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Eine Taxifahrt
Alltäglich fahren Massen an Menschen in Berlin mit einem Taxi. Ist das aber wirklich so ungefährlich, wie es viele denken?
Müde, erschöpft und total erledigt, rief ich mir nach acht Stunden im Botanischen Garten Berlin und im glanze der letzten Sonnenstrahlen, ein Taxi.
Wesentlich schneller als ich es erwartete, bereits zwei Minuten später, kam ein schwarzes Taxi mit einem kleinen blauen Streifen an der Seite, angefahren. Bei dem Fahrzeug handelte es sich um eines dieser herrlich schönen alten Autos aus den 50er Jahren, mit spitz zulaufender Frontpate, breit abstehenden Radkästen, sowie lieblich runden Scheinwerfern.
>> Tolles Auto. Damit zu fahren... <<
Ich fasste es ja kaum. Das dies hätte mein Taxi sein können, glaubte ich nicht. Doch das Auto blieb vor mir stehen, der Fahrer winkte mich heran und voller Vorfreude stieg ich mit allergrößter Begeisterung hinten ins Fahrzeug.
Freundlich begrüßte ich den Fahrer und sagte ihm, er soll bitte zum Heideweg nach Hennigsdorf fahren. Ohne irgendeinen Laut von sich zu geben oder mich zu begrüßen, fuhr der Taxifahrer los. Ich dachte mir nichts weiter dabei, holte ein Buch aus meinem Rucksack heraus und fing an darin zu lesen.
Zwei Minuten später blätterte ich auf die nächste Seite und warf einen kurzen belanglosen Blick aus dem rechten Fenster. Anschließend wandte ich meine Aufmerksamkeit wieder der Geschichte im Buch zu. Allerdings nur kurz weitergelesen, zeigte ich mich verwundert.
<< Was war das eben da draußen? >>
Innerhalb weniger Minuten hatte eine finstere Dunkelheit die Stadt heimgesucht. Zudem waren Wolken aufgezogen, welche so tief hingen, dass sie beinahe die Hausdächer berührten. Dabei setzte doch am Botanischen Garten erst die Dämmerung ein und das bei wolkenlosem Himmel. Ich warf einen weiteren, genaueren Blick raus.
<< Ähhh! Wo sind wir? >>
Diese Straße, durch die mich mein Taxifahrer fuhr, war mir völlig unbekannt, obwohl ich bis vor vier Jahren im Berliner Ortsteil Schmargendorf wohnte. Das es in der Nähe meiner alten Wohnung eine Straße mit dunkelgrünen, sechseckigen Laternen aus den 1920er Jahren gab, die diesen Straßenzug nur spärlich beleuchteten, war mir neu. Hinzu kamen noch die Häuser dieser Straße. Aufgrund ihrer verzierten steinernen Stuckfassaden, soweit ich das in der Dunkelheit sehen konnte, stammten sie ebenfalls ganz offensichtlich aus den Anfängen der 1920er Jahre. Kein modernes Haus unterbrach diesen Stil.
<< Wieso habe ich die Straße nie gesehen? >>
Wie konnte ich bloß jahrelang in dieser Gegend leben, ohne diese mit Steinen gepflasterte Straße je gesehen zu haben? Ich fand das alles reichlich merkwürdig. Zumal mich alte Gebäude und ähnliches sehr interessierte.
<< Auch das noch. Der... Nein, dies ist niemals mein Grunewald. >>
Weit vor dem Taxi, im Scheine der letzten beiden Laternen dieser Straße, tauchte allmählich ein düsterer Wald auf. Die Grenze des Waldes bestand aus wahnsinnig hohen Bäumen, welche sich wegen des starken Windes heftig in alle Richtungen verbogen. Die Fahrbahn, auf der wir uns befanden, schien im Forst einfach in ein schwarzes Nichts zu enden.
Nach solch einer überaus befremdlichen, menschenleeren Straße, wo kein einziges Auto stand und mit solch einem alten Taxi, von dem ich mich inzwischen wenig erfreut zeigte, wollte ich keinesfalls in dieses schwarze Loch von Wald hineingefahren werden.
>> Können Sie bitte nicht durch den Wald fahren? <<
>> <<
>> Haben Sie mich verstanden? Ich rede mit Ihnen! <<
<< Wieso reagiert der Typ nicht auf mich? >>
Was immer der Grund für sein merkwürdiges Verhalten war, mein Fahrer drückte weiter auf´s Pedal und schon erreichten wir die Kreuzung direkt am Rand des Waldes. Ich schaute zunächst auf der rechten Seite aus dem Fenster: << Das gibt es doch nicht. Noch mehr dieser alten Häuser, sowie lauter alte 50er Jahre Autos. >>
Ich blickte folgend durch die linke Scheibe hinaus, auf meiner Haut erhob sich berghohe Gänsehaut und spürte, wie mir eine eisige Kälte den Rücken runter, bis in die Zehenspitzen lief.
Jetzt war es so weit. Wir überfuhren die Baumgrenze des Waldes.
<< Das ist keinesfalls mein Grunewald. Hier wäre ich nie im Leben abends gejoggt. Sogar mit Scheinwerfern sieht man fast nichts. >>
Wo dieser Wald herkam, war mir ein Rätsel. In Richtung Hennigsdorf musste zwar durch den Tegeler Forst gefahren werden, aber das ging dort über eine Autobahn. Und bei der Alternativroute, begann der Spandauer Forts zunächst nur auf einer Straßenseite.
Hundert Meter im Wald drin, drehte ich mich um und blickte aus dem kleinen Fenster oberhalb der Rückbank.
<< Zauberhaft. Wenn man nicht mehr leben will. Vor dem Taxi nichts zu sehen und da hinter Bäume, die sich das Fahrzeug krallen wollen. >>
>> Halten Sie den Wagen augenblicklich an! Sie, ich rufe die Polizei! <<
Ein leises, verächtliches Schnaufen kam von Taxifahrer.
<< Mir bleibt nichts übrig. >>
Aus meinem Rucksack holte ich mein Handy hervor, rief die...
>> Nein! <<
<< Upps! Das habe ich laut gesagt. >>
Der Taxifahrer drehte ganz langsam seinen Kopf zum Rückspiegel und blickte mich mit einem finsteren, kalten Gesichtsausdruck tiefster Verachtung an.
<< Ich muss sofort aus diesem Fahrzeug raus. >>
Die Polizei konnte mir nicht helfen. Mein Handy hatte keinen Empfang.
Ich fasste an den schwarzen Türgriff und zog ihn in meiner Richtung. Aber die Tür öffnete sich nicht. Ein zweites Mal betätige ich den Griff, ein drittes Mal, ein viertes Mal, ein verzweifeltes fünfte, sechste, siebente Mal und nach dem achten Mal, hielt ich diesen blöden Türgriff in der Hand.
<< Klasse! Schau nicht so! Lass mich raus! In was für eine Welt bin ich hier bloß gelandet? >>
Welcher Taxifahrer schloss seine Kunden ins Auto ein und vor allem, weshalb?
<< Nebel! Wie passend. >>
Draußen zog eine Nebeldecke auf, die in Windeseile von rechts aus das Taxi verschlang. Nach kürzester Zeit hüllte diese das gesamte Auto ein. Höchstwahrscheinlich wie mein Taxifahrer, konnte ich nun die Straße vor dem Fahrzeug gar nicht mehr erkennen. Doch das schien meinem Fahrer kein Stück zu interessieren. Er fuhr unbeeindruckt weiter und zufällig bekam ich durch eine kleine Lücke im Nebel mit, dass rechts vom Taxi noch gerade einmal 30 Zentimeter Fahrbahn vorhanden war, bevor ein Gewässer begann. Ich begab mich zur linken Fensterscheibe, wartete und sah kurzzeitig auch dort, in wenig Abstand zum Auto, Wasser.
Entweder kannte mein Fahrer diese Straße bis auf den letzten Millimeter auswendig oder er war völlig lebensmüde, dort mit unverminderter Geschwindigkeit weiterzufahren.
>> Das Wetter kann hier extrem sein. Haben Sie aber keine Angst. Wir kommen an mein Ziel an. <<
Jetzt musste ich zunächst mein Herz wiederfinden. Urplötzlich, sowie ohne jegliche Vorwarnung, fing dieser bisher stummer Taxifahrer an zu sprechen. Durchatmen ließ mich das jedoch keineswegs. Alleine diese kalte gefühllose Stimme meines Fahrers, sorgte für das genaue Gegenteil. Das er zudem, bis auf die einmalige winzige Kopfbewegung, wie eine Statue im Auto saß, zeigte das er einem Plan zu folgen schien und blendete alles andere aus.
<< Wie entkomme ich bloß? >>
Ich wollte einfach nur noch aus diesem verdammten Fahrzeug rauskommen. Natürlich wusste ich in keinster Weise wo wir uns befanden, aber draußen wäre ich auf mich alleine gestellt und nicht mehr von diesem... kranken Taxifahrer abhängig gewesen.
<< Diese verdammte Tür muss doch aufzukrie... Auch du heiliger, was waren das für große, finster gekleidete Kerle? >>
Dank der Personen am Straßenrand, wurde mir vor Schreck mit einem Schlag so etwas von heiß, aber aus dem Taxi musste ich dennoch entkommen und demnach riss ich jetzt die schöne alte rote Türverkleidung ab. Wie ein völlig Wahnsinniger, trat plötzlich mein Fahrer so stark auf´s Gaspedal, dass ich im Polster der Rückbank landete. Scheinbar gefiel ihm mein Gefummel an der Tür gar nicht.
<< Was um Himmelswillen... Das ist nicht wahr! >>
Dieses blöde Taxi entpuppte sich als wahrer Alptraum. Unter der Türverkleidung kam ein sehr spezieller Verschlussmechanismus zum Vorschein. Die Tür, eines Fahrzeuges der 50er Jahre, verfügte über drei Verschlussriegel mit einem Durchmesser von jeweils zwei Zentimetern.
<< Wofür ist dieses Auto bloß gedacht? >>
Diesen Verschlussmechanismus zu zerstören, dass konnte ich mir abschminken. Ich musste einen anderen Weg finden.
<< Ist mir heiß. Das Fenster! >>
Aufgrund meiner steigenden Panik, womöglich nie mehr lebendig aus diesem Taxi herauszukommen, schlug ich, ohne lange nachzudenken, mit meinem Ellenbogen gegen die rechte Fensterscheibe.
<< Die muss doch... So ein verdammter Mist! >>
Wie mein schmerzender Arm nach drei Schlägen zeigte, war das eine blöde Idee gewesen. Eindeutig waren nicht bloß die Türverrieglungen modifiziert, sondern im Auto wurden auch sehr stabile Fenster eingebaut.
<< Meine Güte, ich werde wahnsinnig. >>
Mir blieben noch zwei Optionen zur Flucht. Nummer eins: Den Taxifahrer ohnmächtig machen. Nummer zwei: Entkommen durch den Kofferraum.
Obwohl mein Fahrer einen sehr kräftigen Eindruck machte, entschied ich mich dennoch für Option Nummer eins.
<< Okey! >>
Tief atmete ich ein.
<< Dann... mal los! >>
Ich ging ans Werk, legte mit einem schnellen Ruck meine zitternden Arme um den Hals meines Fahrers und nun offenbarte sich, dass der Kerl schon einiges gewöhnt war. Mit seinem rechten Arm versuchte er sich zu wehren, schaffte es auch immer wieder meine Arme ein wenig von seinem Hals zu ziehen und dennoch raste er weiterhin wie´n Verrückter über die kurvige Waldstraße. Nach fünf Minuten Kampf schaffte ich es endlich beide Arme so miteinander zu verkeilen, dass sich der Taxifahrer mit beiden Armen zu wehren versuchte und das Lenkrad losließ.
<< Wenn das gut ausgeht. Jetzt gibt’s de... >>
<< Meine Rippen. >>
Das war mindestens ein Baum, gegen den wir gefahren waren.
<< Na wurde ja Zeit! <<
Mein Fahrer war zwar unglaublich zäh. Doch der Zusammenstoß mit dem Baum, gab ihm den Rest und er trat endlich weg.
Da ich mich beim Aufprall noch mitten im Würgen meines Fahrers befand, stieß mir nichts Ernsthaftes zu, obwohl mich der Taxifahrer beim Unfall ganz schön gegen seine Rückenlehne gezogen hatte. Dadurch schmerzten zwar meine Rippen, doch gebrochen schienen sie nicht zu sein.
>> Du kannst froh sein, dass ich dich festhalten musste, ansonsten wärst du nur noch ein Fleck an der Scheibe. <<
Jetzt kletterte ich über die Vordersitze nach vorn, riss die Schlüssel aus dem Zündschloss und machte mich dran die Beifahrertür zu öffnen.
>> Ich raste aus! Wo hast du Mistkerl den richtigen Schlüssel? <<
Und schlug paar mal auf diesen Taxifahrer ein.
Hastig griff ich in seine Jackentaschen, was durch viele geschmolzene Bonbons eine klebrige Angelegenheit wurde. Doch Schlüssel waren nicht darin zu finden. Die Hosentaschen kamen ran. Wieder holte ich mir klebrige Flossen, aber diesmal kam auch ein leicht verklebter Schlüssel zum Vorschein.
>> Wenn der nicht passt, hast du nen Problem mit mir. <<
Das Reinstecken ins Türschloss klappte, trotz jener Bonbonreste am Schlüssel. Drehen, ließ er sich. Es machte klick. Einmal. Zweimal und sogar ein drittes Mal.
>> Raus hier! Raus hier! Raus hier! <<
Ja! Ich hatte es geschafft. War draußen. In Freiheit. Endlich kühlte ich mich ab. Ich dampfte ja schon förmlich.
<< Schnell weg, bevor die Kerle herkommen. Verdammtes Taxi!>>
Auf schnellstem Wege verschwand ich vom Auto und lief so tief ins dunkle Gehölz hinein, bis ich die Straße im Nebel sowie dem Mondschein, der sich durch die weniger gewordenen Wolken durchkämpfte, noch gerade erkennen konnte. Diese Straße war dort das einzige, was ich kannte und so nutzte ich sie als Anhaltspunkt, um den ganzen Weg zurück zulaufen.
Meine jetzige Situation war jedoch bedauerlicherweise nur unerheblich besser, als eben noch im Taxi. Natürlich befand ich mich nicht mehr in der Gefangenschaft eines Irren, aber besaß ebenso keinerlei Ahnung, wo ich mich befand. Mein Grunewald schied eindeutig aus. Dort existierte keine Straße, die von Wasser umschlossen wurde. Das gleiche traf auch auf sämtliche Wälder in und um Berlin zu.
>> Wo bin ich hier nur gelandet? Ich muss irgendwie zurück nach Hause finden. <<
Für dieses Vorhaben wollte ich keinesfalls bis zum Anbruch des Tageslichts warten und machte mich augenblicklich, mit meinem Handy als kleine Lichtquelle, auf den Weg. Wer wusste schon, wann der Taxifahrer wieder aufwachen würde oder die merkwürdigen Kerle ankommen. Natürlich nutzte ich das Handylicht ausschließlich dann, wenn es unumgänglich war und ich ansonsten nichts gesehen hätte.
Auf der Fahrbahn zu laufen, wäre natürlich einfacher sowie schneller gewesen, als dies im unebenen Gelände der Fall war. Doch aufgrund dieser merkwürdigen Kerle, an denen wir vorbeigefahren waren, stand diese Option für mich niemals zur Debatte. Dieser Wald erschien zwar auch nicht unbedingt einladend, mit seinen Nebelschwaden, die über seine kleinen Hügel krochen und im schwachen Mondlicht mysteriöse Bewegungen vollzogen, doch seine rabenschwarzen, 50 Meter hohen Bäume, konnten mir wenigstens nichts antun.
<< Was sind das bloß für Typen? Lange Mäntel, ein bizarr Hut und ein krummer Stock in der linken Hand. >>
<< Ach du meine Güte, diese hier, haben eine Frau bei sich? >>
Mit meinen Gedanken bei der Frau, lief ich weitere 30 Minuten durch diesen unheimlich stillen Forst und kletterte über umgestürzte Bäume, sprang über kleine Bäche oder trat in sie hinein.
<< Runter! >>
Die Ruhe, sowie Dunkelheit in diesem Waldabschnitt wurde dank dreier Autos abrupt unterbrochen. Ich hockte mich auf den Waldboden und erkannte drei schwarze 50er Jahre Taxen.
<< Sie suchen nach mir. Weiter jetzt. >>
Meine Deckung verlassen und schon bald darauf erreichte ich den Teil der Straße, wo diese auf beiden Seiten von Wasser umgeben war.
<< Keine Möglichkeit in Deckung zu gehen. Nicht mit mir. Ich suche nen anderen Weg. >>
Am Ufer des Gewässers lief ich tiefer in den Wald hinein und hoffte inständig, dass es eine andere Querungsmöglichkeit als die Straße gab. Vielleicht existierte dieser auch irgendwo.
Doch im Dickicht des Nebels erblickte ich bald zwei feuerrote Lichter in der Ferne. Ich überlegte kurz, was ich nun machen sollte. Bevor jedoch eine Entscheidung getroffen werden konnte, tauchten mit einem Mal krächzende Stimmen auf, wozu sich dutzende kleine schwarze Subjekte im roten Licht hinzugesellten, die sich als schwarze Raben entpuppten.
<< Zurück zur Straße! >>
Dem Großteil der Vögel konnte ich entkommen, aber ein gutes Dutzend schaffte es anzugreifen. Schnell griff ich mir einen Ast und verteidigte mich gegen diese hartnäckigen sowie beißfreudigen Flugmonster. Insbesondere zwei waren verdammt hartnäckig. Sie hackten und bissen wie bekloppt auf mich ein. Nachdem ich es aber geschafft hatte, diese beiden zu erschlagen, verzog sich der Rest freiwillig.
Wenig begeistert lief ich anschließend weiter zurück zur Straße.
<< Na herrlich, ich muss sie nehmen. >>
Um wenigstens so kurz wie möglich auf diesem Straßenabschnitt zu sein, begann ich jetzt schneller zu laufen. Höchstwahrscheinlich war es bloß eine Frage der Zeit, bis wiederholt Taxen aus den 50er Jahren auftauchen würden oder noch mehr dieser großen, finsteren Kerle.
Zwischenzeitlich war auch mein ehemaliger Taxifahrer wieder aufgewacht und machte mit einer Menge Wut im Bauch, jagt auf mich.
Ich selber lief inzwischen fünf Minuten auf der von Wasser umgebenen Straße, als ich ein Fahrzug ankommen hörte.
>> Wie soll ich denn hier . . . Blöder Stein! <<
So weit es überhaupt ging, stellte ich mich an den Straßenrand.
Nachdem ich vom Taxifahrer in seinem Scheinwerferlicht gesehen wurde, gab er noch einmal richtig Gas und hielt voll auf mich drauf. Der Wahnsinnige beabsichtigte wahrlich mich zu überfahren. Das Auto kam näher und näher. In letzter, in allerletzter Sekunde, sprang ich zur Seite und wie erhofft, knallte das Taxi gegen einen 40 Zentimeter hohen Steinpoller am Straßenrand.
>> Wow! Klappte ja besser als erwartet. <<
Das Auto überschlug sich und landete kopfüber im Wasser.
Eines hatte mein Ex-Taxifahrer nämlich vergessen zu berücksichtigen oder es schlicht nicht gewusst. Am Rand der dortigen Fahrbahn standen 30 Zentimeter massive Steinpoller. Als ich das Fahrzeug ankommen hörte, rannte ich gegen einen der Poller und da fiel mir dieser Autounfall aus dem Grunewald ein, welcher recht ähnliche Konsequenzen nach sich zog.
>> Misst, die Wolken werden dichter. <<
Vollster Zufriedenheit über meinen Erfolg, lief ich weiter und drei Minuten später, standen auf beiden Straßenseiten wieder Bäume. Wie zuvor wollte ich jetzt die Straße verlassen, aber das klappte nicht, weil in diesem Waldabschnitt so viele üppige Büsche sowie Sträucher wuchsen, das ich niemals vorangekommen wäre.
>> Verdammt. Schon wieder. <<
Mehrere Autos näherten sich und keinen Meter durch die Büsche gelaufen, brachte mich einer von diesen zu Sturz.
<< Haben die was bemerkt? >>
Zu meinem Glück, war dies nicht der Fall. Nachdem die Autos verschwunden waren, stand ich auf und lief zur Straße.
>> Na dann los! <<
Ein weiteres Mal blieb mir nichts übrig. Die Straße war die einzige Möglichkeit aus dem Wald zu kommen.
>> Meine Füße. Kommt schon, es ist nicht mehr weit. <<
Minuten später erblickte ich in weiter Ferne das schwache Licht der ersten Straßenlaternen, welches aber noch mindestens drei Minuten entfernt lag.
Beide Beine brannten, die Knie schmerzten und es waren weiterhin über einhundert Meter bis zum Ende des Waldes.
Das Licht der Laternen wurde heller, kein weiteres Auto tauchte auf und nun musste ich noch die letzten zehn Meter zurückzulegen.
<< Endlich geschafft. Du siehst mich nie wieder! >>
Wie sollte ich nun weitermachen? Ich hatte keine Vorstellung davon, wo ich mich befand. Sollte ich jetzt nach links laufen? Nach rechts? Oder doch geradeaus? Unter Umständen spielte das keine Rolle. Denn nicht nur die Straße vor mir, schien aus den 1920er Jahren zu stammen. Auch jene zu meiner linken, sowie rechten Seite, machten exakt den gleichen Eindruck. Von der Tatsache abgesehen, dass auf den Straßen links und rechts alte Autos standen, doch in der geradezu noch immer kein einziges.
Um mich aber nicht zu verirren, nahm ich die mir flüchtig bekannte Straße.
Kaum betrat ich dann die mit Steinen gepflasterte Fahrbahn, musste dies ja geschehen. Es fing kräftig an zu regnen.
<< Das Wetter ist hier aber wechselfreudig. >>
>> Haben Sie sich verlaufen? <<
Na vielen dank! Mein Herz hatte eben erst wieder seine richtige Position eingenommen und dann tauchte unvermittelt ein merkwürdiger Mann meiner Größe neben mir auf. Er trug einen dunklen Mantel, eine runde Kopfbedeckung mit einem Sonnenschutz auf der Vorderseite und die Mütze sah oben wie abgehackt aus.
>> Nein! Ich muss dort lang. <<
So schnell es meine kaputten Beine nur zuließen, wollte ich den Wald, sowie diese Straße, eigentlich all das dort, hinter mir lassen. << Wohnt hier in dieser Straße überhaupt jemand? Kein Licht in irgendeinem Fenster, keine Menschenseele auf den Bürgersteigen und bloß die schwachen Laternenlichter erhellen den Straßenzug ein wenig. >>
Auf dem Bürgersteig laufend, verwunderte mich eine weitere Tatsache. Alle Gebäude mit ihren Steinfassaden, die gepflasterten Straßen und diese großen Gehwegplatten des Bürgersteigs, erzeugten gemeinsam ein perfektes Abbild der 1920er Jahre. Was hatten dann aber Taxen aus den 50er Jahren dort zu suchen?
Vom Gewitter inzwischen bis auf die Haut durchnässt, blockierte mir ein wilder, zähneknirschender Hund den Weg.
<< Ganz langsam zurückgehen. >>
Diesen Hund nicht aus den Augen lassend, begab ich mich zur Straße. Er blieb an seinem Platz und ich wechselte schnell die Straßenseite.
<< Ach du Schande! >>
Gewissermaßen von einem Problem ins nächste gerutscht, war ich kaum auf dem Bürgersteig der gegenüberliegenden Seite angekommen, erschien aus einer Gasse eine finstere, zwei Meter große Gestalt. Diese trug einen langen schwarzen Mantel, dessen Ende er über den Boden hinter sich herzog. Die Person trat aus der Gasse hervor und ohne das ich reagieren konnte, griff sie plötzlich nach mir. Doch Glücklicherweise schaffte es der Unbekannte nicht, mich zu packen. Schon aber setzte er zum zweiten Versuch an und wie sich dann zeigte, hatte er es nie auf mich abgesehen. Dieser bissige Hund war mir über die Straße gefolgt und sprang mich von hinten an. Der große Kerl ergriff den Hund mit seinen zweifelsohne großen Händen und schleuderte ihn weit weg.
Ich blieb regungslos stehen und dieser große Mann sah mich von oben bis unten an.
>> Mach, dass du aus dieser Welt hier verschwindest, ehe die Sonne aufgeht. <<
>> Wie? Wie kann ich... <<
>> Geh dort hin, wo alles seinen Anfang nahm. <<
Das ließ sich einfach sagen. Zwischenzeitlich war der Himmel etwas heller geworden und ich musste mich schleunigst beeilen.
So zügig ich konnte und das war keineswegs besonders schnell, verließ ich den großen Mann und lief weiter durch diese alte verlassene Straße.
Bevor ich die erste Kreuzung erreichte, versuchte ich mich an den Beginn der Taxifahrt zu erinnern. Leider hatte ich Anfangs in meinem Buch gelesen und kannte folglich den Rückweg nicht. Musste ich an der hundert Meter entfernten Querstraße abbiegen oder weiter geradeaus laufen?
<< Eine Kurve durchfuhr er. >>
Aber welche?
An jener Kreuzung angekommen, blieb ich einige Sekunden stehen. In der linken Straße standen noch mehr alte Häuser, sowie einige entsprechende Autos. Auf der rechten Seite erblickte ich genau das gleiche. Letzten Endes blieb ich jedoch meiner Straße treu und in den folgenden sechs Minuten, wiederholte sich das gleiche Spiel an zwei weiteren Straßenkreuzungen.
<< Hier rein! >>
Meinem Gefühl vertrauend, war die vierte Kreuzung der richtige Weg und ich betrat eine Kleinststraße, welche ich für normal nicht einmal bei helllichtem Tageslicht durchquert hätte. Jedoch strahlte am Ende dieser finsteren Gasse ein sehr helles Licht und kurz nach der Abfahrt vom Botanischen Garten, waren wir von solch einem geblendet worden.
Gerade erst diese Straße betreten, die nur mit einer einzigen Laterne schwach beleuchtet wurde, vernahm ich einen stechenden Uringeruch und unzählige schmutzige Menschen schliefen auf dem ebenso verdreckten Boden. Ein durchkommen erwies sich dort als recht mühselig und so erwachten einige von den Leuten dort, wegen mir. Darüber waren sie wenig begeistert, bewarfen mich mit Essen und was die Typen nicht alles gerade auf dem Boden fanden. Doch zum Glück war diese Gasse recht kurz und so erreichte ich ihr Ende.
<< Die hätten mich ja fast umgebracht. >>
Ich stand nun an einer breiten Hauptstraße, welche mittig über zwei Paar Straßenbahnschienen verfügte. Bis zu dem blendend hellen Licht, musste ich noch 50 Meter zurücklegen.
>> Das kann doch nicht wahr sein! Geben die niemals auf? <<
Im Begriff die gepflasterte Straße zu überqueren, erkannte ich in der Ferne ein dunkles Auto mit hoher Geschwindigkeit in meine Richtung fahren.
Mit allerletzter Kraft, schmerzenden Füßen und Muskeln, überquerte ich die Straße. Gerade so auf der anderen Seite angelangt, stand das Fahrzeug hinter mir.
>> Und jetzt? Oh man! <<
Es handelte sich um ein schwarzes Taxi aus den 50er Jahren, aber ließ dort lediglich einen Kunden aussteigen.
>> Die Sonne! <<
Wenige Sekunden blieben mir noch übrig, bis die ersten Sonnenstrahlen über dem Horizont leuchten sollten. Völlig am Ende meiner Kraft angelangt, begab ich mich auf die letzten Meter zum Licht.
Der erste Sonnenstrahl überflog den Horizont.
>> Habe ich es geschafft? <<
Vor mir war noch immer alles im Stil der 1920er Jahre.
Mit einem unbehaglichen Gefühl drehte ich mich um.
<< Der Zaun vom Botanischen Garten... auf der anderen Straßenseite moderne Häuser. Ich hab´s geschafft. Bin endlich wieder in ... meiner Welt! >>
So tief einatmend wie selten zuvor, sackte ich zusammen und lehnte mich mit meinem Rücken gegen den Außenzaun vom Botanischen Garten.
>> Danke großer Mann! <<
Plötzlich hupte ein Auto auf der Straße, ich schaute hin und mir wurde ganz anders.
>> Das kann... Das ist doch nicht wahr! <<
Es war das schwarze Taxi aus den 50er Jahren, mit einem kleinen blauen Streifen an der Seite und sein Fahrer hatte einen Verband um seinen Kopf gewickelt. Der Taxifahrer bog rechts ab, hielt in dieser Straße an und ein Fahrgast stieg ins Taxi.
Wie kam ich jetzt nach Hause? Sagt es mir!