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Eines Autors größte Qual
38 Tage. Seit Jahren war keine solch lange Zeit vergangen, ohne dass er geschrieben hatte. Ob Natur, Mensch oder der Verstand selbst, die ganze Welt war ihm ein Füllhorn an Inspiration gewesen. Wie in einem Gemälde wusste er ihre Schönheit mit Worten auf das Papier zu malen, ihren kleinsten Teilen Besonderheit zu schenken.
Wäre ihm diese Quelle entschwunden, könnte er Ihren geistigen Nektar nicht mehr kosten, so hätte er ein Stück seiner Selbst verloren. Doch viel grässlicher war es nun, da er sich zwar an Ihr zur Gänze laben konnte, jedoch nicht mehr in der Lage war, Ihr Ausdruck zu verleihen.
Wie in einem Sturm fielen Ideen Tag für Tag auf seinen Geist nieder, stauten sich an und ertränkten seinen Verstand. Immer stärker spürte er, wie jeder sonst so klare Gedanke in dem Meer aus Inspiration verschwamm, dass ihm früher ein Taufbecken für seine Geschichten war.
Er wusste, dass er wieder etwas schaffen wollte, dass er es musste. Das Schreiben war ihm immer ein Ventil gewesen, um seinem Kopf wieder Klarheit zu verschaffen, wenn die Frucht einer Idee wieder zu groß wuchs. Den mittlerweile begriff er, dass auch der menschliche Verstand es nicht vermag, das Unendliche zu fassen, doch die Inspiration, die die Welt uns schenkt, besitzt keine Grenzen.
Er versuchte, sich auf einen Gedanken zu konzentrieren, seine Essenz zu fassen und ihn auf das Papier zu bannen. Langsam filterte er seine Wahrheit aus den tausend anderen um ihn herum, bis sich die Wellen seines Geistes nur noch um diesen einzelnen Gedanken schmiegten.
Vorsichtig, höchst bemüht, dessen Bedeutung nicht zu verlieren, schloss er seine Augen und begann, das erste Wort zu schreiben. Sekunden fühlten sich wie Stunden an, während die Federspitze über das Papier kratzte.
Es war vollbracht!
Seine Augen öffneten sich und blickten hinab auf das Werk seiner Hände, doch sein Kopf verstand nicht, was er erblickte. Die Buchstaben wollten ihm ihren Sinn nicht offenbaren, schienen ihn von dort unten aus zu verhöhnen. Fasst schon dachte er, er könne ihr schelmisches Gelächter hören.
Hatte es nicht genügt, ihn zu quälen, als sie noch in seinem Verstand waren? Mussten sie ihn nun auch noch weiter peinigen, wo er sie doch schon aus seinem Kopf verbannt hatte?
Voller Hass und Trauer zerriss er das Blatt und warf es in den Kamin.
Das Gelächter verstummte, doch die Wellen in seinem Geist wurden immer tosender, all diese Gedanken schrien ihn an, flehten, zum geschriebenen Wort zu werden.
Doch er schaffte es nicht. Blatt für Blatt, Wort für Wort, keines erschien ihm richtig, keines ergab den Sinn, den er ihm geben wollte. Es musste eine Möglichkeit geben, einen Weg, die Blockade zu lösen und der Kunst wieder Herr zu werden, jedoch ...
Natürlich! Nun wurde es ihm klar, es war so simpel, fast schon lachhaft, musste er doch nichts weiter tun als -
Was nun seine Lösung sein sollte? Ich würd´s euch sagen, wenn nicht auch mir das geschrieben´ Wort grollte.