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Eine Steppe voller Nägel

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29.08.2003
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Eine Steppe voller Nägel

Eine Steppe voller Nägel


„Irgendwo muss es doch sein“, schrie sie verzweifelt und fiel auf die Knie. Schon zu lange musste sie hier herumlaufen, schon zu lange hatte sie zu warten, schon zu oft dachte sie nur mehr ans Aufgeben.

Sie sah sich um, doch der Wind wehte ihr die langen, schwarzen Haare ins blasse Gesicht. „Wo ist es denn nur“, dachte sie und während sie sich über das Gesicht strich, schlichen sich all ihre Erinnerungen durch ihren Kopf. All ihre Erinnerungen an ein Zuhause, die sie in einen tiefen Schlaf fallen ließen.

Das Wehen wurde stärker. Sie lag regungslos am Boden, ihr Atem war ruhig. Manchmal schien es, als wolle der Wind sie nach Hause tragen. Doch auch er hatte wohl vergessen, wo es war.

„Komm, Kleine, wir fahren heute zu Oma und Opa. Geh’ dich noch schnell waschen.“ Marie sah ihre Mutter trotzig an. Sie verschränkte die für ihr Alter viel zu langen Arme vor der Brust. „Ach komm schon. Was ist denn los? Du bist doch sonst so gerne bei ihnen! Karl! Karl! So rede du doch mit ihr.“ Er betrat das Wohnzimmer und musterte seine vierjährige Tochter. „Weißt du was, Marie? Ich werde dich jetzt schnell baden. Wenn du möchtest, nehmen wir unseren Wasserball mit, dann kannst du mich auch anspritzen. Und ich verspreche, dass dieses Mal das Badewasser nicht so heiß sein wird wie das letzte Mal.“ Er nahm die kleine Hand Maries und ging mit ihr ins Bad. „Ich danke dir, Karl!“ rief die Mutter hinterher.

Ihr Atem wurde schneller. Als könnte sie nicht genug Sauerstoff in ihren Körper aufnehmen. Der Himmel dämmerte, und schon leuchteten vereinzelt Sterne hell auf.

„So, da wären wir. Lauf schnell ins Haus und begrüße deine Großeltern.“ Marie öffnete die Autotür. Währenddessen kam auch schon die Großmutter aus dem Haus gelaufen. „Hallo, meine Lieben, da seid ihr ja endlich. Ich dachte schon, es wäre euch etwas passiert.“ Sie umarmte Karin. „Ja, tut uns leid. Marie weigerte sich eine zeitlang, mitzukommen. Anscheinend ist sie gerade in dem Alter, in dem man etwas menschenscheu wird.“ Die Großmutter führte Karl, Karin und Marie ins Haus.

Ihre schlanken Finger gruben sich in den Sand als müssten sie sich festhalten. Lass los, der Wind trägt dich zu den Sternen!

„Dieser Nachmittag ist aber schnell vergangen. Meine Mutter macht einfach den besten Kuchen, findest du nicht, Karl?“ „Ja ja“, antwortete er, er war in seine Zeitung vertieft. Das Telefon klingelte. „Ich geh’ schon“, sagte Karin, „lass dich nur nicht stören. Hallo? Hallo Monika! Heute Abend? Welchen Film denn? Aber der soll doch brutal sein! Ach so? Na gut. Dann können wir nachher auch noch etwas plaudern. Tschüs!“
Karin setzte sich zu ihrem Mann an den Tisch. „Es war Monika. Wir gehen heute Abend ins Kino und dann Kakaotrinken. Du bringst doch Marie um sieben ins Bett?“ Er nickte. „Aber lass sie ja nicht länger aufbleiben! Sonst ist sie morgen wieder so müde. Du lässt dich einfach zu leicht von ihr um den Finger wickeln. Karl?“ „Ja, ich hab’ dir doch zugehört. Um sieben, nicht länger. Mach dir einen gemütlichen Abend.“ Karl starrte noch immer auf die Zeitung. Seine Frau nahm seine Hand, neigte sich zu seinem Mund und flüsterte: „Wenn du noch wach bist, wenn ich nach Hause komme, dann könnten wir ja mal wieder…“ Endlich sah er sie an. „Mal sehen. Aber nicht böse sein, wenn ich bereits schlafe. Ich muss morgen früh auf.“ Karin senkte enttäuscht ihren Blick, und als sie wieder aufsah, war er bereits wieder in seine Zeitung vertieft. Marie saß auf der Treppe.

Sie hatte Gänsehaut. Vielleicht war ihr kalt. Das Sternenlicht konnte sie nicht mehr wärmen. Das Sternenlicht konnte sie nicht mehr sehen.

Karin gab Marie einen Kuss und verließ das Haus. Karl saß vor dem Fernseher. „Komm her, Marie. Da läuft noch ein Zeichentrickfilm.“ Marie setzte sich zu ihm auf die Couch. „Hat’s dir bei Oma und Opa gefallen? Ja? Der Kuchen war ausgezeichnet. Wir sollten Mami mal das Backen beibringen, was hältst du davon? Letztes Jahr zu Weihnachten haben wir ja so gute Kekse gebacken, kannst du dich noch erinnern?“

Auf ihrer Stirn standen Schweißperlen, in denen sich die Sterne spiegelten. Wie weit sie doch entfernt waren! Es hatte Momente gegeben, in denen sie von Stern zu Stern gesprungen war. Und irgendwann war sie hinuntergefallen.

„Es ist schon spät. Du musst ins Bett.“ Zärtlich strich Karl ihr die dunklen Haare aus dem Gesicht. Wie schön sie bereits war, dachte er sich. Er schaltete den Fernseher aus, nahm Marie in seine Arme und trug sie in ihr Zimmer. „Welches Nachthemd möchtest du anziehen? Marie?“

Ihr langes Kleid ließ sich vom Wind schaukeln. Ihre Lippen waren von Sand benetzt. Plötzlich begannen ihre Lider zu zucken. „Es muss doch hier irgendwo sein!“ schrie sie den Sternen entgegen.

„Putz dir doch die Zähne! Du willst dich doch sauber fühlen, wenn du ins Bett gehst. Ich werde dir auch deine Haare zurückhalten, wenn du die Zahnpasta ausspuckst. Welches Nachthemd willst du denn jetzt anziehen? Sieh her, ich zieh mir auch etwas anderes an.“ Er zog seine Kleider aus. Marie ging ins Bad und putzte sich die Zähne. Karl vergaß, ihr die Haare zurückzuhalten, da er sich für keinen Pyjama entscheiden konnte. Nachdem sich das Mädchen die Zähne geputzt hatte, ging es wieder in ihr Zimmer. Um ein Nachthemd anzuziehen.

Tränen liefen ihre ausgezehrten Wangen hinunter. Ihre Augen waren noch immer geschlossen. Sie legte ihren Kopf auf ihre Arme und kauerte sich zusammen. Sie spürte Schmerzen überall an ihrem Körper. „Hier irgendwo“, flüsterte sie schwach in die Nacht hinaus. Der Wind fegte um sie herum, und die Sterne ließen ihr Licht in ihren Tränen schimmern.

There are too many stars and not enough sky...

 

Ein interessanter Titel - der Ausgleich für die vielen lieblich betitelten Geschichten hier :)

Eine Story in zwei Erzählebenen (oder wie man das nennen mag?)

Einmal, der nicht kursive Teil: Ein Traum? Ein Bild für irgendetwas?

Wer ist die Protagonistin die da etwas sucht?

Der kursive Teil: Die Schilderung einer Familie... Mit dem "Traum" Teil drängt sich mir da schon wieder die vermutung einer Missbrauchsstory auf...

Aber ich glaube ich habe heute zu veile Missbrauchsstorys hier gelesen und sehe jetzt in jeder Story Eine ...

*wink*

jaddi - reichlich ratlos...

 

Hi kardia,

in meinen Augen ist da auch eine "Mißbrauchstory". Allerdings lebt sie von Stimmung und von Andeutungen, klar gesagt wird hier ja gar nichts, was ich wirklich sehr gut finde.
Hat mir gefallen, die Geschichte! :)

Grüßle,
stephy

 

hi jadzia!

ja, ich mag den titel auch. endlich mal einer, mit dem ich zufrieden bin...

du hast richtig vermutet: es handelt sich um eine missbrauchsgeschichte. ich hab' auch schon gesehen, dass du wegen derartiger geschichten eine diskussion ins leben gerufen hast. aber ich denke, dass diese dinge einfach nicht unter den tisch gekehrt werden dürfen. es ist doch auch aufgabe ienes autors, sich gesellschaftlichen problemen zu stellen und den mund aufzumachen.
es ist die erste geschichte dieser art, die ich jemals geschrieben habe. es ist schwierig. und ehrlich gesagt, habe ich auf der KG-Seite noch keine andere gelesen, die davon handelt. vielleicht hast du einfach pech und wählst die falschen stories zum lesen aus :D

außerdem hast du auch im kaffeekranz geschrieben, dass diese geschichten meistens auch noch gut geschrieben werden, dass man bis zum ende lesen muss. dann darfst du das eben nicht machen, wenn du schon so von ihnen überfüttert bist.

ich denke, man kann von diesen themen gar nicht überfüttert werden.

in der literatur kommen ja immer wieder dieselben themen vor - es geht eigentlich nur mehr darum, wie sie verpackt werden.

soviel dazu.

der nicht kursive teil schildert den zustand dieser frau, die missbraucht worden ist. verpackt in metapher. die umgebung habe ich absichtlich etwas verworren und eigenartig dargestellt, in verbindung damit, wie sie daliegt, wie sie aussieht, was sie tut. diese eigenartige welt sollte ihren leidenden zustand verdeutlichen.
ach ja: sie sucht in einer abstrakten form den inbegriff eines Zuhauses.

danke fürs "trotzdem lesen",
kardia

hi stephy!

gut, dass du noch nicht von diesem thema überfüttert bist. und solange dir die geschichte gefallen hat, bin auch ich zufrieden.
gut, dass ich die stimmung rüberbringen konnte.

alles liebe,
kardia

 

Huhu kardia :)

Deine Story gehört ja auch zu den besseren der Gattung "Mißbrauchsstory" - du siehst aber an meinem Komment das ich nicht genau wusste um was es geht...dadurch liest man die Story wieder und wieder, das ungute Gefühl das es um Missbrauch geht setzt sich in einem fest und man wagt es gar nicht mehr zu denken das es 2schon wieder" eine solche Story ist.

Was ich aber auch an Deiner Story bemängeln muss, vielleicht auch eienr der gründe warum es so schwer rüberkommt mit dem Missbrauch: ich finde keine Anhaltspunkte für das WARUM.

Das Warum des Täters.

( Den Thread im Kaffeekranz habe ich aufgemacht weil ich mich quasi von den beiden angesprochenen Themen in einer seelisch nicht sehr guten Verfassung quasi erschlagen fühlte - klar gibt es immer wieder die gleichen Themen aber manche erwischen einen in einem sehr schlechten Moment ...)

:)

jaddi

 

sag du mir, warum ein vater sein kind missbraucht! ich weiß es nicht... ich weiß es nicht und kann in keinster weise nachvollziehen, warum er es tut. außerdem geht es in miener geschichte um das mädchen, ansonsten hääte ich es gleich anders angelegt.

wie gesagt: das warum des täters fehlt, weil ich es schlicht und einfach nicht weiß, was einen vater dazu bewegen könnte. derartige männer sind wohl einfach krank.

auch will ich keinen mit stories runterziehen. darauf kommt es mir nicht an. natürlich will ich emotionen hervorrufen, aber keine schmerzen. nur ist das als schreiber halt oft schwer einzuschätzen: vielleicht hat man ein ziel, wie eine geschichte wirken soll. aber man kann ja nie wissen, wie sie dann wirklich auf leser wirkt bzw ob überhaupt...

jedes thema kann runterziehen. es muss nur gut geschrieben sein.

lg
kardia

 

es war ja auch meine absicht, nicht konkret zu werden. das wirkt für mich platter.

man will ja den leser auch bei der stange halten und es kann mir keiner erzählen, dass er diese intention (unter anderem) nicht hat.

 

Klar ist es schwer zu begreifen warum ein Mann ein Kind missbraucht - vielelicht gibt es ja wenn auch abstossende Ideen warum?

Es ist immer diese "nur die Seite des Opfers" Sehrei die mich an den Stories etwas stört...

Ich will jetzt kein Mitleid mit dem Töter, mMn gehören die alle kastriert nd weggesperrt.

Aber ich würde gerne mal eine einzige Story zu diesem Thema lesen wo ALLE figueren die an soetwas beteiligt siond beschrieben werden und man sich als Täter reinversetzen kann... so wird man immer nur in das Opfer hineingezwungen...

Den Vater als Char aufbauen: Nach aussen ein netter lieber Mann, der gerne seinen Nachbarn hilft. Der jeden Tag sieht wie seine Tochter immer hübscher wird, sie mit 10 / 11 anfängt knappe Klamotten zu tragen (hier in der Strasse gibt es zwei kleine italienische stämmige Mädchen in dem Alter die laufen bis spät abends rum als kämen sie vom Frakfurter Strich...sorry wenn ich das so sage. Da wundert es mich dann gar nicht mehr das kinder entführt werden )
Wie der Vater immer weniger unterscheiden kann zwischen "erlaubten" schön finden und einem erotischen kribbeln wenn er seine Tochter sieht und wie bei ihm irgendwann alle Sicherungen durchbrennen, er das Ganze vielleicht hinterher noch zu vertuschen versucht ect...

Die Tochter: Das hilflose Opfer ( beschreiben wie sich so jemand fühlt wurde hier ja schon oft genug )

Die die Schweigen: Die Mutter, die Nachbarn, wegen dem guten Schein ect.

Es ist jetzt schwer für mich genau zu sagen wie soetwas geschreiben sein sollte - da ich selbst davon nicht betroffen bin - ich kann nur sagen wie ich mir eine solche Story gerne lesen würde...

:)

jaddi

 

ok. das verstehe ich. da stimm ich dir völlig zu. würd mich auch interessieren, die sichtweise der anderen figuren. allerdings: ich als autor dieser geschichte habe ja die anderen figuren im kopf. hab nur nicht über sie geschrieben. deshalb erscheint auch mir die geschichte vollständiger als anderen. sollte eh nicht so sein. ist halt passiert. ich selbst trau's mir nicht zu, die sichtweise des täters zu beschreiben. vielleicht schafft es ja mal einer.

ich bin auch nicht betroffen und vielleicht ist es sogar eine anmassung darüber zu schreiben.

es sollte sich aber kein autor dafür rechtfertigen müssen, warum er über ein bestimmtes thema geschrieben hat.

baba, kardia

 

Nein, rechtfertigen braucht sich glaube ich KEIN Autor warum er ein Thema aufgreift oder nicht...

Wenn einen etwas bewegt sollte man es auch aufschreiben dürfen *nick*

Das "die Figuren im Kopf" ist zum Glück nicht nur Dein Problem, das passiert vielen Leuten (auch mir) das man Eine Story als Autor natürlich komplett im Kopf vor sich hat aber es nicht aufschreibt.

Die Story hätte es mMn aber verdient das du Mutter und Vater vielleicht noch etwas tiefer charakterisierst, du musst ja nicht alle Hintergründe des Vaters aufdecken, glaube das täte der Story, der Art wie sie geschrieben ist eh nicht sehr gut... die Story fällt ja auch nicht mit dem Misbrauch sofort mit der Tür ins Haus sondern erzählt es eher verdeckt...

*hat jetzt irgendwer verstanden was ich sagen wollte? :D grade mal wieder leichte Formulierungsschwirigkeiten hat :D *

 

Hallo kardia,

ich bin mir nicht ganz schlüssig über die Logik in deiner Geschichte. Die Psyche eines Missbrauchsopfers unterliegt einer gewissen Logik, auch wenn sie dem Außenstehenden manchmal etwas unorthodox und nicht plausibel erscheint. In deiner Geshcichte ergeben sich für mich allerdings Brüche, die ich nciht ganz nachvollziehen kann.
Die Weigerung deiner Protagonistin, zu den Großeltern zu fahren ließe eher vermuten, dass der Missbrauch bei den Großeltern stattfindet, nicht daheim im Badezimmer, in das sie dem Vater freiwillig folgt.
Sie scheint den Missbrauch ja für sich als störend zu erleben (das ist längst nicht bei allen Opfern der Fall), die ausgelöste Verwirrung durch emotionale Überforderung zu erfühlen und ihr ausweichen zu wollen.
Das der Vater also der Quell ihrer dunklen Vergangenheitsbilder ist, wil mir nicht so ganz einleuchten. Es scheint mir psychologisch nicht stimmig.
Natürlich müssen die Windträume noch nicht ihre volle Erkenntnis tragen, sie nehmen ja noch nicht einmal die konkreten Vokabeln auf, was auf einen zaghaften Begin des Coming Out als Überlebende hindeutet, als erste Ahnung die die Bilder in eine Beziehung bringt.
Aus heutiger Sicht wehre ich mich immer gegen eine all zu zaghafte, poetische Andeutung der Missbrauchserfahrungen in Geschichten. Für ich birgt der die Gefahr einer romantischen Verschleierung harter Tatsachen. Die ersten Theaterstücke zum Thema in den siebziger Jahren hat man in dieser Art geschrieben ("Frostnacht" zum Beispiel), ich persönlich ziehe deshalb eine weniger verklausulierte Sprache vor. Das allerdings ist keine Stilkritik, sondern nur mein persönliches Empfinden für den Umgang mit der Thematik.
Sprachlich bewegst du dich ja sehr sicher durch das Sujet.
Die Schilderung aus der Kinderperspektive, das Leid eines kleinen Mädchens ist natürlich immer ergreifend. Andererseits habe ich die Erfahrung gemacht, dass dieses Leiden eben erst im Erwachsenenalter kommt. Kinder biegen sich diese Realität oft so zurecht, dass sie damit eben überleben können. Das Leiden nehmen sie als solches direkt gar nicht wahr. Natürlich kann ich da nicht von mir auf andere schließen.

so, das war jetzt weniger eine Kritik, als einfach ein paar Gedanken von mir zu deiner Geschichte. Ich hoffe, sie reichen dir. :)

Liebe Grüße, sim

 

Servus kardia!

Der Titel ist sehr ansprechend und hat auch mich zu deiner Geschichte geführt. Für mich liest sich diese sehr ambivalent. Dein guter Erzählstil, deine sehr greifbar gemachten Gefühle sind besonders weichgezeichnet und schrecken natürlich gerade dadurch. Wenn Menschen schlimme Missbrauchserfahrungen in der Kindheit zu erzählen beginnen, bedienen sie sich ja auch oft dieser Form von "Verniedlichung" weil sie sich mitschuldig fühlen, oft machtlos sind den anderen zu verurteilen, Angst haben, dass man ihnen nicht glaubt.

Wäre die Geschichte in der Ich-Form, aus der Sicht eines kleinen Kindes geschrieben, fände ich sie wirklich ausgezeichnet gemacht. Von außen erzählt scheint sie mir das Opfer nicht genügend wahrzunehmen, die Tat nicht genug als solche anerkannt.

Lieben Gruß an dich - schnee.eule

 

Hi sim!

Also, ich fang gleich mal an, die Brüche zusammenzuflicken. Schade, dass das alles, was ich jetzt schreiben werde, nicht von selbst aus der Geschichte hervorgeht, aber vielleicht ist es dir ja nachher klarer und ich muss zugeben, dass das halt einfach meine Art ist, zu schreiben. Noch habe ich es nicht geschafft, eine konkrete Geschichte zu schreiben.

Das Mädchen will nicht mit zu den Großeltern, weil es nicht mit ihrem Vater zusammensein möchte. Dafür spricht ja, dass sie zwar vor der Mutter trotzig reagiert, nicht aber vor ihrem Vater, weil sie Angst vor ihm hat. Deshalb folgt sie ihm ins Bad. Zwar nicht freiwillig (er nimmt ja ihre Hand), aber sie wehrt sich auch nicht - aus Angst. Das wollte ich auch noch darin verdeutlichen, dass sie dann auf der Treppe sitzend das Gespräch der Eltern mithört und somit mitkriegt, dass ihre Mutter nicht zu Hause sein wird.

Zur "psychologischen Stimmigkeit": Natürlich versteht das Mädchen nicht, was da passiert, aber sie ahnt, dass das nicht gut ist, dass ihr ja wehgetan wird, zumindest schon mal körperlich. Es wird ja nie gesagt, dass sie weiß, was da passiert.

Sie kommt ja auch erst in ihren Träumen drauf. Da ist sie ja (zumindest in meinem Kopf) schon älter. Ich weiß nicht, ob das rauskommt. Die Erinnerungen werden ja sukzessive deutlicher, klarer, vollständiger, ihre erste Erinnerung hat ja nicht gleich mit dem Missbrauch zu tun, der kommt ja erst am Schluss. Langsam decken ihre immer vollständiger und konkreter werdenden Erinnerungen auf, was damals eben passiert ist.

Zur Sprache: Da hast du wahrscheinlich recht. Dennoch war es nicht meine Absicht, zu verschleiern, ich dachte ja sogar, dass ich durch diese Abstraktheit denselben Effekt erzielen könnte wie mit einer konkreten Sprache. Ich wollte damit ergreifen und berühren. Wenn ich das nicht geschafft habe, gehört meine Geschichte wohl nicht zu den Besseren ihrer Art. Ich kann eben nicht anders schreiben.

Nun, das waren meine Gedanken zur Geschichte, die nicht dazu dienen sollen, dich umzustimmen, das würde ich umgekehrt auch nicht wollen. Im Gegenteil: Vielleicht fallen dir ja noch mehr Brüche auf, die mir dann wieder ein bisschen zum Nachdenken verhelfen.

Alles Liebe und danke,
kardia

 

Hier scheint die Essenz der klyptoralen Iphunanz bestechend scharf gekennzeichnet zu sein. Die Höhepito bleibt zurück, doch peripher ist sie zu erahnen in der Logoföea der Pianamia.

Ich muss sagen: Kardia, ich verehre dich.

 

bis zum verehren ist es bei mir noch weit *hehe*, aber ich muss sagen, dass diese geschichte wesentlich besser ist, als "Das Schicksal, das sich irrt", auch wenn der Schreibstil den der jüngsten geschichte hinterherhinkt.
hi karda,
diese geschichte war spannend, ich habe sie gerne gelesen. dir ist wechselnde zeitenperspektive sehr gut gelungen. die frau erinnert sich an das mädchen von damals - sie selbst.
ausserdem hat mir ausserordentlich gefallen, dass du angedeutet hat - und zwar so angedeutet, dass der leser das geschehene nachvollziehen kann:

Karl vergaß, ihr die Haare zurückzuhalten, da er sich für keinen Pyjama entscheiden konnte.

wirklich prima diese stelle!

leider ist der schreibstil sehr gestört. deine wortwiederholungen zerstören den fluss der geschichte.
ich habe hier das wichtigste erwähnt:

der Wind wehte ihr die langen, schwarzen Haare ins blasse Gesicht. „Wo ist es denn nur“, dachte sie und während sie sich ihre Haare aus dem Gesicht strich, schlichen sich all ihre Erinnerungen durch ihren Kopf.

"Haare" ist doppelt. es ist gar nicht einfach, das zu umgehen. vielleicht so?: "Wo ist es denn nur", dachte sie, und ihre langen, schwarzen Haare wurden in ihr Gesicht geweht. Und wie die Frau sich das Gesicht wieder freistrich, schlichen sich alle ihre Erinnerungen durch den Kopf.

All ihre Erinnerungen an ihr Zuhause, die sie in einen tiefen Schlaf fallen ließen.

Der Wind wurde stärker. Sie lag regungslos am Boden, ihr Atem war ruhig. Manchmal schien es, als wolle der Wind sie nach Hause tragen. Doch auch er hatte wohl vergessen, wo ihr Zuhause war.


"hause" kommt hier 3 mal vor. vielleicht wäre es sinnvoll das zweite "ihr Zuhause" mit "das" zu ersetzen.

Marie sah ihre Mutter trotzig an. Sie verschränkte ihre für ihr Alter viel zu langen Arme vor ihrer Brust.

4 mal "ihr". die ganze geschichte ist mit dem wort "ihr" durchzogen. guck mal: Marie sah ihre Mutter trotzig an. Das Mädchen verschränkte seine für das Alter eigentlich viel zu lange Arme vor die Brust.

Karl! Karl! So rede du doch mit ihr.“ Karl betrat das Wohnzimmer und musterte seine Tochter.

der dritte "Karl" könnte mit "Der Angesprochene" ersetzt werden.

und ausserdem möchte ich folgendes bemängeln:

„Ja, tut uns leid. Marie weigerte sich eine zeitlang, mitzukommen. Anscheinend ist sie gerade in dem Alter, in dem man etwas menschenscheu wird.“ Die Großmutter führte Karl, Karin und Marie ins Haus. Marie war vier Jahre alt.
"Marie war vier Jahre alt." mal schnell dem leser als notwendige hintergrundinformation nachgeworfen. das ist ungeschickt und auch auffällig. um das zu verhindern könntest du in den oberen block mal den kindergarten erwähnen, womit der leser eine ungefähre vorstellung vom alter der marie bekommt.

also - ich sehe, du hattest recht, diese geschichte unterscheidet sich in der tat gewaltig von deiner jüngsten. *smile*

bis dann

barde

 

Hi Barde!

Wow! Danke! Ja, ich weiß, die jüngste Geschichte ist mir überhaupt nicht gelungen. Schön, dass du Nachforschungen angestellt hast.
Und deine Verbesserungsvorschläge werde ich allesamt berücksichtigen.

Lg,
kardia

 

Hi barde!

Deine Verbesserungsvorschläge haben echt geholfen. Danke! Traurig, dass einem solche Fehler - und sie haben wirklich gestört - selbst nicht auffallen. Mir zumindest nicht :-)

kardia

 
Zuletzt bearbeitet:

das ist aber normal. mir passiert das genauso. *smile*

noch etwas:

Der Wind wurde stärker. Sie lag regungslos am Boden, ihr Atem war ruhig. Manchmal schien es, als wolle der Wind sie nach Hause tragen. Doch auch er hatte wohl vergessen, wo es war.

"Wind" ist doppelt. das 2. "Wind" könntest du locker mit "er" ersetzen.

 

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