eine halbe Stunde Frieden...
Endlich ist es wieder milder geworden.
Obwohl es zeitweise immer noch regnet, ist die Temperatur doch gestiegen und in den trockenen Zeiten spürt man den Frühling kommen.
Heute mittag kam die Sonne durch die immer weniger werdenden Wolken und die Temperaturen stiegen immer weiter an.
Es zieht mich hinaus, hinaus in die Sonne, hinaus in den Garten... in meinen Garten. Ich möchte gar nicht spazieren gehen, möchte gar nicht weg von hier.
Es ist so lange her, dass ich längere Zeit hier draußen im Garten war. Es war halt meist keine Zeit oder es regnete.
Aber heute ist es trocken und es ist mild - ja es ist sogar richtig warm in der Sonne.
In meinem kleinen Teich den ich voriges Jahr neben dem Haselstrauch hinter der Gartenhütte angelegt hatte, ist das Leben schon in seiner ganzen Vielfalt zu Gange... hat der Frühling schon lange Einzug gehalten.
Die Teichrose treibt gerade das dritte Blatt zur Wasseroberfläche und die spitzen Blätter der Wasserlilie sind schon über die Wasseroberfläche hinausgewachsen.
Das Wasser ist ganz klar und leicht bräunlich - fast bernsteinfarben und lässt mich bis auf den Grund sehen.
Altes Laub vom Haselstrauch das im Herbst hineingefallen ist liegt auf dem Grund und vergeht langsam, gibt den Schnecken und den Mikroorganismen Nahrung.
Die Teichrose hat schon eine Knospe ausgetrieben, die aber noch ganz unten am Wurzelstock der Pflanze ist und noch einen weiten Weg bis nach oben hat. Das Hornkraut, das in der mittleren Wasserregion wächst, treibt junge, hellgrüne Triebe aus und beginnt bereits im hellen Sonnenlicht zu assimilieren, erzeugt den wichtigen Sauerstoff den alles Leben benötigt und der durch das faulende Hasellaub dem Wasser entzogen wird.
Es wimmelt von Wasserflöhen und anderem Plankton und die Teichschnecken gleiten an den Wänden des Beckens entlang.
Zwischen den Kieselsteinen die den Teich einfassen hat sich eine eigene kleine Lebensgemeinschaft gebildet. Es krabbelt und kriecht, es huscht und es gleitet überall. Ameisen, Asseln, kleine Käfer und viele andere kleine Insekten die ich nicht kenne leben hier in diesem Kleinklima das sich durch die Feuchtigkeit des Teiches gebildet hat.
Eine kleine Welt für sich hat sich hier auf einem Quadratmeter Land gebildet. Eine Lebensgemeinschaft die auf einander abgestimmt ist, die sich ergänzt, in der jeder und jedes seinen Sinn hat und für das überleben des anderen beiträgt.
Ich habe die Teakholzbank die sonst immer neben dem Haus steht hierher geholt, hab sie an die Rückwand des Gartenhäuschens gestellt. Sie wackelt ein bischen, der Rasen ist zu uneben - aber man kann sich darauf setzen und durch das eigene Gewicht sinken die Beine der Bank in den weichen Boden ein und gleichen die Unebenheiten aus.
Der Wind ist lau und die Sonne tut mir gut, wärmt meine Haut... wärmt meine Seele - lässt mich schöne Gedanken denken.
Von der Bank aus kann ich direkt in den Teich sehen und das Leben beobachten.
Ein schöner Platz ist das hier. Auch den Kirschbaum kann man von hier aus sehen - er steht in voller Blüte.
Bienen umschwärmen seine Blüten und ich kann ihr summen bis hierher hören.
Es ist eine Stille hier um mich herum - Friede...
Rico liegt zu meinen Füssen und döst in der Sonne. Ab und zu öffnet er ein Auge und sieht hoch zu mir, so als ob er nachsehen wollte ob ich noch da bin.
Die Vögel singen - sanft, leise... als wollten sie mich nicht stören, als wollten sie den Frieden der hier herrscht nicht stören.
Eine riesige Hummel ist auf der kleinen Blüte einer Taubnessel die neben dem Teich wächst gelandet.
Unter der großen Last biegt sich der Blütenstängel fast bis zum Boden. Aber die Hummel lässt sich nicht beirren und steckt ihren Saugrüssel tief in den Blütenkelch hinein um an den Nektar zu kommen.
Alles passt irgendwie zusammen und alles geht irgendwie in der Natur. Der Blütenstängel bricht nicht ab unter der Last der Hummel, er richtet sich sogar wieder vollends auf wenn die Hummel weitergezogen ist.
Überall ist Leben. Wenn man ein paar Minuten ununterbrochen eine bestimmte Stelle im Rasen beobachtet sieht man plötzlich Dinge, die man vorher gar nicht wahrgenommen hat.
Auf nur zehn Zentimetern im Quadrat ist eine derartige Vielfalt an Pflanzen und Insekten, dass man sich kaum vorstellen kann, wie viele wohl den ganzen Rasen bevölkern.
Es ist schön hier zu sitzen und diese Vielfalt und diese Harmonie zu erfahren.
Nur eine gute halbe Stunde dauerte der Frieden hier... dann wurde er jäh unterbrochen.
Eine halbe Stunde die mir in Erinnerung bleiben wird - eine halbe Stunde Frieden.