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Ein Zebra mit der Hand erlegt
Vor knapp fünf Jahren genoß ich meinen wohlverdienten Urlaub in Südafrika. Abstand nehmend von Bade- und Sextouristen, suchte ich meine Erfüllung in der wunderbaren Landschaft. Doch war mir das bloße Betrachten eben dieser nicht genug, fehlte doch dabei der Kick. Ein Abenteuerurlaub war daher mein primäres Ziel, daß ich fortan versuchte in die Tat umzusetzen. Ich nahm also ein dreckiges Bettlagen, was ich mir dann, zu einem Sack geformt und mit folgenden Utensilien: Ein gefüllter Flachmann, eine Büchse Bohnen, eine verbeulte Messingschüssel, einen Esbitkocher, zwei Packungen Panzerkekse, ein Zippo Feuerzeug, etwas Benzin, einen Kanister Wasser, drei gelbe Äpfel und eine Badekappe, über die Schulter warf. Vollbepackt machte ich mich also auf den Weg zu meiner ersten Etappe, dem Krüger Nationalpark.
Schon der Weg dorthin brachte mich in ungeahnte geistige und körperliche Errektionen.
Ich lief also die Hauptstraße entlang, als zwei hübsche, schwarze Buschfrauen aus dem Busch sprangen und mich nach allen Regeln der Kunst verführen wollten. Ich jedoch rief mir ins Gedächtnis zurück, daß ich mich von den anderen Sextouristen distanzieren wollte, und jagte sie zum Teufel. Ein Schluck aus meinem Flachmann half mir, wieder auf andere Gedanken zu kommen. Ich dachte nun an hellhäutige Schönheiten, welche auch prompt, hübsch verpackt in ein Cabriolet, neben mir hielten. Benebelt von einem, mich plötzlich überkommenden, Hormonschub, stieg ich in ihr Auto ein. In Gedanken kreierte ich eine neue Definition für Sextourismus, in der ein einmaliger Ausrutscher nicht inbegriffen war.
Unter freiem Himmel genoß ich in den nächsten Stunden den Duft reifer Melonen, verkroch mich in feuchten Bärenhöhlen und schälte meine saftige Möhre. Am Ende unseres Hussarrenrittes erreichte ich schließlich, völlig erschöpft, den Nationalpark.
Ich betrat ihn und entschloß mich dazu, die Natur nach einem kleinen Nickerchen zu bewundern. Aus dem Nickerchen wurde ein tiefer Schlaf und aus meiner ersten Etappe wurde meine einzige Etappe, denn der Nationalpark war bei meinem Erwachen wegen Urlaub geschlossen und ich somit in ihm gefangen.
Nun hieß es kühlen Kopf bewahren, was angesichts der glühenden Hitze ein schweres Unterfangen war. Wohl dem, der in solchen Situationen eine Badekappe dabei hatte. Doch da ich mit Bedacht gepackt hatte, konnte ich mir diese überziehen. Abgesehen vom praktischen Nutzen, hatte sie auch einen anderen Vorzug, denn durch sie war ich von da an auch optisch ein richtiger Abenteurer. Diese Kappe würde mir in der freien Wildnis gehörig Respekt verschaffen. Gewappnet durch eine Lawine von Selbstbewußtsein und dem Gefühl unschlagbar zu sein, machte ich mich auf die Jagd. Ich wollte irgendein Tier reißen, was groß genug war, meinen Bärenhunger zu stillen.
Ich ging also in eine Richtung, die ich willkürlich festlegte. Sie führte einen schmalen Weg entlang, welcher mich mitten in den Urwald führte. Ich befand mich nun im tiefsten Dickicht und wurde von einigen Gift- und Würgeschlangen als Opfer auserkoren. Das Blatt wendete sich jedoch alsbald ich den Giftschlangen, mit meinem schrecklichen Blick, in die Augen schaute und die Würgeschlangen durch das Singen hoher Töne verschreckte. Die Giftschlangen konnten den Blick einfach nicht ertragen, ließen die Zunge hängen und bissen sich selbst drauf, was sehr schmerzhaft für sie war. Wie betröpfelte Pudel zogen sie von Dannen. Bei den Würgeschlangen war es anders, aber nicht minder erfolgreich. Sie schlangen sich um meinen Hals, ich begann zu singen und durch die Vibrationen meines Kehlkopfes wurden sie von mir weggeschleudert. Ich sah sie nie wieder, dabei hätte ich mich gern bei ihnen entschuldigt, für das Leid, was ich ihnen angetan hatte. Jedenfalls sprach es sich anscheinend herum, welch furchterregender Typ ich doch war, und so stellten Schlangen keine Gefahr mehr für mich dar.
Auf einer Lichtung hielt ich inne, setzte mich und packte meinen Proviant aus. Über meinem Esbitkocher, erhitzte ich die Bohnen, welche ich zuvor in die verbeulte Messingschüssel häufte. Bei diesem leckeren Mahl beobachtete ich aufmerksam meine Umgebung und sah Unglaubliches: Ein großes, schnelles Tier mit Vollbart und Bob Marley Mähne, jagte hinter einem gestreiften Tier, von mir wegen verblüffender Ähnlichkeit zum Zebrastreifen liebevoll Zebra getauft, her. Bob fing das Tier und biß sich in dessen Hals fest, tötete es und aß es auf. Mir imponierte Bob’s Tun und ich zündete die Idee, ebenfalls Zebras zu erlegen. Allerdings hatte ich nicht solche Hauer wie Bob und deshalb beschloß ich auf meine Karatekünste zurückzugreifen, was mich dazu brachte, mein Anliegen auf das Erlegen per Handkante zu fixieren. Bob’s Hunger schien jedoch nicht zu stillen zu sein, so daß er die vorbeilaufenden Zebras regelmäßig fraß. Ich war nun dazu gezwungen, dem ein Ende zu bereiten, wenn ich auch etwas von dem Braten abhaben wollte. Ich ging also zu Bob und redete mit ihm. Durch meine Fähigkeit, Kritik konstruktiv zu äußern, war unser Gespräch erfolgreich. Wir einigten uns darauf, daß ich abends und er morgens jagen durften. Er hatte eh Sorgen mit seinem Übergewicht und wollte seine Ernährung umstellen, so daß ihm mein Vorschlag sehr gelegen kam. Als Zeichen der Freundschaft, überreichte ich ihm die drei gelben Äpfel, welche er, mit Tränen der Rührung in den Augen, dankend annahm. Schließlich wollte er in Zukunft mehr Obst essen, um sein Übergewicht zu bekämpfen. Sein primäres Ziel war, sich wieder mit freiem Oberkörper am Fluß blicken lassen zu können. Er wollte, wie in längst vergangenen Tagen, attraktiv auf die Damen seiner Rasse wirken und Äpfel waren für dieses Ziel eine wertvollere Ernährung als Tonnen von Fleisch.
Gutgelaunt verließ ich also seine Höhle und legte mich auf die Lauer. Die Dunkelheit brach an und somit auch meine Jagdzeit. Vögel zwitscherten um die Wette und weiter entfernt hörte ich Elefanten rennen und wild schnauben. Die Hitze war nun nicht mehr so drückend, was mir sehr wohl bekam, denn unter der Badekappe wurde es mit der Zeit doch sehr unangenehm schwitzig. Plötzlich sah ich ein Herde Zebras auf der Lichtung. In mir überschlugen sich die Glücksgefühle und Jagdfieber kam in mir auf. Ich wollte unbedingt eines von Ihnen erlegen und ich wollte ein männliches Zebra, denn Frauen und Kinder schlägt man nicht. Ich war nämlich der Meinung, daß man auch im Dschungel seine ethnischen und moralischen Grundsätze nicht verlieren sollte. Ich guckte mir also einen Zebramann heraus. Dabei achtete ich sehr darauf, daß er mir ebenbürtig war, denn ich schlug mich nicht mit Schwächeren. Ich suchte mit den Augen also nach einem bulligen, in der Horde akzeptierten und endlos geilen Zebra. Meine Augen wanderten, wie die eines Tigers, die Herde auf und abwärts, bis ich ihn schließlich fand. Es war ein Bär von einem Zebra, die Führungspersönlichkeit überhaupt und ich wußte, daß dieser Zebramann mir ebenbürdig war. Jetzt vernahm ich nichts mehr ringsum. Meine Augen, meine Ohren, meine Nase und mein überdimensional großer Verstand, waren auf ihn fixiert. Er oder ich, dachte ich mir und rannte los. Ich lief schneller als Forrest Gump an seinen besten Tagen. Bäume flogen nur so an mir vorbei, doch trotz des Affenzahnes, verlor ich ihn nie aus den Augen. Ich rannte und rannte. Der Zebramann bekam es mit der Angst zu tun und rannte ebenfalls los, allerdings in einem, mir gegenüber, lächerlichen Tempo. Er stand förmlich, schlug dabei allerdings nette Hacken und Pirouetten. Ich mußte ein wenig schmunzeln, denn dieser Dummkopf wähnte sich anscheinend in einer olympischen Disziplin. Er wußte wohl nicht, worum es ging? Leben oder Tod, waren die einzigen Dinge, über die in den nächsten Minuten entschieden werden würde. Gut, vielleicht wollte er sich seinen Tod mit einer Medaille versüßen, allerdings war eine solche gar nicht zu gewinnen. Ich jedoch besann mich auf’s Wesentliche, setzte auf Geradlinig- und Schnelligkeit, schlug keine sinnlosen Haken, die mir nur den Weg zum Ziel verlängerten. Ich hatte ihn fest im Visier, etwa fünf Meter trennten mich noch von meiner Beute. Ich beschloß also, die rechte Hand aus der Hosentasche zu nehmen und kurze Zeit später zuzuschlagen. Der erste Beschluß war schnell erledigt, danach ging es an die Umsetzung des Zweiten. Es mußte ein präziser Schlag in den Nacken sein. Einer, der ihm den Kopf abtrennte, da ich jenen als Trophäe behalten wollte. Als ich kurz hinter ihm war, schlug er eine Taktik ein, auf die ich nicht vorbereitet war: Er wollte mir ein Gespräch ans Knie nageln, wollte mich mürbe reden, bis ich aus dem Ohr bluten würde. Doch, weit gefehlt, er hatte sich an den falschen gewandt, denn ich ließ mich nicht beirren, schlug zu, nahm den fliegenden Kopf mit dem Spann an, ließ ihn und den Zebramann zu Boden gleiten und war einfach nur noch stolz. Stolz auf meine Leistung, stolz auf meine Fähigkeit in der Wildnis zu überleben. Ich war am Ziel meiner Träume und ließ mir deshalb die Zebramahlzeit besonders gut schmecken. Dann machte ich mich auf den Heimweg und heute bin ich hier. Ich bin einer von Euch, und ich finde, darauf könntet Ihr auch ein wenig stolz sein.