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Ein Traum von der großen Liebe
Von Savas Savidis
Schwups. Und aus. Das war’s also. Für immer und ewig. Dieser Montagmorgen war kein gewöhnlicher, was nicht daran lag, dass ich Schulferien hatte.
Dieser Februarmorgen stellte eine Zäsur in meinem Leben dar.
Ich fühlte mich einsam, verlassen und innerlich leer. Als wäre mir die Lebensfreude, die Lebenslust aus dem Körper gesogen worden.
Denn trotz der Aussicht auf einen wunderschönen, sonnigen Tag beim Skifahren, fehlte etwas in mir. Es fühlte sich an, als würde ein Teil meines Herzens fehlen- mit einer Schere durchtrennt und mit Gewalt aus dem Leib gerissen.
Die frostigen Außentemperaturen glichen meinem Gemütszustand-eisig. Gefühlskalt.
Sonst setzte ich mich, wie immer im Urlaub, mit voller Elan und Vorfreude an den Frühstückstisch. Beim Anblick allerlei Köstlichkeiten, die es an schulfreien Tagen gab, wie meinem Lieblingsschmaus, den Muffins, und dem warmen Kaffee zu Beginn des Tages, springt einem quasi das Paradies entgegen. Normalerweise.
Aber heute ist nicht normalerweise. Dieser Tag ist nicht normalerweise.
Die Geschehnisse der Nacht von Sonntag auf Montag waren hierfür verantwortlich. Als ein fröhlicher Junge ging ich ins Bett, als ein verwirrter wachte ich wieder auf. Denn diese Nacht war anders als alle anderen. Dabei war sie nicht schlimm. Statt eines Albtraumes erlebte ich den wundersamsten, aber zugleich schönsten Traum, an den ich mich erinnern kann.
„Du bist mein Juwel“, rief das Mädchen im Traum, das mich nach dieser Nacht im Tal der Tränen zurückließ. Wir beide, das junge braunhaarige Mädchen und ich, spielten in einem Film die Rolle eines Liebespaares. Eigentlich was Klischeebehaftetes und, so mag man meinen, nichts Außergewöhnliches.
Nicht dieser Traum. Nach Ende der Dreharbeiten setzten wir beide uns an einen freien Tisch abseits der Kameras, und sie notierte sich ein paar Stichpunkte an Fehlern, die verbessert werden sollten. Ein Schauspieler als Regisseur? Diese Interpretation überlasse ich jedenfalls meinem Gehirn.
Und dann passierte dieser historische Moment, der sich beispiellos in mein Gehirn einbrannte. „Wir bleiben für immer zusammen“, sagte sie mit leiser Stimme und zog ihre schwarze Wintermütze fester um den Kopf, „versprich es mir!“. Ich dachte an eine Szene des Films und lachte verschmitzt, doch stattdessen küsste sie mich an einer Backe und warf sich mir um den Hals. Ihre warmen Lippen und ihren kochenden Atem spüre ich heute noch
Und was sagte ich dazu? Nun, ich blieb stumm und genoss die Anwesenheit meiner ersten großen Liebe. Sie war es! Endlich hatte ich das richtige Mädchen gefunden. Sympathisch, anscheinend klug und mehr als romantisch. Kennengelernt beim Set. Was für ein Wunder!
Bevor ich einen Dialog beginnen konnte, ihren Namen überhaupt erfahren konnte, fiel ich wie in Science-Fiction-Dramen in einen Strudel und landete in meinem Bett. Zugedeckt und mit einem Kissen hinter meinem Kopf. „Wo bin ich?“, dachte ich mir- und wo ist sie? Na, meine neue und einzig wahre Freundin?
Da fuhr mir der schreckliche Gedanke durch den Kopf: Das war doch nur ein Traum, ein Spielfilm des Gehirns und nichts weiter als Schwachsinn, der niemals Realität werden wird. Und ihr Versprechen? Ich habe es gebrochen! Ich bin geflohen, und habe sie alleine zurückgelassen. Was macht jetzt der Film ohne mich? Und primär: Was mache ich ohne sie?
Ich hätte heulen können, die Tränen konnte ich mir aber vorerst verkneifen. Wie ich das schaffte? Keiner weiß es. So wie ich auch nicht weiß, wie das Mädchen heißt, dessen Gesicht ich zuvor niemals gesehen hatte. Ihr Gesicht verblasst immer mehr, bis es irgendwann gar nicht mehr in meinen Gedanken wiedergegeben werden kann.
Ich ging hinunter in die Küche und suchte nach dem Tisch, an dem wir beide saßen. Aber ich fand nichts als eine Kaffeemaschine und eine Verpackung mit Muffins. Aus hellem und dunklem Teig.