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Eine Entscheidung

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15.03.2017
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Eine Entscheidung

Das Bauernhaus befand sich ein Stück abseits des Dorfes. Fritz, Karl und ich hatten es untersuchen wollen. Unsere Einheit war in einem Gebiet stationiert, an dem der Frontverlauf sich schon vorbei bewegt hatte. Es war nicht mehr mit Widerstand zu rechnen.
Es war wohl für uns Menschen übliches Verhalten, das mich in die Lage gebracht hatte, in der ich mich nun befand. Möge Gott unseren armen Seelen gnädig sein.
Der alte Mann, der uns noch großzügig seinen selbst gebrannten Wodka angeboten hatte, kniete auf dem Boden in der Ecke des Schlafzimmers, die Hände auf dem Rücken gefesselt, zur Ohnmacht verdammt, in der gefangen er mit vor Entsetzen geweiteten Augen beobachtete, wie Karl mit grausam spöttischem Grinsen seine Hose herabließ und einen Schritt auf die an das Bett gefesselte junge Frau zutrat.
„Die ist bestimmt schon ganz feucht“, meinte Fritz.
Ich war verwirrt. Das verlockende Rot unter dem Schamhaar der mit gespreizten Beinen an die Bettpfosten gefesselten Frau trieb das Blut in mein Glied, doch die Angst, die Abscheu und die Verzweiflung in ihren Augen sprachen einen anderen Teil meiner Selbst an.
Ich traf eine Entscheidung.
Karl stand nur einen halben Meter vom Bett entfernt, Fritz befand sich daneben, etwa zwei Meter auf der linken Seite, ich selbst war etwa drei Meter tiefer im Raum auf sechs beziehungsweise vier Uhr der beiden, neben dem Tisch, auf dem eine der Wodka-Flaschen stand. Ich ließ meinen K98-Karabiner am Riemen von meiner Schulter gleiten, er war noch entsichert, wir hatten Stärke demonstriert. Wir hatten unsere Helme schon im Erdgeschoss, in der Stube, abgenommen, bevor wir fünf Menschen einen allzu menschlichen Weg betraten. Ich presste den Kolben an meine Schulter und zielte auf den schwarzhaarigen Hinterkopf meines Kameraden, mit dem ich lange Seite an Seite gekämpft hatte und den ich nun nur noch durch Kimme und Korn sah, als den Feind, zu dem er geworden war. Ich betätigte den Abzugshahn. Sein Kopf explodierte in einem blutigen Rot, das meine Erektion noch verstärkte. Der Raum war voll von Geschrei, doch niemand blickte zu mir, als ich die nächste Kugel in den Lauf hebelte, mich nach links wandte und sie meinem alten Freund Fritz durch den Schädel jagte. Er fiel zu Boden, von meiner Sense geerntet, neben Karl, dessen Überreste halb gegen die Seite des Bettes gesunken waren.
Ich senkte die Waffe. Ein alter Mann und ein etwa zwanzig Jahre altes Mädchen starrten mich entsetzt an wie ein kafkaeskes moralisches Gericht.
Es war einfach ein dumpfer Drang, kein klarer Gedanke, der mich antrieb, den Hebel zu betätigen und, während ich die rechte Hand mit dem Zeigefinger am Abzug ließ, mit der Linken die Mündung des Karabiners zwischen meine Zähne zu führen.
„Stopp! Nie więcej! Mach nicht! Mach nicht!”
Es war die Stimme des alten Mannes. Obwohl ich vor weniger als einer Minute noch erwägt hatte, mich an der Vergewaltigung seiner Enkelin zu beteiligen, schien ihm mein selbst herbeigeführtes Ableben nur eine Verschärfung dieses ganzen Elends zu sein.
Ich nahm die Waffe aus meinem Mund, senkte sie, blickte erst in die Augen des Großvaters, dann in die der jungen Frau.
Ich repetierte den Hebel des Karabiners und die Patrone fiel klirrend zu Boden. Ich betätigte einen Knopf und entnahm das Magazin, dann ging ich in die Knie und legte beide Gegenstände auf den Boden. Ich zog die Pistole 08 aus dem Holster an meiner Hüfte, sie war noch gesichert, ich drückte auf den Magazinknopf und legte auch diese beiden mechanischen Stücke deutschen Handwerks neben den nun nutzlosen Karabiner, der noch vor einer halben Minute eine tödliche Funktion erfüllt hatte.
Nun war ich unbewaffnet. Ich erhob mich und ging langsam zu dem alten Mann, dessen Augen jetzt weniger Schrecken ausdrückten. Ich löste seine Fesseln und reichte ihm die Hand, die er mutig ergriff und sich aufhelfen ließ. Halb traurig, halb erleichtert klopfte er mir auf die Schulter und machte sich dann daran, seiner Enkelin erst den Knebel aus dem Mund zu nehmen und sie dann von den Stricken zu befreien, die meine Kameraden und ich in der Vorratskammer dieses Hauses gefunden hatte.
Zuletzt konnte sie endlich ihre Scham bedecken.
Da der alte Mann, dessen Name Bratomil war, wusste, was Deserteuren der deutschen Wehrmacht blühte und Beata, seine Enkelin, mir durchaus eher dankbar dafür zu sein schien, sie vor der Folter bewahrt zu haben, als einen der Täter an ihr in mir zu sehen, geschah das kleine Wunder, dass ich diesen Abend mit den beiden als Gast in ihrem Haus verbrachte, das Haus, in dem ich mit meinen Kameraden gewaltsam eingedrungen war.
Wir teilten uns Bratomils Wodka zu dritt und es lernte wohl jeder von uns ein paar neue Worte und Melodien in dieser Nacht. Nach einer Weile konnte Beata sogar wieder lächeln.
Am frühen Morgen (ich hatte tatsächlich noch ein wenig Schlaf finden können) fand ich zusammen mit dem Opa eine Lösung, um die Leichen verschwinden zu lassen, dann machte ich mich auf den Weg.
Ich wusste nicht, was aus ihnen werden würde, ob vielleicht, trotzdem wir die Nacht für uns hatten und unbehelligt blieben, nicht doch jemand aus unserer Einheit die Schüsse gehört und Verdacht geschöpft hatte; so oder so würde das unerklärliche Verschwinden zweier Soldaten Aufmerksamkeit erregen, auch wenn ihre Leichen nie gefunden werden würden.
Was mich selbst anging, nun, ich hatte eine Entscheidung getroffen. Sie mochte mich an den Galgen bringen, aber dann sollte es eben so sein.

 

Hi,

Puh. Ist schwierig.
Angenehme Sprache. Nichts überflüssiges was mich aus dem Fluss gebracht hätte. Spannung war zwar nicht deutlich, aber trotzdem vorhanden.
Im Gesamten ist es durchaus gelungen, aber ein paar unangenehme Stellen finde ich trotzdem noch.

Es war wohl für uns Menschen übliches Verhalten, das mich in die Lage gebracht hatte, in der ich mich nun befand. Möge Gott unseren armen Seelen gnädig sein.

Zu Gewurschtelt. Habe ich zuerst nicht verstanden was du damit meinst. Auch ist der Satz komisch zu lesen. Was genau ist denn dieses für Menschen übliche Verhalten? Eine junge Frau im Krieg zu vergewaltigen? Merkwürdig.
Der zweite Satz klingt meiner Meinung nach ein bisschen zu theatralisch.

Wir hatten unsere Helme schon im Erdgeschoss, in der Stube, abgenommen, bevor wir fünf Menschen einen allzu menschlichen Weg betraten.

Ist ebenfalls holprig. Wir betraten einen allzu menschlichen Weg. Kommt bei mir so rüber, als versucht der Autor hier deutlich das besagte zu umschreiben um die Spannung noch ein wenig aufzupauschen, findet aber keine richtigen Worte, für das was er sagen will.

Ich betätigte den Abzugshahn. Sein Kopf explodierte in einem blutigen Rot, das meine Erektion noch verstärkte.

Äh. Ok.
Die Erektion empfinde ich als unpassende Charakterisierung. Zumal sie die Einzige ist, die in deinem kurzen Text die sadistischen Neigungen deines Protagonisten rüber bringt. Ansonsten wird er hier ja als der "Gute" dargestellt. Da bricht dieser Satz schon sehr das Gesamtbild.

Zum anderen verwirrt es mich, warum er hier gleich die Kameraden erschießt. Als die Flasche vorkam, dachte ich mir, er schlägt sie nieder und löst somit die Situation auf. Stattdessen erschießt er die, mit denen er laut der Geschichte schon unzählige Gefahren durchgestanden hat, ohne mit der Wimper zu zucken. Finde ich unrealistisch. Glaube nicht, dass man das in dieser Situation mir nichts, dir nichts tun könnte.

Die Geschichte an sich war nicht schlecht, aber mir persönlich nicht kraftvoll genug. Da kommen zu wenig Emotionen bei mir an. Als Ansatz nicht schlecht, aber an manchen Stellen muss mehr hin. Die Nacht in der sie sich betrinken, könnte noch ein wenig vertragen und die Szene nach dem er die beiden Freunde erschießt. Hier ist mir das Ganze zu mechanisch mit der Beschreibung wie er die Waffen entlädt.
Ein, vielleicht zwei Sätze zur Vergangenheit des Soldaten und dessen Zukunftspläne könnte ich mir auch gut vorstellen.

Ein paar Anregungen von mir.

Gruß,
KorbohneD


PS:
Zwei Geschichten gleichzeitig posten, kommt hier im Forum nicht gut an.
Wie ich auch gelernt habe, ist das hier ein Geben und Nehmen. Wer Kritik will, muss Kritik schreiben.

 

Hallo Heinrich Andermann,

ich finde deine Geschichte nicht schlecht, aber es gibt einige Dinge, die meiner Meinung nach besser gemacht werden könnten.


Das Bauernhaus befand sich ein Stück abseits des Dorfes. Fritz, Karl und ich hatten es untersuchen wollen. Unsere Einheit war in einem Gebiet stationiert, an dem der Frontverlauf sich schon vorbei bewegt hatte. Es war nicht mehr mit Widerstand zu rechnen.
Es war wohl für uns Menschen übliches Verhalten, das mich in die Lage gebracht hatte, in der ich mich nun befand. Möge Gott unseren armen Seelen gnädig sein.
Der erste Absatz hat viel zu viel vom Erklärbären. Streich den doch einfach.

Schauen wir uns an, wie der Text starten würde, wenn du den ersten Absatz streichst:

Der alte Mann, der uns noch großzügig seinen selbst gebrannten Wodka angeboten hatte, kniete auf dem Boden in der Ecke des Schlafzimmers, die Hände auf dem Rücken gefesselt, zur Ohnmacht verdammt, in der gefangen er mit vor Entsetzen geweiteten Augen beobachtete, wie Karl mit grausam spöttischem Grinsen seine Hose herabließ und einen Schritt auf die an das Bett gefesselte junge Frau zutrat.
Aha! Der Einstieg ist doch gleich viel spannender. Die Infos aus dem ersten Absatz kannst du hier und da einstreuen, wenn sie wirklich nötig sind.


Wir hatten unsere Helme schon im Erdgeschoss, in der Stube, abgenommen, bevor wir fünf Menschen einen allzu menschlichen Weg betraten.
Da ist wieder der Erklärbär. Zeige das doch besser. Show, don't tell kennst du, oder?
"Er legte seinen Helm ab und öffnete seine Hose." - "Er pfefferte seinen Helm in die Ecke und öffnete seine Hose". Ist besser, als dass der Erzähler dem Leser alles brühwarm erklärt.

Ich presste den Kolben an meine Schulter und zielte auf den schwarzhaarigen Hinterkopf meines Kameraden, mit dem ich lange Seite an Seite gekämpft hatte und den ich nun nur noch durch Kimme und Korn sah, als den Feind, zu dem er geworden war.
Das ist für mich tatsächlich der größte Schwachpunkt an der Geschichte. Dieser Wechsel von Kamerad zu Feind wirkt vollkommen unmotiviert. Das musst du zeigen. Die beiden müssen einen Dialog führen. Was ist vorher passiert? Warum ist der Typ plötzlich sein Feind?

Also dieser Teil ist vollkommen unglaubwürdig.

„Stopp! Nie więcej! Mach nicht! Mach nicht!”
[...]
Ich löste seine Fesseln und reichte ihm die Hand, die er mutig ergriff und sich aufhelfen ließ. Halb traurig, halb erleichtert klopfte er mir auf die Schulter [...]
Das ist die nächste unglaubwürdige Stelle. Der Todfeind wird zum verständnisvollen Freund. Hey, da sind die menschenverachtenden Nazis, der eine wollte gerade seine Enkelin vergewaltigen und er klopft dessen Kumpel auf die Schulter? (klar, dieser hat gerade den anderen erschossen, aber trotzdem unglaubwürdig)

Ein Kopf ist gerade explodiert. Menschen haben Gewalt miterlebt. Da bleibt niemand ruhig und klopft jemanden auf die Schulter. Das passt einfach nicht.

Fazit: Gute Ansätze, aber die Motivation der Figuren ist unglaubwürdig. Damit wird die Geschichte leider nicht rund. Aber Potential ist da, von daher: ran an den Text! ;-)

 

Hallo Heinrich!

Die Geschichte ist ja schon über ein Jahr alt. Und ob du der Urheber bist, müssen wir klären.
Wie machen wir das?

Gruß

Asterix

 

Vielen Dank für die Antworten

Das Schwachstellen der Geschichte aufgedeckt wurden befürworte ich deutlich. Ich kann jetzt nicht im Internet beweisen, tatsächlich der Autor der geschriebenen Worte zu sein, doch warum sollte irgendjemand vorgeben, einen solchen Text verzapft zu haben, wenn er nicht der olle Blödkopp ist, den ich immer im Spiegel sehe?

 

Hallo Heinrich!

Ich erkenne den durchaus lobenswerten Ansatz deiner Geschichte ohne weiteres an - menschlich und human zu bleiben, obgleich die Umstände, Gruppenzwang und Gruppendynamik dagegensprechen, Zivilcourage vs. Mitläufertum, den eigenen Prinzipien treu bleiben, usw.

Dennoch stimme ich mit HSB dahingehend überein, dass es einige Elemente gibt, die sich mir nicht erschließen und deshalb auch leider dazu führen, dass deine Geschichte jedenfalls bei mir nicht so zieht, wie sie eigentlich ziehen sollte.

Die Verrohung von Menschen - gerade in so krassen Extremsituationen wie in einem Kampf- und Kriegsgebiet - ist bekannt und leider auch "normal". Das wurde ja auch zur Genüge in Filmen und Bücher entsprechend aufgearbeitet. Ich denke da an Filme wie "Die Verdammten des Krieges" und "Redacted".

Nur ist dein Protagonist da leider zu unglaubwürdig. Denn wenn Karl und Fritz verrohen können bis hin zur Bereitschaft, Kriegsverbrechen zu begehen, wieso ist dein Protagonist davon verschont geblieben? Wie konnte er sich seine Integrität bewahren?

Dann stellt sich mir die Frage, wie wahrscheinlich es ist, dass er tatsächlich bereit ist, Menschen und Kameraden, mit denen er durchs Feuer gegangen ist, hinterrücks in den Kopf zu schießen, um eine ihm völlig unbekannte Zivilistin und gemäß der NS-Propaganda wohl auch als "minderwertig" angesehene Slavin zu retten. Er hätte die beiden eher mit Worten davon abgehalten, ihnen mit Militärgericht gedroht (tatsächlich wurde Vergewaltigung in der Wehrmacht schwer bestraft - und du hast expliziet geschrieben, dass es sich hier nicht um SS-Truppen gehandelt hat), sie von mir aus zu verprügeln versucht - aber sie beide gleich abknallen? Glaub ich nicht - nicht so und ohne vorherige sehr große Motivation.

Dann der Punkt, der von HSB auch angesprochen wurde - nach so einem Blutbad, einer Beinahe-Vergewaltigung und diesem extremen Schock setzt man sich nicht bei nem Wodka zusammen und fördert die Völkerverständigung.

Und ums jetzt mal vollends auf die Spitze zu treiben mit meiner Kritik - im besetzten Ost-Gebiet hätte die Prämisse mit der Drei-Mann-Patrouille nicht funktioniert. Selbst wenns keine Partisanen gegeben hätte, wären nicht drei Mann ohne Anbindung an eine größere Einheit auf so eine Mission geschickt worden. Und schon gar nicht hätten sie stundenlang verschwinden können. Aber gut, das ist jetzt nur eine "technische" Anmerkung, die ich deiner Geschichte nicht ankreiden will.

Das Ende ist auch recht unschlüssig. Einerseits sprichst du von desertieren, und andererseits von einer Entscheidung, die deinen Prot an den Galgen bringen könnte. Sag mal, willst du allen Ernstes damit andeuten, dass der Prot nach so einer Nummer tatsächlich so verrückt ist und zu seiner Einheit zurückkehrt? Never ever ever -dann hätte er sich nämlich auch ruhig seinen K98 wieder in den Mund stecken können.

Nun, Heinrich - wie gesagt, die Ratio, die hinter der Story steckt, ist durchaus positiv. Die Umsetzung fand ich jetzt nicht so gelungen - da war mir zuviel um die Message der Geschichte herum konstruiert und die Handlung zu sehr an den Haaren herbeigezogen, damit die Geschichte halt funktioniert.

Aber gut - dennoch macht das aus dieser Geschichte ja nicht etwas schlechtes und meine Anmerkungen mögen vielleicht auch nur mir schlüssig erscheinen - schließlich will ich hier ja nicht den Oberlehrer raushängen lassen!!:Pfeif:

Grüße vom EISENMANN

P.S.: Die Kopf-Explosion-Splatter-Einlage hat mir hingegen recht gut gefallen!!:D

 
Zuletzt bearbeitet:

Guten Morgen, Heinrich,

das ist deine zweite Story, die ich hier, bei Wortkriegern, lese. Offensichtlich bist Du nicht so einer, der gerne auf Kommentare der Anderen antwortet. Also...

"wehrlose" Männer in den Hinterkopf zu erschießen, die gerade im Begriff waren, eine wehrlose Frau zu vergewaltigen. Der Leser hat von Dir etwas zur Auswahl - eine Entscheidungsqual - angeboten bekommen.

Dein Held hat leicht mit dem Gefühl der Verwirrung zu kämpfen. Er hat eine junge (gute) Frau "gerettet", dafür aber zwei (ungute) Jungs umbringen müssen. Das Leben hatte plötzlich für ihn keinen Sinn. Höchstwahrscheinlich nicht, weil er zum Mörder seiner Kameraden und zum Retter einer polnischen Frau geworden ist, sondern weil es grundsätzlich keinen Sinn zu leben gibt, mitten im Krieg, mitten in dieser endlosen Vergewaltigung/Gewalt, zu der er letztendlich auch sehr intensiv beigetragen hat. Alles lief hier auf einen Selbstmord hinaus.

Hier ist ein guter Konflikt in deiner Story! Gut aufgebaut! Traurig und aber mit einem sichtbaren Licht am Ende des Tunnels. Und dann kommt...

...diese Lösung des Konfliktes: kein Selbstmord! Eine überraschende Wendung, mit dem gefundenen Sinn für Wodka, Lieder lernen, einen neuen Sinn fürs Sinnlichkeit, Leben und fürs Überleben, die Vertuschung von seinen Gräueltaten, und vor allem die Hoffnung, unentdeckt zu bleiben. Das verblüfft mich und lässt einige neue Fragen aufkommen, die ich hier nicht weiter erläutern will.

Vor allem aber diese naive Hoffnung des Protagonisten in den letzten Zeilen. Mitten im Krieg, mitten in Gewalt, Zerstörung: Die Hoffnung, die den feigen Mord überschattet und legitim macht - die eigene Existenz rechtfertigt.

Du hast eine Geschichte, deren Intention ist, einen Helden zu kreieren. Dem Kriegsgeschehen ein neues Gesicht zu verleihen: Einen neuen Helden mitten im Krieg. In einem Krieg, wo es eigentlich a priori kein Geschlecht, kein Alter, keinen Beruf, keinen gesellschaftlichen Stand gibt. Im Krieg gibt es keine Zimmerer, Büroangestellten, Kinder, Alten, Reporter, Fürsten, Vertriebene, Verschleppte! Im Krieg gibt es nur Tote und die Überlebende. Dort gibt es keine Helden, nur die Getöteten und deren Mörder.


Viele Grüße
Herr Schuster

 

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