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Eine Weihnachtsgeschichte

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26.12.2008
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Eine Weihnachtsgeschichte

"Es stört mich manchmal voll, dass ich so sensibel bin.
Ich merk es immer gleich, wenn mein Bruder traurig ist, oderso." -
"Dann stell dir mal vor, dein Bruder wäre depressiv", wollte ich entgegnen, "denn kurz bevor es dich kaputt macht, lernst du von ganz alleine, wie man Gefühle ignoriert." Aber ich konnte es nicht sagen. Schließlich wusste kein Außenstehender von der Krankheit meiner großen Schwester und sowas konnte ich ja nicht einfach weitererzählen.


Beim Abendessen war seit langem die ganze Familie zusammen, auch Michelle, meine zweite große Schwester, die normalerweise bei ihrem Freund wohnt. Ich bemühte mich, ganz schnell mit Essen fertig zu sein, um sämtliche Gespräche nicht mitzubekommen, aber es fing bereits nach meinem ersten Löffel Kartoffelbrei an.
"Willst du nicht noch ein bisschen Fleisch zu deinem Kartoffelbrei, Elenaschätzchen? Ich hab extra ein ganz mageres rausgesucht." -
"Will sie nicht. Sie is doch magersüchtig.", konterte Michelle. Oh nein. Ich wusste nicht, warum sie immer tat als würde Elena es nur spielen. Immerhin war sie ziemlich genau ein Jahr lang in Behandlung und musste Medikamente nehmen.
"Ich bin nicht magersüchtig, du Stück Scheiße!", schrie sie.
"Hört auf zu streiten!", sagte meine Mutter verzweifelt, und "Ess doch wenigstens 'nen Löffel Gemüse dazu. Kartoffelbrei ohne irgendwas schmeckt doch langweilig."
Dann sagte keiner mehr was, und Elena stocherte weiter in ihrem Kartoffelbrei rum. Doch dann fing Michelle an zu singen, und zwar ganz laut und krumm und hoch, so wie sie es immer tat. Unterbewusst, da ich genau wusste, was jetzt kommt, klammerte ich mich an meinem Löffel fest und starrte angestrengt auf meinen Teller.
"Halt die Fresse du hässliches Kind oder ich komm rüber und hau dich!" Und wie es zu erwarten war, hörte sie nicht auf zu singen.
"Fuck ich halt das nicht aus!", weinte sie fast, sprang gleichzeitig auf, stieß dabei ihr Glas um, schlug die Küchentür zu und kurz danach ihre Zimmertür. Dann hörte man Deathmetal durchs Haus hämmern.


"Musst du dich immer so aufführen? Kannst du sie nicht Einmal in Ruhe lassen?" Die Worte meiner Mutter klangen eher überfordert als strafend.
"Ich führ mich auf?! Sie muss doch immer so nen Aufstand machen!"
Sie senkte den Kopf.
"Räumt ihr bitte dann den Tisch ab?" Dann stand sie auf und ging mit Tränen in den Augen in ihr Schlafzimmer.
"Also wirklich, dass ihr zwei nicht mal nett zueinander sein könnt!", schaltete sich nun auch mein Vater ein.
"Ich mach doch garnichts! Sie muss ja immer gleich rumschreien!" Beleidigt ging nun auch Michelle in ihr Zimmer.
"Ouh, ich muss zur Arbeit. Bin schon spät dran. Tschüss!"
Also räumte ich alleine den Tisch ab und spülte das Geschirr.
Auf der Küchentheke stand die Duftkerze, die ich meiner Mutter mal zum Muttertag geschenkt hatte, weil ich die Dose so schön fand. Ich wollte mal dran riechen, also öffnete ich die Dose, aber statt der Duftkerze waren da jetzt die Tabletten meiner Schwester drin. Ich schaute ca. 10 Sekunden lang erschrocken und ungläubig in die schöne Dose, das Geschenk meiner Mutter. Ich dachte, ich wäre enttäuscht, stattdessen fühlte ich nichts. Und dann wurde mir schlecht.

Ich war zwar nicht müde, aber da ich weder etwas zu tun hatte, noch Lust hatte, länger wach zu bleiben, legte ich mich schließlich auch ins Bett. Schlafen konnte ich sowieso nicht, es war viel zu hell in meinem Zimmer, da das Licht vom Hausflur durch meine Glastür fiel. Dort lief meine Mutter mit dem Telefon rum und obwohl sie flüsterte, konnte ich sie gut hören.
"Ach Martin, sie hat sich schon wieder aufgeschnitten, ich weiß einfach nicht, was ich noch tun soll,"..."Natürlich, aber das bringt doch nichts, das Kind ist 17 Jahre alt, sie kann sich einfach neue kaufen."..."Okay, dann geh ich mal zu ihr. Vielleicht hat sie sich wieder etwas beruhigt." Sie legte auf, steckte das Telefon in die Ladestation und klopfte an der Zimmertür meiner Schwester, die genau neben meiner war. Dann hörte ich leises Murmeln, war froh dass ich nichts Genaues verstand, und versuchte doch zu schlafen.


"Du musst atmen! Elena! Atmen! Eeeinatmen. Ausatmen. Einatmen.", hörte ich meine Mutter, die versuchte, ihre überreizte Stimme beruhigend klingen zu lassen.
"Ganz ruhig! Ist doch alles in Ordnung!"
Ich kniff fest die Augen zusammen und plötzlich stiegen mir Bilder von zwei kleinen, blondgelockten Kindern in die Gedanken. Sie wuchsen auf dem Bauernhof ihrer Großeltern auf, es war ein Tag in den Sommerferien und sie waren extra früh aufgestanden, um beim Tiere füttern zu helfen. Im Hasenstall suchten sie nach ihrem Lieblingshasen, doch sie fanden ihn nicht. Natürlich wurde ihnen nicht gesagt, dass er geschlachtet wurde und sie ihn wenige Tage später zu Mittag essen würden. Dann schrieben sie das Gedicht über ihre Oma weiter, das sie an ihrem Geburtstag vortragen wollten, so wie sie es schon immer taten. Sie hatten beide schon im Kindergarten lesen und schreiben können und wollten später aufs Gymnasium um viel lernen zu können. Wahrscheinlich würden sie sich beim Vortragen sowieso schämen und die ganze Zeit kichern, aber Oma würde das nicht stören.
"Sie sind doch noch so klein und sie geben sich solche Mühe", sagte sie immer und steckte ihnen eine Tafel Schokolade zu.

Dann kam der Tag an dem alle Kühe und Schweine zum Schlachter gefahren wurden, weil die Großeltern zu alt geworden waren, um sich darum zu kümmern. Und bald verbrachte einer der blonden Engel die Sommerferien besoffen in irgendwelchen Ecken von irgendwelchen dreckigen Kneipen oder Discos.
Ich hörte meine Mutter schnell in die Küche und dann wieder zurück zu meiner Schwester rennen.
Sie übergab sich, ich drückte die Bettdecke über meinen Kopf, hörte mit meinem MP3-Player Maschinenmusik auf voller Lautstärke und biss mir so lange in die Hand, bis ich nicht mehr das Gefühl hatte, gleich weinen zu müssen. Ohne die Musik auszumachen, setzte ich mich im Halbdunkel an meinen Schreibtisch.

Liebes Tagebuch, 24.12.2010, 23:47
Eigentlich war heute ein Tag wie jeder andere. Die neuen Möbel für mein Zimmer, die ich geschenkt bekommen habe, hatte ich ja vorher schon ausgesucht. Irgendwie hatten meine Schwestern wohl gedacht, dass wir uns dieses Jahr nichts schenken, denn sie waren glaube ich ein bisschen verlegen als ich jedem von ihnen ein Buch geschenkt habe, sie aber nichts für mich hatten. Naja, Elena fand ihrs eh blöd, deswegen hat sies mir gleich wieder gegeben. Meine Mutter hatte keine Zeit, einzukaufen, weil ein Termin meiner Schwester kurzfristig vorverlegt wurde. Deswegen gabs nochmal das selbe Essen wie gestern. Alles in allem war Weihnachten dieses Jahr schöner als letztes Jahr. Aber was ich mir wirklich gewünscht habe, ist nicht in Erfüllung gegangen.

 
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Hey lala94,

"Es stört mich manchmal voll, dass ich so sensibel bin, weil(Komma) dann merk ichs immer gleich(Komma) wenn mein Bruder traurig ist oder so(Leerzeichen..(drei Punkte)"

Das ist ein ziemlicher Schachtelsatz. Ohne die Kommata steigt der Leser da kaum durch. Und vielleicht bietet es sich hier an - für das leichtere Erfassen - zwei Sätze draus zu machen.

"Dann stell dir mal vor, dein Bruder wäre depressiv,(kein Komma)", wollte ich entgegnen, "denn kurz bevor es dich kaputt macht, lernst du von ganz alleine, wie man Gefühle ignoriert."

Aber ich konnte es nicht sagen.

Aber da reden doch zwei? Wer redet denn da mit wem und dann redet doch niemand - ich bin verwirrt, verwirrt.

Beim Abendessen war seit langem wiedermal die ganze Familie zusammen, auch Michelle, meine zweite große Schwester, die normalerweise bei ihrem Freund wohnt.

wiedermal ist wiedermal ein typisches Wort von zu viel ;) Es macht den Satz so sperrig, klingt doof und es fehlt nix an Inhalt, ließe man es unter den Tisch fallen

"Willst du nicht noch ein bisschen Fleisch zu deinem Kartoffelbrei, Elenaschätzchen? Ich hab extra ein ganz mageres rausgesucht." - "Will sie nicht. Sie is doch magersüchtig.(Kein Punkt, wenn der Satz weiter geht)", konterte Michelle, ihrer Meinung nach extrem überlegen.

Immer wenn wörtliche Rede ins Spiel kommt eine neue Zeile anfangen. Das erleichtert dem Leser, die Übersicht zu behalten.

"Willst du nicht noch ein bisschen Fleisch zu deinem Kartoffelbrei, Elenaschätzchen? Ich hab extra ein ganz mageres rausgesucht." (sagt wer?)
"Will sie nicht. Sie is doch magersüchtig", konterte Michelle, ihrer Meinung nach extrem überlegen.

Das dicke würde ich streichen. Einerseits spürt der Leser anhand der Aussage, bereits die Stimmung, auf der anderen Seite ist es wertend und man will sich doch ein eigenes Bild im Kopf basteln, von den Leuten, mit denen man es in einer Geschichte zu tun hat.

"Musst du dich immer so aufführen? Kannst du sie nicht EINmal in Ruhe lassen?"

GROßBUCHSTABEN sind was für Comics. Ist doch kein Comic hier, oder?

Sie wuchsen auf dem Bauernhof ihrer Großeltern auf, es war ein Tag in den Sommerferien und sie waren extra früh aufgestanden(Komma) um beim Tiere(auseinander)füttern zu helfen. Im Hasenstall suchten sie nach ihrem Lieblingshasen(Komma) doch sie fanden ihn nicht.

Natürlich wurde ihnen nicht gesagt(Komma) dass er geschlachtet wurde und sie ihn wenige Tage später zu Mittag essen würden.

Dann kam der Tag an dem alle Kühe und Schweine zum Schlachter gefahren wurden(Komma) weil die Großeltern zu alt geworden waren(Komma) um sich darum zu kümmern, und bald verbrachte einer der blonden Engel die Sommerferien besoffen in irgendwelchen Ecken von irgendwelchen dreckigen Kneipen oder Discos.

Manchmal strickst Du Deine Sätze echt umständlich. Da muss ich immer erst mal sortieren und kann mich gar nicht auf den Inhalt einlassen, weil ich ja erst mal Ordnung machen muss. Versuche mal, mit weniger umständlichen Formulierungen auszukommen und die Sätze kürzer zu halten.

Beispiel:

Wahrscheinlich würden sie sich kurz vor dem Vortragen sowieso schämen und beim aufsagen die ganze Zeit kichern, aber es würde keinen stören, weil sie so lieb und süß waren und sich solche Mühe gaben.

Während des Vortragens würden sie sich schämen und die ganze Zeit kichern, aber Oma stört das nicht.
"Sie sind doch noch so klein und sie geben sich solche Mühe", sagte sie immer und steckte uns eine Tafel Schokolade zu.

So könnte der Satz auch aussehen. Der ist aktiver, lebt mehr und gibt dem Leser ehr Freiheit, sich das Geschehen vor Augen zu holen. Und wenn ihm das gelingt, dann ist er näher am Geschehen, wenn nicht sogar mittendrin ;).

Am Ende frage ich mich, warum dieses Jahr Weihnachten schöner war als letztes Jahr. Ich weiß doch gar nix über letztes Jahr. Was war denn da? Vielleicht solltest Du, statt der Oma Szene eine Szene vom letzten Jahr einbauen, dann habe ich einen Vergleich. So aber ... mmmh?

So. Jetzt habe ich mir hier eine Menge Zeit ans Bein gebunden, um Dir Sachen aufzuzeigen, wie Dein Text in Form kommt. Jetzt will ich auch sehen, dass die Zeit nicht umsonst war ;). Also, mach den mal ein bisschen schick. Wegen der inhaltlichen Dinge, da kann man ja verschiedener Meinung sein, aber was die neuen Zeilen bei wörtlicher Rede und die Kommata betrifft, da eigentlich nicht.

Lieben Gruß und ein hoffentlich schöneres Weihnachtsfest
Fliege :xmas:

 

Hallo Fliege,
erstmal natürlich vielen Dank für deine Kritik.
Die meisten Sachen hab ich schon ausgebessert, und die Schachtelsätze schau ich mir später noch mal an.

Der erste Absatz ist mehr so als Einleitung gedacht, irgendwer (zB Freundin) sagt die erste wörtliche Rede und das zweite denkt das 'ich' in der Geschichte, kann es aber nicht sagen.

Die Großbuchstaben waren nur wegen der Betonung ;)

Und das mit dem letztes Jahr hätte man sich denken können, wenn ich nicht vorher blöderweise den Satz gelöscht hätte .. Hab ihn jetzt aber wieder reingeschrieben. ('Ich wusste nicht, warum sie immer tat als würde Elena es nur spielen. Immerhin war sie ziemlich genau ein Jahr lang in Behandlung und musste Medikamente nehmen. ')
Da kann man sich dann einfach denken, dass das alles ungefähr um letztes Weihnachten rum angefangen hat.

Also vielen Dank nochmal und ebenfalls frohe Weihnachten :)

 

So jetzt hab ich endlich auch die Sätze noch n bisschen verändert.

Und .. ich will ja nicht aufdringlich sein :) .. aber hat zufällig jemand auch noch n bisschen Kritik für den Inhalt? Also ist's zu langweilig oder zu dick aufgetragen an manchen Stellen? Würd mich freuen wenn jemand dazu auch noch was sagen könnte :)

 

Hallo lala!

Du fragst nach Spannung.
Mir kommt die Geschichte wie eine Suppe vor, recht gut gewürzt, aber keine Bewegung drin.

Man lernt die Familienmitglieder über ihre Krankheiten kennen, aber das war es dann auch. Sicher alles höchst tragisch: Die magersüchtige Elena will nicht essen, die depressive Michelle hat ihre manische Phase und singt und stänkert.
Mittendrin die verzweifelte Ich-Erzählerin und eine überforderte Mutter. Der Vater hat es da noch gut getroffen, der darf am Heiligabend arbeiten gehen.

Was fehlt ist Spannung. Dazu bräuchtest du einen Aufhänger, irgendetwas, was eine Entwicklung der Erzählerin von A nach B möglich macht. Z.B. könnte die Hauptfigur sich zu Anfang vornehmen: Wenn dieses Weihnachten wieder so fürchterlich wird wie letztes, dann gehe ich noch diese Nacht heimlich fort. Oder so ähnlich. Es gibt viele Möglichkeiten.

Das wäre dann spannend, weil der Leser die anfangs aufgeworfene Frage, haut sie ab oder nicht, beantwortet haben möchte. Die Ich-Erzählerin würde also für den roten Faden sorgen, an dem sich die Geschichte entlangbewegt.


Lieben Gruß

Asterix

 

Hallo Asterix,

stimmt, du hast Recht. War mir vorher garnicht so richtig aufgefallen .. Kann ich jetzt im Nachhinein allerdings auch schlecht noch ändern, aber bei der nächsten Geschichte werd ichs berücksichtigen, danke :)

Sicher alles höchst tragisch: Die magersüchtige Elena will nicht essen, die depressive Michelle hat ihre manische Phase und singt und stänkert.

Das hast du jetzt wohl falsch verstanden, (liegt bestimmt auch an den Schachtelsätzen ? :/) Elena hat Depressionen, Michelle sagt nur, dass Elena magersüchtig wäre und glaubt nicht dass sie wirklich krank ist. :)

 

Hallo lala94,

Gleich vorweg: Eine tolle Geschichte!
Die Geschichte nimmt schnell Fahrt auf. Was ich toll finde, ist, dass du alles mit wenigen Worten beschreibst und es dem Leser doch nahe bringen kannst. Die Streiterei und das Im-Bett-Liegen sind toll beschrieben, ich konnte mich gut in den Erzähler hineinversetzen. Deine Geschichte erzählt von einer zerbrochenen Familie - streitenden Kindern, teils depressiv/magersüchtig, überforderten Eltern. Was ich auch schön finde ist, dass der Erzähler das alles mehr oder weniger von außen betrachtet: Er/sie leidet zwar unter den Problemen, ist aber recht unbeteiligt und wünscht sich nur noch weg. Das ist schön zu lesen.

Das mit der Krankheit habe ich aber nicht ganz kapiert: Ist Elena jetzt magersüchtig oder Depressiv?? Weil erst geht es um Depressionen, was durchs Ritzen bestätigt wird, dazwischen ist aber nur von Magersucht die Rede. Oder leidet Elena vielleicht unter beidem?

Die Geschichte regt zum Nachdenken an und zeigt mal ein etwas anderes Weihnachten ...

Liebe Grüße
MoonShine

 

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