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Ein ungewöhnliches Mittagessen
Ein gewöhnliches Mittagessen
Wieder mal stand ich vor dem Herd um meinem Sohn zum Mittagessen die erwünschte Speise vorzusetzen. Aber mein Sohnemann, ein Dreikäsehoch von gerademall fünf Jahren, war nicht so leicht zu begeistern. Was er gestern noch als gut empfunden hatte, könnte morgen schon wieder „out“ sein, wie er es nannte. Dann stemmte der kleine Mann seine Fäuste in seine schon etwas pummeligen Hüften, sein Gesicht färbte sich puderrot, stampfte mit dem rechten Fuß auf (es war immer der rechte – Gott weiß warum) und fing an zu schreien, dass er manchem Opernsänger echt Konkurrenz hätte machen können. Obwohl ich dies in zwischen eigentlich gewöhnt sein sollte, muss ich sagen, dass er mich doch jedes mal wieder neu mit seiner hohen Stimmlage verblüfft. Und auch heute spürte ich, dass nicht alles glatt gehen würde. Mein Sohnemann stand schon erwartungsvoll neben mir. Aber zum Glück war er noch zu klein um in die Töpfe gucken zu können, sonst hätte ich gleich neben dem Dauerauftrag für neue Teller auch einen für Töpfe einrichten können. Zur Sicherheit hatte ich schon vorher alles präpariert. Schnell die gute Tischdecke ausgewechselt, alles gefährliche aus seiner Reichweite entfernt bzw. mit Bändern oder Sekundenkleber fixiert, obwohl ich jetzt noch nicht weiß wie ich dieses wieder lösen soll, falls er auf die Idee kommen sollte mehr als den Teller mit dem Essen durch die Gegend zu schleudern und nicht zu vergessen, die Trennwand aus Holz vor unsere richtige Wand gerollt. Obwohl ich bis heute nicht verstanden habe, was an ein paar Flecken und Macken mehr oder weniger an der Wand auszusetzen ist Aber der Vater, dieses reizenden geschöpftst, hatte es satt gehabt abends noch mit Bürste und Seife, die noch zu entfernenden Reste von der Wand zu kratzen.
Jedes Mal nach so einem Wutanfall der vielleicht einmal in der Woche beim Mittagessen vorkam, hatte ich überlegt, ob ich etwas falsch gemacht hatte. War ich mit dem falschen Fuß aufgestanden, hatte ich vergessen mir morgens in der Aufregung zwischen Kind fertig machen für den Kindergarten ( was ähnlich ist, als ob man versucht einen Tintenfisch anzuziehen), das Frühstück richtig auf den Tisch stellen und das Badezimmer vor einer Überflutung zu retten, die mein Sohn, dank der neuen Wasserpistole von seinen Großeltern, angerichtet hatte, die Zähne zu putzen.
Nachdem ich von diesem Tag an genaustens auf alle Sachen achtete, fühlte ich mich nach fünf tagen schon als Sieger, aber dann passierte das unvermeidliche, der Teller mit dem Essen landete an der gerade frisch gestrichenen und geputzten Wand. Nach diesem Tag hatte ich eigentlich schon alles Hoffnungen aufgegeben und war zu dem Schluss gekommen, dass mein Kind nicht von dieser Welt stammen kann. In diesem Moment viel mir dann auch noch brütendwarm ein, dass an dem Tag seiner Geburt ein Unwetter gegeben hat und von diesem Moment an war alles klar. Mein armes kleines Kind musste irgendwo mit Aliens durch die Gegend fliegen, während ich dieses Kind am Hals habe. Doch dann erschien mir ein Hoffnungsschimmer in Gestalt von meiner Nachbarin Rita. Sie hat sogar zwei von diesen kleinen Dingern zu Hause, wobei ich mich bei ihr wundere, dass sie überhaupt noch wagt aus dem Bett zu steigen, weil man jede Minute beführten muss, plötzlich von einer Horde Indianern gefangen genommen und an den Materfahl gebunden zu werden. Auf jeden Fall ließ Rita sich gerade über die Fernsehgewohnheiten aus, wobei ich ihr schon seit einer Weile nicht mehr folgen konnte, als ich plötzlich durch den Ausdruck Manipulation der Eßgewohnheiten aufgeschreckt wurde. Sofort wurde ich hellhörig. Sie regte sich gerade darüber auf wie unverschämt doch die Werbung wäre. Seitdem ihre Kleinen Fernsehgucken könnten, würde sie nur noch das essen was gerade in der Werbung lief.
Da lag ich Nächte lang wach und wälzte mich im Bett herum, so dass mein man inzwischen vorzog im Gästezimmer zu schlafen. Jedes mal, wenn ein Sohn wutschnaubend das essen verweigerte, fühlte ich mich schuldig und versuchte den Grund für sein verhalten bei mir zu suchen.
Während ich darüber nachdachte, nahm ich einen Suppenteller heraus, um auch heute meinen Sohn hoffentlich mit dem Essen zu beglücken. Ich hoffte inständig, dass ich heute noch mal von einem Wutanfall verschont bleiben würde. Ich stellte den Teller auf den Tisch und brachte mich im selben Moment in Sicherheit. Aber nichts passierte, kein Geschrei, kein Tellergeklirr. Vorsichtig lugte ich um die Ecke in die Küche, mein Sohn saß ruhig am Tisch, als könnte ihn kein Wässerchen trüben und aß hastig seine Suppe, wobei die Hälfte natürlich eher neben dem Teller landete als in seinem Mund.
Erleichtert stöhnte ich auf. Für heute blieb ich verschont, aber morgen konnte es schon wieder ganz anders aussehen. Wer weiß schon, was sich die Werbeindustrie morgen ausdenken würde um kleiner Kinder in ihre Klauen und gestresste Mütter in Not bringen.