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Eine Verschwörung
Eine ungewöhnliche Verschwörung
Fett, er war so fett, dass die Leute stehen blieben und gafften, wenn er in der Öffentlichkeit zu sehen war. Es war ein Schauspiel, wie er sich schnaufend und prustend hinter das Lenkrad seines, im Rahmen spezialverstärkten, Autos zwängte.
Laufen konnte er nur mit allergrößter Mühe. Die Beine schoben sich abwechselnd langsam eines vor das andere, wie bei einem Dickhäuter, der gemächlich zur Wasserstelle geht. Die Füße wirkten zum massigen Körper viel zu klein, obwohl er Schuhgröße 43 hatte und die Füße ständig geschwollen waren.
Er war gerade vom Garten in das ebenerdige Wohnzimmer gekommen und hatte sich mit Alas Hilfe in den überdimensional großen, ebenfalls für ihn speziell angefertigten, Sessel mehr plumpsen lassen, als gesetzt.
Nachdem sein Herz und Atem etwas zur Ruhe gekommen waren sagte er zu Ala:
„Du musst mir erklären, warum alles schief ging. Schon als sein Brief hier ankam und er die Sache mit dem Hai beschrieb, dachte ich: jetzt ist alles aus.“
„Ach, die Haigeschichte war doch im Grunde harmlos. Wir waren mit dem Boot noch nahe am Strand, im seichten Gewässer. Wahrscheinlich waren es Dornhaie, weißt du.
Ehe sie Tom verschlingen würden, landen sie als Schillerlocken an Deutschlands Fischtheken. Aber sie sehen schon eindrucksvoll aus. Den Schreck hatte ich nur vorgetäuscht, um im Hotel aufzufallen. Es wusste dann jeder am Abend, dass ich am nächsten Tag nach Hause fliegen und ihn mit dem Auto dort sitzen lassen würde.“
„Aber warum bist du nicht zurück, um endlich ein Ende zu machen?“
Sie blies verächtlich eine Locke aus der Stirn: “Wenn du wüsstest, wie erbärmlich er sich auf dem Boot benommen hat…“
Ala sprach den Satz nicht zu Ende. Er wusste auch so, was sie sagen wollte.
Er hasste Tom und jede Erzählung konnte diesen Hass nur vergrößern. Darin war er sich mit Ala vollkommen einig. Dieser Mann war so primitiv und ungehobelt.
Natürlich, sie hatten ihn zusammen ausgesucht, aber er dachte immer, dass Ala die ganze Sache schneller beendet.
Ala, etwa fünfundzwanzig, war eine schlanke dunkelhaarige Schönheit. Ihre Erregung konnte sie kaum unterdrücken. Während ihrer Erzählung ging sie im Wohnzimmer auf und ab und verschränkte die Finger. Das blaue Sommerkleid aus leichtem Georgette wedelte bei jeder Kehrtwendung, etwas verzögert, um ihre Waden.
Nur wer wusste, dass er hier Vater und Tochter vor sich hatte, konnte es an beider Augen sehen. Der gleiche Schnitt, das gleiche braun gesprenkelte Grün.
„Ala, du bist jetzt fünf Jahre mit ihm verheiratet. Das sind mindestens drei Jahre zu viel. Sein Geld scheint er weiterhin mit Billigurlauben und in Billigrestaurants ausgeben zu wollen. Verdrecktes Wasser und Krach, wenn ich das schon höre. Das hast du nicht nötig, dein Niveau hat auf Tom nicht abgefärbt. Aber gut, je weniger Geld er für sich ausgibt, desto mehr wird für dich bleiben.“ Mit diesen Worten stellte er seinen Sessel auf die Liegefunktion ein, so dass seine Beine hoch lagen.
„Ja, so gesehen hast du Recht. Schon allein mit dem Auto darunter zu fahren, statt zu fliegen. Und dann, das Hotel! Du machst dir keinen Begriff. Eine entsetzliche Küche, kein Wunder, dass wir Durchfälle hatten.“
Ala goss in zwei Gläser Mineralwasser und reichte ihrem Vater eins. Er lehnte dankend ab und zeigte nur auf seine Füße. Sie sah, dass Füße und Beine geschwollener waren als sonst. Seine Geschlechtsteile zeichneten sich im Schritt aufdringlich ab und passten nicht in das rechte oder linke Hosenbein, obwohl die Hosen weit genug geschnitten waren. Sicher, dachte sie, er ist herzkrank, aber er war auch immer ein Genussmensch und nun musste er das wohl bald mit dem Leben bezahlen.
Als er ihren Blick bemerkte, kamen ihm ähnliche Gedanken. Seine schöne Tochter sollte nicht ohne Vermögen dastehen, wenn er starb. Nie hatte ihm im Leben sein Gewissen geplagt, - er benutzte es nie. Doch Ala war etwas Besonderes und er sorgte sich, dass er sein ganzes Geld mit Frauen und Völlerei verprasst hatte. Sie war auch ein Genussmensch und nicht zimperlich, wenn es galt, ihre Interessen durch zu setzen.
„Tom erwähnte im Brief und gestern mit keinem Wort, dass du abgereist bist. Warum hast du die Gelegenheit im Boot nicht wahrnehmen können? Und, wie gesagt, warum bist du nicht zurück? Für die Hotelgäste warst du abgereist. Fünf Jahre, Ala, fünf Jahre!“
Ala kniete sich neben den Sessel und legte Arme und Kopf auf seinen Bauch.
„Vater“ sagte sie „ich will lieber noch ein Jahr warten und ganz sicher sein, dass es klappt. Es muss alles plausibel sein, perfekt, verstehst du. Ich will nicht 20 Jahre sitzen, ich will leben. Gerade du musst das doch verstehen.“
Er gab ihr zu bedenken, dass ein Bootsunfall im Ausland vielleicht einfacher sei. Die Behörden dort sind gewohnt, dass die Touristen die Gefahren der See nicht richtig einschätzen.
Das Drängen ihres Vaters machte Ala nervös und ungehalten. Jeder im Bekanntenkreis kennt Toms Leidenschaft für Motorboote. Gerade deshalb muss der Unfall echt wirken.
„Gleich wird Tom kommen, wir wollen jetzt aufhören.“ mahnte Ala.
„Ich kann ihn kaum noch ertragen. Diese Mittwochsbesuche könnten meinetwegen wegfallen. Ein Cognac wäre nicht schlecht, sei so lieb und gieß mir einen ein.“
„Tu das, Ala, es wird sein letzter sein und auch deine letzte Tat“ klang es von der Terrassentür.
Ala ging auf Tom zu und versuchte die Situation zu retten. „Tom, du bist schon da! Nun lass doch deine Spötterei mit dem Cognac, es wird noch lange nicht Vaters letzter sein.“
Tom ging auf den Sessel zu. „ Verlass dich drauf, Fettsack, es ist dein letzter! Trink schnell, sonnst schaffst du es nicht, bevor ich dir dein Licht ausblase.“ Sagt es und schießt zielsicher mit einer kleinkalibrigen Pistole.
„Und nun zu dir, meine schöne Frau. Habt ihr wirklich gedacht, ich bin so blöd und merke nicht, dass ihr nur mein Geld wollt?“ Sie hat keine Zeit zu fliehen, zu schreien oder sich zu verstecken. Ein Schuss genügt und das blaue Sommerkleid bekommt einen roten Fleck, während Ala langsam zu Boden sinkt.
Tom geht ruhig hinaus und denkt an eine Bootsfahrt im Vollmond, an fröhliche vergnügte Menschen, an Urlaub. Sein Rückflug geht in 30 Minuten. Im Hotel wird man ihm die schreckliche Nachricht bringen, wenn er vom Strand kommt.