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Ein Stück Ich

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18.03.2010
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Ein Stück Ich

Ich kann es nicht an mir selbst benutzen. Meine größte Stärke, vielleicht die Einzige, die besitze. Ich war nie besonderes gut in irgendetwas. Doch eines das konnte ich, Leute evaluieren und manipulieren. Ich benötige etwa zwei Minuten, um mit etwa 75% Treffergenauigkeit, die wichtigsten Daten aus einer Person herauszulesen. Es ist eine Gabe und ein Fluch, denn ich weiß immer, wann ein Mädchen einen Freund oder einen anderen Makel hat. Ich wusste, ob mein Gegenüber mir etwas Interessantes erzählen konnte oder mich einmal mehr nur langweilen würde. Sie glauben mir nicht? Lassen Sie mich ihnen eine Geschichte erzählen: Am St. Patricks Day ging ich mit ein paar Freunden in einen Irish Pub, um einen zu heben. Wir wollten dort einen weiteren Freund treffen, der ebenfalls mit seinen Bekannten kam. Als wir schon die zweite Runde bestellt hatten, entdeckte ich ihn plötzlich in der Eingangstür, wo auch der Raucherbereich war. Dort sah ich ihn mit einem Mädchen reden. Aufgrund ihrer Körpersprache und anderer Faktoren, die ich mir selbst nicht erklären kann, nahm ich sofort an, dass die junge Dame etwas von meinem Freund wollte. Er aber nicht von ihr. Ich gab meine Vermutung in der Runde preis, doch meine anderen Freunde lachten mich nur aus. Als der Abend länger wurde und die Leute weniger, setzten wir uns alle zusammen. Nun saßen wir an einem großen Tisch. Dort stellte uns mein Freund seine Freundin vor. Doch diese war nicht jene, mit der ich ihn vorher gesehen hatte. Diese stand hinter ihm und tippte ihm auf die Schulter. Er drehte sich um und sie sagte etwas vonwegen, dass sie gehen müsse und sich verabschieden wolle. Daraufhin legte ihre Arme um seinen Körper und versuchte ihn zu küssen. Er jedoch reagierte zur Verblüffung der Anderen, indem er sie kraftvoll von sich wegstieß. Meine Kumpanen, denen ich meine Vermutung mitgeteilt hatte, drehten sich mit offenem Mund zu mir um und ich nickte bestätigend ab. Dies ist nur ein Beispiel und ich hätte noch einige mehr. Doch nun zurück zu meinem anfänglich beschriebenen Problem. Obwohl ich kein Problem habe andere Leute zu lesen, so bin ich mir selbst ein Rätsel. Sehe ich ein passendes Opfer in einer Diskothek, so nutze ich ein paar Tricks und schon tanzte es wie eine Marionette. Es ist immer das selbe Schema. Doch wenn ich in den Spiegel sehe, sehe ich nur mich. Ich kenne andere Menschen besser als mich selbst. Alle meine Gedanken sind mir selbst ein Geheimnis und meine Ausstrahlung ist für mich vollkommen neutral. Auch wenn ich weiß, welche Muskeln ich wie anspannen muss, um ein überzeugendes Lächeln aufzusetzen, bleibt mir selbst diese Logik jedoch verschlossen. Ich sehe meinen Körper als Hülle eines zweiten Ichs, welches meine Ausstrahlung auf eine mir vollkommen unbekannte Art verändert. Ich darf den Körper zwar lenken doch Herr bin ich nicht wirklich in mir selbst. Vielleicht komm ich irgendwann dahinter und lerne es zu kontrollieren, aber im Moment ist mir noch alles ein Rätsel. Ein Rätsel, das ich knacken muss, ich alleine.

 

Und jetzt nimmst du den Stoff, den du hast, und verpackst ihn zu einer schönen Geschichte.

Hallo,

ich denke, das wichtigste bei so einer Geschichte ist es aus dem "Ich-Erzähler sagt einfach, was er denkt"-Modus rauszukommen.
Das macht so eine Geschichte starr und es klingt wie ein Lobgesang auf einen selbst. ALso die Anekdote, was er da in de Mädchen sieht, das ist doch furchtbar steif erzählt, und es macht keinen Genuss das zu lesen. Es ist nicht sinnlich wahrnehmbar, sondern es klingt wie etwas, das dir jemand sagt, der sehr darauf bedacht ist, wie er selbst bei der Geschichte erscheint.
So sprechen wir natürlich oft zu "Fremdne", so treten wir ihnen gegenüber auf. Das ist so der Ton, den man hat, wenn man bei den Eltern der Freundin zum Essen eingeladen ist, und überhaupt noch keine Basis da ist.
So Leser anzusprechen - das ist echt schwierig.

Mal eine einfache Idee, wie man aus dem Text im Ansatz etwas machen könnte. Der Ich-Erzähler der Geschichte wird zu einer Hauptfigur in einer anderen Geschichte, die von einer ganz anderen Figur erzählt wird, und die auf diese Figur trifft. Und dann erleben die etwas, dann passiert etwas, dann geht etwas ovr , was außerhalb einer reinen Personenbeschreibung liegt. Und am Ende ist vielleicht dieses Rätsel, von dem der Erzähler spricht, für ihn gelöst.

Dsa ist natürlich alles viel schwieriger, ein viel länerer Text, du bräuchtest eine neue Figur, du bräuchtest eine Geschichte, irgendetwas das du erzählen willst. Aber ich denke jeder Schritt, der von diesem Text weggeht, hin zu etwas lebendigerem, sinnlicherem tut dem Text und auch deinem Schreiben sehr gut. Ich denke, das rohe Präsentieren von Ideen und Gedanken, die man sich mal gemacht hat - das ist ein Stadium, aus dem man schnell raussollte, wenn man Geschichten schreiben will. Zumindest der Wunsch, da rauszukommen, sollte wirklich schnell entwickelt werden und da sein. In welche Richtung es dann mal später geht - wer weiß das schon. Aber so ein Skizzieren von Gedanken - das ist sehr schwierig, damit den Leser zu begeistern.

 

Hallo Smiley,

Quinn hat dir schon gute Tipps gegeben, wie du aus diesem Text eine Geschichte machen könntest. Dem habe ich eigentlich nichts hinzuzufügen, kann dir aber sagen, wie dein Text auf mich als Leser wirkt.

Du beschreibst einen Ich-Erzähler, beschreibst seine besondere Fähigkeit, auch anhand eines Beispiels und das grundsätzliche Problem, das er mit sich hat.

Das ist, als würdest du uns die Spielregeln für ein Spiel zeigen. Und nun müsste das Spiel doch eigentlich losgehen, oder?

Also schnapp dir deinen Figur, und stecke sie in eine echte Geschichte. Und das, was du uns an Fähigkeiten oder Schwächen oder Problemen berichtest, könntest du wunderbar über eine Handlung transportieren, über andere Personen, über ein Konflikt, über witzige und lebensechte Dialoge und, und, und. Darauf kommt es doch an. Was du ablieferst, ist eine sehr ... faule ... Form. Da musst du schon mehr investieren. Und weil dein Text soweit schon recht ordentlich geschrieben/formuliert ist, sehe ich keinen Grund, warum du es nicht versuchen solltest.

Rick

 

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