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Eine Nikolausgeschichte

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30.12.2002
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Eine Nikolausgeschichte

Maria war neun Jahre alt, und sie war das älteste Kind in der Familie.
Sie hatte drei Geschwister, zwei Schwestern und einen Bruder.
Maria war ein fröhliches Mädchen. Sie lachte gern und erfand immer wieder neue, interessante Spiele, die sie mit ihren Geschwistern spielte.
Aber sie kommandierte auch gern ihre Schwestern herum, ließ die beiden alle möglichen Sachen für sie erledigen. Dafür beschützte sie aber die Schwestern immer, wenn andere Kinder ihnen etwas tun wollten. Oh, da konnte Maria fuchsteufelswild und wütend werden, wenn ihre Schwestern geärgert wurden. Und dann hatten die anderen Kinder nichts zu lachen, denn Maria war zwar klein und dünn, aber sehr stark. Und wenn Maria wütend wurde, war nicht mit ihr zu spaßen. Dafür war sie in der ganzen Straße, in der sie wohnten, bekannt und gefürchtet.
Der Bruder war noch zu klein, um geärgert zu werden. Er war mit seinen zwei Jahren noch so niedlich, und Maria liebte ihn heiß und innig.

Es war wieder Dezember, draußen war es bitterkalt und der erste Schnee war gefallen. Maria war gerade im Badezimmer und putzte ihre Zähne, als sie die Mutter auf dem Korridor mit dem Vater sprechen hörte.
„Wieso hast du diese Woche so wenig Geld in deiner Lohntüte?“ schimpfte ihre Mutter laut, „ was soll ich denn jetzt zum Nikolaus den Kindern in die Gummistiefel tun? Das Geld reicht ja nicht einmal für das Essen!“
Der Vater erwiderte müde: „Tut mit, leid, Mäuschen, aber ich musste die Schulden bei meinem Chef abbezahlen, sonst hätte er mich entlassen!“
„Du bist ein Versager!“ rief die Mutter wütend, „setzt vier Kinder in die Welt und bist nicht in der Lage, anständig für sie zu sorgen!“
Die Antwort des Vaters ging in seinem schlimmen Hustenanfall unter, und Maria biss sich mit aller Kraft auf die Lippen, um nicht zu weinen.
Also hatte ihre Freundin doch Recht gehabt, als sie ihr neulich erzählte, es gäbe gar keinen Nikolaus! In Wirklichkeit füllen die Eltern die Stiefel der Kinder.

Als sie dann im Bett lag, den Gute – Nacht – Kuss ihrer Mutter in Empfang genommen hatte und von ihr warm zugedeckt wurde, fasste Maria einen Plan.
Sie, die älteste Tochter, würde dafür sorgen, dass ihre Geschwister dieses Jahr anständig gefüllte Nikolaus-Stiefel vorfänden!
Und sie würde somit nebenbei dafür sorgen, dass die Mutter nicht mehr so böse mit dem armen Vater schimpfte!
Am nächsten Morgen saß sie mit der Mutter und den Geschwistern am Frühstückstisch und konnte keinen Bissen herunterbekommen. Sie hatte einen Plan gefasst, und der war so schlimm, dass sie keinen Appetit hatte. Aber sie war fest entschlossen, ihn einzuhalten, um der Familie zu helfen!
Statt zur Schule, ging Maria an diesem Morgen in den großen Supermarkt am anderen Ende der Stadt. Sie war zu gern hier. Hier gab es Dinge, die sie niemals besitzen würde, aber sie konnte sich hier alles ansehen und sogar berühren. Wenn das auch von den Verkäuferinnen nicht gern gesehen wurde.
Jetzt war der ganze Supermarkt weihnachtlich geschmückt, überall waren Lichtgirlanden aufgehängt, und es gab sogar schon einen riesengroßen, geschmückten Weihnachtsbaum! Staunend blieb Maria minutenlang vor dem prächtigen Baum stehen und konnte sich gar nicht satt sehen. Da gab es goldene Kugeln, gläserne Engel, die verschiedene Musikinstrumente in den Händen hielte, buntes Holzspielzeug und Naschwerk. Der Baum war mit mindestens hundert elektrischen Kerzen beleuchtet und alles glitzerte und funkelte, dass es schon fast in den Augen wehtat. Und dazu erklang wunderschöne Weihnachtsmusik aus verborgenen Lautsprechern.
Doch dann besann sich Maria auf ihren wichtigen Plan und sie riss sich schweren Herzens von diesem wunderbaren Anblick los.
Sie ging durch die langen, voll gepackten Reihen des Geschäfts und hielt Ausschau nach bunten Schokoladenweihnachtsmännern, Marzipankartoffeln und Zuckerkringeln.
Marias Plan war es nämlich, für ihre Geschwister ohne Geld einzukaufen. Ja, so hat sie es sich selbst immer wieder eindringlich selbst vorgesagt, denn das klingt nicht so schrecklich wie „stehlen“.
Maria hatte sich für dieses Vorhaben extra ihren Poncho angezogen, da waren die Arme drunter versteckt, und sie hatte vor, das Diebesgut unter den Achseln eingeklemmt durch die Kasse zu schmuggeln. Der Poncho war so etwas wie ein Umhang, weit und lang, niemand würde bemerken, was sie darunter verbarg.
Unschlüssig blieb sie vor einem Regal mit wunderbaren, in buntes, glänzendes Stanniolpapier verpackten Naschereien stehen. Sie blickte sich vorsichtig um, schaute, ob jemand sie beobachtete, und da sie ganz allein in diesem Gang stand, streckte sie vorsichtig die Hand aus. Als sie den Schokoladenweihnachtsmann berührte, der genau vor ihr stand und sie so unendlich freundlich anlächelte, zuckte ihre Hand unwillkürlich wieder zurück, so, als hätte sie sich an ihm verbrannt.
Maria stöhnte leise auf und holte dann tief Luft. Verdammt, warum war das nur so schwer?
Sie schlenderte langsam weiter, die Regale entlang, unschlüssig, wie sie es nur anstellen könnte, etwas von diesen wunderbaren Sachen unter ihrem Poncho verschwinden zu lassen.
Ihr schlechtes Gewissen machte ihr mächtig zu schaffen, aber dann dachte sie an ihre Geschwister, an die traurigen Augen, die sie morgen früh machen würden, wenn die Stiefel dieses Jahr leer blieben, und sie schöpfte neuen Mut.
Jetzt ging Maria erst einmal in die Haushaltswarenabteilung, weil sie meinte, dass es dann weniger auffiele, was sie eigentlich vorhatte. Nachdem sie sich fast eine ganze Stunde lang Besen, Kochtöpfe und Handtücher angesehen hatte, wagte sie einen zweiten Versuch.
Erneut näherte sie sich mit klopfendem Herzen den Süßigkeiten.
Sie erwählte Cellophantüten mit lauter kleinen, bunt eingepackten Schokoladenbällchen als ihr nächstes Ziel. Wieder schaute sie sich vorsichtig nach allen Seiten um und „schwups“ hatte sie eine Tüte in der Hand und zog sie unter ihren Poncho. Schamesröte schoss ihr ins Gesicht, und ihr wurde glühendheiß. Sie fühlte ihr Herz bis zum Hals schlagen,
Sie lief schnell ein paar Gänge weiter und war sich sicher, verfolgt zu werden. In der Gemüseabteilung hielt sie an und wartete darauf, dass ihr jemand auf die Schulter klopfte, um sie zu verhaften. Es klopfte ihr aber niemand auf die Schulter. Langsam hatte ihr Gesicht wieder eine normale Temperatur angenommen, nur die Ohren glühten noch heiß wie Kohlen in einem Ofen.
Unschlüssig, was sie nun tun sollte, stand sie da und betrachtete einen großen Berg Apfelsinen. Dann schob sie mit einer blitzschnellen Handbewegung die Tüte mitten unter die Früchte und stolperte ein paar Schritte rückwärts.
Nein, sie konnte das nicht tun! Tränen schossen in ihre Augen, und wieder einmal biss sie mit aller Kraft die Lippen zusammen, um zu verhindern, dass sie weinen musste.
Sie lief in die Kosmetikabteilung und betrachtete die Lippenstifte, die Nagellackfläschchen und die kostbaren Parfumflakons. Wie gerne würde sie ihrer Mutter so einen schönen, roten Lippenstift schenken. Und für ihren Vater suchte sie ein Rasierwasser aus, über das er sich sicher sehr freuen würde.
„Ach, wenn ich doch nur etwas Geld hätte!“ dachte Maria traurig, „dann würde ich für alle etwas Schönes kaufen. Das wäre für mich das beste Weihnachtsgeschenk, wenn ich meiner Familie etwas schenken könnte.“ Traurig warf sie einen letzten, sehnsüchtigen Blick auf die Regale und ging weiter.
Sie durchquerte einen Gang nach dem anderen und verlor dabei jedes Zeitgefühl.
Sie nahm ein Netz mit Schokoladentalern, die in Goldpapier einpackt waren, und legte es ein Stück weiter zwischen Toilettenpapierrollen wieder ab.
Dann nahm sie eine Tüte mit Lebkuchen, die sie zwischen Weinflaschen wieder freiließ.
Was Marie auch an sich nahm, legte sie kurze Zeit später wieder reuevoll ab. Sie brachte es nicht über sich, ihren Plan zu Ende zu führen.
Jetzt nahm sie als letzten Versuch einen kleinen Schokoriegel aus einem Regal und hatte ihn fest in der Hand, als ein lauter Gong ertönte, der sie zusammenschrecken ließ! Eine Lautsprecherdurchsage holte sie in die Wirklichkeit zurück: „Verehrte Kundschaft. Unser Geschäft schließt in wenigen Minuten. Bitte beenden Sie ihren Einkauf und begeben Sie sich direkt zur Kasse. Wir bedanken uns für Ihren Einkauf“
Während Maria sich noch suchend umschaute, wohin sie den Schokoladenriegel wieder ablegen konnte, fühlte sie zwei Hände an ihren Schultern, und eine Verkäuferin schob sie mit den Worten: „ Wir haben jetzt Feierabend, kleines Fräulein. Das gilt auch für dich!“ zur nächsten Kasse. Angst stieg in Maria hoch und schnürte ihr die Kehle zu. Widerstrebend ließ sie sich zur Kasse schieben, wo sie dann hinter drei Kunden mit vollgefüllten Einkaufswagen zum Stehen kam. Die Verkäuferin sah sie drohend an, und Maria wusste, dass sie hier stehen bleiben musste. In ihrer Hand schmolz inzwischen der Schokoladenriegel zu einem unansehnlichen Klumpen zusammen, aber Maria konnte die Hand nicht öffnen. Sie war wie gelähmt. Wieder biss sie sich auf die Lippen, diesmal so sehr, dass sie im Mund Blut schmeckte.
Vor ihr war eine ältere Dame mit einem wohlgefüllten Einkaufswagen, und auf einmal bemerkte Maria, dass die Dame sie wohl schon eine ganze Zeit lang ernst und forschend ansah.
„Beiß dir nicht so auf die Lippen, mein Kind. Sie bluten schon.“ Sagte die Dame leise zu Maria. Sie hatte eine tiefe, raue aber angenehme Stimme. Sofort hörte damit Maria auf, und gleichzeitig kullerten die ersten Tränen über ihr Gesicht.
Die Dame beugte sich zu Maria hinab. „Es ist noch nicht zu spät, Kind. Du kannst noch alles ändern.“ sagte sie und ein Duft nach Mottenkugeln, Tannannadeln und Pfefferminzbonbons wehten mit den Worten in Marias Gesicht.
Erschrocken sah Maria der Frau in die Augen. Hatte sie etwa gesehen, was Maria getan hatte?
Unfähig, sich zu bewegen oder etwas zu sagen zerquetschte Maria den ohnehin schon ziemlich breitgedrückten Schokoladenriegel immer weiter in ihrer Hand. Wie versteinert stand sie da.
Jetzt packte die Frau ihre Einkäufe auf das Laufband. Als sie damit fertig war, drehte sie sich noch einmal zu Maria um und sagte: „Was ist nun? Gleich ist es zu spät!“
„Ich – ich weiß nicht…. kann nicht…“ stammelte Maria mühsam und sie konnte nichts mehr sehen, weil ihre Augen nun voller Tränen waren.
Die Dame streckte Maria die Hand entgegen und sagte leise: „Schon gut, Kind, gib her.“
Wie in einem Traum gab Maria der Frau den unförmigen Matschhaufen, der mal ein Schokoladenriegel gewesen war, in deren Hand. Ohne eine Mine zu verziehen legte die Frau das seltsam aussehende Ding zu ihren eigenen Einkäufen aufs Band.
Maria wünschte sich, der Boden würde sich auftun und sie könnte in einer Erdspalte verschwinden. Aber der Boden blieb ganz.
Die Dame bezahlte ihre Einkäufe und packte dann alles in einen großen Einkaufskorb.
Dann hielt sie Maria den Schokoriegel hin und sagte: „ Da ich ihn bezahlt habe, gehört er nun mir. Das ist dir doch klar?“
Maria schluckte und rief:“ Ja, natürlich. Klar!“ Und voller Scham und Pein senkte sie den hochroten Kopf und blickte auf ihre Schuhe.
„Ich kenne dich doch“, sagte die Dame dann, „du bist doch eines von den Lehmannkindern, stimmt’s?“
„Ja“, hauchte Maria, „bitte, würden sie bitte meinen Eltern nichts davon erzählen?“
„Wovon erzählen?“ fragte die Dame arglos, „davon, dass ich mir einen Schokoladenriegel gekauft habe?“ Sie lächelte Maria jetzt an. Dann nahm sie ihren Korb und ging ohne ein weiteres Wort davon.
Maria fiel ein Stein vom Herzen. Alles war gut. Sie war keine Verbrecherin geworden. Sie erkannte, dass ihr Plan ein schlechter Plan gewesen war. Sie holte tief Luft, wischte sich die Tränen aus dem Gesicht und lief aus dem Geschäft.
Draußen war es bereits dunkel. Maria erschrak furchtbar! Sie hatte den ganzen Tag in diesem Supermarkt verbracht! Sie mochte sich gar nicht vorstellen, welche Sorgen sich die Eltern um sie machen würden. So schnell sie konnte rannte sie nach Hause, wo sie eine halbe Stunde später mit Seitenstechen und völlig außer Atem ankam.
Die Mutter war sehr böse und schimpfte so sehr wir noch niemals vorher mit Maria.
Aber das war Maria egal, sie empfand es sogar als gerechte Strafe für das, was sie heute beinahe getan hätte. Das einzige, was sie traurig machte, war die Tatsache, dass ihre Geschwister nun morgen doch leere Nikolausstiefel vorfinden würden. Mit diesem traurigen Bild im Kopf schlief sie ein.
Am nächsten Morgen wurde sie durch laute Jubelschreie geweckt.
Ihre beiden Schwestern kamen mit vor Aufregung roten Wangen ins Kinderzimmer gestürmt, jede mit einem prallgefüllten Nikolausstiefel in den Händen!
„Maria, guck doch mal – der Nikolaus war da!“
Wie der Blitz sprang Maria aus ihrem Bett und sauste auf den Flur, wo die Kinder am Abend ihre sauber geputzten Stiefel aufgestellt hatten. Tatsächlich! Auch Marias Stiefel schien fast zu platzen, so prall war er mit den schönsten Leckereien gefüllt.
Andächtig fiel Maria vor ihrem Stiefel auf die Knie und schlang ihn in ihre Arme. Dabei schlich sich das Bild von der Dame aus dem Supermarkt in ihren Kopf. Sie hatte so ein liebes Gesicht und so eine seltsame Stimme gehabt.
Plötzlich wusste Maria, dass sie in Wahrheit der Nikolaus gewesen war! Marias wurde ganz warm ums Herz, und ein Lachen kitzelte sie im Hals.
Es gibt ihn also doch, den Nikolaus. Und manchmal verkleidet er sich einfach als alte Dame, um Kindern zu helfen, auf dem richtigen Weg zu bleiben.

 

Hallo Barkai,

schöne Nikolausgeschichte! Zum Erzählen am Abend gut geeignet, als Geschichte zum Lesen würde ich sie allerdings noch ein bißchen sprachlich überarbeiten (z.B. "Ja, so hatte sie..." das /ja/ weg; "Verdammt": würde ich zwar auch nicht erzählen, aber nicht schreiben, v.a. nicht in einer Kindergeschichte, etc.).
Ansonsten: gerne gelesen.
LG
Isha

 

Hallo barkai!

Auch mir hat Deine Geschichte gut gefallen. Den Anfang fand ich nicht ganz so gelungen, da Du hier sehr viel einfach aufzählst. Klar, Du magst Marias Lebensumstände beschreiben, ohne aber zu viel darüber auszuführen - auf mich wirkt aber halt der erste Abschnitt zu "technisch" und nach "bringen-wir-das-mit-den-Lebensumständen-hinter-uns" ... im Laufe der Geschichte wird Dein Stil lebendiger, Maria im Supermarkt kann man sich sehr gut vorstellen. Man kann fast mit ihr Gewissenbisse haben und gleichzeitg wünschen, ihr VOrhaben würde doch gelingen ... Der Schluss gefällt mri gut. So kann Maria das Richtige tun und wird belohnt, auch wenn sie in einer sehr schweren Situation gewesen ist.
Gern gelesen!

schöne Grüße
Anne

 

Vielen Dank euch beiden, dass ihr meine Geschichte gelesen habt. Und Danke auch für eure Anmerkungen.
Ja, am Anfang habe ich bewusst versucht, mich kurz zu fassen,w eil es ja eine Kurzgeschichte sein soll und als solche nicht zu lang geraten sollte.
Ich denke darüber nach, was ich weglassen kann, damit es runder wird.

Ich freue mich sehr, dass euch die Geschichte ansonsten gefallen hat. Das macht Mut, weiterzuschreiben.

 

Hallo barkai,

deine Geschichte fande ich sehr schön. Sie war richtig spannend. Und ich finde es auch gut, dass sie so lang ist. Ich fand es besonders witzig, wie sie die Sachen immer wieder ins Regal gelegt hat. Und ich fand auch witzig, dass der Nikolaus eine Omi war.

schöne Grüße von der kleinenLee

 

Hallo barkai,

von Dir habe ich ja lange nichts gelesen! Diese Geschichte hier gefiel mir schon gut, ich habe aber auch ein paar kritische Anmerkungen.

Zum einen ist die Frage, für welches Zielpublikum Du sie geschrieben hast (altersmäßig). Offensichtlich für Kinder, die noch an den Nikolaus glauben, und da ist immer die Frage, wieviel von der harten Wirklichkeit wir ihnen zumuten wollen. Die giftigen Dämpfe und das Beschimpfen des Vaters als "Versager" können meiner Ansicht nach schon dazu führen, daß kleinere Kinder anfangen, sich um ihre eigenen Eltern (die ja in aller Regel ebenfalls Tag für Tag einer "geheimnisvollen" Arbeit nachgehen) zu sorgen. Das soll nicht heißen, daß man es nicht bringen kann, es ist nur so als Denkanstoß gemeint.

Stilistisch: Im ersten Teil verwendest Du vielleicht ein paar Ausrufezeichen zuviel, jedenfalls würde ich nicht mehrere Sätze hintereinander so abschließen.

Bleibt noch eines - die Geschichte vermittelt bis zu einem gewissen Grad den Eindruck, es sei moralisch verwerflich, was Maria tut. Das ist es aber nicht, sie opfert sich ja vielmehr, um ihren Geschwistern etwas zu geben, das für andere Kinder selbstverständlich ist und das auch ihnen daher zusteht. Ich wundere mich ohnehin immer wieder darüber, mit welcher Selbstverständlichkeit unsere Gesellschaft soziale Ungleichheit unter Kindern akzeptiert (die ist ja niemals selbstverschuldet), diese Anschauung würde ich persönlich nicht noch fördern. Ich hätte in so einer Geschichte eher den Robin-Hood-Aspekt betont: Maria verhält sich heldenhaft, indem sie das Risiko eingeht, erwischt und bestraft zu werden, und wird schließlich am Nikolausmorgen dafür belohnt. Wobei man dann natürlich aufpassen müßte, die Kinder nicht zum Nachahmen zu animieren - im wirklichen Leben werden sie für so etwas ja leider nur allzu oft tatsächlich bestraft, das sollte ihnen schon klar sein.

Habe selbst übrigens als Kind nie geklaut - hatte es aber zum Glück auch nie nötig. :)

Schöne Grüße
Roy

 

Hallo KleineLee, danke, dass du die Geschcihte gelesen hast. Ich freue mich, dass sie dir gefällt.
Hallo Roy,
ich habe mir eure Anmerkungen zu Herzen genpmmen und einiges geändert.
So habe ich zum Beispiel den ganzen Anfang weggenommen (@Maus: besser so?) und auch die drei Fragezeichen, die ich eigentlich als stilistisches Mittel gedacht hatte, um die "Kühnheit" und den "Mut" von Maria zu unterstreichen.
Das Zielpublikum dieser Geschichte sind nicht nur Kinder, die noch an den Nikolaus glauben, auch größere Kinder wollte ich damit ansprechen.
Da du sagst, man sollte keinen traurigen Aspekte in einer Kindergeschichte haben, habe ich auch diese kurzerhand entfernt.
Zu dem moralischen Gesichtspunkt möchte ich dir jedoch widersprechen.
Ich finde nicht, dass es für ein Kind in Ordnung ist, einfach loszugehen und etwas zu stehlen.
Darf ich dich zitieren:

Ich wundere mich ohnehin immer wieder darüber, mit welcher Selbstverständlichkeit unsere Gesellschaft soziale Ungleichheit unter Kindern akzeptiert (die ist ja niemals selbstverschuldet), diese Anschauung würde ich persönlich nicht noch fördern.
Das wollte ich mit dieser Geschichte in keiner Weise tun. Im Gegenteil, ich hatte die Lebensumstände und die Armut, in der Maria lebt, beschrieben und durch den Verlauf der Geschichte auf diese Ungerechtigkeiten hinweisen wollen.
Einen schönen Tag euch allen. liebe Grüße von Barbara

 

Hi barkai!

Also rein inhaltlich habe ich nichts zu meckern an der Geschichte. Wirklich niedlich, wie die kleine Maria ihrer Familie durch Stehlen helfen will und dann mit ihrem Gewissen kämpft. Durch den ausgestandenen Konflikt und die moralische Erkenntnis, dass keine Not ein solches Handeln rechtfertigen kann, tut sie einen wichtigen Schritt zum Erwachsenwerden.
Auch die Art, wie sie ihren Glauben an den Nikolaus wiederfindet, ist gut eingefädelt. Und in gewissem Sinne hat sie ja Recht. Wenn ich den Nikolaus als Menschen sehe, der gute Taten vollbringt für Menschen, die in Not sind ( und meines Wissens war der "historische" Nikolaus genau so ein Mensch ), dann war die alte Dame so etwas wie ein Nikolaus.
Tolle Story! :)

Auf der sprachlich-stilistischen Ebene sieht es allerdings anders aus. Da müsstest du noch ganz schön dran feilen.
So ist mir nicht nur der erste Absatz in diesem Sinne negativ aufgefallen. Bei Kindergeschichten kann man allerdings mE manchmal ein Auge zudrücken, wenn der Erzähler zur Einführung einfach ein paar Fakten aufzählt. Grimms Märchen fangen schließlich auch nicht anders an, und sie bekommen dadurch einen ganz eigenen Charme.
Eigentlich sind deine Sätze generell eher von "Tell" als von "Show" geprägt. Das machen auch die vielen Ausrufezeichen nicht wett, die ein wenig penetrant wirken.

Ich gebe mal ein paar Stellen an, die ich verbessern würde:

Der Bruder war noch zu klein, um geärgert zu werden. Er war mit seinen zwei Jahren noch so niedlich, und Maria liebte ihn heiß und innig.

Es war wieder Dezember, draußen war es bitterkalt und der erste Schnee war gefallen. Maria war gerade im Badezimmer


Exzessive Wortwiederholungen, die du leicht umschiffen könntest. Zum Beispiel: "Der Bruder war mit seinen zwei Jahren noch zu klein ..." oder "Maria stand gerade im Badezimmer ..."

„Wieso hast du diese Woche so wenig Geld in deiner Lohntüte?“ schimpfte ihre Mutter laut, „ was soll ich denn jetzt zum Nikolaus den Kindern in die Gummistiefel tun? Das Geld reicht ja nicht einmal für das Essen!“

Das liest sich etwas unauthentisch. Besser, du straffst die Sätze ein wenig, zum Beispiel: "Wieso bringst du wieder so wenig Geld nach Hause? Was soll ich den Kindern denn jetzt in die Stiefel tun? Das Geld reicht ja kaum für das Essen!"

Also hatte ihre Freundin doch Recht gehabt, als sie ihr neulich erzählte, es gäbe gar keinen Nikolaus!

Zunächst einmal ist das ein schönes Beispiel für überflüssige Ausrufezeichen. Eigentlich könntest du im ganzen Text auf sie verzichten. Warum sollen die Sätze mit Nachdruck formuliert werden, wenn sie doch viel besser wirken, wenn du sie für sich stehen lässt? Es gibt auch einen Thread in der Autorenrubrik zu dem Thema: hier.
Zum anderen überfrachtest du deine Sätze oft mit Adjektiven und Adverben. Das ist bei meinen Rohfassungen auch immer so. Erst beim nochmaligen Durchlesen erkenne ich, dass sie eigentlich überflüssig sind. ;)
So ist "neulich" zwar mit einer zusätzlichen Information verbunden, aber es braucht diese Information nicht unbedingt. Und zu viele Informationen mindern die emotionale Wirkung eines Satzes.

Als sie dann im Bett lag, den Gute – Nacht – Kuss ihrer Mutter in Empfang genommen hatte und von ihr warm zugedeckt wurde, fasste Maria einen Plan.
Sie, die älteste Tochter, würde dafür sorgen, dass ihre Geschwister dieses Jahr anständig gefüllte Nikolaus-Stiefel vorfänden!
Und sie würde somit nebenbei dafür sorgen, dass die Mutter nicht mehr so böse mit dem armen Vater schimpfte!

Den Gutenachtkuss. Außerdem wird bei Bindestrich-Wörtern nie ein Leerzeichen zwischen die Wortteile gesetzt.
Zudem ließe sich auch dieser Abschnitt straffen:
"Als sie am Abend den Gutenachtkuss von ihrer Mutter bekam und zugedeckt wurde, fasste sie einen Plan. Dieses Jahr sollten ihre Geschwister anständig gefüllte Nikolausstiefel vorfinden. Und die Mutter würde nicht mehr so böse mit dem armen Vater schimpfen."

Hier gab es Dinge, die sie niemals besitzen würde, aber sie konnte sich hier alles ansehen und sogar berühren. Wenn das auch von den Verkäuferinnen nicht gern gesehen wurde.

"Hier gab es Dinge, die sie niemals besitzen würde, aber sie konnte alles ansehen und berühren. Auch wenn die Verkäuferinnen es nicht gerne sahen."
Immer im Aktiv bleiben, wenn es geht, das liest sich glatter. :teach:

Da gab es goldene Kugeln, gläserne Engel, die verschiedene Musikinstrumente in den Händen hielte, buntes Holzspielzeug und Naschwerk. Der Baum war mit mindestens hundert elektrischen Kerzen beleuchtet und alles glitzerte und funkelte, dass es schon fast in den Augen wehtat.

"Daran hingen goldene Kugeln und gläserne Engel mit Musikinstrumenten, buntes Holzspielzeug und Naschwerk. Der Baum war über und über mit elektrischen Kerzen behangen und alles glitzerte und funkelte, dass es fast in den Augen wehtat."
Allein: Auch dieser gestraffte Satz wäre nur eine Aufzählung von Fakten. Ein klassisches Beispiel von zuviel "Tell" statt "Show".

Es ist natürlich schwierig, bei einer Geschichte, die kaum Interaktion zwischen den Figuren aufweist ( die Szene mit der Dame ist die einzige Ausnahme ), lebendig zu schreiben. Vielleicht solltest du, anstatt nur die Innenwelt von Maria zu beschreiben, sie mit ihren Eltern und Geschwistern reden lassen und dadurch deutlich machen, was sie bedrückt. So könntest du eine Spannung erzeugen, die durch innere Monologe einfach nicht möglich ist. Der Leser kann nur durch echte Dialoge spüren, wie es der Familie geht.

Zitat von Roy:

Ich hätte in so einer Geschichte eher den Robin-Hood-Aspekt betont: Maria verhält sich heldenhaft, indem sie das Risiko eingeht, erwischt und bestraft zu werden, und wird schließlich am Nikolausmorgen dafür belohnt. Wobei man dann natürlich aufpassen müßte, die Kinder nicht zum Nachahmen zu animieren - im wirklichen Leben werden sie für so etwas ja leider nur allzu oft tatsächlich bestraft, das sollte ihnen schon klar sein.

Was meinst du, was psychologisch mit Kindern passiert, denen man beibringt, dass sie Eigentumsrechte missachten dürfen, wenn sie ein bisschen ärmer sind als die Nachbarskinder? :rolleyes:

Ciao, Megabjörnie

 

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