlich musste genau das der Pfleger sehen, der gerade den Raum betrat. Ich tobte vor Wut. Mir war das auch ganz gut anzusehen. Der Pfleger betätigte einen Knopf auf seinem Schlüsselbund. Plötzlich kamen zwei Securitys herein. Der Pfleger zeigte auf meine Wenigkeit.
In diesem Moment begann ich, erst so richtig auszurasten und zu schimpfen. Ich wehrte mich. Doch sie zogen mich in das Überwachungszimmer und klemmten mich auf das Gitterbett. In diesem Moment wurde mir eines ganz besonders klar: Dass ich, wenn ich hier raus bin, nie wieder hier her zurückkehren möchte. Komme, was wolle.