Eine wahrscheinlich ungekannte Ehrlichkeit
„Wenn ich mir jetzt das Leben nehmen würde, würde ich dann als von Dämonen Besessener sterben, oder als autarker Dämon? Wäre meine gesamte Existenz reduziert auf das eine Schlechte, was ich getan habe? Spiegelt meine Gräueltat mein wahres Ich wieder? Wäre dem so, dann wären all meine guten Taten nichts als ein Versuch meines Unterbewusstseins, meines Dämons, der ich dann in Gänze wäre, von seiner Existenz abzulenken. Und ich wäre nichts als eine Puppe, gesteuert von meinem Dämon, der ich selbst wäre, ohne je gewusst zu haben, dass ich eine Puppe wäre und meine Entscheidungskraft nie bei mir selbst gelegen hätte, oder zumindest nie das gewesen wäre, was man als Entscheidungskraft bezeichnen könnte. Wenn ich mir jetzt das Leben nehmen würde, täte ich gut darin, den Dämon mit mir zu töten? Wäre dies nicht das einzig wirklich Gute, was ich je in meinem Leben tun könnte? Warum habe ich es überhaupt nicht schon längst getan?“
Gleich nachdem Robert den letzten dieser Sätze ausgesprochen hatte, zog er eine Pistole aus seiner Tasche hervor und richtete sie gegen seinen Schädel. Er zitterte am ganzen Körper, man konnte Schweißtropfen abwärts entlang seines Gesichts fließen sehen, es war sogar unmöglich, sie nicht wahrzunehmen, selbst aus 30 Metern Entfernung, und er hatte bei seiner Rede gespuckt, wohl so viel, dass das Innere seines Mundes so trocken war, dass er schon fast daran erstickte. Es ertönte eine weitere Stimme.
„Weil du mich liebst. Und weil du deshalb weißt, dass du keine Marionette deines Dämons bist. Du bist ihm ein mal zum Opfer gefallen und ich verzeihe dir. Ich verzeihe dir! Und weißt du auch, warum? Es muss immer erst etwas Entsetzliches passieren, damit man erkennt, wer man wirklich ist. Durch dich weiß ich jetzt, wer ich wirklich bin. Und dass ich dich brauche. Und wenn du dir jetzt das Leben nimmst, dann tötest du mich mit dir. Und dann, nur dann, hat dein Dämon dich besiegt.“
Die Stimme gehörte Emily. Während sie sprach, bebte ihr ganzer Körper so, als würde sie so laut sie kann schreien, aber alles, was sie herausbringen konnte, war ein leises, gebrochenes Flüstern. Dieser Widerspruch verlieh ihren Sätzen eine vollkommene, wunderschöne Ehrlichkeit. Wahrscheinlich eine ungekannte Ehrlichkeit. Als Robert sie hörte, fiel er mit der Pistole an der Schläfe auf die Knie und begann, leise und unterdrückt zu weinen. Emily, die nur ein kurzes, gelbes Kleid anhatte, fiel ebenfalls mit ihren nackten Knien auf den Schotter. Sie umarmte ihn so fest sie konnte mit beiden Armen, er umarmte sie ebenso fest mit nur einem Arm. Der andere drückte die Pistole an seinen Kopf.
Dann fiel der Vorhang und die Zuschauer applaudierten. Niemand weiß, ob er noch abgedrückt hat, oder nicht.