Eine verrückte Welt
Eine verrückte Welt
An der Hotelbar des „Kings“ saßen drei Männer. Der Barkeeper war gerade dabei einen Cocktail zu mixen und aus den Lautsprecherboxen hörte man die Nachrichtensprecherin davon berichten das am Abend Nora Jameson, die Präsidentin einer großen Computerchipfirma, die Stadt besuche um an einer wichtigen Sitzung, mit anderen Wirtschaftsbossen, teilzunehmen. Blah, blah, blah. Frank schaute gelangweilt umher. Der Barkeeper ging auf ihn zu und reichte ihm seinen Manhattan. Frank nickte und genehmigte sich einen Schluck. Hier war er also. Im Kings Hotel mitten in der Stadt. Der Name Kings war nicht gerade passend, denn Könige waren die Hotelgäste sicher nicht, aber es war auch keine Absteige. Es erfüllte seinen Zweck. Frank konnte es sich ja sowieso nicht aussuchen. Er war geschäftlich hier und dafür war die Lage ideal. Der Mann zu seiner rechten leerte nun schon seinen dritten Whiskey und Frank saß noch nicht lange an der Bar, dann noch ehe er darüber nachdenken konnte warum der Kerl soviel trank rutschte selbiger auf ihn zu und reichte ihm die Hand. „Tom Nichols freut mich“. Frank schaute in seine glasigen Augen und gab ihm ebenso die Hand. „Freut mich auch“ log Frank und wollte sich wieder in Richtung Barkeeper drehen. „Tut mir leid wenn ich sie einfach so anspreche aber der Whiskey lockert einem die Zunge und manchmal tut es gut sich jemandem anvertrauen zu können.“ Frank verdrehte die Augen. Wunderbar, jetzt würde er die Lebensgeschichte von diesem nach Alkohol stinkenden Burschen hören.
„Ich bin wegen meiner Frau hier“ lallte Tom. Es wird immer besser dachte Frank. Eine“ Meine Frau hat mich verlassen und ich bin der ärmste Mensch auf Erden“ Geschichte.
„Nicht das was sie jetzt denken, sie hat mich nicht verlassen oder so, sie ist geschäftlich hier in der Stadt. Sie müssen wissen, ich bin ohne Arbeit und sie ist eine erfolgreiche Geschäftsfrau.“ Plötzlich fing er an zu schluchzen. Frank schaute in die andere Richtung und gähnte. „Wissen sie, sie hat ein Verhältnis.“ Frank drehte sich wieder in seine Richtung und betrachtete ihn erstaunt. „Woher wissen sie das?“ fragte er ihn. Tom zog ein Taschentuch aus seiner Hosentasche und säuberte sich seine Nase. „Ich hatte schon längere Zeit den Verdacht und aus diesem Grund bin ich ihr in dieses Hotel gefolgt. Zeit habe ich ja genug. Ich reise ihr also nach und nachdem sie eingecheckt hat gehe ich an die Rezeption und frage nach der Zimmernummer von Mrs. Nichols. Ich hätte dann das Zimmer gegenüber genommen um sie dann in Flagranti zu erwischen. Was meinen sie was der Portier zu mir gesagt hat?“ Tom schaute Frank fragend an. Frank wiederum bemühte sich ein interessiert, fragendes Gesicht zu imitieren. „Nun ja, wahrscheinlich hat der Portier gesagt das sie das nichts angeht.“
Nun grinste Tom, es war aber kein fröhliches Grinsen es war eher ein Grinsen das an Jack Nicholsons Grimasse aus dem Film Shining erinnerte, als dieser gerade die Tür mit der Axt eingeschlagen hatte. „Nein das hat er nicht gesagt. Er sagte warum ich den wissen wolle wo das Ehepaar Nichols ihr Zimmer hat.“ Jetzt hatte Frank plötzlich Mitleid mit Tom. Seine Frau betrog ihn tatsächlich. Frank musterte ihn. Dabei sah er gar nicht schlecht aus. Er war groß und schlank, hatte dunkles Haar und dunkle Augen des weiteren machte er einen sehr gepflegten Eindruck, bis auf die alkoholischen Ausdünstungen natürlich. Frank legte seine Hand auf Toms Schulter. „Tut mir wirklich leid für sie, Tom.“ Nichols stand auf. „Wohin gehen sie, Tom?“ Er schaute ihn an und antwortete voller Tatendrang. „Ich werde nochmals zum Portier gehen und mir die Zimmernummer besorgen, dann werde ich meiner lieben Frau einen Besuch abstatten und sie zur Rede stellen.“ Frank blickte ihm besorgt in die Augen. „Machen sie keine Dummheiten Tom, so sehr sie ihre Frau auch lieben, sie ist es nicht Wert dass sie wegen ihr einen Fehler begehen.“ Jetzt lächelte Nichols wieder. „Wo denken sie hin, ich verabscheue Gewalt. Ich bin ein vernünftiger Mensch.“ Er stand auf, klopfte Frank auf die Schulter und verließ die Bar.
Frank wandte sich wieder zur Bar. Was für eine verrückte Welt. Da saß er an der Hotelbar, nichts Böses denkend und wurde von einer Minute zur anderen Zeuge eines menschlichen Schicksals. Zum Glück war er nicht verheiratet. Bei seinem Job wäre das auch schlecht möglich. Immer von einem Ort zum anderen. Ein Leben in Hotels. Kein Fleck zum ausruhen, zum abschalten, immer unter Strom. Er wollte sich aber nicht beschweren denn seinen Beruf hatte er sich selber ausgesucht, außerdem verdiente er sehr gut. Er zündete sich eine Zigarette an und blickte auf den Eingang des Hotels. Rechts neben der Drehtüre war eine Sitzbank angebracht. Das war nichts besonderes, vielmehr das was auf der Bank saß weckte Franks Interesse. Eine dunkelhaarige Schönheit mit einem blauen, samtenen Kleid. Ihr Kleid schmiegte sich eng an ihren Körper was den Vorteil hatte das man sich ein genaues Bild ihrer Rundungen machen konnte. Ihre Beine schienen endlos zu sein und ihr Gesicht war von einer zarten Schönheit wie er es bisher noch nie gesehen hatte. Eigentlich komisch dachte Frank, gerade eben war er noch froh nicht verheiratet zu sein und bei diesem blauen Engel würde er sofort Ja sagen. Ganz in Gedanken an Hochzeit, Flitterwochen und ein ruhiges Leben in eigenen vier Wänden bemerkte Frank gar nicht das er die unbekannte Begehrenswerte fast mit Blicken auszog. Erst als sie ihm zuzwinkerte riss es ihn aus seinen Tagträumereien. Das konnte nicht sein, ihn meinte sie bestimmt nicht. Er drehte seinen Kopf zur Seite um sich zu vergewissern das er nicht gemeint sei. Doch alle anderen hatten der Bildschönen den Rücken zugewandt. Das Blinzeln konnte also nur ihm gelten. Langsam nahm er sein Glas in die Hand und prostete ihr zu. Sie lächelte. Frank kam ins Schwitzen. Sie flirtete ganz klar mit ihm. Er lächelte zurück und nahm einen Zug von seiner bis zum Filter abgebrannten Zigarette.
Dann formte die Liebreizende ihre Lippen zu einem Kuss und schickte diesen zu ihm auf die Reise. Frank dachte nach ob er sich das eingebildet hatte, doch bevor er seine vielen Gedanken ordnen konnte stand der blaue Engel auf und ging auf ihn zu. Ihr Kleid war so lang das es ihre Füße bedeckte und ihr Schuhwerk verhüllte. Frank vermutete aber das es sich um rutschige Schuhe handeln musste, denn als sie die erste Treppenstufe hinuntersteigen wollte verlor sie das Gleichgewicht und schlug hart mit dem Kopf auf dem Boden auf. Frank erstarrte auf seinem Stuhl. Großer Gott sah das schrecklich aus. So schrecklich das Frank sich das Lachen verkneifen musste. Er befürchtete gleich Platzen zu müssen. Er konnte sich aber zum Glück gerade noch beherrschen. Die Schönheit lag immer noch am Boden. Sie jammerte. Frank wollte gerade aufstehen und ihr behilflich sein als er sah das sie schon Unterstützung bekam. Ein Kerl war ihm zuvor gekommen und reichte ihr seinen starken Arm. Sie blickte ihrem Helfer tief in die Augen und Frank dachte ganz spontan an eine berühmte Filmszene aus dem Klassiker “Vom Winde verweht“ und zwar die Szene, in der Scarlett O Hara vor der großen Treppe in Rhett Butlers Armen liegt. Plötzlich drehte sich der Typ zu Frank und blinzelte ihm zu. Zum zweiten Mal an diesem Tag erstarrte Frank denn der Mann war kein geringerer als Tom Nichols. Frank blinzelte zurück und verfluchte ihn tausendfach. Was war denn plötzlich mit Mrs. Nichols? Hatte er sie schon aufgegeben? Das ging aber flott.
Frank sagte dem Barkeeper das er bezahlen wolle. Danach ging er zu den Aufzügen, nicht aber ohne einen Blick auf Nichols, den Phönix der Betrogenen, zu werfen. Er hatte es sich mit der Göttin der Verdammnis auf der Bank bequem gemacht. Er betrat den Aufzug, drückte die fünf und schmollte.
Er ging in sein Zimmer und packte seine Sachen. Dann kniete er sich vor sein Bett und kramte einen schwarzen Aktenkoffer hervor. Er gab die Zahlenkombination ein und öffnete ihn. Er ging zum Fenster, öffnete es und schaute hinaus. Zwei Strassen weiter hatte sich eine große Menschenmenge gebildet. Eine Limousine fuhr heran. Frank lehnte sich zurück. „Pünktlich wie die Eisenbahn“ murmelte er. Er dachte noch mal kurz über den erlebten Tag nach, über die verrückten Menschen die er heute kennengelernt und beobachtet hatte. „Eine verrückte Welt“. Er schaute wieder nach draußen, aus der Limousine waren zwei große Bullen ausgestiegen, hinter ihnen eine kleine zierliche Person. Die zwei Bullen schützten die kleine Person vor der großen Menschenmasse, doch ging die Gefahr nicht von der riesigen Menge aus. Nein, gefährlich war nur ein Individuum.
Frank zielte mit dem Fadenkreuz direkt auf Nora Jamesons Kopf und drückte ab