Ein Wort
Ein Wort!
Ein Wort!
Ich sitze an meinen Schreibtisch und versuche die richtigen Worte zu finden, die das beschreiben können, was ich fühle. Es fällt mir schwer. Kein Wort scheint in der Lage auszudrücken, was mir auf dem Herzen liegt. Immer wieder setze ich den Bleistift auf das Papier und ziehe einzelne, verschnörkelte Linien. Aber es sind keine Worte. Es sieht aus wie ein Strudel, der mich versucht, in sich hinein zu ziehen. Ich wehre mich dagegen. Unmöglich ist es für mich den Bleistift vom Papier zu heben. Ich ziehe weiter Linien. Der Strudel wird immer größer und größer. Bedrohlicher und bedrohlicher. Wenn ich nicht sofort aufhöre, kann ich bald nicht mehr gegen ihn ankämpfen. Immer noch vergrößert sich der Strudel, der für mich schon längst ein Monster ist, das nach mir trachtet. Ein Monster, das mich haben will, mich aussaugen will, bis ich keinen klaren Gedanken mehr fassen kann. Warum nehme ich die Hand nicht einfach vom Bleistift? Warum kann ich mich dem Strudel nicht entziehen? Es geht nicht mehr. Meine Kraft lässt nach und ich werde in den Strudel gezogen. Meine Gedanken drehen sich, mein Körper nicht. Ich kann nichts sehen. Ich spüre, wie sich eine unangenehme Wärme in meinem Bauch ausbreitet. Mir wird schlecht. „ Lass es doch aufhören“, denke ich. Allmählich erkenne ich Umrisse und das Gefühl im Magen flaut ab. Meine Gedanken ordnen sich langsam wieder. Der Strudel ist verschwunden. Ich befinde mich auf einer Straße, deren Straßenrand mit Bäumen gesäumt ist. In weiter Ferne sieht man ein Gebirge, ein schwarzes Gebirge. Bedrohlich schaut es auf alles herab, was sich um mich herum befindet. Auch auf mich. Auf der Straße gehen und stehen Menschen. Viele Menschen, die sich allesamt angeragt unterhalten. Jedoch nicht mit mir. Sie nehmen keine Notiz von mir. Wo bin ich hier gelandet? Ich stelle mich den Menschen in den Weg und versuche sie anzusprechen. Doch sobald sie mich eigentlich sehen und hören müssten , schließen sie Augen und Mund und halten sich mit ihren Händen die Ohren zu. Immer wieder versuche ich zu einer der Personen Kontakt aufzunehmen. Vergebens. Warum werde ich nicht beachtet? Ein kalter Schmerz breitet sich in meinem Herzen aus. Mir reicht es ich will beachtet werden. Ich gehe auf einen großen Mann mit Knollennase zu und hebe meine Hand, um sie auf seine Schulter zu legen. Doch mein Arm reicht nicht bis zu seiner Schulter. Er entfernt sich langsam von mir. Ich beschleunige meinen Schritt. Er ist nur noch weiter entfernt, obwohl er gar nicht seine Beine bewegt und immer noch unglaublich interessiert einer Frau mit unglaublich braunen, fast schwarzen Augen zuhört. Ich beginne zu rennen. Die Entfernung zwischen mir und dem Mann wird größer. Bald kann ich ihn und auch die übrigen Personen nicht mehr erkennen. Ich bin verzweifelt. Was ist hier nur los? Ich möchte nach Hause. Wie gerne würde ich in meinem Bett liegen und von dieser ganzen Sache keine Ahnung haben. Ich höre ein Geräusch direkt hinter mir und drehe mich um. Jemand, der nur mit schwarz gekleidet ist, kommt auf mich zu. Seine Haare sind ebenfalls schwarz. Sie erinnern mich an das schwarze Gebirge, das bedrohlich über die ganze Landschaft ragt, von der ich nur diese schreckliche Straße kenne. Ich kann nicht erkennen, ob dieser jemand eine Frau oder ein Mann ist. Fast in Zeitlupe hebt die Person die Hand. Ihr Gesicht ist ausdruckslos. Als mich ihre Finger berühren, werde ich von diesen umgestoßen. Ich falle, ich schreie, ich wache auf. Schweiß steht mir auf der Stirn. Ich kann nur noch an ein Wort denken. An ein Wort, an das ich schon die ganze Zeit gedacht habe , ohne zu wissen, wie das Wort heißt. Ich nehme einen Stift und schreibe auf ein Blatt Papier in großen Buchstaben dieses Wort: „ Einsamkeit!“