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Ein Tag aus dem Leben des Herrn Müller

SAN

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03.06.2004
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Ein Tag aus dem Leben des Herrn Müller

Herr Müller ist 38, verheiratet und hat zwei Kinder. Herr Müller arbeitet als Manager eines kleinen Chemiewerks in Castrop Rauxel. Herr Müller ist unzufrieden mit seinem Leben.
Nehmen wir einen Tag aus dem Leben des M. Müller, zum Beispiel den 25.6.2004.
Moritz Müller wacht morgens um 6.00 Uhr auf, nicht, weil sein Wecker schellt, sondern weil die Kinder bereits aufgewacht sind und lärmend durch das Haus rennen. Moritz Müller versucht, weiterzuschlafen, doch seine Frau schnarcht so laut, dass an Schlaf nicht mehr zu denken ist.
Um 6.45 Uhr steht Moritz Müller auf. Die Dusche ist blockiert, weil sein Sohn Thorsten gleich mit dem Bus zur Schule fahren muss und es vorgezogen hat durch das Haus zu rennen, anstatt sich als erstes nach dem Aufstehen zu duschen.
Moritz Müller holt die Zeitung rein und muss beim Überfliegen der Übersicht feststellen, dass die Aktienkurse seines kleinen Chemiekonzerns stark gesunken sind. Moritz Müller ist eine Scheibe Brot vom Vorabend, bevor er einen weiteren Versuch startet, ins Bad zu kommen.
Es ist mittlerweile 7.15 Uhr und jetzt ist das Bad von seiner Frau blockiert. Die beiden Kinder nerven Moritz Müller mit angeblichen Krankheiten, die sie davon abhalten würden, in die Schule zu gehen. Moritz Müller ruft seiner Frau durch die geschlossene Badezimmertür zu, dass er um 8.00 Uhr im Konzern sein müsse.
7.50 Uhr. Erna Müller verlässt ungeschminkt das Badezimmer. Moritz Müller besprüht seinen stinkenden Körper mit einem Deodorant und schmiert Gel in seine ergrauten Haare.
7.58 Uhr. Der Motor springt nicht an. Moritz Müller bekommt einen Wutanfall, für 8.00 Uhr ist eine Konferenz angesetzt. Das Auto seiner Frau, dass er bei solchen Krisenfällen wie jetzt immer benutzt, ist hinter seinem eigenen Auto geparkt. Wütend versucht Moritz Müller, sein Auto zur Seite zu schieben. Um 8.05 Uhr sitzt er hinter dem Lenkrad des Autos seiner Frau.
Die Konferenz wurde auf Montag verschoben, teilt ihm ein Mitarbeiter seines Konzerns mit, als Herr Müller um 8.18 Uhr den Konzern betritt. Moritz Müller geht in sein Büro und erörtert mit zwei Angestellten die missliche Lage am Aktienmarkt.
Um 12.00 Uhr verlassen die beiden Angestellten das Büro von Moritz Müller zwecks Mittagspause. Herr Müller arbeitet durch.
16.00 Uhr. Während alle Mitarbeiter des Konzerns pünktlich ihre Arbeitsstelle verlassen, muss Herr Müller weiterarbeiten. Wegen des Aktieneinbruchs, der sich am heutigen Tage fortgesetzt hatte, war die für Montag angesetzte Konferenz auf heute, 16.30 Uhr, vorgelegt worden.
16.29 Uhr. Herr Müller informiert seine Frau per Telefon, dass er heute spät nach Hause kommen würde. Die Frau seufzt, erklärt, der Älteste habe eine 5 in Mathematik nach Hause gebracht während der Jüngste ähnlich erfolgreich in Englisch gewesen war.
16.30 Uhr-23.30 Uhr. Während der Konferenz während der Führungsstil des Konzerns kritisiert und Herr Müller muss sich mehr als einmal für gewisse Entscheidungen rechtfertigen.
Völlig übermüdet kehrt Herr Müller um 23.45 Uhr nach Hause zurück. Auf seinem Nachtschränkchen liegt eine Nachricht von seiner Frau, sie wäre zu ihrer Mutter gefahren, sie halte es im Moment in diesem „Irrenhaus“ nicht mehr aus, die Kinder würden sich nur zanken, seine Mutter hätte sie am Telefon verbal angegriffen etc.
Die Kinder wären bei Freunden untergebracht, er müsse sich keine Sorgen machen, sie würde nur eine kleine Auszeit brauchen.
3.00 Uhr. Herr Müller sitzt hellwach auf seinem Bett mit einem Glas Scotch, während er sehnsüchtig auf die samstägliche Zeitung mit den Aktienkursen wartet, weil die Statistiken im Internet wieder einmal zusammengebrochen waren. Eigentlich brauche er mal wieder eine Woche Urlaub, denkt Herr Müller, doch dann verwirft er den Gedanken schnell wieder. Wer sollte sich denn dann um die ganze Scheiße kümmern?

 
Zuletzt bearbeitet:

Die Geschichte besitzt satirische Ansätze, welche in Form einer angedeuteten Gesellschaftskritik über reinen Humor hinausgehen und sich in der Tasache manifestieren, dass Herr Müller zwar eine relativ gute Position erreicht, aber keine Möglichkeit hat, seinen Erfolg zu genießen. Dies ist typisch für viele Manager und Politiker.

Der Anfang klingt unpersönlich:
"Herr Müller ist 38, verheiratet und hat zwei Kinder. Herr Müller arbeitet als Manager eines kleinen Chemiewerks in Castrop Rauxel."
Die Schilderung wirkt distanziert, auch im weiteren Verlauf gewinnt die Hauptperson nicht an persönlichen Eigenschaften. Zudem verläuft die Handlung ziellos, du reihst ein Missgeschick ans andere. Du brauchst eine Aufteilung in Anfang, Hauptteil und Schluss. Eine Möglichkeit, das Problem zu fassen, hast du schon im Schluss angedeutet: Müller hat frei, weiß aber nicht, was er mit der Zeit anfangen sollte; der Stress ist sein Lebensinhalt geworden.

An unklaren Formulierungen herrscht kein Mangel:

3.00 Uhr. Herr Müller sitzt hellwach auf seinem Bett mit einem Glas Scotch, während er sehnsüchtig auf die samstägliche Zeitung mit den Aktienkursen wartet, weil die Statistiken im Internet wieder einmal zusammengebrochen waren.
Ich nehme an, die Internetverbindung ist zusammengebrochen, und nicht die Statistiken?

 

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