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Eine strahlende Zukunft
So hier wäre die überarbeitete Fassung. Hoffe diese kann mehr überzeugen
Eine strahlende Zukunft
eine Kurzgeschichte von Nik Kogler
Als er durch ihre Haare strich, durchströmte ihn ein Gefühl purer Zufriedenheit. Er genoss die wohlig warmen Sonnenstrahlen, die ihm und ihr auf den Bauch schienen, während er den Sonnenuntergang, den wahrscheinlich schönsten, den er je gesehen hatte, voller Genugtuung betrachtete. Der Kauf des Strandhauses auf der Insel hatte sich bezahlt gemacht. Es war ein schöner Ort. Hier, auf diesem nahezu perfektem Fleckchen Erde, wollte er mit ihr seine zukünftigen Kinder großziehen. Sanft strich er ihr die Haare von der Stirn und küsste sie. Bald sollte sein großer Moment kommen, der Moment, in dem er um ihre Hand anhielte. Aber noch war seiner Meinung nach die Zeit nicht reif dafür, denn er hatte Angst, Angst vor der Antwort. Würde sie ihn abweisen? Würde sie ihn verlassen? Mit diesen Fragen im Herzen wagte er den Antrag nicht. Also wartete er, er wusste nicht auf was. Dennoch, den Ring hatte er bereits gekauft, es war ein schönes Stück, das ihn ganze 2 Monatsgehälter gekostet hatte, aber für sie würde er alles geben. Als er gerade überlegte, wann er sie wohl fragen würde, gingen die Sirenen los...
Langsam öffnete er die Augen und blinzelte verschlafen. Um ihn herum nur kahler Stahlbeton. Er vermerkte das leise Schnarchen eines Zimmergenossen. Nach einem kurzem Blick auf seine zerkratzte Digitaluhr beschloss er aufzustehen, in wenigen Minuten würde ohnehin der Aufseher kommen und alle im Zimmer zum Frühstück rufen. Um Strom zu sparen, gab es in dem Zimmer nur spärliches Licht, also stolperte er im Halbdunkel zu seinem Spind und kleidete sich an. 6:30. Pünktlich auf die Sekunde, wie jeden Tag, öffnete sich die Zimmertür und ein schmaler Lichtschein fiel herein. Erst jetzt konnte man das Acht Mann Zimmer ganz erkennen. Es war nur spartanisch eingerichtet und für Acht Männer viel zu klein. Wie immer war es der Aufseher, der zum Frühstück rief. Noch leicht verschlafen, ging er durch den schlecht beleuchteten Korridor zum großen Saal. Dieser war eigentlich eine umgebaute Fabrikshalle und recht einfach gehalten. In der Mitte befanden sich reihenweiße lange Tafeln mit einfachen Bierbänken. Da er Konferenzsaal, Kantine und Aufenthaltsraum zugleich war gab es links eine Essensausgabe, vorne ein Podium, dahinter eine kleine Leinwand und rechts gab es eine Art Pinnwand wo Jobs und Aufgaben ausgeschrieben wurde. Trotz dieser Einfachheit und des Schmutzes war es sein Lieblingsplatz im gesamten Komplex, denn dieser Saal war der einzige mit Fenstern.
Desinteressiert ging er zur Essensausgabe. Wie immer gab es Konservenfutter zum Frühstück. Niemand würde es wagen, Essen von außen zu konsumieren. Gelangweilt betrachtete er die Leinwand, auf der Neuigkeiten aus aller Welt zu sehen waren.
Als er diese betrachtete, musste er an den Tag denken, an dem alles begann. Es war der schicksalhafte Tag, von dem er so oft träumte und der zugleich sein letzter Trost in dieser Einöde aus Stahlbeton und deprimierten Gesichtern war. Der Tag, an dem selbst die Kinder das Lachen verlernten. Der Tag, an dem der größte Super Gau den die Welt je gesehen hatte sein Land verstrahlte, der Tag, an dem Amerika Russland den Ölkrieg erklärte. Der Tag, an den er so wehmütig zurückdachte, war der 20. März 2016. Aber am meisten schmerzte ihn, dass er es versäumt hatte, um die Hand seiner Freundin anzuhalten, denn jetzt war es zu spät...
Ein Blick auf seine Digitaluhr und ihm war klar, er würde heute etwas zu spät zur Arbeit erscheinen. Er betrachtete noch einen Moment wehmütig das bisschen Himmel, dass er durch die schmutzigen Fenster erkennen konnte. Der Komplex war für ihn wie ein goldener Käfig. Wenn er bliebe würde er lange aber unglücklich leben, wenn er ginge wäre er wahrscheinlich innerhalb weniger Stunden Tod. Aber er wäre frei.
Resigniert und unfähig weiter zu essen, erhob er sich vom Frühstückstisch und bereitete sich auf seine Arbeit, der gefürchtesten von allen vor. Er war für das Warten von Solarzellen, der letzten Stromquelle des Komplexes, in dem er lebte, verantwortlich. Hierzu musste er aber den schützenden Bunker in einem unzureichenden Schutzanzug verlassen. Dennoch war er dankbar, denn ohne diesen Anzug würde er nicht einmal wenige Stunden in der nun so lebensfeindlichen Natur überleben. Die Tatsache, dass jeder Arbeitstag sein Leben verkürzte, niemand wusste wie lang, störte ihn nicht weiter.
Ob er lebte oder starb war ihm gleichgültig, so konnte er wenigstens anderen Menschen helfen und er hatte ohnehin nicht vor länger als nötig in diesem Bunker sein Leben zu fristen.
Nach getaner Arbeit pflegte er es, über den Tag zu reflektieren und ein schönes Mädchen zu betrachten, in das er sich vor Monaten verliebt hatte. Jedoch hat er es noch nicht gewagt sie anzusprechen.
Doch dieser Tag war anders, denn er beschloss wieder glücklich zu sein, wieder zu lachen und das Leben wieder zu genießen und seinen auf Dauer tödlichen Job an den Nagel zu hängen. Also sprach er die Frau an, deren Namen er nicht einmal kannte und sie verstanden sich wunderbar. Er verlor sich förmlich in ihren tiefgründigen braunen Augen. Zum ersten Mal seit langem war er wieder glücklich und er wagte es wieder, auf eine strahlende Zukunft zu hoffen.
Von da an traf er sich täglich mit seiner Schönen. Er wollte alles perfekt machen und auf keinen Fall etwas überstürzen, es einfach langsam und überlegt angehen. Also wartete er wieder. Die Wochen verstrichen und er hatte sie noch nicht einmal geküsst.
Irgendwann jedoch beschloss er, dass die Zeit reif sei, ihr seine Liebe zu gestehen. Sie trafen sich wie immer im großen Saal. Als er da so saß und überlegte wie er das Ganze anstellen sollte bemerkte er die allgemeine Aufregung der Schönen. Er konnte sich aber keinen Reim darauf machen, was los war. Gerade als er seine Liebe gestehen wollte, kam ein fremder Mann zu ihrem Tisch. Sie stand auf, küsste ihn und sagte dass sie heiraten wollen.
Völlig fertig stand er auf und ging weg. Sie lief ihm nach und fragte was los sei. Er beichtete ihr seine Gefühle und ihre Antwort sollte sein Leben aufs neue für immer verändern. Sie hatte sich am Anfang in ihm verliebt, verlor aber die Hoffnung da er keine Anzeichen zeigte.
Von diesem Tag an beschloss er, nie wieder zu zögern, auf nichts zu warten und einfach spontaner zu leben. Denn es war der erste Tag vom Rest seines Lebens.