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Eingesperrt
Deine Worte sind Sandburgen.
Aus kindlicher Begeisterung errichtete Festungen, die Stunden später von der Flut weggespült werden.
Es ist schwül mitten im Oktober, und dein Blick ein Schiff, das irgendwo im Raum Anker werfen will, damit es nicht in meine Richtung zu steuern braucht.
Früher haben wir oft geschwiegen. Doch das war eine andere Stille.
Eine schöne.
"Was hast du so gemacht", will ich wissen.
Augenblicklich ärgert es mich, wieder einmal den Anfang machen zu müssen.
Du nickst, als sei die Frage in seichten, unspürbaren Wellen durch dich geglitten und im Ozean dahinter ertrunken.
Als der Kellner die Getränke abstellt, kehre ich in die Realität zurück.
Es ist kalt und grau.
Ein Gewitter zieht auf über dem Meer.
Dann lächelst du, ohne mir dabei in die Augen zu schauen.
"Ich bin verlobt", sagst du.
Es klingt nach Vergessen. Als wäre man lieber jemand anderes.
Da ist kein Glück, keine Begeisterung.
Da ist nur die Feststellung, als hättest du beide Worte geprobt, um das Publikum zu beschwichtigen.
Wenigstens ein bisschen Applaus für die reine Tatsache, wenn man diese auch nicht glaubhaft darstellen kann.
Mehr nicht.
Die Frage, ob ich noch immer für dich empfinde, kommt mir jetzt dumm vor, und ich suche nach einem passenden Ausdruck.
Man findet immer dort, wo man zuletzt sucht, und so viel Zeit haben wir nicht.
Also schaue ich einfach, ohne zu wissen, wie es wirkt.
Du drückst die Zigarette viel zu lange aus. Du vernichtest sie geradezu.
Kurz denke ich, dass ich alleine am Tisch sitze.
Es wäre möglich.
Wir reden und reden, aber es fallen keine Sätze.
Eine Konversation, die auf Regeln beruht.
"Ich liebe dich", will ich schlussendlich sagen.
Aber ich sage es nicht.
Es tut gut, deine Hand zum Abschied zu spüren.