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Eine Zigarette lang
Er steht auf dem Balkon und zündet sich eine Zigarette an. Selbstgedrehte mit Filter. Die Flamme entzündet das vorne überstehende Papier und erreicht den frischen, würzig duftenden Tabak. Den Filter zwischen Mittel- und Zeigefinger haltend, nimmt er einen Zug und blickt in die Dunkelheit. Kaltes, feuchtes Novemberwetter. Die Temperatur nur knapp über Null, der Wind weht eisig und dunkle Regenwolken bedecken den Himmel. Unangenehm. Nur bekleidet mit einem Pullover, fröstelt es ihm.
Seine Augen fixieren den Baum wenige Meter vor ihm. Kahl steht dieser in der Nacht und schwingt in einer leichten Böe. Die Äste schlagen gegeneinander und erzeugen ein ächzendes Geräusch. Unheimlich. Er nimmt noch einen Zug. Blau gräulicher Rauch steigt aus seinem leicht geöffneten Mund und legt sich wie Nebelschwaden in die Luft. Wunderbar anzuschauen. Die Häuser gegenüber liegen friedlich in der kalten Novembernacht. Die Fenster dunkel, schlafend, nur vereinzelt ist noch Licht in den Wohnungen zu erkennen. Ein besinnlicher Augenblick. Er streift die Asche von seiner Zigarette und nimmt einen weiteren Zug. Ruhe. So ganz verändert, kommt ihm diese Welt, zu solch später Stunde, vor. Ganz und gar harmonisch. Anders bei Tag, wenn sich die Menschen aufgeregt in ihrem Leben abhetzen, für Geld und um sich selbst etwas zu beweisen. Ohne Rücksicht auf die eigene Gesundheit, Gefühle und Bedürfnisse der anderen, nur ihre Interessen verfolgend. Egoistisch. Aber im Schutze der Dunkelheit betten sich jene zur Ruhe, schlafen und vergessen die Sünden des Alltages. Noch ein letzter Zug.
Wieder streift sein Blick über die Häuser, den Baum, zum Himmel. Seufzend drückt er seine Zigarette aus, öffnet die Tür und tritt in die Wohnung zurück. Die Arbeit wartet.