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Einfach nur "Perfekt"

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13.02.2011
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Einfach nur "Perfekt"

Langsam legt er sein Fahrrad in das knöchelhohe Gras und geht durch das kleine Holztor, das bei jedem Windhauch ein liebliches Knarren von sich gibt.
Seine schmalen Lippen formen sich zu einem warmen glücklichen Lächeln, das immer zum Vorschein kommt, wenn er sie sieht. Da steht sie, nur wenige Meter vor ihm. Wieder trägt sie diesen schwarzen Minirock und die gelbe Seidenstrumpfhose, die ihre langen schmalen Beine betonen. Passend dazu die knallgelbe Bluse, die ihrer Figur schmeichelt und bei der sie immer die obersten Knöpfe auflässt. Ihre schulterlangen kastanienbraunen Haare, in denen sich leichte Wellen formen, hat sie zu einem Pferdeschwanz zusammengebunden, der zur Melodie des Windes tanzt. „Hey Megan! Wie geht es dir?“ Mit ihrer, wie er es nannte, zuckersüßen betörenden Stimme antwortet sie nur „Perfekt“.

Perfekt, so ging es Megan immer. Sie hatte diese einzigartige Lebensfreude, die er noch nie bei jemand anderem gesehen hatte. Sie liebte ihre Freiheit und wollte ihr Leben einfach nur leben. „Weißt du, warum sollen wir uns denn mit den Problemen anderer rumschlagen? Lass uns einfach tun was wir wollen. Denn wenn wir einfach das machen, was wir wollen, wir es uns gut gehen lassen, dann ist es perfekt.“ Immer wenn sie das sagte, und sie sagte es oft, funkelten ihre großen braunen Augen, die ein wenig Grün um die Pupille trugen, und sie zog den rechten Mundwinkel zu einem verschmitzen Lächeln hoch. Genau in dem Augenblick formte sich ein tiefes Grübchen in ihre Wange, das harmonisch mit ihren wenigen Sommersprossen spielte.

Er erinnerte sich so gerne an das erste Treffen zurück. Es war auf dem Monterey Pop Festival 1967 mitten in Kalifornien. Während er den Klängen von Jefferson Airplane lauschte, die gerade „Somebody to Love“ performten, schaute er sich um und sah dieses 17-jährige Mädchen, sie riss ihre Arme in die Höhe und tanzte energisch zur Musik. Er fand sie bildhübsch und bezaubernd, konnte seine Augen nicht von ihr abwenden. Ihre dreckverschmierten Wangen und die vielen kleinen Löcher in ihrer Leggins machten sie umso sympathischer. Er ging auf sie zu, stellte sich direkt vor sie und versperrte ihr den Blick auf die Bühne „He Prinzessin, ich hab hier noch ein Bier. Magst du?“ Genervt und gelangweilt schaut sie zu ihm auf „Ich glaube Prinzessinnen trinken kein Bier“. Sie griff nach der Flasche, trank einen großen Schluck und wischte sich den Mund mit ihrem Handrücken ab. Sie grinste ihn an und begann wieder zu tanzen „wenn du jetzt noch die Güte hättest mir einen Blick auf die Bühne zu gewähren, wäre ich dir zutiefst verbunden.“ Er musste lachen, ihr britischer Akzent verzauberte ihn schlagartig. „Ich heiße Frank.“ „Megan. Du solltest jetzt tanzen, ansonsten muss ich dich wegschubsen.“ Er tanzte also. Mit dem Mädchen, das ihn vom ersten Moment an fasziniert hatte.

Dieser Abend war der Beginn einer tiefen Freundschaft, aus der Liebe wurde.
Zusammen wollten sie das Land erkunden, frei sein, was ja so perfekt sein sollte. Und das war es. Sie kauften sich einen alten Camper, dessen hellblauer Lack an manchen Stellen durch goldbraunen Rost gebrochen wurde. San Francisco, Los Angeles, San Diego, mit einigen Abstechern ins Innland und kleine abgelegene Orte, an denen sie sich ebenso wohl fühlten.
Monatelang reisten sie herum „Immer der Sonne hinter her. Frank, ich will das ganze Land, die ganze Welt erkunden!“ rief sie euphorisch.

Zwei Jahre nach ihrem ersten Treffen lagen sie im Schatten ihres Campers am Strand. Er tastete nach ihrer Hand „Meg, willst du mich heiraten?“ Er kann es noch immer hören, dieses leise „Wow!“ das ihr aus dem Mund entwischte, das sich langsam zu einem kleinen schwachen Kichern und dann zu einem lauten glücklichen Lachen formte. Sie drückte fest und entschlossen seine Hand, das war Antwort genug.
Sie bauten sich ein Leben in einem kleinen Vorort von San Diego auf. Sie waren glücklich oder, wie es Megan ausdrücken würde, perfekt. Da störte es sie auch nicht, dass sie immer häufiger diese Hustenanfälle bekam. Wenn Frank nachfragte, ob er nicht einen Arzt rufen sollte sagte sie andauernd „Nein, lass nur. Mir geht es perfekt.“

Weiter will er sich nicht erinnern. Seine Augen füllen sich auf sicherem Weg mit Tränen „I'm going up the country, babe don't you wanna go“ singt er leise vor sich hin. Das macht er ständig, um die schönen Bilder ihrer gemeinsamen Reise wieder hervorzuholen. Als er Megan kennenlernte war er 20 Jahre alt. Viele Jahre sind seither vergangen doch sieht er sie noch immer vor sich, wenn er sie besucht. „Now baby, pack your leaving trunk, you know we've got to leave today.” Dann kniet er sich nieder, streicht sich seine graue Haarsträhne aus dem faltigen Gesicht und wischt sorgsam den staubigen Dreck von den Buchstaben, die akkurat in den Stein gemeißelt wurden


MY BELOVED PRINCESS
1950 - 1972​

 

Hallo Sonea,
eine Erinnerung an die vergangene Liebe, meinetwegen. Aber bei dir will es mir nicht wirklich gefallen.

Hauptproblem für mich: Mir erscheint das ganze so dahin erzählt. Du fasst in wenigen Abschnitten eine ganze Beziehung zusammen. Es passiert eigentlich so viel: sie lernen sich kennen, sie leben mit einander, sie stirbt, und man erfährt kaum mehr als die bloßen Fakten. Da enstehen, außer am Anfang, den ich noch für den besten Teil halte, keine Bilder. Ich bekomme die Infos, und gut. Mehr nicht.

Zum Anfang: Da kann man viel Streichen bzw. ausdünnen.

Langsam legt er sein Fahrrad in das knöchelhohe Gras und geht durch das kleine Holztor, das bei jedem Windhauch ein liebliches Knarren von sich gibt.
Seine schmalen Lippen formen sich zu einem warmen glücklichen Lächeln, das immer zum Vorschein kommt, wenn er sie sieht. Da steht sie, nur wenige Meter vor ihm. Wieder trägt sie diesen schwarzen Minirock und die gelbe Seidenstrumpfhose, die ihre langen schmalen Beine betonen. Passend dazu die knallgelbe Bluse, die ihrer Figur schmeichelt und bei der sie immer die obersten Knöpfe auflässt. Ihre schulterlangen kastanienbraunen Haare, in denen sich leichte Wellen formen, hat sie zu einem Pferdeschwanz zusammengebunden, der zur Melodie des Windes tanzt. „Hey Megan! Wie geht es dir?“ Mit ihrer, wie er es nannte, zuckersüßen betörenden Stimme antwortet sie nur „Perfekt“.
Das sind alle Adjektive im Text (wenn ich nicht noch eins übersehen habe): Viel zu viel. Bis auf "knöchelnhohe", die Farbangaben bei den Kleidern und meinetwegen noch eins der "Haaradjektive" können alle raus, ohne das Bilder verloren gehen. Das sind alles so Fülsel, ohne echte Wirkung. Sie blasen den Text nur auf und machen ihn eher schlecht als gut. Dann das Bild mit den Haaren: Das Wellenformen klingt komisch und die Melodie des Windes nach einem Klischee.

Soweit fürs erste.

Gruß,
Kew

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo & herzlich willkommen hierselbst,

liebe Sonea,

die Adjektivitis - einer Krankheit, der man am Anfang des Schreibens idR anheim fällt, aber auch, wenn das Herz über-voll ist und die Zunge über-sprudelt oder es rosamündelt und pilchert, dass dem Publikum das Auge überläuft und ein Handtuch bereitgehalten werden muss - hat Kew schon diagnostiziert und Medizin verschrieben, denn eigentlich müsstestu Distanz zu den Ereignissen haben - bistu doch als Studentin ausgewiesen und da tipp ich mal, dass Du in keinem Seniorensemester sitzt wie'n abgehalfteter 67-er. Aber selbst Altmeister Lennon hat Kitsch produziert (zuletzt: Forgive me my little flower princess). Dazu "performt" dann noch Jefferson Airplane - und Canned Heat muss herhalten (Goin' up the country), dass ich plötzlich weiß, warum die 27 eine gefährlich Jahreszahl geworden ist ...

Vielleicht muss die Geschichte aber auch schiefgehn, weil ein junges Mädchen ("Studentin") sich in einen - offensichtlich soften - Kerl hineinversetzt, der zudem noch der Elterngeneration angehört, also satte dreißig Jahre älter ist. Dass wir genauso spießig sind wie unsere Elterngeneration sollte bekannt sein.

Da hilft nur eins: Rollentausch, den Virus der Adjektive beseitigen und Zeichensetzung üben!

Aber so ist das nix ... Wie sagt der Volksmund doch zum Titel: Nobody is perfect, worauf zu antworten wäre, but imperfect.

Gruß & nix für ungut

Friedel

 

Hallo Sonea,

Deine Geschichte hat mir gleich am Anfang gefallen. Den Einstieg und die detallierte Beschreibung von Megan sind meiner Meinung nach sehr gut gelungen.
Der Schluss hat mich überrascht und ich finde ihn somit ebenfalls richtig gut. Er rahmt die ganze Handlung schön ein und wirft plötzlich ein ganz anderes Licht auf die Geschichte, was das alles interessanter macht.

Allerdings würde ich persönlich diese Songnamen/-zeilen rauslassen. Bei der Beschreibung des Festivals nennst du den Songnamen, am Ende nennst du ein bis zwei Zeilen. Auch wenn die Idee, per Songtext eine "Botschaft" zu übermitteln, gut ist, habe ich sie sozusagen übersprungen und gar nicht durchgelesen, geschweige denn mir Gedanken über die Bedeutung gemacht. Es kann aber auch sein, dass das nur mir so ging (:

Eine sehr gelungene Geschichte, wie ich finde ;D

Liebe Grüße
MoonShine

 

Hallo!

Vielen Dank für eure Kommentare!
Es ist wirklich interessant, wie unterschiedlich die Meinungen zu einem Text sein können ;)

Nur kurz zur Erklärung: Im Rahmen eines Uni-Seminars mussten wir eine Geschichte schreiben, die uns zum Song "Going Up the Country" von Canned Heat einfiel. Daher wird in meinem Text auch diese Zeit und auch Zeilen aus dem Song aufgegriffen. Ich habe es bewusst nicht im Vorfeld erwähnt (um die Meinungen nicht irgendwie zu beeinflussen)!

Zu den vielen Adjektiven... Ganz ehrlich bin ich auch kein großer Fan davon. Allerdings meinte unser Dozent (selbst Buchautor), dass wir so viel wie möglich bis ins Detail beschreiben sollen. Er fand meinen Text auch sehr gut und hat die vielen Adjektive befürwortet.
Ich muss sagen, dass ich es sonst auch sehr übertrieben finde und einiges überflüssig. Aber aus irgendeinem Grund mag ich es in diesem Text trotzdem.

Aber glücklicherweise sind die Geschmäcker ja verschieden. Ich freue mich auf jeden Fall über die Kritiken (egal ob positiv oder negativ). Danke :)
Ich werde den Text vielleicht noch einmal überarbeiten.

Grüße,
Sonea

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo Sonea,

okay, ihr habt euch in der Uni durch die Musik von Canned Heat für einen Text aus der Flower Power Aera inspirieren lassen, so wird mir einiges klarer. Ich dachte zuerst du hättest dir den Film "Love Story" angesehen - smile.
Gefallen hat mir die Geschichte trotzdem nicht. Ich fand sie, aber das ist nur meine Meinung, etwas kitschig.
Dann ist mir noch etwas aufgefallen, aber das kannst du ja nicht wissen, das war eine Generation vor dir: Leggins gab es damals noch nicht, die kamen m. E. erst in den 80er Jahren auf.

Gruß
Leia4e

 

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