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Eine Winterwahrheit

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17.12.2017
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Eine Winterwahrheit

Das Mädchen freut sich. Denn heute ist der große Tag. Denn heute schneit es. Sie malt sich bereits aus, was sie denn tolles machen könnte, dort draußen im Schneegestöber. Noch liegt sie in ihrer wohlig-warmen Decke eingehüllt wie eine Raupe im Kokon. Doch schon jetzt packt sie die Euphorie, die extravagante Vorfreude auf den baldigen Kontakt mit den Schneesternchen, die wie Mandalas aussehen und die das Mädchen bereits gespannt am Fenster beobachten konnte. Im Stillen stellt das Mädchen einen Plan vor ihrem geistigen Auge auf die Beine: Sie wird aufspringen, sich auf dem Weg zur Tür in einer Bewegung den dicken Anorak schnappen und sich schwungvoll in die am Stuhl hängende Skihose werfen. Dann die Tür öffnen, die Stufen hinunter zum Flur trippeln und ihre knöchelhohen Stiefel anziehen. Die Schnürsenkel würde sie offenlassen. Das Mädchen kniff die Augen zusammen und lächelte, als wäre sie eine Geheimagentin, die gleich mit ihrem Plan die Welt retten würde. Also springt sie auf und spürt wie das Adrenalin förmlich in ihr emporsteigt, wie der Schokobrunnen an Weihnachten. Das Anziehen ging kinderleicht, doch der Anorak machte Probleme: Er riss auf, als das Mädchen ihn ungestüm vom Schreibtischstuhl herunterriss. Doch die Vorfreude ließ das Mädchen vergessen. Sie schwang sich auf die Treppe und donnerte förmlich ins Erdgeschoss. Schuhe an, Tür auf. Endlich. Wie lange hatte sie auf diesen Moment gewartet? Monate? Jahre? Nein.
Sie stapfte hinaus in den Schnee und fühlte.... die Kälte. Es war kälter als sie dachte. Der Anorak schirmte nur minder die Kälte ab. Die Schneeflocken waren plötzlich wie kleine Spinnen und andere Krabbeltiere, die hinten in den Kragen des Mädchens fielen oder vorne in die nun erneut zugekniffenen Sehschlitze segelten. Ein Wind frischte die minus 5° weiter auf. Feuchtigkeit sammelte sich in den Schuhen. Ihre zu dünnen Socken ließen mehr rein als raus. Sie hatte noch nichts gegessen und war zu schnell aufgestanden. Nun fühlte sie den Schwindel. Ihr wurde leicht übel. Ihr war kalt. Zu kalt. Plötzlich: Lachen.
Ein Junge kam lachend angelaufen und pfefferte dem Mädchen einen Schneeball auf den Hinterkopf. Es war leichter Schnee. Ganz weich. Doch er schmolz rasch und rieselte in einem Rinnsal ihren Rücken hinab. Sie drehte sich um und konnte einem zweiten Geschoss gerade noch ausweichen. Der Junge sprang zu ihr und warf sie in den Schnee. Ihr Körper landete weich. Auf ihr der Junge. Er rollte sich schallend lachend von ihr herunter. Ihr war durch den Umsturz die Luft entwichen. Die kalte, trockene Winterluft spendete kaum genug zum Atmen. Ihr Körper kühlte auf dem Schneebett langsam aber sicher aus. Sie musste sich rühren! Jetzt! Sofort! Ächzend stand sie auf und torkelte langsam zurück zum Haus. Gepeinigt, Gekühlt, Genässt, Gebrochen.

 

Hallo PlacidHysteria1 ,

und erst einmal willkommen bei den Wortkriegern.

Du hast eine kurze Geschichte geschrieben und ehrlich: Mein erster Gedanke nach dem Lesen war erst einmal nur "Aha".

ich bin mir nicht so sicher, was die Geschichte mir sagen soll, außer dass es im Winter eben kalt und nass ist. Das hält aber Millionen von Kindern nicht auf, im Schnee zu tollen und dabei großen Spaß zu haben. Für mich klingt die Geschichte daher eher so, als hätte sie ein winterhassender Erwachsener geschrieben, der nicht die kindliche Freude am Schnee nachvollziehen kann.

Für den Tag "Kinder" finde ich die Geschichte auch von Satzbau und Wortwahl (z.B. Mandala) zu kompliziert geschrieben. Eben nicht kindgerecht, wobei Dein Schreibstil nicht schlecht ist und annähernd fehlerfrei.

Aufgefallen ist mir nur:

Sie stapfte hinaus in den Schnee und fühlte.... die Kälte
--> fühlte ... die Kälte. Vielleicht auch: fühlte - die Kälte.

Gepeinigt, Gekühlt, Genässt, Gebrochen.
--> Gepeinigt, gekühlt ...

Liebe Grüße aus dem Schnee :lol:

Mädy

 

Hi!

Ähm. Danke. Und. Ach ja genau, das Thema.

Ich mag den Winter. Aber ich wollte versuchen darzustellen, dass in der Vorstellung, der Winter etwas wunderbares ist, mit all dem ganzen Schnee und den Flöckchen. Und im Gegensatz dazu wollte ich eben zeigen, dass diese Vorfreude am Ende negativ ausfällt. Verstehst du?

Also. Man sagt ja immer Dinge wie: Ich freu mich wieder auf den Schnee und auf das herumtollen darin!
Aber am Ende ist es oft ein wirklich anstrengendes Stapfen in bitterer Kälte und mit nassem Zeug.

lg

 

Hallo PlacidHysteria1

Auch von mir herzlich willkommen bei den Wortkriegern.
Es geht mir wie Maedy, ich kann es förmlich vor mir sehen, das Kind mit hochgezogenener Bettdecke und den grossen, ungläubigen Augen. Wie es dich anstarrt, nachdem du ihm diese Geschichte vorgelesen hast und es fragt: "Was ist denn jetzt mit dem Mädchen?"

Du siehst, für mich fehlt da noch etwas zu einer guten Kindergeschichte, was gemäss deinem Stichwort Kinder ja deine Absicht, oder?
Die Idee finde ich reizvoll, die freudige Erwartung, dann die harte Realität, ja, ja, das Leben ist nicht fair, oder so. Aber mir würde gefallen, wenn am Ende doch noch ein Lichtblick auftaucht. Bei Storys für Erwachsene kann man das machen, ein so offenes Ende, wo der Leser mit seiner Erfahrung deine Begriffsgefässe füllen kann. Für ein Kind erachte ich die Formulierungen als zu abgehoben.

Das Mädchen freut sich. Denn heute ist der große Tag. Denn heute schneit es.
Gebe dem Mädchen und dem Jungen einen Namen, das wirkt gleich viel persönlicher.
Die drei Sätze zu Anfang wirken etwas hölzern. Vorschlag: Laura freut sich, denn endlich hat es geschneit.

Noch liegt sie in ihrer wohlig-warmen Decke eingehüllt wie eine Raupe im Kokon.
Und wie weiss sie dann, dass es geschneit hat?

Doch schon jetzt packt sie die Euphorie, die extravagante Vorfreude auf den baldigen Kontakt mit den Schneesternchen, die wie Mandalas aussehen und die das Mädchen bereits gespannt am Fenster beobachten konnte.
Eben, Kindergeschichte, gell? Gut, das Mandala lass ich gelten. ;)

Das Anziehen ging kinderleicht, doch der Anorak machte Probleme: Er riss auf, als das Mädchen ihn ungestüm vom Schreibtischstuhl herunterriss.
Unschöne Wortwiederholng. Und warum fällst du ab hier ins Präteritum? Bleib doch im Präsens, wirkt dynamischer.

Endlich. Wie lange hatte sie auf diesen Moment gewartet? Monate? Jahre? Nein.
Erst die Steigerung, dann ein Nein. Das verstehe ich nicht.

Sie stapfte hinaus in den Schnee und fühlte.... die Kälte. Es war kälterKOMMA als sie dachte. Der Anorak schirmte nur minder die Kälte ab.
Wortwiederholung

Der Junge sprang zu ihr und warf sie in den Schnee. Ihr Körper landete weich. Auf ihr der Junge. Er rollte sich schallend lachend von ihr herunter.
Entweder schuppste er sie, dass sie (weich) in den Schnee plumpste. Aber er rollt sich ja von ihr runter, also fiel er zusammen mit ihr in den Schnee, ihr blieb sogar die Luft weg, dann konnte sie unmöglich weich landen. Hier würde ich noch etwas an der Logik arbeiten.

Ihr war durch den Umsturz die Luft entwichen.
Umsturz? Einfach Sturz.

Die kalte, trockene Winterluft spendete kaum genug zum Atmen.
Kaum genug was?
Luft gibts draussen in Hülle und Fülle, aber sie japst nach Luft, weil die verkrampfte Muskulatur ihr die Lunge quetscht.


Viel Spass noch,
Gruss dot

 

Da ich bis jetzt nicht darauf aufmerksam gemacht wurde, dass du lieber dot auch kommentiert hast, schreib ich erst jetzt!

das Kind mit hochgezogenener Bettdecke und den grossen, ungläubigen Augen. Wie es dich anstarrt, nachdem du ihm diese Geschichte vorgelesen hast und es fragt: "Was ist denn jetzt mit dem Mädchen?"
Tja, das mit dem Kind hab ich fehlinterpretiert!

Gebe dem Mädchen und dem Jungen einen Namen, das wirkt gleich viel persönlicher.
Die drei Sätze zu Anfang wirken etwas hölzern. Vorschlag: Laura freut sich, denn endlich hat es geschneit.
Aber ohne Namen klingt es nach einer einsameren Umgebung, wo es nur das Mädchen gibt. Und nur sie steht im Mittelpunkt.
Und wie weiss sie dann, dass es geschneit hat?
Durchs Fenster.
Erst die Steigerung, dann ein Nein. Das verstehe ich nicht.
soll den individuell-realistischen Gedankengang des Mädchens darstellen. Das Nein sorgt für einen Abbruch im Lesefluss und lässt den Leser direkt in die nächste Zeile gleiten. Außerdem ist es eine indirekte Bescheinigung dafür, dass "Jahre" doch etwas zu lang war.
Wortwiederholung
Stimmt. Sry.
ihr blieb sogar die Luft weg, dann konnte sie unmöglich weich landen
Wenn man in den Schnee fällt und einem dann ein 20 KiloKind auf einen drauffällt, kann einem jungen Mädchen schonmal die Luft wegbleiben.
Luft gibts draussen in Hülle und Fülle, aber sie japst nach Luft, weil die verkrampfte Muskulatur ihr die Lunge quetscht.
Aber das Gehirn einer <10 Jährigen ist noch nicht soweit, als dass sie an biologische Zusammenhänge knüpfen kann. So erklärt sie sich die Welt. Und hier wieder: Nur sie, niemand anderer steht im Mittelpunkt.

 

Hallo PlacidHysteria1 ,

jetzt wurde ich noch einmal getaggt zu Deiner Geschichte und habe mir jetzt auch noch einmal alles angesehen. Erst einmal ein kleiner Tipp:
Wenn Du die Geschichte einstellst, kannst Du Dein eigenes Thema abonnieren und wählen, ob Du im Benachrichtigungscenter über ein Kommentar informiert werden willst oder per Mail. Dann entgeht einem so schnell nichts.

Von mir noch einmal zwei Anmerkungen:

Ich mag den Winter. Aber ich wollte versuchen darzustellen, dass in der Vorstellung, der Winter etwas wunderbares ist, mit all dem ganzen Schnee und den Flöckchen. Und im Gegensatz dazu wollte ich eben zeigen, dass diese Vorfreude am Ende negativ ausfällt. Verstehst du?

Ähm, nein. Das bestätigt mich eher in meiner Kritik. Ich denke, dass bei den wenigsten Kindern die Vorfreude auf den Schnee am Ende negativ ausfällt. Eigentlich alle Kinder in meiner Familie freuen sich jedes Jahr auf das Schneemannbauen, Schlittenfahren, Skifahren usw. trotz "nass und kalt". Und klar ist es anstrengend, einen Schlitten den Berg hochzuziehen, aber die Abfahrt macht es wieder wett.

Du kannst es natürlich metaphorisch meinen. Sozusagen als Beispiel für eine enttäuschte Vorfreude, aber dann wäre m.E. immer noch der Tag "Kinder" nicht passend.

soll den individuell-realistischen Gedankengang des Mädchens darstellen. Das Nein sorgt für einen Abbruch im Lesefluss und lässt den Leser direkt in die nächste Zeile gleiten. Außerdem ist es eine indirekte Bescheinigung dafür, dass "Jahre" doch etwas zu lang war.

Hier könnte ich jetzt einige Kommentare an Dot markieren, aber dieser hier reicht, denke ich. Es ist nie gut, wenn man die eigene Geschichte in dieser Art und Weise erläutern muss. Denn die Kommentare von Dot zeigen, dass die Geschichte beim Leser eben gerade nicht so angekommen ist, wie Du es Dir als Autor gewünscht hast. Das heißt im Ergebnis, dass nachgearbeitet werden muss.

So viel von mir heute Abend.
Wie gesagt, ich glaube schon, dass Du ein Talent hast. Arbeite daran!

Viele Grüße
Mädy

 

Hallo, PlacidHysteria1,

du beginnst die Geschichte in der Gegenwartsform und wechselst später in die Vergangenheitsform.

Das Mädchen freut sich. Denn heute ist der große Tag.

Sie stapfte hinaus in den Schnee und fühlte


Sie malt sich bereits aus, was sie denn tolles machen könnte

Tolles groß, das Tolle.

Also springt sie auf und spürt wie das Adrenalin förmlich in ihr emporsteigt, wie der Schokobrunnen an Weihnachten.

Dieser Satz stimmt irgendwie nicht. Das förmlich ist überflüssig, entweder der Adrenalinspiegel steigt oder nicht. Kinder nehmen das auch nicht bewusst war und sehen keinen Zusammenhang mit Adrenalin. Der Anhang stimmt ebenfalls nicht, kürzen wir es: das Adrenalin steigt in ihr empor wie der Schokobrunnen. (Wie Schokolade in einem Schokobrunnen).

ihre knöchelhohen Stiefel anziehen.

Stiefel sind nicht knöchelhoch, das sind Halbschuhe.

Das Anziehen ging kinderleicht, doch der Anorak machte Probleme: Er riss auf, als das Mädchen ihn ungestüm vom Schreibtischstuhl herunterriss

Und … ? Ließ er sich nicht schließen? Das erscheint mir alles ein wenig konstruiert. Wie groß kann der Schaden an einer Jacke sein, den man von einem Stuhl zieht? Vielleicht ein kleiner Riss an einer Naht, für mehr müsste das Material mürbe sein.

Sie stapfte hinaus in den Schnee und fühlte.... die Kälte.

Sie trägt eine dicke Jacke, eine Skihose, gefüllt mit wahrscheinlich Federn, und Stiefel. Kinder achten auch eher weniger auf die Kälte. Sie fitschen erstmal los und irgendwann stehen sie zitternd und mit blauen Lippen da. Und was ist mit den Eltern?

Der Anorak schirmte nur minder die Kälte ab

Ungünstig formuliert. Der Anorak schirmt nicht ab, Lufteinschlüsse bilden ein Polster aus Luft, die vom Körper erwärmt wird. Das wird bei einer dicken Jacke auch nicht durchschlagen wie in Sprung ins kalte Wasser.

Feuchtigkeit sammelte sich in den Schuhen. Ihre zu dünnen Socken ließen mehr rein als raus.

Die Socken haben hier wohl keine Funktion, um Wasser zurückzuhalten.

Ihr war durch den Umsturz die Luft entwichen. Die kalte, trockene Winterluft spendete kaum genug zum Atmen.
Durch das auf sie stürzen. Die Winterluft ist Atemluft.

Gepeinigt, Gekühlt, Genässt, Gebrochen.

Ein wenig theatralisch.

Für mich ist das Ganze zu konstruiert und zu unrealistisch. Ich arbeite selbst gelegentlich bei minus 10 Grad für Stunden draußen und habe das noch nie so extrem empfunden, wie du es hier beschreibst. Tut mir leid, aber mir gefällt die Geschichte nicht.

Liebe Grüße

Rainer Hohn

 

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