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Eine Flugente will Lehrer werden

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10.06.2009
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Eine Flugente will Lehrer werden

Es war einmal eine Flugente, die war fleißig und schlau, aber schüchtern. Ihr größter Wunsch war es, Flugentenlehrer zu werden. Dafür musste man die Flugentenlehrprobe bestehen, die einmal pro Jahr stattfand und an der schon viele eifrige Enten gescheitert waren. Der Flugentenlehrer sollte dabei eine Klasse junger Enten zum Fliegen animieren, mit ihnen vom Weizenfeld starten, quer über den See fliegen und auf der anderen Seite des Sees sicher im Wasser landen.

Die Flugente hatte nächtelang einstudiert, was alles getan werden musste, um Flug und Landung zu meistern: zuerst musste man den Weg genau kennen, also über Start- und Zielort, ihre Beschaffenheit und eventuelle Hindernisse Bescheid wissen. Dann musste man beim Start viel Schwung holen, um schnell an Höhe zu gewinnen und sich nicht in der hohen Uferböschung am Ende des Weizenfeldes zu verfangen. Zuletzt war es wichtig, das Gefieder vorher gründlich eingefettet zu haben, um nach der Landung im See nicht schutzlos der Kälte des Wassers ausgesetzt zu sein.

Eine ganze Woche bereitete sich die Flugente auf die Flugentenlehrprobe vor. Mit einem Federkiel, den sie aus ihrem Hinterbürzel gezogen hatte, schrieb sie jeden einzelnen Schritt auf. Doch die Ente machte sich große Sorgen, etwas Wichtiges zu vergessen und sie wollte für jeden Fall und jedes Problem gewappnet sein, das auftreten könnte. Deshalb schrieb und schrieb sie und ihr Plan für die Flugentenlehrprobe wurde lang und länger.

Dann kam der Tag der Flugentenlehrprobe. Die Ente hatte nachts vor Aufregung kaum schlafen können und erhob sich mit einer Mischung aus Müdigkeit und ängstlichem Herzklopfen aus ihrem Nest. Schnell griff sie ihren eng beschriebenen Plan und eilte zum Weizenfeld. Dort warteten bereits eine Schar junger, munterer Flugentenschüler und zwei graue Schwäne von der Flugentenschulaufsicht, die unsere Flugente streng anschauten und mit Federkielen in ihren Notizbüchern kritzelten.

Unserer Ente begannen die gelben Füße zu zittern. Immer wieder blickte sie auf ihren Plan und quakte leise Befehle an ihre Schüler, die sich fragend anschauten, denn selbst das Rauschen der Weizenären übertönte die Ansagen der Flugente. Mit hektischen Bewegungen und verzogenem Schnabel erklärte sie umständlich, was die Schüler alles zu beachten hätten und diese wiederum prompt vergaßen, als sie sahen, wie in der Ferne eine andere Flugentenschülergruppe von einem Ausflug wiederkehrte. Aufgeregt schnatterten sie untereinander und unsere Flugente hatte große Mühe, sie endlich zum Start zu bewegen.

Aber kaum waren sie abgehoben, verfingen sich die ersten Flugschüler in der Uferböschung, denn die Flugente war zu sehr mit ihrem Plan beschäftigt, den der Wind um ihren Schnabel geweht hatte. Die zwei grauen Schwäne blickten einander kurz an und kritzelten daraufhin weiter in ihre Notizbücher. In der Luft flogen die Schüler durcheinander und in verschiedene Richtungen, denn Flugbefehle unter Enten müssen kurz und laut sein, die der Flugente hingegen waren umständlich und gingen im Flugwind völlig unter. Nur wenige Flugschüler landeten am Zielort vor der anderen Uferseite und es dauerte eine ganze Weile, bis die restlichen eintrudelten.

Doch welch ein Anblick bot sich den zwei grauen Schwänen, als sie die Flugentengruppe erreichten! Die Flugschüler schlotterten am ganzen Entenleib, denn keiner von ihnen war von der Flugente darauf hingewiesen worden, sein Gefieder vor dem Abflug gut einzufetten. Die Flugente hingegen war damit beschäftigt, ihren großen Plan zusammenzufalten, der vom Wasser nass geworden war und ihr nun zwischen den Federn klebte. Einer der grauen Schwäne befahl der ganzen Entenschar, ihm zu folgen, und schwamm zügig mit ihnen ans trockene Ufer.

Dort verabschiedete unsere Ente die Schüler, die selbst ganz betroffen dreinschauten, als sie die Blicke der Schwäne und der Flugente sahen. Sie quakten brav zum Abschied, bevor sie zurück nach Hause flogen. Der Flugente befahlen die Schwäne, sich ins Gras zu setzen und zuzuhören. Die Prüfung zum Flugentenlehrer, sagte der eine Schwan und hob mahnend den Flügel, die habe die Ente nicht bestanden. Nein, meinte der andere Schwan, und man könne von Glück reden, dass kein Flugschüler zu Schaden gekommen sei! Ob sie sich noch erkälteten, das würden die nächsten Tage zeigen. Unserer Ente empfahlen sie, den Traum vom Beruf des Fluglehrers aufzugeben und stattdessen in der Kissenfabrik im Wald anzufangen. Dort gäbe es eine ordentliche Bezahlung und es koste jeden Mitarbeiter nur wenige Federn pro Woche. Die Flugente nickte, erhob sich, dankte den Schwänen leise und trottete heim.

Auf dem Weg kam die Ente an einem Bauernhof vorbei. In der Entengemeinde wussten alle, dass der Bauernhof ein Ort war, um den man einen großen Bogen machen musste! Dort gab es Menschen, die waren unheimlich, und es gab Tiere, von denen manche freundlich, aber andere auch sehr gefährlich waren. Die Ente ging langsam auf das große Tor zum Hof zu und setzte sich hin. Dann begann sie, lang und ausdauernd zu quaken. Sie reckte ihren Hals empor und quakte so eine ganze Weile, da fing ein Hund an zu bellen. Durch ein Fenster im Bauernhaus hörte man Menschen sprechen und eine Katze schlich an der Hofmauer entlang.

 

Hallo agopo,
weiß auch nicht, warum sich keiner zu diesem niedlichen Enten-Märchen äußert. Vielleicht wars ja, weil du auf die Kommentare deiner zweiten Geschichte nicht geantwortet hast?
Ich schreib deswegen nicht so viel hier rein, denn es interessiert einen Kommentator schon immer sehr, was der Autor von der Meinung seines Lesers hält. Da investiert man Zeit und Gedanken. Das ist dann schon eine Art Kommunikationsprozess. Und wenn der einseitig verläuft, mag man nicht mehr. Aber ielleicht hattest du damals ja schwerwiegende Gründe, wer weiß das schon.
Aber nun zu deinem Märchen.
Erstmal ein Kompliment für das Thema und die Figuren. Ich fand diese Idee von der Ente, die Fluglehrerin werden will, sehr niedlich. Und dass sich ihr dann dauernd ihr wunderbarer Plan um Schnabel und sonstwas wickelt, das ist sehr nett. Auch ein kleines bisschen traurig, wenn man überlegt, dass die arme Ente sich jetzt inder Fabrik dauernd sebst die federn rausreißen muss.

Trotzdem habe ich zwei Einwände.
1. Das ist alles sehr berichtend erzählt. Klar, man muss das szenische Schreiben ja nicht zu einem Dogma erheben, nach dem Motto, "wie hier gibts kein show dont tell, dann kann es nichts sein". Der Meinung bin ich nicht. Mir ist aber bei mir selbst aufgefallen, dass die Gefühlsregungen der Ente für mich zu fern bleiben. Ich hab mir dann vorgestellt, dass so ein paar Gedankenfetzen aus schüchterner Entensicht gut passen würden. Und außerdem auch ein bisschen Gespräch. Ich hab dann mal an die alten Märchen gedacht, die ich noch so kenne, und da ist immer irgendwie Zwiegespräch drin. Das sind ja sogar oft richtig magische Stellen mit den Verslein und den sich wiederholenden Dialogen.
Also ich könnte mir vorstellen, dass dein Märchen noch farbiger, regelrecht gewinnen würde, wenn du doch ein bisschen was an größerer Nähe zum Leser herstellen könntest.
Der zweite Einwand ist das Ende. Sorry, ich versteh das leider gar nicht. Ich hab die Geschichte ja nicht erst heute gelesen, sondern schon, als sie kam. Und ich mochte nichts schreiben, weil ich mit dem Ende gar nichts anfangen kann. Ich kam mir richtig dumm vor. Für mich wirkt es, als hättest du da was weggelassen.
Ja, so viel erst mal, hoffentlich bist du überhaupt noch da. Hätt mich schon interessiert, wie das mit dem Ende gemeint war.
Viele liebe Grüße Novak

PS: Ich lieg grad noch unter einer Daunendecke. Hätt ich das gewusst, woher die kommen und dafür eine arme Ente ihren Fluglehrertraum begraben musste. Oh je, ich seh die Decke mit ganz neuen Augen

 

Hallo Novak,

danke für Deinen Kommentar! Es ist gut möglich, dass die anderen Benutzer keine Lust haben, etwas zu dieser Geschichte zu schreiben, weil Sie denken: "Bei agopo kommt eh nichts zurück, also wozu die Mühe?" Da will ich Abhilfe verschaffen und antworte desto schneller.

Zu Deiner Kritik:
- Es ist schade, dass Dir die Gefühlswelt der Ente so fern geblieben ist. Zwar habe ich sie mir als verschlossenen, introvertierten Charakter vorgestellt, aber ein bisschen Zugang zu ihrer Innenwelt wollte ich schon bieten. Vielleicht ist Deine Idee, wörtliche Rede bzw. Gedankenfetzen einzubauen, der richtige Weg, obwohl ich von wörtlicher Rede eigentlich Abstand halten wollte. Besser gefällt mir Deine Erinnerung ans Show-don't-tell-Prinzip, da lässt sich bestimmt was machen. Ich werde die Geschichte dahingehend anschauen und versuchen, mehr Einblick zu geben.

Der Schluss, tja, an dem hatte schon vor Dir eine Bekannte Anstoß genommen. Er passe nicht zu der freundlichen Märchen-Atmosphäre, die im Rest der Geschichte vorherrsche. Vielleicht sollte ich ihn entschärfen, aber eigentlich mache ich das ungern.
Ein kleiner Deutungshinweis für Dich (denn dumm, was Du definitiv nicht bist, sollst Du Dir auf keinen Fall vorkommen!): Die Ente hat gerade einen gigantischen Misserfolg verbucht und quakt am Zaun des Bauernhofs. Was glaubst Du, wird als nächstes passieren?

Viele Grüße
agopo

 

Boah, lieber agopo, dan hab ich es ja doch richtig verstanden. Das kannst du doch nicht machen :naughty: Die arme Ente.
Ich weiß, was Lemminge tun, aber dass Enten sich freiwillig zu Tode quaken, bis die Katz sie holt. Um Gottes willen. Gibts nicht eine Flugentenlehrer-Nachprüfung?
Natürlich kannst du das machen, es ist vielleicht sogar ein ganz interessanter Bruch. Und du bist der Chef. Vielleicht scheidet das Ende die Leser in Harmoniesüchtels und in naja andere halt. :D
Aber mal Spaß beiseite. So ein Ende geht ja. Find ich auch gar nicht mal so schlecht, der armen Ente den Krotzen abzudrehen, es kommt nur so unvermittelt, dass es für mich brüchig ist. Aber vielleicht steh ich mit diesem Gefühl ja auch ganz allein da. Dann nimms einfach als einen subjektiven Lesereindruck, den du schnell wieder vergisst.
Dass der Rest meiner Hinweise dir was sagte, fand ich gut.
Und - jetzt denkt bestmmt keiner mehr, da kommt doch sowieso nix. :D

Anbei, weil ichs grad gesehen habe:

Die Flugente nickte, erhob sich, dankte den Schwänen leise und trottete Heim.

Auf dem Heimweg kam die Ente an einem Bauernhof vorbei.

nicht Heim, sondern heim. Gehört zum Verb. (heimtrotten)
Und nicht Heimweg, sondern nur Weg (wegen Verdopplung)

Und dass du schön schreiben kannst (stilistisch), das wollte ih dir auch noch sagen.
Machs gut
Viele Grüße von Novak

 

Hi agopo,
Eine schöne Geschichte find ich. Aber nein, mir gings wie Novak. Das Ende war mir nicht schlüssig. Ich hab' dann erstmal hochgescrolled, um zu sehen,ob es irgendwie eine Serie werden sollte, oder so. Ich finde das schreit danach. Mir fehlt da sonst etwas.
Als zweites stört mich etwas das Weizenfeld. Ich bin zwar kein Landwirt, aber der Weizen, wenn er reif ist, ist doch ziemlich hoch. Dakönnen die Mini-erpels glaube ich nicht starten. Auch nicht von einem abgemähten Weizenfeld(bist du schon mal barfuß über solche Stoppeln gelaufen?)
Aber, was ich ganz toll and deiner Geschichte finde, ist die Botschaft. Also, dass man sich nicht in Dingen verzetteln soll, sondern sich lieber auf den Kern besinnen. Dass man sich in Stresssituationen von allem unnötigen Ballast befreit, tief durchatmet und auf das Jetzt und Hier schaut.
Dass man manchmal eben doch besser spontan entscheidet. Vorbereitung ist Vorbereitung und Prüfung ist etwas ganz anderes...
All das kann ich aus deiner Geschichte lesen. Find ich gut.
Liebe Grüße aus Lüneburg
Elfenweg

 

Hallo Elfenweg,

danke für Deine Kritik. Was den Schluss betrifft, tu ich mich schwer: sowohl Du als auch Novak halten ihn für zu abrupt bzw. nicht ausreichend schlüssig, das heißt, irgendetwas wird da dran sein. Andererseits mag ich den Schluss so wie er ist - die Ente soll verzweifelt sein und verzweifelt reagieren!
Und die Sache eindeutig hinzuschreiben ("Da nahm sich die Ente das Leben, [...].") ist mir zu einfach.

In Bezug auf das Weizenfeld: ich komme aus Norddeutschland, da ist das Land flach und Weizenfelder habe ich in der Tat schon gesehen, sie können stoppelig sein (wenn auch nicht wie Maisfelder). Was hältst Du von einem Kartoffelacker? :)

Für Dein Lob recht herzlichen Dank!

Viele Grüße
agopo

 

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