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Ein treuer Gefährte

Beitritt
30.07.2016
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Ein treuer Gefährte

Fragte man die Mitglieder des Schäferhundplatzes in Birkdorf nach dem Grund ihrer persönlichen Vorliebe für den Deutschen Schäferhund, ähnelten sich die Antworten sehr:
Er sei der perfekte Allrounder, würde alles geben für seinen Besitzer – sowohl im Schutzdienst als auch im Alltag, er sei unbestechlich, widerstandsfähig bis hin zur Härte, optisch mache er Eindruck ... vor allem ein Adjektiv aber wurde immer wieder bemüht: Der Deutsche Schäferhund sei treu. Er verschenke sein Herz nur einmal.

Helmuth führte Deutsche Schäferhunde, solange er sich zurückentsinnen konnte. Die Faszination für den "Mercedes der Hundewelt" hatte er mit der Muttermilch eingesogen. Schon sein Vater war Anhänger der Rasse gewesen und in Helmuths Kindheitserinnerungen war stets ein gelb-schwarzer Schatten mit Spitzohren und klangvollem Zucht-Namen an seiner Seite.
Die ergebenen Begleiter verbrachten damals ihre Tage meist im Zwinger, der dem Haus angeschlossen war, bewachten nachts das Grundstück und unterlagen der strengen Einschränkung, nicht eine Pfote in die Wohnräume setzen zu dürfen – Helmuth erzählte gerne und häufig die Geschichte, wie sein Vater ihn eines abends aus den Zwingeranlagen tragen musste, wo er ihn angekuschelt an den alten Rüden der Familie vorgefunden hatte.
Wurde es spät im Vereinsheim, das ein oder andere Bier war schon getrunken und die Hunde dösten in ihren Boxen, musste Helmuth öfter von seinen Kumpanen daran erinnert werden, dass man besagte Geschichte schon kannte und mehr als einmal gehört hatte.

Sein aktueller Hund und ganzer Stolz war ein knapp zweijähriger Rüde namens "Ajax vom Tannenweg", ein imposantes Tier, welches an die 40 Kilo auf die Waage brachte und dessen Schulterhöhe an der Obergrenze des Standards kratzte.
Helmuth hatte sich hohe Ziele für den jungen Rüden gesetzt.
Ajax' Ausbildung verlief nach eben dem Schema, welches Helmuth in 40 Jahren aktivem Hundesport bei noch jedem seiner Tiere erfolgreich angewandt hatte.
Das Stachelhalsband war obligatorisch während der Unterordnungseinheiten, Helmuth erklärte gerne und ausführlich, was für hervorragend "feine Impulse" man damit am Hund setzen könne.
Angesichts der eher grob anmutenden Rucke am Hals des Tieres hätte ein nicht involvierter Beobachter zwar einwenden können, dass besagte Impulse eine gewisse Handfestigkeit mit sich brachten, doch war man gern unter sich auf dem Schäferhundplatz Birkdorf.

Das Credo "Keine Strafe ist Lob genug" hätte Helmuth so nicht unterschrieben. Er bestätigte seinen Ajax bei herausragenden Leistungen mittels Beißwurst oder Ball – öfter jedoch bediente er sich der Lerntheorie in Form von dem Hinzufügen unangenehmer Reize oder aber dem Wegnehmen besagter Reize, sobald der Hund sich der Unannehmlichkeit beugte und sein Verhalten anpasste.
Im Klartext hieß das, dass Helmuth seinen Hund zu Höchstleistungen antrieb, indem er brüllte, die kurze Lederleine als Peitsche gebrauchte, in Lefzen und Ohren kniff, am Stachelhalsband riss und in Extremsituationen auch nicht abgeneigt war, den Hund an der Würgekette mittels Leine einige Zentimeter vom Boden zu heben und hängen zu lassen.
Unter "Extremsituation" fiel für Helmuth dabei das wiederholte Versagen beim Apport sowie Unkonzentriertheit bei der Fährtenarbeit. Gerade die Verweigerung des Apportes oder dessen schlampige Ausführung machte ihn rasend.
Bei all diesen Maßnahmen jedoch hatte Helmuth auch seine festen Prinzipien: Er verachtete den Gebrauch von Strom am Hund. Nie käme ihm ein entsprechendes, Stromimpulse sendendes Gerät an seinen Ajax.
Gerne betonte Helmuth beim Zusammensitzen nach dem Training, dass diese Apparate laut Tierschutzgesetz berechtigterweise verboten seien, manchmal zitierte er auch den erklärenden Paragraphen, in dem es hieß, dass einem Wirbeltier ohne triftigen Grund kein Leid zugefügt werden dürfe.

Am Tag der Feierlichkeiten zum 50jährigen Bestehen des Vereins hatte Helmuth sich vorgenommen, eine Art Zusammenschnitt vorzuführen, der die Anforderungen an einen ausgebildeten Schutzhund demonstrieren sollte.
Ajax sollte eine Unterordnungseinheit absolvieren, ein Verbellen des "Verbrechers" sowie einen Biss in den gepolsterten Arm nach einem Fluchtversuch des Scheintäters.
Es war ein heißer Tag, an die 35 Grad, kaum ein Lüftchen regte sich.
Die Hunde in den fest installierten Boxen vor dem Vereinsheim hechelten um die Wette und wechselten häufig ihre Liegeposition, um der stickigen Hitze irgendwie zu entkommen.

Der Besucherandrang war erstaunlich. Um die 100 Schaulustige waren gekommen.
Böse Zungen behaupteten, dass es daran liegen könne, dass in Birkdorf und Umgebung schlicht nichts Aufregenderes stattfinde und man deshalb aus Verzweiflung und Langeweile auf den Schäferhundverein zurückgreife - schließlich gab es Bier und Gegrilltes.
Nach einer Begrüßung durch den Vereinsvorsitzenden begann die Menschenmenge, sich entlang des Zauns zum Trainingsgelände zu positionieren, das Geschrei der spielenden Kinder legte sich, die Schaulustigen warteten auf den Beginn der Vorführung.
Helmuth verspürte eine leise Aufregung - obwohl er im Laufe seiner Karriere dutzende von Prüfungen durchlaufen hatte, war diese Menge an Zuschauern ihm neu. Er zweifelte nicht an Ajax und in keiner Weise an sich selbst, trotzdem flüsterte er dem Rüden ein leises "Benimm dich!" zu, als er ihn aus der Box holte, in der dieser die letzten Stunden verbracht hatte.
Er führte Ajax vorbei an der Menge hin zum Tor des Übungsplatzes. Der Hund wirkte fahrig. Er nutzte die Länge der kompletten Leine, um nervös hin und her zu pendeln, hechelte stark und speichelte. Helmuth nahm Ajax kurz und hakte den Karabiner der Leine so ins Kettenhalsband, dass dieses das Tier würgte, sobald Zug darauf kam.

Helmuth befahl Ajax in die Grundstellung: Der Rüde setzte sich eng ans linke Bein seines Menschen und nahm Blickkontakt auf. Die Unterordnung begann.
Ajax lief zuverlässig wie immer, nahm die Winkel sauber, passte sich an jegliches Tempo an und zeigte Sitz, Platz und Steh fließend aus der Bewegung.
Trotzdem merkte Helmuth, dass der Rüde nicht zu hundert Prozent bei der Sache war. Er ließ den Blickkontakt oft schleifen, hechelte so stark, dass er am ganzen Körper bebte. Helmuth kannte seinen Ajax, wußte um seine Zuverlässigkeit. Dass der Rüde nun, wo so viele Augen auf sie gerichtet waren, nicht seine Bestleistung zeigte, ließ Ärger in ihm aufsteigen. Er biss vor Anspannung die Zähne zusammen und lief schneller, um die schwindende Aufmerksamkeit seines Hundes auf sich zu lenken.

Der Apport kam an die Reihe. Ajax nahm die Grundstellung ein, Helmuth schwang das schwere Apportierholz einige Male und warf es gekonnt über die Meterhürde, die Ajax bewältigen musste.
Helmuth genoß einen kurzen Moment die Stille, die sich über die Zuschauer gelegt hatte. Er interpretierte diese als atemlose Würdigung seines Auftritts.

"Apport!"
Ajax schoß nach vorne, gewann an Tempo und bewältigte den Sprung über die Hürde. Er nahm das Apportierholz sauber auf, machte kehrt und übersprang das Hindernis abermals fehlerlos.
Nachdem der Rüde die Landung absolviert hatte, strauchelte er, verlor an Tempo.
Ajax Körperspannung ging verloren, mit hängendem Kopf, das Apportel noch im Maul, verfiel er in einen unsicheren Trab. Schließlich blieb er stehen, spuckte das Holz auf den kurzgemähten Rasen und stand hechelnd und verloren zwischen der Hürde und seinem Besitzer.
Ein Kind begann hell zu lachen.
Helmuth spürte, wie eine kalte Wut seinen Magen zusammenzog. Er ging schnellen Schrittes auf den Rüden zu – dieser wich ihm auf zitternden Beinen aus. Er führte ihn vor, vor versammeltem Publikum.
Helmuth bekam das Kettenhalsband zu fassen, Ajax geriet in Panik und versuchte, sich dem Griff zu entwinden. Helmuth hakte die Leine ein.
Die Wut und das Gefühl der Bloßstellung vereinnahmten ihn, das Raunen des Publikums trat in den Hintergrund.
Helmuth riss die Leine mit beiden Händen in die Höhe, ließ Ajax hängen.

Der Rüde zeigte keine starke Gegenwehr. Er wand sich einige Male, hatte nicht mehr die Kraft, mittels seiner Hinterläufe sein Gewicht abzufangen. Die Würgelaute drangen nicht zum Publikum vor, nur Helmuth konnte das Röcheln vernehmen.

Jemand riss seine Arme herunter, brüllte ihn an.
Michael war der Schutzdiensthelfer. Er stand, noch im Schutzanzug inklusive Beißarm, vor Helmuth, seine Gesichtzüge waren verzerrt. Wut oder Entsetzen, Helmuth konnte es nicht einordnen.
Ajax sackte zu Boden und begann zu krampfen. Seine Schleimhäute hatten sich violett verfärbt, die Augen waren verdreht.
Er starb noch auf dem Platz.

*

"Boss von der Hohenstieger Burg" hatte seine 8. Lebenswoche abgeschlossen. Er war ein aktiver, extrovertierter Welpe, ohne Anzeichen von Angst oder Misstrauen.
Sein stolzer Züchter prophezeite ihm eine glänzende Karriere im Sport, vorausgesetzt, man würde ihn optimal fördern.

Helmuth unterschrieb den Kaufvertrag und nahm die Zuchtpapiere an sich.
Auf dem Heimweg überkam ihn ein Hochgefühl. Boss war ein Glücksgriff, ein Hund mit beeindruckender Ahnentafel und guten Anlagen.
Er würde ihm ein treuer Gefährte sein.

 

Hallo my black eyed dog,

ich gehe mal durch den Text.

"Die 23 Vereinsmitglieder, allesamt im "Verein für den Deutschen Schäferhund" organisiert, ..." -> Vereinsmitglieder im Verein klingt erstens blöd und zweitens frage ich mich, ob "organisiert" hier das richtige Wort ist. Das passt m.M.n. nicht in diesem Kontext.

Kann das Bier einer kleinen örtlichen Brauerei "berühmt" sein? Vielleicht in Birkdorf, ja, aber außerhalb dieser Ortschaft wohl eher nicht. Das Wort würde ich also austauschen.

Du beschreibst den Schäferhund treffend und doch sagt mir das nicht zu, weil ich die Liebe zum Tier nicht in bzw. zwischen den Zeilen erkennen kann ... Vielleicht liegt das am Konjunktiv, sicher bin ich aber leider nicht, was anders sein müsste, damit das wie gewünscht auf mich wirkt. Dass der Schäferhund sein Herz in der Regel "nur einmal verschenkt", weiß ich zwar, trotzdem wäre es mir lieber, wenn du das zeigen und nicht bloß sagen würdest.

Speziell in den nächsten zwei Absätzen finde ich die Sprache äußerst seltsam. Beispielsweise "zurückentsinnen" (gibt es laut Duden in dieser Form übrigens nicht) und "mit der Muttermilch eingesogen" passen für mich nicht wirklich mit dem berichtenden und fast schon autoritären Stil zusammen, in dem die beiden Absätze geschrieben sind. Wenn du Ereignisse in der Vorvergangenheit erzählst, solltest du auch in der Zeit bleiben und nicht hin und herspringen, da das irritiert; erst recht, wenn die Geschichte im Präteritum erzählt wird.

Im vierten Absatz wird der von mir monierte Erzählstil leider noch schlimmer. Das wirkt total erzwungen, als läge der Fokus darauf, sich sowohl sprachlich als auch fachmännisch überaus korrekt auszudrücken. Ich finde das viel zu übertrieben.
Davon mal abgesehen, dass ich Helmuth für ein totales Arschloch halte und ihm die angebliche Liebe zu den Hunden, die sich nur in der Anekdote aus seiner Kindheit widerspiegelt, nicht abkaufe, nimmt mir der Erzählton echt die Lust, die Geschichte weiterzulesen.

Ich habe es trotzdem getan, ohne zu notieren, was mich noch gestört hat.

Das trifft einen echt ins Mark, was für ein Mistkerl dein Helmuth ist. Wenn du erschüttern wolltest, ist dir das definitiv gelungen. Ich denke, beinahe rasend vor Wut, über deinen Protagonisten nach und frage mich, warum zur Hölle er noch immer Hunde halten darf und nicht einsitzt oder mal gehörig was an den Kopf bekommen hat ...

Ich habe deine Geschichte nicht gerne, aber betroffen gelesen.

Liebe Grüße,
JackOve

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo JackOve und vielen Dank für deine Rückmeldung! :-)

Ich erkläre mich mal eben:

Die Geschichte ist "inspiriert" durch einen Vorfall, der einige Jahre zurück liegt und - zumindest in der Hundeszene - die Runde machte.
Ein Mann hängte seinen Schäferhund beim Training auf. Der junge Rüde starb an den Folgen dieser Maßnahme.
Der Rest der Geschichte entspricht so ziemlich dem, was ich im Zuge meines Hundehalterlebens und im Rahmen von Prüfungen etc. erlebt habe. GERADE auf den SV (Schäferhundverein) und dessen Ortsgruppen bezogen.
Ich habe versucht, daraus eine Geschichte zu basteln.

Mein Anliegen war tatsächlich nicht, eine schöne Geschichte zu schaffen, dazu gleich mehr:

Du beschreibst den Schäferhund treffend und doch sagt mir das nicht zu, weil ich die Liebe zum Tier nicht in bzw. zwischen den Zeilen erkennen kann ... Vielleicht liegt das am Konjunktiv, sicher bin ich aber leider nicht, was anders sein müsste, damit das wie gewünscht auf mich wirkt. Dass der Schäferhund sein Herz in der Regel "nur einmal verschenkt", weiß ich zwar, trotzdem wäre es mir lieber, wenn du das zeigen und nicht bloß sagen würdest.

Die "Liebe zum Tier" sollte NICHT zwischen den Zeilen zu erkennen sein. Jedenfalls nicht das, was du damit vermutlich meinst.
Ich habe diese oft nicht finden können, auf den verschiedenen Sportplätzen.
Die Hunde sollten funktionieren, sauber beißen, eine gute Unterordnung ablegen und in der Box die Klappe halten. Mehr nicht.

Danke für deinen Hinweis auf die verpatzten Zeitangaben, ich werde das nochmal überarbeiten.

Davon mal abgesehen, dass ich Helmuth für ein totales Arschloch halte und ihm die angebliche Liebe zu den Hunden, die sich nur in der Anekdote aus seiner Kindheit widerspiegelt, nicht abkaufe, nimmt mir der Erzählton echt die Lust, die Geschichte weiterzulesen.

Dass du ihm die Liebe zum Hund nicht abkaufst, war das Ziel!
Helmuth IST ein Arschloch.
Viele Leute in der Szene sind Arschlöcher, wenn man es am Umgang mit ihren Hunden festmacht.

Das Ziel der Beschreibungen der sportlichen Leistungen, der "Foltermethoden" und des allgemeinen Umgangs war ein Versuch, das Thema nicht emotional anzugehen.

Selbstverständlich koche ich auch vor Wut, wenn ich daran denke, wie Helmuth und Co. ihre Hunde behandeln - nur wollte ich das möglichst nicht direkt einfließen lassen, sondern eher beschreiben.

Nein, ich weiß, so eine Geschichte liest man nicht "gerne".
Danke, dass du es trotzdem getan hast und danke für deine Rückmeldung!

EDIT:

Die Beschreibung des Schäferhundes ist lediglich die Spiegelung dessen, was einem von diversen sportlich orientierten Liebhabern der Rasse wieder und wieder vorgekaut wird.
Ich persönlich unterschreibe da gar nichts.
Weder finde ich den schwammigen Begriff der "Treue" angemessen für einen Hund, noch sollte diese einen Maßstab darstellen für die Bewertung eines Lebewesens. Es mögen sehr am Besitzer orientierte Hunde sein - "treu" sind sie sicher nicht. Hunde sind Opportunisten, ihnen menschliche Motive in dieser Form zu unterstellen halte ich für eine seltsame Glorifizierung.

 

Hallo nochmal. :)

Schön, dass du so detailliert antwortest und im Prinzip das bestätigst, was ich mir nach meinem Post selbst gedacht habe. Die Liebe zum Tier, die ich gesucht habe, war reines Wunschdenken, für das du nicht die Schuld tragen solltest, weil du ja aus ganz anderen Motiven geschrieben hast. Ich habe mich da auf eine falsche Fährte locken lassen und wer einmal auf den Zug springt ...
So kann das laufen, wenn man direkt mitschreibt und nicht zuerst die Geschichte liest. Vielleicht hätte ich die Anekdote für gelungen befunden, wenn ich die letzten Absätze schon gekannt hätte, weil sie ja zum Ausdruck bringt, wie realitätsfern Helmuth, das Arschloch, ist. Es ist ja häufiger so, dass sich die Besitzer nicht unbedingt im Klaren darüber sind, was sie ihren Hunden eigentlich zumuten und sich einreden, sie wären die Herrchen schlechthin ... Ich spreche da aus Erfahrung, habe mal auf einer Huskyfarm gearbeitet.

Liebe Grüße,
JackOve

 

Ich habe mich da auf eine falsche Fährte locken lassen und wer einmal auf den Zug springt ...

Gut, dass du das anmerkst, denn:
Auf keinen Fall wollte ich den Eindruck erwecken, zu rechtfertigen, zu relativieren oder gut zu heißen.
Vielleicht sollte ich noch stärker herausarbeiten, was mein Standpunkt ist - in diesem Fall aber wollte ich ausprobieren, ob die Geschichte selbsterklärend ist.
Ich verabscheue die Vereinsmeierei, das Degradieren des Hundes zum Sportgerät, den lieblosen Umgang zutiefst. Der Text hätte eine Abrechnung sein können, aber ich wollte eben größtenteils die Bewertung rauslassen und Helmuth agieren lassen, wie er eben agiert ... damit er sich selbst disqualifiziert.

Ich spreche da aus Erfahrung, habe mal auf einer Huskyfarm gearbeitet

Auch aus der Husky- bzw. Rennszene hört man teilweise Abartigkeiten. Ich glaube dir deshalb sofort.
Vermutlich ist es austauschbar, die Szene egal ... es gibt überall unfassbare Idioten.
Im Schutzhundesport ist es nur besonders offensichtlich.

 

Hallo my black eyed dog,

das ist ein harter Tag. Eben "musste" ich die Nazigeschichte von GoMusic kommentieren und jetzt diese. Es liegt mir wirklich fern, KZs zu verharmlosen, aber gewisse Ähnlichkeiten in der Geisteshaltung der Protagonisten in beiden Geschichten kann ich nicht abstreiten. Beide machen sich zum Herrn über Leben und Tod anderer und halten sich dabei für völlig normal oder sogar für richtig groß. Widerlich.

Ich finde den Erzählton deines Textes äußerst wirkungsvoll. Du kopierst den Sprachgebrauch der "Szene", der zu einem guten Teil der Verharmlosung von Tierquälerei dient. Auch das Geschwafel von "Treue" und "Herz verschenken" ist natürlich Augenwischerei, wenn man bedenkt, wie Helmuths Hund unter ihm zu leiden hat. (Eine weitere Parallele zu dem KZ-Kommandanten in der anderen Geschichte, der sich sogar so etwas wie "Liebe" zu der Gefangenen einredet, die er quält.) Das fiese Ende tut ein Übriges, um einem den Tag zu versauen. Kein Vorwurf an dich wohlgemerkt - leider sind solche Begebenheiten ja furchtbare Realität. Und deine Schilderung trifft nun einmal genau ins Schwarze. Deine Intentionen, so wie du sie JackOve erläutert hast, haben bei mir zu 100 % funktioniert.

Noch ein paar Kleinigkeiten zum Text:

Die 23 Vereinsmitglieder
Zahlen schreiben wir normalerweise aus.

Die Faszination für den "Ferrari der Hundewelt" hatte er mit der Muttermilch eingesogen.
"Ferrari" klingt mir zu exklusiv, dafür gibt es dann doch zu viele Schäferhunde. Vielleicht eher der "Mercedes"?

Schatten mit Spitzohren und klangvollem Zucht-Namen
"Zuchtnamen" kann man ruhig zusammen schreiben.

knapp zweijähriger Rüde namens "Ajax vom Tannenweg"
Erst dachte ich, ein A-Wurf würde kein so hohes Ansehen genießen. Aber es muss ja kein neuer Zwinger sein, vermutlich sind sie schon einmal (oder mehrmals) durch mit dem Alphabet.

Ajax Ausbildung verlief nach eben dem Schema F
Ajax' (mit Apostroph)

Nie käme ihm ein entsprechendes, Stromimpulse sendendes GerätKomma muss raus an seinen Ajax.

manchmal zitierte er auch den erklärenden Paragraphen, in dem es hieß, dass einem Wirbeltier ohne triftigen Grund kein Leid zugefügt werden dürfe.
Spätestens da möchte man ihm mal sein Stachelhalsband umlegen ...

mit Ajax zusammen eine Art Zusammenschnitt vorzuführen
Wortwiederholung. Vielleicht "gemeinsam mit Ajax"?

Nach einer Begrüßung durch den VereinsvorsitzendenKomma raus begann die Menschenmenge

um nervös hinBindestrich raus und her zu pendeln

Er biß vor Anspannung die Zähne zusammen
biss

Ajax Körperspannung ging verloren
Ajax'

Helmuth riß die Leine mit beiden Händen in die Höhe
Jemand riß seine Arme herunter
riss (2x)

Er war ein aktiver, extrovertierter Welpe, ohne Anzeichen von Angst oder Misstrauen.
Und wie traurig ist das, dass er nun ausgerechnet zu Helmuth kommt ...?

Die obigen Pingeligkeiten sind das berühmte Gemecker auf hohem Niveau, ich finde dein Sprachgefühl wirklich beeindruckend.

Und jetzt brauche ich noch irgendwas Nettes, bevor ich ins Bett gehen kann ...

Grüße vom Holg ...

 
Zuletzt bearbeitet:

The Incredible Holg ...

... nun muss ich damit leben, dir den Abend vollständig versaut zu haben, entschuldige bitte! ;)
Blöderweise profitiere ich persönlich sehr dadurch, denn ich freue mich über deine Kritik und deine Eindrücke.

Es liegt mir wirklich fern, KZs zu verharmlosen, aber gewisse Ähnlichkeiten in der Geisteshaltung der Protagonisten in beiden Geschichten kann ich nicht abstreiten.

Ich möchte nun wirklich nicht alle denkbaren Klischees (weiter) bedienen, aber das Stammtischgelaber der Herren Hundeführer nach dem fünften Bier widerte mich fast ebenso an, wie ihr Umgang mit Hunden.
Ich will ja gerne glauben, dass es anders sein kann - ich habe es nur einfach nicht anders erlebt.

Und deine Schilderung trifft nun einmal genau ins Schwarze. Deine Intentionen, so wie du sie @JackOve erläutert hast, haben bei mir zu 100 % funktioniert.

Wie schön! :)
Das baut mich auf, wirklich!

"Ferrari" klingt mir zu exklusiv, dafür gibt es dann doch zu viele Schäferhunde. Vielleicht eher der "Mercedes"?

Ja!! Mercedes trifft es absolut! Werde ich dankend übernehmen!

Danke für deine Mühe bezüglich der Korrektur!

Wie ist es eigentlich?
Bearbeite ich jetzt direkt im Text??
Dann würde der Sinn einiger Kommentare ja wegfallen?

Die obigen Pingeligkeiten sind das berühmte Gemecker auf hohem Niveau, ich finde dein Sprachgefühl wirklich beeindruckend.

Vielen Dank!

Erst dachte ich, ein A-Wurf würde kein so hohes Ansehen genießen. Aber es muss ja kein neuer Zwinger sein, vermutlich sind sie schon einmal (oder mehrmals) durch mit dem Alphabet.

Ja, entweder das Alphabet ist schonmal durch - oder die Verpaarung war extrem vielversprechend, trotz A-Wurf.
Helmuth achtet auf so etwas.

Und jetzt brauche ich noch irgendwas Nettes, bevor ich ins Bett gehen kann ...

Schnaps?

 

Hallo my black eyed dog,

mal ne ketzerische Frage und ich weiß, du hasst, von deinem Text was abzuschneiden, aber brauchst du den ersten Absatz wirklich? Irgendwie ist der nämlich etwas zäh und betulich. Ab dem zweiten Absatz wird es deutlich flüssiger. Und die Info, dass es sich um die 50Jahr-Feier handelt, kommt weiter unten dann auch doppelt.
Aber alles andere hat mich gepackt, bedrückt, betroffen gemacht und am Ende habe ich mich richtig gegruselt. Das ist schon eine tolle Wirkung, die dein Text erzielt.

Ach ja, und zu deiner Frage:

my black eyed dog schrieb:
Wie ist es eigentlich?
Bearbeite ich jetzt direkt im Text??
Dann würde der Sinn einiger Kommentare ja wegfallen?

Ja, das ist so. Ich mache allerdings alle Änderungen auch in meiner lokalen Textversion und speichere bei größeren Änderungen das dann unter einer neuen Version ab. Aber hier steht immer das Aktuellste. (Wobei ich in irgendeinem Thread auch was von einem Archiv gelesen habe, in das man Vorfassungen speichern kann. Aber dazu braucht es wahrscheinlich einen Moderator.)

Viele Grüße
Ella Fitz

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo my black eyed dog

müssen wir damit rechnen, dass wir des öfteren Hundegeschichten lesen? :schiel:
Ich kenne mich überhaupt nicht mit der Abrichtung von Hunden aus und Schäferhundevereine finde ich generell ziemlich suspekt, ohne dafür einen besonderen Grund zu haben. Anfangs waren mir zu viele Infos.
Was dir wirklich ausgesprochen gut gelingt, ist die Charakterzeichnung von diesem Helmuth. Auch der Schäferhund Ajax wird erfahrbar, spürbar: die (vom Menschen) geschundene unschuldige Kreatur... Das hat mich berührt und mehr kann man von einem solchen Text gar nicht erwarten.
Ich habe mich beim Lesen auch mit Grauen an ein berühmtes Gedicht von Paul Celan erinnert:

er hetzt seine Rüden auf uns er schenkt uns ein Grab in der Luft
er spielt mit den Schlangen und träumet der Tod ist ein Meister aus Deutschland

Paar Textstellen:

optisch mache er Eindruck ... vor allem ein Adjektiv aber wurde immer wieder bemüht: Der Deutsche Schäferhund sei treu.
warum drei Punkte? Treu im Sinne von absolutem Gehorsam...

"Ferrari der Hundewelt"
wurde schon mal angemerkt... ich finde auch Mercedes nicht passend und frage mich, ob du wirklich solch einen Vergleich brauchst... so Auto und Fußballvergleiche sind reichlich banal...

wo er ihn angekuschelt an den alten Rüden der Familie vorgefunden hatte.
was fehlt ist die Entwicklung dieses Helmuth... wie wird er von einem, der sein Tier zärtlich liebt zu dem wütenden Mann, den du beschreibst?

Ajax Ausbildung verlief nach eben dem Schema F,
ich mag den Ausdruck Schema F überhaupt nicht... übrigens würde mich mal interessieren, was Apport genau ist :)

Böse Zungen behaupteten
auch die Wendung passt irgendwie nicht... zu ironisierend...

Die Geschichte habe ich gern gelesen, ja, was mich angesichts des Themas wundert...

viele Grüße
Isegrims

(und willkommen hioer:)

 

Ella Fitz

mal ne ketzerische Frage und ich weiß, du hasst, von deinem Text was abzuschneiden, aber brauchst du den ersten Absatz wirklich? Irgendwie ist der nämlich etwas zäh und betulich.

Ich kämpfe mit mir... :D
"Betulich" find ich sogar gut, es ist eins der Worte, die mir vordergründig in den Sinn kommen, wenn ich ans Schäferhund-Vereinswesen denke. Betulich, bieder, langweilig, spießig ... und wenn man genauer hinschaut, wird die Soße dann doch "aufgepeppt" durch einige reaktionäre Sadisten.

"Zäh" ist natürlich wieder eine andere Sache, die braucht es nicht, da stimme ich dir zu.
Wenn ich allerdings sofort mit Helmuths Rückblick anfange, fehlt der Punkt, wie die Vereinsmitglieder ihn wahrnehmen, ihren Deutschen Schäferhund.
(Wobei ich das vielleicht an anderer Stelle noch unterbringen könnte...)
Der Bezug zum Titel wird zweimal hergestellt im Text, einmal bei ebendieser Beschreibung und am Ende.
Die Attribute, mit denen der Schäferhund im ersten Absatz bedacht wird, sollen aufzeigen, mit wie viel Pathos und wie wenig Hundeverstand/Empathie die Tiere bedacht werden - also eine Weichenstellung für den restlichen Text.

Ich werde mal schauen, wie es wirkt. Danke dir für den Denkanstoß!

* wird fortgesetzt *

 

Isegrims :

Auch dir vielen Dank für die Rückmeldung!

müssen wir damit rechnen, dass wir des öfteren Hundegeschichten lesen?

Sollte es dich verärgern und langweilen, werde ich versuchen, es zu unterlassen! :D

(Ich kann nicht versprechen, dass nicht doch nochmal ne Hunde-Story dazwischenrutscht. Ist eben meine Leidenschaft und mein Beruf, das Viehzeug.)

Ich habe mich beim Lesen auch mit Grauen an ein berühmtes Gedicht von Paul Celan erinnert:

Das im folgenden angeführte Zitat verpasst mir immer absolut treffsicher eine Gänsehaut.
Die "Todesfuge" gehört zu dem eindrucksvollsten, bedrohlichsten, tiefsinnigsten (ich könnte allein stundenlang über die "schwarze Milch der Frühe" nachdenken) was ich je gelesen habe.
Kennengelernt habe ich es in der Oberstufe. Seitdem begleitet es mich, packt mich in regelmäßigen Abständen.

wurde schon mal angemerkt... ich finde auch Mercedes nicht passend und frage mich, ob du wirklich solch einen Vergleich brauchst... so Auto und Fußballvergleiche sind reuchlich banal...

Ja, banal ist es. Es ist allerdings nicht mein Vergleich, sondern wieder "Szene-Jargon".

was fehlt ist die Entwicklung dieses Helmuth... wie wird er von einem, der sein Tier zärtlich liebt zu dem wütenden Mann, den du beschreibst?

Genau dieser Punkt bereitet mir auch Probleme!
Ich wollte vermutlich aufzeigen, dass auch ein Sadist einem "Lernprozess" unterliegen kann und eben nicht schon mit sieben Jahren Hunde aufhängt.
Helmuth ist zum Arschloch geworden, wodurch - bleibt offen. Ich hatte gehofft, dass der Leser es sich vielleicht mit Prägung durch den Vater zusammenreimt. Könnte ich natürlich auch noch irgendwie unterbringen.
Da muss ich mir jetzt nochmal Gedanken drüber machen.

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Ich habe die Geschichte nun überarbeitet UND ( Ella Fitz ) es tatsächlich übers Herz gebracht, den Anfang zu kürzen.

 

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