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Ein Traum

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05.12.2002
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Ein Traum

Eine Kurzgeschichte von Anja Albus

Ein Traum, der so real erscheint, dass man befürchtet, er könne Wirklichkeit sein. Ein Leben, das so trügerisch dahin schleicht, dass man meint, es wäre ein Traum. Ist es Realität, oder Illusion?

Martina sitzt am Bett ihres Kindes. Es ist dunkel. Durch das Fenster dringt der Schein der Straßenlaterne und hin und wieder auch der Lichtstrahl eines Autoscheinwerfers, der wie zufällig das Zimmer erhellt.
Sie hält die kleine Hand ihres Sohnes fest in ihrer Hand, drückt sie an sich und spürt seine Wärme. Wie weich seine Glieder sind, wie dünn und lang die schmalen Finger. Mit der Unterseite ihres Daumens fährt sie unablässig über seine Fingernägel hinweg, nur ganz leicht,um den zarten Druck auf ihrer eigenen Haut zu spüren.
Es ist still in dem Zimmer. Nur jede Stunde schlägt die Uhr der Elisabethkirche und ihr leises Klong dringt durch das geschlossene Fenster. Der Atem des Knaben geht eintönig und leise, er wirkt einschläfernd und gedämpft, lädt ebenfalls zum schlafen ein.
Doch Martina will nicht schlafen. Sie sitzt nur da, hält die Hand ihres Kindes und lächelt bei jedem zufälligen Lichtschein, der auf sein Gesicht fällt.
Ihre Augen sind müde, ihr Rücken schmerzt, ihr Magen knurrt und doch merkt sie es nicht. Denn etwas anderes ist ihr wichtiger, so wichtig, dass es ihre eigenen Bedürfnisse weit in den Schatten stellt.
Plötzlich scheint sein Körper aus der Eintönigkeit des Schlafes zu erwachen. Seine lang ausgestreckten Beine zucken ruckartig, seine Hand gleitet aus der Berührung seiner Mutter. Sein Atem geht schnell und unruhig und der Junge zittert am ganzen Leib.
Martina richtet sich auf. Jetzt ist es also soweit. Steht ihr nun der Moment bevor, den sie schon so lange fürchtet? Das Blut weicht aus ihrem Kopf und hinterläßt ein leichtes Gefühl des Schwindels. Sollte sie den Knopf drücken?
Sie beugt sich über ihr zappelndes Kind, seine Bewegungen werden immer schneller, ruckartiger und unmenschlicher. Trotz der Dunkelheit kann sie seine weißlich schimmernden Gesichtszüge erkennen, die so verzerrt sind, dass das Gesicht kaum noch Ähnlichkeit mit ihrem Jungen aufweist.
Ein leises Röcheln schlägt ihr entgegen und es klingt fast wie ein Wort. „Hilfe“. Ihr Sohn schrie danach, ja bettelt förmlich darum. Sie schaut ihn nur an, beugt sich noch tiefer über ihn und eine Träne löst sich aus ihrem Auge und benetzt sein Gesicht.
Ihre Hand greift nach dem Kabel, an dessen Ende sich ein runder, roter Knopf befindet. Sie fühlt das kalte Plastik, spürt mit ihrem Daumen die leichte Vertiefung des Schalters, doch sie drückt ihn nicht.
Wieder tritt eine Träne aus ihren Augen, kullert über ihre Wange und fällt herab zu ihrem Sohn. Seine Bewegungen werden nun wieder ruhiger, geräuschvoll rasselt sein Atem, doch weniger eintönig als zuvor. Seine Arme und Beine entspannen sich zusehends, die Gesichtszüge wandeln sich von einem Fremden zu einem Bekannten.
Dann wird es still. Das Rasseln verschwindet, kein Beben mehr, kein Glockenschlag.

Am nächsten Morgen öffnet Martina die Augen. Sie liegt im Krankenzimmer neben dem Bett ihres Sohnes. Gerade hat die Schwester das Fenster geöffnet, um ein wenig frische Luft in das stickige Zimmer zu lassen. Er liegt ganz entspannt da, sein Gesicht ist blass, doch sein Brustkorb hebt leicht das weiße Laken auf und ab. Seine Haut wirkt transparent, seine Arme dünn und ausgemergelt.
Martina steht leise auf, schreitet langsam zu seinem Bett herüber und drückt einen sanften Kuss auf die Stirn ihres todkranken Kindes. Dann ergreift sie seine Hand.

 

Hallo Anja,

zunächst verwandle ich mich kurz in den sprechenden Grammatik-Duden. Du hast Tempusfehler. Die Story steht im Präsens, aber es gibt mehrere Stellen, wo Vergangenheitsform steht. Da solltest Du mal drüber schauen.

Du beschreibst sehr einfühlsam die Situation. Wirklich gelungen. Auch die dramatische Phase kann gefallen (dort haben sich übrigens die meisten Tempusfehler eingeschlichen). Am Morgen blendet sich die Handlung langsam aus; dass das Kind todkrank ist, hat man längst geahnt, und über einen beschreibenden Sprachstil kommst Du nicht mehr hinaus. So ist das alles nicht mehr als eine Facette, ein Auszug aus einer längeren Leidensgeschichte. Sie funktioniert durchaus als Ausschnitt, aber Du darfst Dich nicht wundern, wenn der eine oder andere Leser sich mehr Hintergrund wünscht.

Ach ja, seltsames kann ich an der Geschichte nicht finden. Meiner Meinung nach gehört sie nach "Gesellschaft" oder "Alltag". Schick mir einfach eine PM, dann verschiebe ich sie für Dich. Da gibts übrigens meist auch mehr Leser ;)

Fazit: sprachlich okay, inhaltlich ausschnitthaft aber spannend und mitfühlend erzählt.

Uwe
:cool:

 

Hi Anja!

Hey, eine neue Kurzgeschichte von dir! :)

"Ein Traum" gefällt mir. Ich konnte mich sehr schön in die Geschichte hineinfinden, mit Martina fühlen, und die Bezeichnung "einfühlsam" trifft es wirklich gut. Habe die Geschichte sehr erwartungsvoll gelesen.
Gut gefiel mir auch, wie du das Verhalten deiner Protagonistin beschrieben hast, als sie die Hand ihres Sohnes fühlte sowie die Atmosphäre, die du aufbaust (Schein der Straßenlaternen, Schlagen der Kirchenuhr, usw.). Der Stil ist – wie von dir gewohnt – angenehm zu lesen.

Rubrikmäßig fände ich aber auch "Alltag" passender, da ich an der Geschichte nichts Seltsames im Sinne von Eigenartigem oder Mysteriösem finden kann. Auch wenn der Traum Martina ziemlich real erscheint, so war es trotzdem nur ein Traum gewesen, oder? Und so unwahrscheinlich, dass sie von ihrem kranken Kind träumt, finde ich es gar nicht – die Krankheit belastet die Mutter ja seelisch.

Ein wenig enttäuschend fand ich das Ende, da man erst sehr mit Martina fühlt, und am Ende feststellt, dass sie – obwohl ihr Sohn natürlich wirklich krank ist – alles nur geträumt hat. Insgesamt finde ich deine Kurzgeschichte aber trotzdem gelungen.

nur ganz leicht,um den zarten Druck
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Martina richtet sich auf. Jetzt war es also soweit. Stand ihr nun der Moment bevor, den sie schon lange fürchtete? Das Blut wich aus ihrem Kopf und hinterließ ein leichtes Gefühl des Schwindels. Sollte sie den Knopf drücken?
Sie beugte sich über ihr zappelndes Kind, seine Bewegungen werden immer schneller, ruckartiger und unmenschlicher. Trotz der Dunkelheit kann sie seine weißlich schimmernden Gesichtszüge erkennen, die so verzerrt waren, dass das Gesicht kaum noch Ähnlichkeit mit ihrem Jungen aufwies.
Vermischung von Gegenwart und Vergangenheit

Viele Grüße,

Michael :)

 

Hallo Michael, hallo Uwe!

Danke Euch beiden, daß ihr Euch die Mühe gemacht habt, meine Geschichte zu lesen und auch ein Kommentar drunter zu schreiben.

Ups, daß ich noch ein paar Zeitfehler eingebaut habe, ist mir auch schon aufgefallen, ich schreibe nämlich normalerweise in der Vergangenheit, und wenn man es dann mal anders versucht...
Werde es aber noch korrigieren.

Daß es sich um einen Traum handelt, den Marina durchlebt, hast Du Michael richtig erkannt. Martina setzt sich wohl immer wieder mit dem Thema Tod auseinander, daß es sie sogar im Schlaf nicht losläßt.

Das Ende habe ich absichtlich so gewählt, es soll verdeutlichen, welche Qual die Mutter mitmachen muß, denn sie hat doch die schwierige Situation noch vor sich, die sie in ihrem Traum bereits durchlebt hat. Indem sie die Hand des Kindes nimmt, knüpfe ich praktisch wieder an den Traum an.
Dann, so finde ich, passt das ganz auch wieder zur Einleitung.

Liebe Grüße Euch beiden!
Anja

 

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