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Eines grauen Nachmittags

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21.10.2007
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Eines grauen Nachmittags

Der Junge stand auf dem Bürgersteig an der Bushaltestelle und starrte grimmig in den Himmel. Es war ein später Nachmittag, in den graue Wolken tief hinein hingen. Dem Jungen war gerade klar geworden, dass es für ihn keinen Gott gab. Er war wütend. Er wusste nicht, was er machen sollte. Er hatte eigentlich zum Klavierunterricht fahren wollen. Aber welchen Wert hatte das nun? Also ging der Junge weg von der Bushaltestelle. Beim Spazieren konnte er besser nachdenken.
Er ging den Bürgersteig entlang und trat missmutig nach Kieseln, die da lagen. Er versuchte sich auszumalen, was eine Welt ohne Gott wäre. Der mächtige Verlust hinterließ nur eine tiefe Leere. Der Junge setzte einen Fuß vor den anderen, und füllte damit langsam das Nichts. Er ging Richtung Fluß. Der Anblick des scheinbar ewig konstant fließenden Wassers beruhigte ihn. Sich seiner Endlichkeit erinnernd erzürnte der Junge jedoch und schüttelte seine Faust gen Himmel, schüttelte sie gen Fluß, schüttelte sie weiter, bis er nicht mehr wusste wogegen. Er trat einen besonders großen Kiesel mit ganz besonderer Wucht. Er sah ihm nach, wie er seinen Bogen mit einem Platschen im Fluß beendete, sah den Wellenringen nach, die die Existenz des Steines noch nach seinem Verschwinden weitertrugen. Er schaute, wie die Wellenringe immer weniger wurden, wie sie auf die Ufer trafen, kaum merklich mehr Nässe hinterließen als der Strom, und keine andere Nässe, als alle anderen Wellen. Er schaute, wie die Wellen und irgendwann auch die Nässe verschwanden. Tränen tropften aus seinen traurigen Augen. Könnte er doch ewig leben oder gäbe es wenigstens einen Gott, der ihm einen Sinn vorgegeben hätte. Die Tränen rannen ihm über die Wangen und tropften auf die Erde, hinterließen kleine Einschläge im Staub, vermischten sich mit dem grauen Sand des Pfades. Der Junge fühlte sich verloren und wusste nicht, was er machen sollte. Irgendwann gingen ihm die Tränen aus und er blickte mit stumpf brennendem Blick den Weg entlang.
Eine Familie kam ihm entgegen, zwei Eltern mit ihren drei Kindern. Der Vater hatte sich das Töchterchen auf die Schultern gesetzt, während der Sohn neben ihm auf und ab hüpfte, dabei stets seine Hand in der Hand des Vaters. Durch eine Zahnlücke versuchte er eine Melodie zu pfeifen, wie ihm sein Vater sie vormachte. Das Töchterchen flechtete derweil mit ihren Händchen einen Kranz aus Gänseblümchen. Man hatte ihr einen Strohhut aufgesetzt, um sie vor der Sonne zu schützen. Man sah nicht vielmehr als ihre Nasenspitze vorlugen. Die Mutter schob einen Kinderwagen und gurrte Laute hinein. Beide Erwachsenen wirkten zufrieden, so wie sie beisammen mit ihren Kindern am Fluss spazierten. Der Anblick spendete dem Jungen ein wenig Trost. Nachdenklich ging er nach Hause.

 

Hallo und herzlich willkommen auf kg.de!

Gleich Mal vorne weg (da du hier neu bist): Meine Kritik, wie auch die Kommentare aller anderen hier sind nur persönliche Meinungen und frei von jedem Absolutheitsanspruch ... Nimm's einfach Mal als Anregung. OK?

So, nun zur Geschichte:

Ich hätte es von der Rubrik eher in Alltag eingeordnet, da der Fokus mehr auf der Beschreibung der Situation liegt, denn auf einem philosophischen Hintergrund.

Beim Lesen der Geschichte fühle ich mich kaum angesprochen, da sehr distanziert geschildert wird und mir leider genau die Tatsachen vorgesetzt werden, die eigentlich (in anderer Form) dazu genutzt werden müssten, um eine Beziehung zu Deinem Protagonisten aufzubauen. Beispiel:

Dem Jungen war gerade klar geworden, dass es für ihn keinen Gott gab.

Ich erfahre nicht warum, obwohl dieser Satz nahelegt, dass etwas dramatisches mit dem Jungen geschehen sein musste. Irgendetwas hat sein Weltbild nicht nur erschüttert, nein, sondern sogar zu Fall gebracht. Wenn Du diese Begebenheit zum Einstieg der Geschichte beschreibst (bitte etwas lebendiger als dieser berichtende Stil wie bisher), dann verstehe ich den Jungen und ich kann mich mit ihm identifizieren. Damit wäre ich dann auch am weiteren Schicksal des Jungen interessiert, wenn denn tatsächlich noch etwas entscheidendes passieren würde (was dann ebenfalls erzählenswert wäre).

Die Momentaufnahme bislang ist weder stilistisch sehr gut geschrieben noch in Wortwahl und Detail genügend ausgefeilt, um ohne tiefere Handlung bestehen zu können. Beispiele:

Sich seiner Endlichkeit erinnernd erzürnte der Junge jedoch und schüttelte seine Faust gen Himmel, schüttelte sie gen Fluß, schüttelte sie weiter, bis er nicht mehr wusste wogegen. Er trat einen besonders großen Kiesel mit ganz besonderer Wucht.

Wiederholungen vermeiden, wenn diese kein Stilmittel darstellen.

Die Sinnkrise einer Person als Thema macht noch keine philosophische Geschichte. Dazu fehlt noch das Besondere, der Bezug zu den näheren Umständen, die tatsächliche finale Reaktion des Jungen (außer eines Zorns und einer Ratlosigkeit). Insbesondere fehlt die Pointe (und deren Philosophischer Inhalt / Bezug).

Tut mir leid für diese etwas negative Kritik gleich zu Anfang.
Aber lass' Dich davon nicht abbringen. Einfach weitermachen, an der Geschichte und deinen Fähigkeiten als Autor arbeiten - ok?

lg,

sarpenta

 

Hallo Sarpenta und vielen Dank für das Willkommen,
Über deine einzelnen Kritikpunkte muss ich mir erstmal Gedanken machen, aber vorab schon mal vielen Dank. Kritik muss auch negativ ausfallen können, damit man sich seiner Schwächen bewußt wird. Deswegen stell ich die Geschichte in den öffentlichen Raum. Ich bin eigentlich gegen eine auktoriale Interpretation, aber zur Rechtfertigung meiner philosophischen Selbst-Kategorisierung (Philosophie als methodische Reflexion über die Welt): Mit dem Fehlen eines Gottes gelangt man zu mehreren philosophischen Grundproblemen. Wie handel ich richtig? Wodrauf sollte ich mein Leben ausrichten? Und natürlich die Endlichkeit. Die Krise wird ja recht deutlich. Mit der narrativen Einführung der Familie und des damit einhergehenden, emotionalen Umschwungs im Jungen wird die Familie als mögliche Lösung vorgestellt. Vielleicht habe ich dies zu subversiv formuliert *lach*
Lg, Wellentaucher

 
Zuletzt bearbeitet:

Hi Wellentaucher,

mein wesentliches Problem mit Deiner Geschichte ist das, dass ich mir den Protagonisten nicht vorstellen kann. Du bleibt viel zu allgemein, verwendest Stereotype, sprichst nur "an", nicht "aus", was in der Person vorgeht, noch dazu direkt ohne dass ich als Leser die Möglichkeit besitze mein eigenes Bild von dieser Person zu entwerfen.

Hinsichtlich der Rolle der Familie am Ende:

Du schreibst nur:

Der Anblick spendete dem Jungen ein wenig Trost.

Ich weiß nicht was von diesem Anblick und warum. Ich weiß nicht, ob es ihn an seine Familie erinnert, an das Gefühl der Geborgenheit, an seine Kindheit, an Blumenkränze basteln, oder einfach nur die Anwesenheit von anderen Menschen, wodurch er sich nicht mehr so alleingelassen fühlt.
Ich würde das nicht als "Umschwung" bezeichnen, dafür ist "ein wenig Trost" ein bischen zu wenig deutlich und aufgrund des Anblicks nur temporär, geschweige denn subversiv (zerstörend oder umstürzlerisch).

Momentan kommen die Dinge, die Du zum Ausdruck bringen wolltest leider noch nicht so bei mir an - sorry. Auch solltest Du an der Geschichte selbst noch arbeiten. Probier's einfach mal ...

lg,

sarpenta

Nachtrag: den Strohhut könntest Du noch ausbessern ...

 
Zuletzt bearbeitet:

Hi Wellentaucher,

Deine Frage kann ich zu diesem Zeitpunkt noch nicht beantworten, da ich nicht weiß, wie Du Deine Geschichte abändern willst.

Als erstes aber müsstest Du mir anschaulich klar machen wieso Dein Protagonist den Halt in seinem Leben verloren hat. Dabei würde ich sofort viel mehr über ihn erfahren.

Fang einfach mal damit an und füg' das in die Geschichte ein. Den Rest solltest Du darauf abstimmen und evtl. nochmal durachrbeiten. OK?


lg,

sarpenta

Nachtrag: Würde ich die Person besser kennen, wüsste ich auch, wieso genau dieses Bild am Ende ihm Trost spendet. Dann wäre der Schluss und die Komposition der Geschichte gelungen.

 

Ich finde es schade, dass du fast immer in einem Satz mit "Er" beginnst. Du hast wirklich schöne Dinge eingebaut, jedoch das mit diesem "Er" hört sich nicht gut an.
Die Geschichte ist für mich nicht so verständlich. Vielleicht liegt das auch daran, weil ich erst 13 Jahre alt bin.

Aber wenn du das mit dem "er" korrigierst, wird bestimmt was schöneres draus. :)

LG

Marlene

 

OK, vielen Dank an euch alle! Dann setz ich mich nu erstmal wieder an den Schreibtisch und mach's besser :) Kann ich die überarbeitete Version dann einfach an Stelle der Jetzigen hochladen, oder wie wird dies gehandhabt?

 

Also, es gibt da keine feste Regel. Du kannst deine Geschichte oben entweder durch die überarbeitete Fassung ersetzen oder diese auch einfach in einen neuen Beitrag in diesem Thread stellen. Letztere Variante hat den Vorteil, dass man anschließend zwischen alter und neuer Version vergleichen kann. Das kann sehr aufschlußreich sein.

In jedem Fall würde ich aber durch einen kurzen Hinweis im Rahmen eines weiteren Beitrags hier auf die neue Fassung hinweisen.

 

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