Eine zweite Chance?
Ich saß hier alleine rum, wartete auf meine Chance. Der Club füllte sich und auf der Tanzfläche im Nebenraum ging die Post ab. Die anschließende Bar, in der ich saß, war gefüllt mit den unterschiedlichsten Personen. Durch alle Schichten der Gesellschaft waren hier „Subjekte“ anzutreffen. Ich war nicht gerade arrogant, doch was sich hier vor meinen Augen abspielte, war einfach abscheulich.
Da war sie wieder, sie stand lächelnd an der Bar. Ihre Augen strahlten im Neonlicht, ihr blondes Haar hatte sie diesmal zu einem Zopf zusammengebunden.
Aus dem Nebenraum drang aufgeregtes Geschrei, anscheinend gab es wieder einmal Ärger, da kam auch schon der Türsteher, mit einem übel aussehenden Typen unterm Arm. Sekunden später befand sich dieser auf der Straße. Der Türsteher ging verärgert wieder in den Club.
Mein Blick ging zurück zu ihr, ich schaute in ihr strahlendes Gesicht, kein Anzeichen, welch dunkle Vergangenheit sie verbarg.
Das ich sie damals gerettet hatte, verdankte sie einem Zufall. Ich hatte eine Vision gehabt, ich sah ihren Tod voraus, und da ich gerade nichts besseres zu tun hatte, rettete ich sie. Ein Porsche, einer der neuen 1200 Baureihe, wollte sie überfahren. Danach bedankte sie sich und verschwand. Ich sah sie aber kurz darauf wieder, wieder in Schwierigkeiten. Nachdem ich ihr ein zweites Mahl das Leben gerettet hatte, bohrte ich nach. Sie erzählte mir von den dunklen Umtrieben, in die sie geraten war, natürlich völlig unschuldig. Kurze Zeit später war mir klar, das sie mich angelogen hatte.
Und jetzt sah ich sie hier wieder, in einer der dunkelsten Clubs die es in C.o.F. gab. C.o.F. nannte man sie unter die Hand, City of Fools, das traf es ziemlich genau, man musste schon ziemlich blöd sein, hier zu leben. Ich war einer dieser Fools, jedoch nur für kurze Zeit. Lange konnte man es hier nicht aushalten, aber außer in den Mega Städten gab es auf der Erde einfach keinen Wohnraum mehr. Der Rest unseres Planeten war von der Industrie in Beschlag genommen.
Nun ja seit diesem Zeitpunkt, als ich ihr zum zweiten Mal das Leben rettete, beobachtete ich sie nun, der Club hier zählte zu ihren liebsten Treffpunkten mit allerlei Gesindel. Ich hatte eigentlich schon lange damit aufgehört, anderen hinterher zuschnüffeln, das war ein anderer Teil meines Lebens gewesen. Aber dank meiner Visionen kam ich eben nie davon weg. Diese Visionen von denen ich ständig rede, ich habe sie seid meiner Jugend. Ich konnte plötzlich in die Zukunft anderer Menschen sehen, aber grundsätzlich nur, wenn ihnen Gefahr drohte. Doch gab es an dem Ganzen nur ein Problem, ich sah immer den Tod der Menschen, kämpfte zwar immer dagegen an, jedoch hatte ich bisher immer verloren. Nur aufgeben konnte ich einfach nicht, ich hatte es, so schlimm es klingen mag, zu meiner Berufung gemacht, hatte mich daran gewöhnt Leute sterben zu sehen.
Dann war mir sie vor die Füße gefallen, sie erinnerte mich an jemanden, den ich auch nie vergessen konnte. Ihre Augen, sie sahen der, einer anderen so ähnlich - ich hatte sie damals kurz vor ihrem Tod erblickt. Ich war noch jung gewesen, es war schon 32 Jahre her, da hatte ich in einer U-Bahn versucht, eine junge Frau zu retten. Sie hatte Augen gehabt, die mir einfach nicht mehr aus dem Kopf gingen.
Eingefallen war mir die ganze Sache, als ich die Frau vor dem Porsche gerettet hatte, nun war ich hinter ihr her, was sich bezahlt gemacht hat. Ich hatte sie ein zweites Mal retten müssen, es war aber immer noch nicht meine Vision eingetreten.
Ich weiß nicht wie gefährlich diese Frau lebt, aber sie überstrapaziert mich langsam. Mein einziger Grund, sie retten zu wollen war die Sache damals in der U-Bahn gewesen. Ich wollte eine Zweite Chance, hatte sie immer gewollt. Es war damals das erste Mal gewesen, das ich überhaupt etwas hätte ändern können. Um so näher war mir die Sache damals gegangen. Und nun saß ich im selben Club wie die Frau, die der von damals so ähnelte als wäre sie...
Ja als wäre sie ihre Tochter! Wieso war ich eigentlich noch nicht auf diesen Gedanken gekommen, nun ja das Mädchen damals sah nicht so aus, als hätte es schon Kinder, aber man weiß ja nie. Ich hatte mich nie um Angehörige gekümmert, sah es nicht als meine Aufgabe an.
Die Verwandtschaft würde aber zumindest die Augen erklären, sie funkelten, als wären sie Diskokugeln.
Da sie stand auf, ging hinaus und geradewegs durch eine dunkle Gasse, ich folgte ihr, so unauffällig ich konnte. Da kam ein Typ auf sie zu, sprach ein paar Worte mit ihr und fing schließlich an, mit ihr zu streiten.
Er griff sie an, sie versuchte sich aus seinem Griff zu lösen. Und da griff ich ein. Schlug den Angreifer, der mich völlig überrascht anschaute, in die Flucht. Sie bedankte sich bei mir, stellte keine Fragen, wunderte sich nicht über mein Auftauchen. Vielleicht hatte sie sich mit meinen Rettungen schon abgefunden, hatte in mir ihren Schutzengel gesehen.
Aber ich war enttäuscht, meine Vision war nicht eingetreten, es war nichts passiert, was auch nur annähernd an meine Vision rankam. Aber ich würde weiter an ihrer Seite bleiben und weiterhin versuchen, meine zweite Chance zu bekommen. Vielleicht nicht heute, vielleicht nicht morgen aber ich weiß, ich kann sie retten.