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Eine Frage der Betrachtung
„Was brachte Sie eigentlich hierher, in das Land der unbegrenzten Möglichkeiten? Nachdem was Sie mir so erzählten während unserer gemeinsamen Fahrt auf der Fähre, scheinen Sie ein sehr ungezwungenes und freies Leben zu führen?“ Diese Frage stellte eine freundlich lächelnde Studentin einem mit Akzent sprechenden Mann im Rollstuhl. Um sich die Fahrtzeit zu verkürzen plauderten sie seit einigen Minuten harmlos und unverbindlich. Inzwischen bewegten sie sich durch die Ankunftshalle der Schiffsanlegestelle und strebten im dichten Gedränge dem Ausgang zu.
„Wissen Sie, eigentlich verdanke ich meine Unabhängigkeit einem alten Freund. Er sagte mir immer dann, wenn ich mir Gedanken über ein erträumtes Leben frei von allen Zwängen machte, mit hängenden Schultern und resignierend: 'Ach Freund, wenn wir versuchen uns zu bewegen, spüren wir erst die Ketten und erkennen wie gefangen wir doch sind.'
Das machte mich sehr nachdenklich. Ich senkte eines Tages betrübt den Kopf und blickte auf die schweren eisernen Ketten der Sicherheit welche mich am Gehen hinderten, mich fesselten und der Grund meiner Unfreiheit sein sollten. Dann nahm ich eine Hacke und schlug mir die Beine ab.“ Die Studentin riss in entsetztem Staunen den Mund auf und blickte dem Rollstuhlfahrer nach wie er mit einem lauten „Yippieeeee“ seine Fahrt den Highway entlang beschleunigte.