- Zuletzt von einem Teammitglied bearbeitet:
- Kommentare: 6
Einblicke
Sechs Uhr morgens und ich laufe die Treppen zum Bahnsteig vier empor. Wie jeden verdammten Morgen in den letzten verdammten drei Jahren. Vor mir läuft eine junge Frau mit unfassbar schlecht gefärbten roten Haaren. Natürlich läuft sie viel langsamer als ich. Ich hasse es, wen ich nicht genau das Tempo gehen kann, das ich gehen will. Ich balle die Hände zu Fäusten, nicht zum ersten Mal an diesem Morgen. Ich versuche links zu Überhohlen und bekomme eine Wolke übel riechenden Zigarettenqualm ab. Hattrick denk ich mir. Hässlich, langsam und auch noch rauchen. Die Welt wäre ohne sie besser dran. Ein schöner Gedanke. Ich male mir aus wie ich sie an Nacken und Hinterkopf packe und mit kräftigen Schlägen gegen die Kante des Metallpfeilers, der das Vordach des Bahnsteigs stützt, dresche. Mittlerweile balle ich beide Hände im Sekunden Takt zu Fäusten. Das ist nicht gut. Ich ziehe rechts an ihr vorbei und laufe prompt in eine weitere Qualmwolke hinein. Ich kann nichts dagegen tun, die Bilder schießen mir einfach durch den Kopf. Ihr Schädel, der mit voller Wucht zum wiederholten Male gegen den Pfeiler kracht, als er wie eine Kokosnuss aufbricht und eine Mischung aus Knochensplittern Blut und Hirn am Stahl nach unten tropft.
Ich bin im Zug und sitze auf einem Einzelplatz, die morgendliche Prüfung ist bestanden. Ich habe niemand umgebracht. Nicht einmal angerempelt. Jetzt folgt erst einmal eine halbe Stunde, die ich dazu nutze, an meiner Hausarbeit über biometrische Erkennungsmethoden zu schreiben. Mein Laptop ist mein treuer Begleiter, ohne den ich die Fahrt in den öffentlichen Verkehrsmitteln nicht ohne zu morden überstehen würde. Ich beginne gerade das Kapitel über Venenscanner, als mir der Schaffner auf die Schulter tippt. Ich habe ihn nicht kommen hören, da ich mir gerade mit dem derbsten Gangster Rap das Trommelfell raus prügele. Eigentlich hasse ich diese Musik, aber haben sie schon mal versucht gewaltverherrlichende Musik zu finden? Black und Death Metall haben vielleicht einen aggressiv anmutenden Sound, aber die wirklich fiesen Hasspredigten bekommt man nur bei diesen kleinen Impotenten, latent schwulen Strichern, die sich Rapper nennen. Ich nehme ein Kopfhörer raus und krame mit der anderen Hand nach meinem Geldbeutel. Ich zeige ihm meine Fahrkarte, er schaut sie kaum an, ehe er nickt. Dann macht er einen riesen Fehler. Er bittet mich die Musik leiser zu machen. Wieder diese Bilder in meinem Kopf. Mein Ellenbogen, der sich in seine Eier bohrt. Sein Körper, der sich zusammenkrampft, der Kopf in Reichweite. Ich greife zu und drücke ihm mit den Daumen die Augen aus. In Gedanken höre ich seine qualvollen Schmerzensschreie während ich ihn in der Realität anlächle, „Natürlich, kein Problem.“ sage und die Musik leiser mache. Ich versuche mich wieder auf die Technik des Handvenen Scanners zu konzentrieren, aber es fällt mir schwer zu tippen, weil ich andauernd die rechte Hand zur Faust balle. Die laute Musik ist wie ein Schutzmantel für mich. Niemand spricht mich an, niemand setzt sich freiwillig in meine Nähe und das Wichtigste, ich muss niemandes Gespräche hören. Doch wegen diesem dummen Wichser von einem inkompetenten Schaffner muss ich jetzt hören was die vier Mädchen auf dem Vierersitz rechts vor mir reden. Ich versuche verzweifelt ihre Gespräche auszublenden, schaffe es aber nicht. Und schon ballt sich auch meine linke Hand im Sekundentakt zur Faust. Ich muss etwas unternehmen, ehe mich ihr belangloses, hirnverbranntes Geschnatter um den Verstand bringt und ich jede von ihnen in Stücke reisen muss. Schnell öffne ich den Arbeitsplatz meines Laptops und klicke mich durch die vielen Ordner, bis ich bei der knapp fünfzig Megabyte großen avi Datei angelangt bin, die ich so dringend brauche. Ich öffne die Datei mit einem separaten Player, damit der Gangster-Rap nicht verstummt. Mit einem schnellen Blick vergewissere ich mich das niemand auf meinen Bildschirm schauen kann, dann vergrößere ich den Clip auf Vollbild und lehne mich zurück. Die Datei habe ich selbst erstellt, sie enthält einen Zusammenschnitt der brutalsten und detailliertesten Gewalttaten, die jemals in einem Film verarbeitet wurden. Die nächsten vier einhalb Minuten verliere ich mich in den abgetrennten Gliedmaßen, den schreien der Opfer, der eingeschnittenen Augäpfel, der entnommenen Gedärme und jeder Menge anderer kranker Verstümmelungen des menschlichen Körpers. Mein Puls sinkt wieder auf ein Normales Maß, meine Hände beruhigen sich und ich kann mich etwas entspannen. Als ich den Clip schließe, bin ich nur noch ein paar Minuten von meinem Zielbahnhof entfernt. Ich höre das Lied zu Ende, während ich mein Smartphone aus der Hosentasche ziehe. Mit einer schnellen, häufig geübten Bewegung stecke ich die Kopfhörer vom Laptop in die Buchse des Smartphones und starte den Player des Handys. Erleichtert höre ich das Ghetto-Deutsch des Rappers der gerade darüber singt wie geil es ist Schlampen zu vergewaltigen. Ich habe zwar keine Erfahrung mit Vergewaltigungen oder Sex im Allgemeinen, aber ich denke, das es durchaus Spaß machen würde eine Schlampe zu ficken … ob sie nun will oder nicht. Schnell wandere ich mit meinen Gedanken wieder zu meiner Hausarbeit. Der Zug ist ein schlechter Ort für Sexfantasien.
Ich bin ohne weitere Zwischenfälle bis zur Uni gekommen und wie immer vergehen die Vorlesungen wie im Flug. Ich habe mich damals für das Informatikstudium entschieden, weil ich sowieso den ganzen Tag vor dem Computer saß und ich dachte, als Informatiker sitzt man alleine in seinem Kämmerchen und arbeitet ohne das man sich mit Kollegen und so einem Geschmeiß rumärgern muss. Mittlerweile weis ich, dass das nicht der Fall ist. Allein die Vorstellung den Rest meines Lebens mit verschiedenen Teams an Softwareprojekten zu arbeiten lässt den Gedanken an Selbstmord in mir aufsteigen. Aber niemand zwingt mich, danach auch wirklich als Softwareentwickler zu arbeiten. Mein Plan sieht nämlich vor, dass ich nach meinem Bachelor of Science, Kindergärtner werde. Ja richtig gehört der kranke Psycho mag Kinder. Ich weis nicht, woran es liegt, aber kleine Kinder sind das Einzige, was das Morden und Verstümmeln aus meinem Kopf vertreibt. Ok, Babys machen mich aggressiver als ein Rudel zwölfjähriger Möchtegern Gangster, die rauchend auf der Rücklehne einer Parkbank sitzen und auf den Boden spucken während Bushido aus ihren Handys erklingt. Und das will was heißen.
Aber zurück zu den Kindern. Sobald ich ein Kind zwischen etwa drei und acht Jahren sehe, ist aller Hass verflogen. Leider funktioniert das nur, wenn die Kinder auch real anwesend sind. Aufgenommene Kinderstimmen und Videos von ganzen Kindergärten beim Zoo Besuch sind völlig wirkungslos. Keine Ahnung, warum das so ist, vielleicht ist was dran, dass Kinder ein reines unverdorbenes Wesen haben. Vielleicht liegt‘s auch daran, dass sie keine Gegenwehr leisten können und daher keine lohnenswerte Beute darstellen. Ich weis es wirklich nicht. Ich weis nur eins, die Wahrscheinlichkeit, dass ich irgendwann Amoklaufe, sinkt auf ein akzeptables Maß, wen ich mein Leben zwischen kleinen Kindern verbringe. Und bevor sie jetzt auf falsche Gedanken kommen, ich bin nicht pädophil. Sie krankes Schwein, wie kann man auch nur daran denken, diesen kleinen zierlichen Geschöpfen so etwas anzutun. Ich kriege nicht übel Lust ihnen den Schwanz abzuschneiden und sie zu zwingen ihn aufzuessen. (Falls sie weiblich sind, keine Sorge, mir fallen auch einige unschöne Sachen ein die ich mit ihnen anstellen könnte. Das Lied aus dem Zug kommt mir wieder in den Sinn …)
Bis ich meine Karriere als Kindergärtner antreten kann, muss ich aber zuerst meinen Abschluss machen. Da führt kein Weg dran vorbei, zum einen, weil ich verdammt gut bin und zum anderen, weil ich mich eher von einem Hochhaus mitten in die Rush Hour stürzen würde, als dass ich eine begonnene Sache nicht erfolgreich zu Ende bringe. Das ist auch der Grund, warum die Vorlesungen so schnell vergehen. Während meine verhassten Kommilitonen gähnend und gelangweilt über ihren Tischen hängen, lausche ich aufmerksam den Professoren und schreibe fleißig alles Interessante mit. Ich bin der Beste in meinem Semester, meine schlechteste Note war eine 1,3 der Rest sind glatte Einsen. Ich bin wahrscheinlich sogar besser als so mancher Professor. Liegt vielleicht daran das ich nicht wirklich viele Hobbys oder Freunde habe die mir meine Zeit stehlen. Es gibt eigentlich nur zwei Sachen, die ich neben dem lernen mache. Das eine sind Splatter Filme schauen, aber davon gibt es zu wenig, als das ich jeden Tag ein paar Stunden damit füllen könnte. Das andere ist Krav Maga. Drei Mal die Woche habe ich die Möglichkeit mich so richtig auszutoben. Nur so kann ich anderen Schmerzen zufügen, ohne Probleme mit dem Gesetzt zu bekommen. Und im Schmerzen verteilen bin ich fast so gut wie im Programmieren. Ich betreibe den Sport seit vier Jahren, mein Trainer ist stolz auf mich, weil ich den Killerinstinkt habe, den man seiner Aussage nach nur noch selten findet. Vielleicht sollte ich kurz erklären, worum es bei Krav Maga geht. Entgegen vieler anderer Kampfkünste in denen man mehr mit seinem Partner trainiert als gegen ihn, geht es bei Krav Maga nur um eines: Den Feind so schnell es irgendwie geht auszuschalten. Skrupel sind absolut fehl am Platz wen drei Mann auf einen zustürmen und man weis die hören erst auf wen sie mich ausgenockt haben. Sicher, nicht überall wird Krav Maga so trainiert, aber ich habe das Glück, das mein Trainer selbst eine richtig fiese Drecksau ist, genauso wie die anderen die in dem kleinen Dojo trainieren. Man bekommt nichts geschenkt, jeder Angriff zielt nur darauf ab, dem Gegenüber möglichst viel Schaden zuzufügen. Ich liebe es. Ich bekomm zwar auch immer wieder ordentlich eingeschenkt, aber ich teile jedes Mal auch kräftig aus und das ist jedes blaue Auge und jede geprellte Rippe wert. Aber Genug von meiner Freizeit.
Um 15:30 Uhr ist die letzte Vorlesung des Tages vorbei und ich mache mich wieder auf den Heimweg. Ich habe Glück, denn eine Gruppe Erstklässler kommen gerade von einem Ausflug und steigen in meinen Zug ein, ich schaue, dass ich mich möglichst nah zu der Gruppe setzte. Der Laptop und die Musik bleiben aus, ich brauche sie diesmal nicht.