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Einbrecher

Liz

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12.07.2002
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Einbrecher

Christina betrat ihr Haus, warf die Aktentasche in die nächstbeste Ecke, schlüpfte aus ihren Schuhen und tapste in die Küche um sich bei einem Glas Milch und einer guten Lektüre zu entspannen. Als sie die Kühlschranktür öffnete, wurde sie nach hinten gerissen und eine Hand legte sich hart auf ihren Mund. „Nicht schreien“ sagte eine männliche Stimme hinter ihr, „ich tu dir nichts“. Christinas Gedanken wirbelten durcheinander, die Angst presste ihre Kehle zu, ihr wurde schwindlig und unbewusst – wie durch einen Nebel hindurch – nahm sie wahr, dass ihre Beine nachgaben. „He. Kipp mir jetzt nicht um. Du brauchst nur deine Wertsachen rausrücken, dann verschwinde ich auf der Stelle!“ sagte der Einbrecher und bugsierte sie auf die Küchenbank. Geduldig wartete er ab, bis sich Christina gefangen hatte. Sie musterte ihn verstohlen. Er war ein Hüne von einem Mann, kräftig gebaut und durchtrainiert und wie nicht anders zu erwarten, trug er eine Maske, die man üblicherweise bei solchen Aktionen zu tragen pflegt, Mund- und Sehschlitze inklusive. Er legte demonstrativ seine Hand mit dem Revolver auf den Tisch und Christina war dankbar, dass er die Waffe nicht auf sie richtete. „Nun?“ fragte er nicht unfreundlich, „raus mit dem Schmuck, junge Dame. Ich weiß, dass du wertmäßig betrachtet genügend hast um ein ganzes Stadtviertel zu ernähren. Außerdem hast du keinen Schaden, wenn ich ihn dir klaue, du bis ja ausreichend versichert.“ Christina stand resigniert auf. Ganz klar, der Typ hatte Informationen eingeholt, er wusste dass sie im klassischen Sinne reich war und wahrscheinlich wusste er noch so Einiges mehr über sie.

Der Einbrecher namens Jack folgte ihr ins Wohnzimmer, lümmelte sich auf eine Couch und sah zu, wie sie einen Mechanismus auslöste, der ein Bücherregal in Bewegung setzte, hinter dem ein Tresor zum Vorschein kam. Verstohlen betrachtete er ihre anmutige Gestalt, ihr hübsches Gesicht, von prachtvollen roten Haaren umrahmt. Er ertappte sich bei den Gedanken, wie es wäre, seine Hände in dieses aufregende Haar zu wühlen.

Christina plagten ganz ähnliche Gedanken, für die sie sich ausreichend schämte. Jetzt, da ihr sonnenklar klar war, dass ihr der Einbrecher nicht an den Kragen wollte, stellte sie sich vor, wie es wäre, mit diesem gesichtslosen Muskelpaket Sex zu haben. Warum sie solche Gelüste plötzlich in sich verspürte, hätte sie beim besten Willen nicht sagen können. Vielleicht hatte sie einfach zu lange keinen Mann mehr in ihrem Bett gehabt. Diese Gedanken machten sie ärgerlich.

Sie drehte sich um und knallte ihm das kleine, aber wohlgefüllte Schmuckkästchen auf den Tisch. „So. Nimm es dir und zisch ab!“ sagte sie, über ihre eigene Frechheit verwundert, aber ihre Angst vor ihm war einfach wie weggeblasen. „Na so was“, sagte Jack belustigt und stand auf, „das verängstigte kleine Ding von so eben zeigt die Krallen!“

Wie es dazu kam, dass sie in seinen Armen lag, wusste Christina anschließend nicht mehr. Hungrig senkte sich sein Mund auf ihre Lippen und zwangen sie auseinander. Sie fielen zusammen nach hinten auf die Couch. Seine Hände wanderten unkontrolliert über ihren Körper, rissen ihr Hemd auf, öffneten die Knöpfe ihrer Jeans. Christina hatte längst die Kontrolle über sich verloren, gierig erwiderte sie seinen Kuss, umschlang seinen Oberkörper, zog ihn an sich. Sie wollte ihn so sehr, dass es schmerzte. „Langsam Liebes“, murmelte Jack, befreite sich sanft aus ihrer Umarmung, richtete sich auf und entledigte sich seiner Kleidung, während Christina bewundernd seinen Körper musterte. Er ließ sich sanft auf sie sinken. Als er in sie eindrang, nahm sie ihn willig auf, passte sich dem Rhythmus seiner Bewegungen an. Sie explodierten gemeinsam.

Schweigend zog er sich an, drückte ihr einen letzten zarten Kuss auf den Mund und entschwand in die Nacht. Christina setzte sich in die Küche, stützte den Kopf in beide Hände, trank ihr Glas Milch aus und lächelte verträumt vor sich hin.

Als sie das Licht löschte und zu Bett ging, erinnerte sie sich, dass sie am nächsten Tag ihre Versicherung anrufen musste.

[ 23.07.2002, 09:26: Beitrag editiert von: Liz ]

 

Hi Liz!

Hm, eigentlich nicht schlecht. Gut geschrieben, in sich abgeschlossen, und dennoch... irgendwie zu plump, zu vorhersehbar. Ich weiß nicht genau, was mich stört, aber es ist vom ersten Moment an klar, wo das enden wird. Ich hätte mir mehr überraschende Wendungen gewünscht, und wenn es nur wäre, daß er die Maske abnimmt, den Schmuck daläßt oder sie mitnimmt, auf daß sie ab sofort als Bonnie & Clyde durch die Weltgeschichte ziehen! ;)
Lieben Gruß,

chaosqueen :queen:

 

Liebe Chaosqueen,

deine Bonnie & Clyde-Theorie gefällt mir total gut. Soll ich die zwei sich ineinander verlieben lassen? :)
Mein erster Ansatz war, dass beide total realistisch sind und nur momentan füreinander entflammt sind und dass dann jeder seiner Wege geht. Aber die romantische Schiene werde ich überdenken, mal schauen, ob ich`s einbauen kann.

Dank dir für`s Lesen und bewerten!

Grüße
Lizzy

 

Hallo Lizzy!

Nette und interessante Geschichte. Verglichen mit Der Strand fand ich diese hier schöner.

Allerdings bin ich etwas in Zweifel, was Christinas Verhalten anbelangt. Immerhin wird sie zuerst von einen Einbrecher mit Revolver aufgesucht und anstatt Angst zu haben denkt sie an Sex mit ihm. Das kommt mir etwas zu schnell vor.
Wenn, dann müssten sie schon etwas länger miteinander zu tun haben.
Aber ich bin noch nicht von einer hübschen Einbrecherin bedroht worden und weiß somit nicht, wie ich in einer solchen Situation gehandelt hätte... ;)

Sprachlich ist der Text ganz in Ordnung und er liest sich auch ziemlich flüssig.
Einen Satz halte ich für unvollständig:

Verstohlen betrachtete ihre anmutige Gestalt
Viele Grüße,
Michael

 

Heja Michael,

danke für`s Lesen und Kommentieren! Den unvollständigen Satz hab ich editiert, klasse, dass er dir aufgefallen ist - du bist echt präzise.

Deine Zweifel an Christinas Verhalten sind berechtigt: sie schämt sich ja auch, weil sie weiß, dass sie sich in dieser Situation ziemlich unnatürlich verhält.

Liebe Grüße
Lizzy

 

Eine witzige Idee! Man sagt ja, dass man in Paniksituationen unter Umständen ganz abstruse Handlungen setzt. Naja, Christina hat halt ihre eigene Version damit fertig zu werden.
Der Schlusssatz kam gut!
Ich fanf die Geschichte würzig, flüssig geschrieben und gut zu lesen. Auf einer Skala von "1 - Der Strand" würde ich sie mit "Der Strand" gleichsetzen. Dass man den Ablauf vorhersehen kann, finde ich manchmal sogar gut.

Liebe Grüße
Babs

 

Boaaa!

Danke Babs, hab mich total über deine nette Kritik gefreut!!!

:bounce:

Auf das hinauf muss ich mir noch ein Tässchen Kaffee reinziehen!

Liebe Grüße
Lizzy

 

kleine Ding von so eben zeigt
ich will einem mann mit knarre ja nicht vorschreiben, wie er zu reden hat, aber ich hätt' das 'so' rausgelassen oder 'soeben' benutzt. alles andere verwirrt.

aber nun zur eigentlichen kritik: als mann hätt ich mir diese geschichte nicht erlauben dürfen. nicht dass ich besonders viel ahnung davon hätte, aber die geschichte klingt arg nach 'phantasie nr. 12: sex mit einbrecher'. gleich nach 'sex an der bushaltestelle' und vor 'sex in der umkleidekabine'.
mir hat die pointe gefehlt. eigentlich hab ich auf so einen schlusssatz gewartet wie: "und was probieren wir nächste woche aus, schatz?"
mir ist zu sehr klar, dass es nur eine phantasie ist. da fehlt der realismus, der es spannend macht. nette sachen ausdenken kann ich mir selber auch, aber wenn dann schon richtig.

 

Hallo Sebastian,

vielen Dank an dich für deine kritischen Worte! :)

Mit dem "soeben" ist es so eine Sache, wg. der neuen Rechtschreibung. Ich glaube, man kann es zusammenschreiben oder auch nicht, aber sicher bin ich mir nicht. :confused:

Wie kommst du darauf, dass du dir als Mann so eine Geschichte nicht erlauben darfst??? Glaubst du, dass dann die Kollegen hier über dich herfallen würden? Das ist doch Blödsinn. :)

Lieber Gruß!
Liz

 

meine kollegen hier sind nicht das problem. aber ich wüsste nicht, wie ich mich gegen den vorwurf "frauenfeindliche machophantasie" wehren sollte.

 

Morgen Sebastian,

schreibmäßig ist doch (fast) alles erlaubt. Ich glaub, man darf das nicht so eng sehen. Realität ist die eine Sache, literarische Kunstform (hochtrabend formuliert) eine andere.

Schreib doch mal eine Machofantasie oder was du als solche bezeichnest. Sowas - glaub ich - gibt`s hier eh noch nicht. Dann wüsstest du in der Praxis ob die Reaktionen darauf negativ ausfallen oder nicht.

Liebe Grüße!
Liz

 

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