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Ein weißes Blatt

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12.06.2014
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Ein weißes Blatt

Ich saß an meinem Schreibtisch und blickte auf ein leeres Blatt Papier. Es war so weiß wie Schnee, so weiß wie eine Blüte, so weiß wie die reinste Seide und die Weisheit selbst. In der Hand hielt ich einen Bleistift. Er war spitz und doch wollte er nur stumpf werden. Ideen sollten fließen. Welten erschaffen, Reiche zerstören. Worte Formen und sie spielend im Wind hin und her wiegen. Ich malte Blumen, Wolken, Formen, Kreise, Quadrate, Dreiecke - radierte sie wieder weg.
Mein Kopf wollte mir an jenem Tage, egal wie sehr ich es versuchte, keine Idee schenken. So leer. Meine Gedanken ohne jegliche Bewegung. Stillstand. Meine Finger zuckten. Wollten doch erschaffen!
Ich blickte nach draußen, ging im Zimmer auf und ab. Doch nichts. Nur Leere. Stille. Doch in der Stille – und ich versank so tief in ihr, wurde mein Innerstes berührt, umspielt mit einem sanften Lächeln. Sie kamen einfach. Klopften nicht mal an. Schwebten herbei, wie bunte Federn auf Schneebedeckten Tälern. Einzelne Bilder, Szenen. Puzzleteile.

Ich starrte wieder auf mein Blatt und sah einen Engel, in einer stürmischen Nacht. Er hatte Flügel so überwältigend. Blinkten wie Sterne, schimmerten wie ein Regenbogen in allen Farben. Waren so rein und doch auch voller Chaos! Sie bebten und zitterten in der Sturmessnacht. Pulsierten wie das Leben selbst und verdrängten alles weiß. Als er sprach war es, als würde die Welt ein Lied, ein Loblied flüstern. Himmlisch. Überirdisch. Und doch für die Menschen, für mich und alle bestimmt. Hier auf diesem Blatt. Und ich erkannte: Genau hier entstehen Wunder! Der Engel sprach, ich solle nicht länger warten und er verschwand. Hob einfach ab, in die Sturmessnacht, bis ich ihn, hinter all den Wolken, nicht mehr erkennen konnte. Dann kehrte der Schnee zurück. Die weiße Blüte. Die reinste Seide und Weisheit. Das Blatt war wieder weiß und ich war der Verzweiflung nahe. Der Anblick des Engels war so reich und voller Gedanken. Voller Welten und Worten. Doch mein Kopf war wieder leer. Wieder hatte ich keine Idee und dachte nur an die Worte des Engels: Ich solle nicht länger warten. Warten worauf? Worauf warten?

Das weiß des Blattes wirkte nun fast schon hypnotisch auf mich. Und wieder ein Wunder! Ein nächstes Bild erschien vor meinen Augen. Ein alter Mann der eine Vase betrachtete. Er saß einfach nur da. Sein Rücken tief gebeugt, seine Schultern nach vorne gesunken. Seine Augen blickten müde, in grauer Farbe auf die Vase. Er war allein in einem Raum, der nur mit dieser Vase geschmückt war. Und er faltete seine Hände, die von Narben überseht waren. Lebensnarben. Jede eine eigene Geschichte. Eine Story. Und ich konnte nur erahnen, was sich hinter seinen müden Augen verbarg. Also überlegte ich mir: Was könnte der Mann wohl fühlen oder denken? Sicher dachte er an alte Erinnerungen. Es mussten schöne sein. Denn sein Blick wurde wacher. Er hob die Hände und mit einem fast schon bebenden Verlangen, umfasste er die Vase. Drückte sie fest an sich. Ein Lächeln umspielte seine Mundwinkel. Er legte den Kopf in den Nacken. Schaute nach oben, als würde er beten. Flehen. Sich hingeben. Er flüsterte etwas. Erst verstand ich es nicht, aber dann vernahm ich die Worte ganz deutlich: »Warte nicht mehr länger.« Ich erschrak, meinte der Mann mich? Natürlich meinte er mich. Wen sollte er sonst meinen? Er war meine Kreation, er war ich, genauso wie der Engel. Ich folgte seinen Blick, in der Hoffnung ich könnte einen Blick auf das erhaschen, was ich machen sollte, um nicht länger zu warten. Doch die Decke des Raumes war nur weiß. So weiß wie Schnee, so weiß wie eine Blüte, so weiß wie die reinste Seide und die Weisheit selbst. Er gewährte mir keinen Eintritt in seine Gedankenwelt. In seine Farben, hinter den grauen Augen. So wurde das Blatt wieder weiß.

Ich ließ zu, dass ein neues Bild in mein Gedanken trat. Schneebedeckte Landschaft. Ich konnte einen schwarzen Raben auf einem kahlen Baum sitzen sehen. Ein schöner Kontrast, so fand ich, der Schwarze Rabe im Schneeweiß. Er sang ein Lied, der Rabe, ein Liebeslied für seine Liebste, die doch weit und breit nicht zu sehen war. Irgendwann ermüdete mich das Lied, denn sein Liebesgesang galt nicht mir. Er flog davon, um seiner Sehnsucht nach zu gehen. Damit die Töne, seines Herzens Traum betörten. Auch der Baum auf dem er gesessen hatte, wollte nicht bei mir verweilen und so war das Blatt wieder weiß. Nicht mehr Schnee weiß. Einfach nur weiß und leer. Leer, bis auf einige Blutrote Buchstaben. »Warte nicht mehr länger.« Die Buchstaben verschwammen, flossen davon, als wären sie wirklich mit Blut geschrieben. Mit meinem Blut.
Wieder fragte ich mich: »Worauf warte ich? Worauf nicht mehr länger warten?« Das Blatt war wieder weiß und leer. Kein Engel, kein alter Mann, kein Rabe, keine Blutroten Buchstaben.

Es blieb jedoch nicht lange leer und ich bemerkte wie sich blaue Wellen auf dem Blatt wogten. Schiffe schaukelten auf dem Meer und Matrosen blickten in die Abendsonne. Ein schwacher Wind wehte und fast hätte ich ihn fühlen können - doch auch er flüsterte mir keine Geschichten zu. Nichts über Piraten und tapfere Seemänner. Keine Seeschlachten, keine kämpfe gegen Ungeheuer. Nur unentwegt die selben Worte: »Warte nicht mehr länger, warte nicht mehr länger.« Alles war friedlich auf dem Bild. Als die Sonne in der violetten Schattenwelt unterging und dem Mond gewährte zu scheinen, als die Matrosen voll der Friede in Ruhe ruhten, blickte ich selbst auf, um aus dem Fenster zu schauen. Nichts war geschehen. Ein Wolkenloser Himmel, ungerührt. Ich schaute wieder auf mein Blatt, es war weiß. Weiß und weiß und weiß. So weiß wie Schnee, so weiß wie eine Blüte, so weiß wie die reinste Seide und die Weisheit selbst. Ich starrte es solange an, bis sich rote Flecken vor meinen Augen bildeten. Da stellte ich mir vor wie der Baum, der vor meinem Fenster stand, rote Blätter bekam. Dabei blieb es jedoch nicht. Zuerst waren sie rot, wie Rost über Eisen. Dann rosa, wie der frühe Morgen. Dann gelb, wie ein Zitronenfalter. Irgendwann wurden sie blau, wie das Meer. Der Wind kam und trug sie davon, bis sie eins mit dem Himmel wurden.

Ich sah Menschen die vor mein Fenster traten. Sie unterhielten sich, doch ich konnte ihre Worte nicht versehen. In meinen Gedanken bekamen diese Menschen bunte Flügel. Meeresfarbend. Schimmernd, in allen blau und grün Tönen, die unter Sonne und Mond erstrahlten. Sonnengelb. Hell und warm und duftend wie Blumen. Kirschblütenrosa. Sanft und schweigsam. Heilend und liebreizend wie ein süßer Kuss. Blutrot. Lebendig in brennender Leidenschaft. Fürsorglich und stark wie die Liebe selbst. Und die Menschen hoben ab, um mit ihren bunten Flügeln, die Blätter der Bäume zu bemalen. Belustigt schaute ich dem treiben eine Weile zu. Doch eine Geschichte hatte ich immer noch nicht. Die Flügel der Menschen verschwanden in einem Gold schimmernden Regen und die Blätter der Bäume wurden wieder grün. Ich starrte erneut auf mein Blatt. Es war leer und weiß. So weiß wie Schnee, so weiß wie eine Blüte, so weiß wie die reinste Seide und die Weisheit selbst. Und in diesem Moment erkannte ich, dass es gut so war. Ich hatte mir die ganze Zeit die falsche Frage gestellt: »Worauf warte ich?« Die Frage muss viel eher lauten: »Wieso warte ich?« Und die Antwort darauf wurde mir schon lange gegeben: »Warte nicht länger. Denn es gibt keinen Grund zum Warten.«
Ich legte den Bleistift nieder. Er war spitzt und wollte frei sein, denn ich selbst wollte frei sein.

Der Engel zeigte mir meine Vielfalt, der Mann meine Gegenwart, der Rabe meine Sehnsucht, das Meer und die Matrosen meine Freiheit. die Menschen vor dem Fenster meinen uneingeschränkten Geist. Nichts von Alledem könnte ich festhalten, gefangen halten auf einem Blatt. Das Blatt musste weiß bleiben, es war ein Kunstwerk an sich. Es war alles und ich bin alles, was jemals sein könnte, was jemals entstehen könnte. Alles was ist, in einem Moment.
Auf einem leeren Blatt. Still und heimlich - für mich allein und für die Welt, die ich bemalen durfte.

 

Hej Saana,

erinnert mich zuerst an "Krokodil malt sein Meisterwerk", ein Kinderbuch von Max Velthuijs, in dem es auch um ein weißes Bild geht, das in seiner Weiß-heit alles liefert, was Leinwand hergeben kann.
So ähnlich scheint es auch mit Deinem Blatt Papier zu sein.
Als Gedankenspiel ist das schön, aber für eine Geschichte haben die einzelnen Vorstellungen und Bilder keinen rechten Zusammenhang. Schön wäre, wenn Du das zusammenführst, in irgendeinen Kontext stellst.

Ansonsten solltest Du Dir die Groß- und Kleinschreibung noch einmal ansehen.

Nur so grob rausgefischt:

wurde mein innerstes Berührt
umgekehrt: wurde mein Innerstes berührt

Puzzleteile, ohne ganz zu sein.
das Fettgedruckte erklärt sich dem Leser schon bei dem Wort "Puzzleteil".

Der Anblick des Engels war so reich und voller Gedanken.
Ein Anblick, der voller Gedanken ist? Oder einer, der viele Gedanken auslöst?

Irgendwann ermüdete mich das Lied, denn sein Liebesgesang galt nicht mir.
:D

Viel Spaß noch hier & beim Schreiben.

Gruß
Ane

 

Hallo Ane
Danke für deinen Kommentar.
Ja, ich weiß, muss an meiner Groß- und Kleinschreibung arbeiten :)

Das Thema war ja gerade, dass es keine Geschichte gibt, sondern eben nur Bilder, die einen so kommen, wenn man auf ein leeres Platt schaut, ohne einen Plan zu haben, das ist meistens sehr chaotisch.

 

Hallo Saana.

Wie schon erwähnt, neben den Fehlern fehlt der Kontext.
Vielleicht etwas mehr zu den Bildern, den Hintergedanken oder über die Erzählende Person.
Warum soll das schöne weiße Blatt mit ihren unzähligen Geschichten/Bildern ausgefüllt werden?
Lasse es doch leer.
Gebe Deiner Geschichte auch dieses freie Gefühl.

Hat mich gefreut.
Weiter so.

Lg

 

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