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Eine Zuggeschichte

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15.07.2003
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Eine Zuggeschichte

Es gab einmal einen Fisch, der lebte im Ozean und war ziemlich neugierig. Er spielte immer mit seinen Fischfreunden im Wasser und versuchte herauszufinden, wie Dinge funktionierten und was Fische machten und so weiter. So hatte er sich schon ein paar Mal in unangenehme Situationen gebracht, weil er seine Nase mal wieder hineingesteckt hatte, wo sie nicht hingehörte. Eines Tages hörte er von der Wüste. Er konnte sich überhaupt nicht vorstellen, was das war -ist ja auch verständlich für einen Fisch, der bisher nur Wasser gesehen hat- und fragte seine Eltern. Der Sage nach war die Wüste ein Platz, wo die Seelen der toten Fische hingingen, wenn sie gestorben waren.

Die Wüste war ein heiliger Ort, und deswegen wollten seine Eltern nicht soviel darüber erzählen, denn über solche Dinge redet man nicht. Unser kleiner Fisch aber war viel zu neugierig, um einfach so aufzugeben.Also fragte er seine Freunde, aber auch die wussten nichts mit dem Wort Wüste anzufangen. Auch seine Verwandten hatten keine Ahnung, worum es sich handeln könnte. Das Einzige, was der Fisch wusste, war: "Man spricht nicht darüber, denn die Toten gehen dorthin, es ist ein heiliger Ort."
Also hatte der kleine Fisch doch schon fast aufgegeben. Da kam ein Apfel dahergeschwommen. Dieser Apfel war ein schöner, saftiger roter Apfel mit einigen Stellen, wo er grünlich-rot schimmerte, also genau die Art von Apfel wo man sofort gerne und mit Genuss hineinbeissen würde.

Was schon geschehen war, denn auf der einen Seite hatte der Apfel eine herausgebissene Stelle. Zum Glück lebte sein Esser in einer Wegwerfgesellschaft und hatte schon nach einem Bissen genug von ihm. Er schmiss den Apfel in den Gully und ging seiner Wege. Für diese Geschichte ist der Mensch nicht weiter interessant, nur eben die Tatsache, dass er den Apfel in den Gully schmiss, von wo aus er nach tagelangem Reisen in den Abwasserkanälen ziemlich erschöpft ins Meer gespült wurde.

Hier sollte er also unseren Fisch treffen, welcher natürlich sofort nach der Wüste fragte. Was die Wüste sei, konnte er ihm auch nicht sagen, aber er konnte die tollsten Geschichten von Bäumen und Gärten und Gras bis zum Horizont erzählen. Er konnte sich nicht vorstellen, nur Sand um sich herum zu haben und bot sich an, dem Fisch bei der Suche zu helfen. Also brachen sie auf und machten den ganzen Ozean unsicher. Sie fragten in den Tiefen des Marianengrabens, im warmen Golfstrom, einige Pinguine, und in den salzigen Weiten der Ostsee. Wo auch immer sie hinkamen, die Antwort musste jedesmal lauten : "Die Wüste ist ein heiliger Ort, wo alle Fische hingehen wenn sie sterben. Man sollte nicht zu laut davon sprechen." Was, wie man sich vorstellen kann, ziemlich unbefriedigend für den Fisch war. Also gab es nur noch eine Möglichkeit : Er musste versuchen, die Wüste selber zu finden. Weil sie gerade in der Arktis waren, fragten der Apfel und der Fisch einen Inuiten, ob er wüsste, was die Wüste sei. Was damit endete, dass der Fisch beinahe gegessen wurde, weil Inutiten nur selten mit Fisch reden, wie überhaupt alle Menschen.

Sie konnten sich mit Müh' und Not retten und schwammen wieder durch den Ozean. Was sie von einigen anderen Fischen gehört hatten, war die Tatsache, dass die Wüste irgendwo an Land war. Sein mußte, denn für Fische war die Wüste, wie für Griechen der Hades: Himmel und Hölle zugleich, ein Ort, bewundert und gefürchtet von den Fischen; aber keiner konnte sagen, was sie war. So gingen sie an der Küste Deutschlands an den Strand und hatten schon einen kleinen Eindruck, wie die Wüste sein konnte. Der Apfel wusste nur, dass sie nicht nördlich gelegen war, also machten sie sich auf den Weg in den Süden. Nach einer Weile guten Fußmarsches erkannten sie, dass es doch nicht so einfach sein würde. Der Fisch hatte zwar gelernt, wie man auf Flossen geht, aber man kann sich vorstellen, dass es ziemlich komisch ausgesehen haben muss, als er versucht hat zu gehen, und wenn es lustig aussieht, wie jemand geht, heißt das, er hat Probleme.

Sie kamen nicht sehr gut voran, also beschlossen sie, irgendwie in den Süden zu trampen.
Für den Fisch war das keine Schwierigkeit, denn er hoppste einfach auf einen der täglichen LKWs, die Fisch nach Bayern liefern. Aber der Apfel hatte erst Schwierigkeiten, weil es kaum Laster gibt, die Früchte in südliche Richtung transportieren, denn die meisten kommen daher. Am Ende fand er einen Güterzug, der ihn nach Zürich mitnahm. Dort trafen sich beide auch wieder, und von einer Birne, die der Apfel im Zug getroffen hatte und die er sehr mochte, erfuhren sie, dass die Wüste in Marokko anfing. So machten sich also diese mittlerweile drei Leute auf nach Marokko.
Dazu mussten sie die Alpen überqueren, was sie auf Elefanten taten (denn das ist die klassische Art, über die Alpen zu gehen). Es war eine ziemlich anstrengende und harte Reise, und der Fisch wäre beinahe erfroren, aber am Ende kamen sie in Italien an und nahmen ein Schiff nach Marokko.
Dort fing ihre Reise erst richtig an. Zunächst einmal mussten sie sich an die Hitze, das Gewimmel von Menschen und Waren, die vielen Tiere und die Geräusche gewöhnen. Einige unbekannte Gerüche regten die Nase auf, und im Allgemeinen staunte man so sehr über dieses Land, dass der Fisch, der Apfel und die Birne eine Woche damit verbrachten, mit dem Land zurecht zu kommen und die neuen Eindrücke zu ordnen. Eines Abends trafen sie einen Fakir, der Schlangen tanzen liess. Der erzählte ihnen, dass sie noch weiter gehen mussten, und dass sie bis in das wahre Herz der Wüste gingen müssten, um den heiligen Ort zu finden. Sie verliessen ihn nur schweren Herzens, aber taten es dann doch, weil die Neugierde unserer drei Helden immer noch ungebrochen war.

Nach einer Weile kamen sie tatsächlich bis an den Rand der Wüste und konnten sich schon so eine ungefähre Idee davon machen, wie die Wüste sein würde.
Sie wollten aber trotzdem weiter bis in das Herz der Wüste.

Es gab allerdings ein Problem : Der Fisch zeigte Anzeichen von Vertrocknung und würde es aller Voraussicht nach nicht schaffen, und auch der Apfel wurde an seiner angebissenen Stelle ziemlich braun und weich. Nachdem sie eine Weile ratlos herumstanden, kam ein Nomade vorbei. Er wusste, wie man Wasser findet und ein Loch gräbt, damit man auch an dieses Wasser herankam. Er hielt seine Nase eine Weile in den Wind, und fing dann an, zu graben. Nur kurze Zeit später sprudelte eine Quelle in den improvisierten Teich. Der Fisch bedankte sich ausführlich bei dem Nomaden, der sogar sein Geheimnis des Wasserfindens verriet und sprang in den Teich. Es war eine Freude, ihm zuzusehen, wie er quietschfidel im Wasser herumschwamm !
Nun war der Rest der Reise kein Problem mehr, und obwohl er sich dem geheiligten Ort näherte, fühlte der Fisch sich weiter denn je vom Tod entfernt und ging enthusiastisch seiner Wege.

Schliesslich hatten sie es geschafft : Sie hatten das Herz der Wüste erreicht. Wo sie hinsahen, war Sand, Sand, Sand. So großartig diese Aussicht war, hatten sie doch etwas Anderes erwartet.
Ausserdem war noch nicht einmal eine Gräte zu sehen, also kein Hinweis, dass dies ein Fischfriedhof war. Des Nachts jedoch war ein Sternbild am Himmel zu sehen, dass die drei noch nie zuvor gesehen hatten.

Das war auch kein Wunder, denn man konnte es nur im ureigenem Herzen der Wüste sehen. Es war Der Grosse Fisch; Sterne, die zusammengenommen die Umrisse eines Fisches bildeten.

Als unser kleiner Fisch dies sah, wusste er, warum dies ein heiliger Ort war, und warum man nicht darüber sprechen durfte. Dieser Ort war so überirdisch schön und mit solcher Großartigkeit erfüllt, dass der Fisch auf der Stelle glücklich und ergriffen starb.

Was der Apfel und die Birne aber sahen, war die Seele des kleinen Fisches, die funkelnd und glitzernd wie einst sein eigener Körper, in den Himmel aufstieg wie eine Sternschnuppe und sich ihren Platz unter den vielen, vielen Sternen des großen Fisches suchte.

So gingen sie zurück, denn sie wussten, dass der kleine Fisch gerne jedem von der Wüste erzählt hätte. Sie gingen zu seiner Familie, seinen Freunden, jedem im Ozean, der ein offenes Ohr hatte, und erzählten die Geschichte des kleinen Fisches, der auszog, um die Wüste zu sehen.

Und jeder der ein Herz am rechten Fleck schlagen hat und nachts das Herz der Wüste erreicht, kann diesen kleinen Fisch mit grossem Mut noch heute in seinen schönsten Farben schillern sehen..

 

Hallo Sushey!

Schöne, teils lustige Geschichte mit einem Wunderbaren Schluss. Ein tolles Märchen! Nette Vorstellung, die zwei/drei auf Reise.

Ein Fisch, der, wenn auch mit Mühe, gehen kann, das hat mir sehr gut gefallen.:)

Auch der Stil ist ganz okay. Allerdings würde ich die Geschichte noch einmal aufmerksam durchlesen. Einige kleine Mängel habe ich dir herausgepickt, da ich aber kein Fehlersuchprofi bin, wird es wahrscheinlich noch ein paar mehr haben:

. Also brachen sie auf und machten den ganzen Ozean unsicher. Sie fragten in den Tiefen des Marianengrabens, im warmen Golfstrom, einige Pinguine, und in den salzigen Weiten der Ostsee.
Dreimal steht wo sie fragt und einmal wen, das tönt holprig! Vielleicht ein zweiter Satz: Sogar die Pinguine fragte er.

Weil sie gerade in der Arktis waren, fragten der Apfel und der Fisch einen Inuiten, ob er wüsste, was die Wüste sei. Was damit endete, dass der Fisch beinahe gegessen wurde, weil Inutiten nur selten mit Fisch reden, wie überhaupt alle Menschen.
Inutiten war wohl ein Tippfehler. Vielleicht ganz einfach Eskimos? Was ein Inuit ist weiss vielleicht nicht jeder...

Der Fisch hatte zwar gelernt, wie man auf Flossen geht, aber man kann sich vorstellen, dass es ziemlich komisch ausgesehen haben muss, als er versucht hat zu gehen, und wenn es lustig aussieht, wie jemand geht, heißt das, er hat Probleme.
Das mit dem gehenden Fisch ist zwar eine meiner Lieblingspassagen, doch Du wiedereholst gehen dreimal, ein Synonym wäre besser!
Wortwiederholungen ist eine der grössten Schwächen dieses Textes, achte vermehrt darauf.
Die Wortwahl im allgemeinen ist aber ganz okay:)

So machten sich also diese mittlerweile drei Leute auf nach Marokko.
Leute tönt irgendwie komisch, versuche es durch etwas tierisches oder pflanzliches zu ersetzen, wäre mE besser. Oder vielleicht die drei Freunde?

Nach einer Weile kamen sie tatsächlich bis an den Rand der Wüste und konnten sich schon so eine ungefähre Idee davon machen, wie die Wüste sein würde.
Ich denke das 'ungefähre' kannst du weglassen, oder durch etwas ersetzen. Am Rand der Wüste hat man mehr als nur ungefähr eine Ahnung, wie sie aussieht! Als der Fisch in Deutschland ankommt, hast du glaube ich ja schon 'ungefähr', dort ist es auch gut.

Er wusste, wie man Wasser findet und ein Loch gräbt, damit man auch an dieses Wasser herankam.
nicht 'und ein Loch gräbt', sondern 'indem' man ein Loch gräbt, oder so.

Ich denke das wäre alles meinerseits.:)

LG Van

 

Danke für die netten Worte und Tips!
Es freut mich, dass diese Geschichte auch ausserhalb des Zuges, in dem sie erdacht wurde (daher der Name) Gefallen findet.
Die Holperstellen werde ich so bald wie möglich entfernen/verbessern.
Sushey

 

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