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Eine Zigarette lang

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12.11.2002
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Eine Zigarette lang

Er steht auf dem Balkon und zündet sich eine Zigarette an. Selbstgedrehte mit Filter. Die Flamme entzündet das vorne überstehende Papier und erreicht den frischen, würzig duftenden Tabak. Den Filter zwischen Mittel- und Zeigefinger haltend, nimmt er einen Zug und blickt in die Dunkelheit. Kaltes, feuchtes Novemberwetter. Die Temperatur nur knapp über Null, der Wind weht eisig und dunkle Regenwolken bedecken den Himmel. Unangenehm. Nur bekleidet mit einem Pullover, fröstelt es ihm.
Seine Augen fixieren den Baum wenige Meter vor ihm. Kahl steht dieser in der Nacht und schwingt in einer leichten Böe. Die Äste schlagen gegeneinander und erzeugen ein ächzendes Geräusch. Unheimlich. Er nimmt noch einen Zug. Blau gräulicher Rauch steigt aus seinem leicht geöffneten Mund und legt sich wie Nebelschwaden in die Luft. Wunderbar anzuschauen. Die Häuser gegenüber liegen friedlich in der kalten Novembernacht. Die Fenster dunkel, schlafend, nur vereinzelt ist noch Licht in den Wohnungen zu erkennen. Ein besinnlicher Augenblick. Er streift die Asche von seiner Zigarette und nimmt einen weiteren Zug. Ruhe. So ganz verändert, kommt ihm diese Welt, zu solch später Stunde, vor. Ganz und gar harmonisch. Anders bei Tag, wenn sich die Menschen aufgeregt in ihrem Leben abhetzen, für Geld und um sich selbst etwas zu beweisen. Ohne Rücksicht auf die eigene Gesundheit, Gefühle und Bedürfnisse der anderen, nur ihre Interessen verfolgend. Egoistisch. Aber im Schutze der Dunkelheit betten sich jene zur Ruhe, schlafen und vergessen die Sünden des Alltages. Noch ein letzter Zug.
Wieder streift sein Blick über die Häuser, den Baum, zum Himmel. Seufzend drückt er seine Zigarette aus, öffnet die Tür und tritt in die Wohnung zurück. Die Arbeit wartet.

 

Hallo Gießkanne!

Willkommen :)!

Bin zwar Nichtraucherin, aber die Stimmung, die Du in so wenigen Zeilen aufbaust, die Ruhe, Abkehr von der Hektik, das hat mir gefallen. Diese kurze Zeit zwischen der Arbeit... wie lang braucht er für seine Zigarette? Sprachlich auch recht schön geschrieben! :)

schöne Grüße, Anne

 

Moin Giesskanne!

Auch von mir ein herzliches Willkommen.

Ich schließe mich Maus an: Die beschriebene Stimmung finde ich auch richtig gut. Man wird beim Lesen auch gleich etwas ruhiger.

Allerdings sind mir ein paar Fehler bzw. Unklarheiten aufgefallen:

Den Filter zwischen den Mittel- und Zeigefinger haltend
müsste heißen: ... zwischen dem Mittel- und Zeigefinger..., wobei ich hier auf das "dem" ganz verzichten würde.
Die Äste schlagen gegeneinander und erzeugen ein krächzendes Geräusch.
Ich weiß nicht, ob hier evtl. ächzend besser gewesen wäre. Krächzen klingt so nach Rabe, scharf, laut und schnell. Das macht für mich die Stimmung etwas kaputt.
Ohne Rücksicht auf die eigene Gesundheit,
Finde ich ja putzig, dass du gerade von Gesundheit sprichst, während du das Rauchen einer Zigarette beschreibst.
Wieder streift sein Blick über die Häuser, dem Baum, zum Himmel.
Müsste heißen ...den Baum...

 

hi & willkommen kännchen,
sag mal - was für eine arbeit? das am ende war doch eine pointe, oder? der barde kriegt wieder nix mit hier *hehe*.
ist er einbrecher?
übrigens ... ein solider schreibstil.
bye
barde

 

Hallo Gisskanne, mit dem letzten Satz komme auch ich nicht zurecht, da fehlt mir der Bezug.

Ansonsten, wunderbar beschrieben, richtig fein.

Ich sehe es als Kontrast. Alles wirkt entspannt auf den Darsteller, so schön...aber sein Leben, das ruiniert er mit jedem Zug.


Liebe Grüsse Archetyp

 

Hallo Gieskanne,

Dein Text ist eine schöne, ruhige Momentaufnahme. Dein Protagonist macht sich so seine Gedanken, er ist aber auch Teil dieser Welt, aus der er nicht ausbrechen kann. So interpretiere ich zumindest den Schlußsatz.
Ich weiß nicht, ob das nun Absicht war, daß er kritisiert, wenn die Leute ihrer Gesundheit schaden, er aber selbst raucht. Vielleicht zeigt das auch nur seine Zugehörigkeit zu den Anderen.
Vielleicht willst Du hier noch etwas ändern:
„erreicht den frischen Tabak. Ein würziger Duft umschließt ihn...“ den Tabak? Du meinst sicher die Person. (Ähnliches bei „Mund“ und „Nebelschwaden“, obwohl man es sich schon denken kann, was gemeint ist).
„Anders bei Tag, w o sich ...“ wenn sich; „um sich selber ... „ um sich selbst.

Alles Gute,

tschüß... Woltochinon

 

Hallo Leute,

ich freue mich, dass euch dieser Text angesprochen hat. Eure Kritik habe ich auch gleich eingearbeitet. Die Interpretation von Woltochinon trifft die Aussage, die ich mit dieser Geschichte umschreibe, wie die Faust aufs Auge. Und, so viel sei gesagt, es war Absicht einen rauchenden Protagonisten zu wählen, der über andere Menschen und deren Gesundheit nachdenkend, seine eigene mit jedem Zug ein Stück verschlechtert. Mit Hilfe dieser Ironie stellt sich die Zugehörigkeit zu den Anderen (egoistischen Einzelpersonen) besonders gut heraus. Denn jeder weiß, und kann es gegebenenfalls auf jeder Zigarettenschachteln nachlesen: „Rauchen gefährdet die Gesundheit.“

Tschüß…

Gießkanne

 

Hi Giesskanne,

ist schon fast alles gesagt, ich wiederhol mich ungern, weswegen ich mich den Vorkritikern anschließe.
Ganz nette Impression ist dir da gelungen.

Aber eine Frage hab ich noch:wieso hat er nur einen Pullover an?

@Barde

Einbrecher? Nur mit Pullover bekleidet? :rolleyes:

Lieben Gruß
Lakita

 

@einbrecher - gerade wegen dem pullover!! (normalerweise aber auch mit hose)*hehe*
du kannst nicht so gut fassaden klettern mit einer jacke.
trotzdem habe ich noch nicht verstanden, welcher arbeit er zur späten abendzeit in einer wohnung nachgeht.

 

Vielleicht ist er

Autor
Babysitter
strickt hauptberuflich Pullover
reinigt und poliert grad seine Dietriche
oder
Callboy (deswegen nur der Pullover...;))

 

Hallo Barde und lakita,

der Protagonist in der Geschichte soll eigentlich keinen Einbrecher darstellen. Er verdient, so ist es angedacht, seinen Lebensunterhalt mit einer durchaus nicht kriminellen Tätigkeit. Eine gewisse Streberei könnte man seinem Leben aber schon zugestehen. So geht er seiner Arbeit nicht nur von 8 – 18 Uhr nach, sondern nimmt sich darüber hinaus noch selbige mit nach Hause, um eventuell sein Pensum zu bewerkstelligen, welches übermäßig groß ist, oder um einfach nur seinen Chef zu beeindrucken, von dem er sich dadurch einen beruflichen Aufstieg verspricht. Vielleicht möchte er sich aber auch nur „etwas beweisen“. Derlei Überlegungen sind ganz und gar dem Leser überlassen.
Des Weiteren erscheint es mir, aus der Diskussion heraus, wichtig, die Frage mit dem Pullover zu klären. Natürlich trägt der Raucher nicht „nur“ einen Pullover, sondern auch eine Hose, Unterwäsche und Schuhe. Es ist aber durchaus verwunderlich, warum er sich bei derart eisigen Temperaturen keiner wärmenden Jacke bedient. Dadurch möchte ich die Hektikkeit in seinem Leben während seiner Arbeit Ausdruck verleihen (seinem Leben, fernab diesem besinnlichen Augenblicks). Zu viel Zeit würde es ihn kosten (bzw. ihn von seiner Arbeit abhalten) sich eine Jacke überzustreifen und natürlich nach dem Akt des Rauchens auch wieder abzulegen. Wertvolle Zeit, da bekanntlich Zeit gleich Geld ist. Auf dieser Symbolik aufbauend, ist es mir hoffentlich gelungen, wie schon erwähnt, die Zugehörigkeit zu den anderen Menschen (bzw. der Gesellschaft) darzustellen, die sich gerade durch solche gesundheitsgefährdenden Aktionen auszeichnen.

Tschüß…Gießkanne

 

Hi Gießkanne,

danke für deine Erläuterungen. Die Tatsache, dass ich vermutete, er habe nur einen Pullover an, könnte daran liegen, dass ich eine ignorante Kuh bin, die deswegen über deine Formulierung:
"Nur bekleidet mit einem Pullover, fröstelt es ihm."

gestolpert ist.:D
Nur es könnte auch sein, dass ich nicht die einzige bin, die sich eine trefflichere Formulierung vorstellen könnte. Z.B. könntest du einfach nur die Reihenfolge deines Satzes umstellen und schon ist er deutlicher und für meine Begriffe unmißverständlicher.

Vorschlag: Ihm fröstelte. (kein weiterer Hinweis auf seine Kleidung)
Oder
Die Kälte zog durch seinen Pullover ungehindert durch.
Ihm fröstelte.
Oder
Ihm fröstelte durch seinen Pullover.
Oder
Ihm fröstelte. Er hatte sich nicht die Zeit genommen, eine wärmende Jacke anzuziehen.

Naja,...sind nur Vorschläge...mehr nicht. Es gibt verdammt bessere.

Lieben Gruß

Lakita

 

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