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Ein Stück Heimat

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21.11.2017
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Ein Stück Heimat

Wie sollte sie damit leben? Noch nie hatte sie sich so mies gefühlt. Gerne hätte sie sich jemandem anvertraut. Doch den einzigen Menschen, mit dem sie darüber hätte reden können, ja müssen, hatten sie heute zu Grabe getragen. Ob sie ihr verziehen hätte?

Alle waren zu Tränen gerührt, als der Pfarrer nach seiner bewegenden Rede, den letzten Wunsch ihrer Oma erfüllte. Doch sie wusste es besser. Noch im Tode betrog sie ihre Oma und irgendwie auch alle anderen.

Mit brutaler Wucht kam die Erinnerung bei den Worten des Pfarrers zurück. Längst hatte sie vergessen, was sie als Kind einmal getan hatte.

Was wusste sie als Kind auch schon von Flucht und Vertreibung. Oder von verlorener Heimat. Sie wusste nur, da gab es eine Metalldose, die ihrer Omi heilig war und die sie nicht anrühren durfte. Als sie ihre Mutter fragte, was denn so Wertvolles darin sei, meinte diese: „Ein Stück Heimat!“, und ermahnte sie eindringlich, diese Dose nie anzufassen. Doch wie sah so ein Stück Heimat aus? Diese Frage schwirrte ihr ständig im Kopf herum. Die Neugier ließ sie nicht los.

Als dann ihre Mutter einmal zusammen mit ihrer Oma im Nachbarort zum Einkaufen und ihr Vater mit dem Hund draußen auf dem Feld war, ergriff sie die Gelegenheit. Sie nahm die Dose aus dem Schrank, ging mit ihr hinter die Scheune, wo sie niemand sehen konnte, und sah sich den wertvollen Inhalt an. Wie enttäuscht war sie damals. Da war ja nur Erde drin. Ganz gewöhnliche Erde. Sie wühlte gerade noch ein wenig in der Dose herum, ob nicht doch noch etwas anderes darin wäre, als sie vom heimkehrenden Hofhund freudig angesprungen wurde. Vor Schreck ließ sie die Dose samt Inhalt fallen, der sich daraufhin über den Boden verteilte. Schnell versteckte sie damals die Dose und fegte den Inhalt beiseite. Der Hund war zurück, da konnte der Vater nicht weit sein.

Später, als ihr Vater dann im Stall beim Melken war, nahm sie etwas Erde aus dem Garten, tat sie in die Dose und stellte diese heimlich wieder in den Schrank zurück. Natürlich hatte sie Angst vor Strafe. Aber sie spürte auch damals schon, dass es ihre Oma traurig machen würde, wenn sie es wüsste. Doch niemand merkte etwas und irgendwann vergaß sie die ganze Sache.

Aber jetzt war es wieder da. Der Pfarrer hatte vom Leben ihrer Oma erzählt und auch, dass sie den Verlust der Heimat niemals ganz verwunden hatte. Und er berichtet vom Wunsch der Verstorbenen, mit der Erde ihrer Heimat begraben zu werden. Als er dann in einem feierlichen Akt die Erde über den Sarg streute, wurden auch beim Letzten die Augen feucht. Nur sie war wie erstarrt. Im Stillen versuchte sie sich zu beruhigen. Niemandem machte es etwas aus, denn niemand wusste davon. Doch das stimmte nicht.

Sie wusste es.

 
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Schöne, kleine Geschichte, wie die Protagonistin in der Trauer um die "Oma" sich eines Betruges erinnert, den sie begangen, und dem nun vom Pfarrer bis zur Trauergemeinde alle reingefallen sind, ohne dass sie jemals von ihrer Schuld entlastet werden kann,

liebe Lies21.

Aber was ist Heimat? Zunächst ein Wort, das wir umgelautet aus dem mhd. heim(u)ote ins nhd. übernommen haben, dem einen ist es der Geburtsort, dem nächsten ein ganzes Land. Schon das mhd. Wort schliff das ahd. "heim(u)oti" ab und das Suffix "...oti" ist so nahe beim gotischen ōþli,
(es gab vordem in den germanischen Sprachen einen Buchstaben - vllt. aus einer Rune entstanden - für th/tea-aitsch, eben "þ" und eben dieses "ot(hl)i bedeutete "Stammgut, Erbsitz", was also eher für die Eliten sprach.

Aber man hatte auch ein allgemeineres Wort, anahaimis (das Heim kann man da schon erkennen), es bedeutet "daheim, zu Hause", also in der Heimat befindlich - und man hatte ein Antonym, indem das Präfix ausgetauscht wurde afhaim[(e)is], abwesend, der Heimat fern - wir sagen heute "heimatlos".

Trivialeres
Der Satz

Was wusste sie als Kind auch schon von Flucht und Vertreibung.
klingt in doppeltem Sinne nach mehr als einer bloßen Aussage: Was zunächst wie eine Frage (was?) klingt wird zugleich Ausruf (Was wusste ich schon!)

Sie nahm die Dose aus dem Schrank, ging mit ihr hinter die Scheune, ...
Klingt, als hätten beide gehen können. Besser: "nahm sie (die Dose) mit hinter die Scheune")

Sie wühlte gerade noch ein wenig in der Dose herum, ob nicht doch noch etwas anderes darin war, als sie ...
Besser Konjunktiv "darin wäre"

Flüchtigkeiten

Als sie ihre Mutter fragte, was den[n] so Wertvolles darin sei, ...
Vor Schreck ließ sie die Dose samt Inhalt fallen, der sich daraufhin über dem Boden verteilte.
er verteilte sich über "den" Boden und war danach "überm" Boder verteilt.

Es ist Dir auf jeden Fall zu gönnen, dass dieser kleine Text größeres Interesse wecke und nicht für uns ein Dialog bleibe.

Schönes Wochenende vom

Friedel

 
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Hallo Friedrichhard,

danke für das Lob und die Anmerkungen.

Habe Verbesserungen vorgenommen. An dem Satz mit der Dose arbeite ich noch gedanklich.

Zu der Bermerkung

klingt in doppeltem Sinne nach mehr als einer bloßen Aussage: Was zunächst wie eine Frage (was?) klingt wird zugleich Ausruf (Was wusste ich schon!)

Gut oder schlecht? Und, verstehe ich das richtig, hier kommt ein Ausrufungszeichen hin? Meine Überlegungen beim Schreiben waren hier lediglich: "Punkt oder Fragezeichen?" Den Satz "Was wusste ich schon?" alleine, würde ich auf jeden Fall mit einem Fragezeichen beenden. Ich hatte es als zwei Aussagen in einer gesehen. Einmal, dass sie noch ein Kind war. Und, dass sie es als solches ja gar nicht wissen konnte.

Aber ich vertraue Dir und werde es, falls ich Dich richtig verstanden habe, entsprechend ändern, muß dann aber auch noch fragen: "Kommt dann hinter

Oder von verlorener Heimat.
auch ein Ausrufungszeichen?" Der Punkt wirkt dann auf mich irgendwie falsch.

Wünsche ebenfalls ein schönes Wochenende.

Lies 21

 

Liebe Lies21,

das Thema finde ich auf alle Fälle spannend, auch der Wechsel zwischen Kindheitserinnerung und Beerdigung hat mir gefallen, nur finde ich, du könntest das Ganze noch viel mehr auserzählen. Figuren schaffen, Dialoge, Spannungsaufbau usw.

Momentan ist es für mich noch eine Anekdote, die das Potenzial für eine richtig gute Geschichte in sich birgt.

Falls du also Lust hast, noch weiter an der Geschichte zu arbeiten, wäre ich auf eine Entwicklung gespannt.

Bis dahin erstmal liebe Grüße von Chai

 

Zu der Bermerkung
von mir:
...
klingt in doppeltem Sinne nach mehr als einer bloßen Aussage: Was zunächst wie eine Frage (was?) klingt wird zugleich Ausruf (Was wusste ich schon!)
fragstu znächst:
Gut oder schlecht?
Weder noch. Was soll an "was weiß ich schon? schlecht sein?, was an "Was weiß ich schon!", beide Konstruktionen sind gleichberechtigt, dass selbst beide Zeichen dahinter stehen können, ohne dass der Satz schaden nimmt: "Was weiß ich schon?!"

Um von meinem Platz hier im Wohnzimmer auf das Ende des Kinderkarnevalszugs harrend - so in zwo Stunden, dann setzt der Opa den Kaffee auf und pfeift aufs Internet - das beurteilen zu können, sollte, nee, müsste die Geschichte mehr Hintergrundinformationen geben, wie schon die bezaubernden Vorrednerinnen meinen ...

Ich geh also mal von meinen Eltern aus, wahrscheinlich Deine Großelterngernaration.

Meinem alten Herrn, Hilfsarbeiter, wurde die Jugend von einem heimatbesoffenen Anstreicher aus Österreich und dessen lockeren Mordsgesellen geklaut.

Mein alter Herr stammte vom Niederrhein und blieb dort, sein Leben lang.
Frau Mutter - Abkömmling von Hugenotten, die dank Brandenburgs "Arbeitskräfteinitiative" nach dem Dreißigjährigen Krieg im Memelland angesiedelt wurden - kam 1929 ins Ruhrgebiet. Da war sie acht Jahre alt, als ihres Vaters Familie der Arbeit wegen ins Ruhrgbiet zog. Bergbau und Schwerindustrie brauchte Leute noch und noch - bis in die 1960-er Jahre.

Sie träumte ein Leben lang von ihrer Heimat - Ostpreußen, was ich verstehe, keine 14 und der braune Mob beherrschte das teutsche Geschehen, stahl der dann 18-jährigen die Jugend.

Bis zu ihrem Tod wäre sie, hätt man sie gelassen, vor Gewittern gerne in den Keller geflohen. Da wird ein fernes, fremdes Land, in dem man nicht in den Keller musste, zur Heimat - wurde Mitglied in einem (heute) rechtsgerichteten Verband "ostpreußischer Vertriebener". Aber die Familie ist 1929 der Arbeit, nicht des Russen oder Polen wegen weggezogen ... - und mein alter Herr, alles andere als ein knorriger Ostpreuße, von der Familie her dem Zentrum zugeneigter Sozialdemokrat, sondern einer vom Niederrhein, der das Gück hatte, wegen einer Nierenkolik aus Stalingrad ausgeflogen zu werden, wurde auch Mitglied dieser zweifelhaften Vereinigung.

Darum ist das in jedem Fall der entscheidende Abschnitt Deiner Geschichte - die Dose mit der Heimaterde. Insofern treffen wir uns, wenn es bei Dir heißt

Und, verstehe ich das richtig, hier kommt ein Ausrufungszeichen hin? Meine Überlegungen beim Schreiben waren hier lediglich: "Punkt oder Fragezeichen?" Den Satz "Was wusste ich schon?" alleine, würde ich auf jeden Fall mit einem Fragezeichen beenden. Ich hatte es als zwei Aussagen in einer gesehen. Einmal, dass sie noch ein Kind war. Und, dass sie es als solches ja gar nicht wissen konnte.

Heimat ist ein schwierig Thema und im Zusammengehen von Paul Gerhardt und Friedrich Schiller hab ich jüngst den Zwozeiler gereim

"Nur Gast auf Erden sind wir von sehr bescheidenem Verstand,
der Mutter Sprache soll uns werden zu Himmel, Erd' und Vaterland!"​

Bis bald

Friedel

 
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Hallo Lies21, ich habe starke inhaltliche Bedenken gegen diese Geschichte. Mal sehen, ob ich das kurz in Worte fassen kann: Das Leiden auf der Welt ist unermesslich. Kein Mensch wird davon verschont, körperlichen und seelischen Schmerz zu empfinden. Früher oder später trifft es jeden. Dagegen ist kein Kraut gewachsen, selbst die Weisen leiden, denn so ist das Universum nun einmal beschaffen. Wir werden von Menschen verraten, die wir lieben. Wir verletzen andere, manchmal ohne es zu wollen. Manchmal, weil wir verwirrt sind. Menschen tun sich gegenseitig aus Hass und Wahn die schlimmsten Dinge an. Und auch wenn kein anderer Mensch in der Nähe ist, leiden wir an Sehnsucht, Einsamkeit, Reue oder was auch immer.

Literatur, insbesondere die Hochliteratur stellt die Welt häufig als Jammertal dar. Unter den Klassikern gibt es weit aus mehr Tragödien und dramatische Erzählungen als Lustiges oder Positives. Die Literatur ist seit jeher die Domäne von Pessimisten und Tragikern. Dagegen ist allenfalls einzuwenden, dass das nicht sehr realistisch ist, denn Leben ist zwar stets prekär, aber selten vollkommen tragisch.

Wogegen man sich aber (auch in der Literatur) wehren sollte, ist das falsche Leiden. Wäre die Protagonistin meine Freundin, würde ich ihr mit den Knöcheln auf den Kopf schlagen und sie auffordern, wieder zur Besinnung zu kommen. Da wird einem Kind gesagt, es soll diese Dose nicht anrühren. Es wird ihm nicht erklärt, was es damit auf sich hat. Eine Chance wird verpasst, zu erklären, was Heimat bedeutet, und warum die Menschen daran hängen. Und wenn das Kind dann das natürlichste Ding der Welt macht, nämlich mal nachzuschauen, was es mit der ominösen Schachtel auf sich hat, bleibt es mit dem Rätsel zurück, das es allein unmöglich lösen kann.

Dann passiert diese dumme Sache mit dem Verschütten des Inhalts. Und das Ergebnis der Situation soll nun sein, dass sich dieses Kind sein Leben lang Vorwürfe macht? Wenn mir die Geschichte das nahelegt, also so tut, als oben so eben das Leiden auf dieser Welt sein müsse, dann vermisse ich die Intervention des Erzählers bzw. des Autoren.

Gibt es nicht schon Katastrophen genug, als dass wir uns auch wegen ein bisschen verschütteter Erde das Leben noch zusätzlich schwer machen müssen. Diese sentimentale Geste des Begrabens in der Heimaterde in allen Ehren, aber es ist nur eine Geste, ein Symbol, ein Zeichen. Nicht mehr. Aber das Leben eines Menschen ist real. Nichts kann mich davon überzeugen, dass diese sentimentale Geste es wert sein soll, das Leben eines Menschen mit dem Schwarzschleier der Reue zu vergiften, zumal das Kind für dieses Missgeschick auch gar nichts konnte.

Versteh mich richtig: Ich kritisiere nicht, dass die Geschichte diese Ereignisse erzählt. Aber von einem scharfsinnigen, humanistischen Autoren erwarte ich, dass er das ins richtige Licht rückt und nicht in fatalistischer Haltung so tut, als wäre dieser Schmerz nun ein mal der gerechtfertigte Lauf der Dinge. Diese Sichtweise wäre beinahe reaktionär.

Immer wenn wir das falsche Leiden verherrlichen, also Leiden, das lediglich auf einer Sentimentalisierung der Realität beruht, dann trivialisieren und entwerten wir das echte Leiden. Jeder von uns tut in seinem Leben so viele Dinge, die zu bereuen sind, weil sie in voller Bewusstheit getan werden und uns oder anderen schaden. Anlass dafür, mit Schmerzen auf das eigene Handeln zu blicken, gibt es genug. Aber bitte nicht, weil wir versehentlich etwas Erde verschüttet haben.

Gruß Achillus

 
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Hallo Achillus,

danke für deine Anmerkungen?

Meine Geschichte hat offensichtlich ihre Schwächen. Aber Deinen Beitrag kann so ich nicht unbeantwortet stehen lassen.

Zum einen sehe ich meine kleinen Geschichten nicht in der Hochliteratur. Aber das nur am Rande.

Falsches Leid? Wo fängt den echter Schmerz und Leid an? Wann ist er gerechtfertigt? Ab wann, darf man denn ein schlechtes Gewissen haben. Darf man erst bei Tod und Verrat leiden? Wer entscheidet das? In meinen Augen ist das subjektiv und von Mensch zu Mensch völlig unterschiedlich. Wo der eine nur müde abwinkt, ist der andere völlig am Boden zerstört. Ich empfinde es als, entschuldige, ziemlich anmaßend, hier eine Grenze zu ziehen, die wiederum auch nur eine persönliche Empfindung ist.

Ich hätte auch den ersten Absatz streichen, zwei, drei Worte ändern und die Geschichte wie folgt enden lassen können:

... , wurden auch beim Letzten die Augen feucht. Nur sie mußte sich das Lachen verbeissen.

Wäre das glaubhafter, oder literarisch wertvoller? Wäre dieses Gefühl dann echt und richtiger? Nicht in meinen Augen. Meine Protagonistin wäre einfach nur gefühlstechnisch anders gestrickt.

Gruß zurück
Lies21

 

Hallo Lies21, danke für Deine Antwort. Übrigens verdient hier jeder Kommentar zu Deiner Geschichte eine Rückmeldung von Dir. Jedenfalls ist das bei uns hier so üblich.

Es geht mir nicht darum, festzulegen, woran ein Mensch leiden darf. Aber ich kann einem Autor nur dann mein Vertrauen schenken, wenn er dieses Leiden in der Geschichte richtig einordnet. Als sich beispielsweise die Boy-Group Take That im Jahre 1996 auflöste, gab es ein paar Mädchen, die sich deshalb umbrachten. Wenn ein Autor diese Geschichte erzählen will, dann erwarte ich von ihm, dass er mir den Schwachsinn, der hinter dieser Tragik steht vermittelt. Dass die Gesellschaft bzw. die Kultur junge Menschen dazu bringt, ihr Leben wegzuwerfen, wegen so einem Mist. Würde die Geschichte mir aber das Ganze so schildern, als wären solche tragischen Ereignisse nun einmal die Conditio humana, dann würde ich dem Autor einfach nicht mehr vertrauen.

Es geht also nicht um die Ereignisse Deiner Geschichte, sondern um deren Darstellung.

Gruß Achillus

 

Es geht mir nicht darum, festzulegen, woran ein Mensch leiden darf. Aber ich kann einem Autor nur dann mein Vertrauen schenken, wenn er dieses Leiden in der Geschichte richtig einordnet.

Oh Mann, Du bist ja tatsächlich auf Missionsreise,

Achillus,

in den USA gilt inzwischen eine mehr als 14-tägige Trauer als Krankheit - natürlich zum Wohle der Gesundheitsindustrie.

Aber das ahd. leid (tatsächlich auch schon so geschrieben, im mhd. gibts die Variante mit harter Endung, leit) umfasste die Bedeutungen betrübend, widerwärtig, unangenehm und ist nicht verwandt mit leiden, das eher erfahren, durchmachen und laut Duden ursprünglich = gehen, fahren, reisen, und erst später an das nicht verwandte Leid angeschlossen wurde. Kurz: Leben als Leiden, wer lebt, leidet. Aber ich käme nie auf die Idee, dass es da Steigerungsstufen gibt. Hörte sich auch blöd an leid - leider ...

So viel oder wenig für heute vom

Friedel,
der jetzt die Sonne ausnutzen wird

Und meldet sich das Gewissen nicht immer als ein schlechtes?

 

Hallo Achillus,

es mag an meiner Unerfahrenheit liegen. Aber ich kann Dir immer noch nicht ganz folgen.

Wie ist es einzuordnen, wenn sich jemand extrem schlecht fühlt, weil er völlig unvorbereitet damit konfrontiert wird, dass er wegen einer blöden Sache, die vor langer Zeit in der Kindheit passierte, einen geliebten Menschen um die Erfüllung seines letzten Wunsches gebracht hat? Noch dazu, wenn es während der Beerdigung dieses Menschen passiert.

Ja sicher, ich habe hier versucht, möglicht viel Gefühl in möglichst wenig Text zu verpacken. Vielleicht ist die Darstellung etwas zu intensiv, aber in meinen Augen immer noch realistisch.

Gruß
Lies21

 
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Hola z´samm’,

ich les gerade Achillus’ Statement:

Dass die Gesellschaft bzw. die Kultur junge Menschen dazu bringt, ihr Leben wegzuwerfen, wegen so einem Mist.
Das hätte ich auch gesagt, hab aber gelernt, besonders durch längere Anwesenheit im Forum, dass man sich in anderer Leute Situation hineinversetzen, und ihre Maßstäbe bedenken sollte.
Die jungen Musiker wollten keinen Mist produzieren, sondern den Durchbruch*) schaffen. Das war für sie das Größte.
Und ihre Fans hatten den gleichen Maßstab! Dafür war die Welt fast zu klein. Und dann bricht alles zusammen – soll man da nicht wahnsinnig werden?

*) Mit welchem ... so einen ... ist denn Baselitz bekannt geworden? Da war’s auch die Gesellschaft, nämlich jener Teil, der im Kunstsektor geierte und gierte.
Und einige hätten sich ebenfalls umgebracht, wenn einer gesagt hätte ‚Aber er hat ja gar nichts an!’.

Hola Lies21,

da ich schon mal den Fuß in der Türe habe (soll heißen zwischen Tür und Zarge), will ich Dir sagen, dass ich Deinen kurzen Text originell finde.
Spitzfindigerweise könnte man nörgeln, warum geht die Prota aus dem Haus hinter die Scheune, wenn sie doch allein zu Hause ist – aber selbstverständlich gehört Erde zu Erde:dozey:.
Ich halte das für eine nette Geschichte, gut erzählt, die Länge bzw. Kürze dem Inhalt angemessen, noch ein Augenzwinkern – und fertig ist der Lesespaß.
Man könnte noch viel hineininterpretieren, den Wert einer Reliquie überhöhen oder belächeln; für mich ist’s ein rundes Ding und ich bin mir sicher, dass Du auch tolle Geschichten mit mehr Volumen erzählen kannst.

Bis dahin!
José

 
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Hallo Lies21,

ich glaube, es geht in der Geschichte nicht nur um verschüttete Erde, sondern um das, was sich nicht mehr klären lässt, wenn jemand gestorben ist. Das können "Kleinigkeiten" sein, die bis dahin gar keine große Rolle gespielt haben. Deine Protagonistin hatte es ja bis dahin vergessen, auch nicht für wichtig erachtet, sonst hätte sie es als Erwachsene noch einmal angesprochen. Jetzt gibt es nie mehr die Möglichkeit dazu und diese Tatsache ist das, was so tief erschüttert. Der Moment, wo man während der Beerdigung am Grab eines geliebten Menschen steht, ist so schmerzhaft, da kann selbst ein kleiner kindlicher "Betrug" eine enorme Dimension annehmen, das kann ich nachvollziehen. Ich glaube, das gehört zur Trauer mit dazu, sich selbst die Dinge zu verzeihen, die mit der oder dem Verstorbenen nicht so gut gelaufen sind.

Interessant das Thema mit der Erde. Das ist schon eher eine religiöse Frage, wie bedeutsam das ist. Jedenfalls habe ich mal gelesen, dass dieses Stück Heimaterde wirklich in vielen Kulturen eine enorm aufgeladene Bedeutung hat, in Bezug auf Beerdigungsrituale. Deine Protagonistin ist die Enkelin, sie ist in diesem Geist erzogen. Sie wusste als Kind, "das es die Oma traurig machen würde" und sie geht möglicherweise davon aus, dass es die Oma auch im Jenseits verletzt. Das ist nicht rational, das ist eben Glauben. Ich vermute, dass es für die Enkelin keine Lösung wäre, Argumenten zu folgen, sondern z.B. eher, in den Ort zu fahren, wo die Oma als Kind gelebt hat und von dort "echte" Erde mitzubringen. (Könnte auch eine schöne Geschichte werden :))

So erfrischend und nachvollziehbar ich die Einstellung von Achillus zu dem Thema selbst finde, ich glaube nicht, dass der Text das wirklich leisten muss, mir als Leserin gleichzeitig zu erklären, dass das Schuldgefühl der Enkelin unnötig und übertrieben ist. Mir ging es beim Lesen nicht so, dass ich die Protagonistin verurteilt habe, sondern eher überlegt habe, was man machen könnte, um ihr zu helfen. Achillus würde ihr zu diesem Zweck eben mit den Knöcheln auf den Kopf hauen, ich würde aufwendig umzusetzende Tips geben. (s.o.) :D

Lies21, das war jetzt gar keine direkte Textarbeit, sondern eher dass, was deine Geschichte und die Kommentare an Gedanken bei mir ausgelöst haben. Eine Sache, die du vielleicht bei einer neuen Geschichte stärker bedenken könntest ist das Thema "Show, don' t tell"

Noch nie hatte sie sich so mies gefühlt.

Das finde ich entbehrlich, weil das etwas ist, was du im Laufe des Textes zeigen solltest, dass sie sich mies fühlt. Das wird stärker, wenn ich das als Leserin an der Figur sehe. Das "Noch nie" in seiner Absolutheit ist auch eine Mega-Ankündigung, welche der kommenden Szene eher die Kraft nimmt, für mein Gefühl.

Nur sie war wie erstarrt. Im Stillen versuchte sie sich zu beruhigen.

Hier zum Beispiel könntest du genau das zeigen. Wie sie dabei aussieht, tut sie etwas, krallt sie die Zehen in den Schuh, hält sie die Luft an, hält sie sich mit ihrem Blick an etwas fest, zerpflückt sie ihr Taschentuch, wird ihr übel, übersieht sie es, als ihre Schwester nach ihrer Hand greifen will, sowas.

Aber das nur als Anregung. Ich habe deine Geschichte gerne gelesen.

Liebe Grüße von Chutney

 
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Hey Lies, danke für Deine Antwort. Ich will nicht ewig darauf herumreiten, aber vielleicht bringt Dich dieser Diskurs auf neue Gedanken. Es geht mir nicht darum, Dich vom Schreiben abzuhalten. Ganz im Gegenteil.

Also:

Ja sicher, ich habe hier versucht, möglicht viel Gefühl in möglichst wenig Text zu verpacken. Vielleicht ist die Darstellung etwas zu intensiv, aber in meinen Augen immer noch realistisch.

Es ist nichts daran auszusetzen, einen Text zu emotionalisieren, vorausgesetzt, Du bist Dir über die Stoßrichtung des Ganzen im Klaren.

Jeder Text behauptet etwas. Auch verfilmter Text tut das. Man hat beispielsweise den Film Der weiße Hai analysiert und dabei ist aufgefallen, dass die Opfer des Hais einer bestimmten Rolle entsprechen. Das erste Opfer ist beispielsweise eine promiskuitive jugendliche Kifferin, ein weiteres Opfer ist der Sohn einer offenbar unverheirateten Frau und der Haijäger Quint, der am Ende getötet wird, deutet im Gespräch homosexuelle Neigungen an. Alles in allem entsprechen die Opfer nicht dem Leitbild der amerikanischen Konservativen. (Ich habe das vor Ewigkeiten gelesen, müsste nochmal genau nachschauen.)

In der Auswahl dieser Figuren und in der Art der Darstellung wird also etwas behauptet. Vielleicht ist dem Autoren bzw. Regisseur das gar nicht klar. Trotzdem lässt sich diese Botschaft mit einiger Berechtigung aus der Geschichte herauslesen.

Übertrage ich das nun auf Deinen Text, dann sehe ich nirgends eine Andeutung davon, dass sich die Figur kritisch mit dem Verhalten von Mutter oder Großmutter auseinandersetzt. Dass sie beispielsweise fragt, warum man ihr einfach verboten hat, die Schachtel zu berühren, warum nicht erklärt wurde, was es mit der Erde auf sich hat usw. Die Mutter/ Großmutter haben in dieser Angelegenheit versagt, was die Tochter/ Enkelin betrifft, so wunderbar sie auch sonst gewesen sein mögen.

Dass die ganze Sache also schief lief, ist weder Verantwortung noch Schuld der Tochter. Und trotzdem gibt sich die Figur jetzt dem Schmerz der Reue hin. Die Behauptung, die man aus dem Text lesen kann ist, dass dieses Reuegefühl gerechtfertigt ist. Reue ist schließlich grundsätzlich nichts Schlechtes. Es ermahnt die Menschen, besser zu werden, besser zu handeln. Nur wie soll das in diesem Falle gehen?

Die Geschichte identifiziert das Ganze auch nicht als sinnloses Leiden, sondern stellt uns nur vor das Faktische. Von einem Autoren erwartet man aber mehr, als nur das Zusammenstellen von Ereignissen. Er darf zwar nicht beurteilen oder verurteilen oder werten oder moralisieren. Aber die Art der Darstellung sollte im Einklang mit dem stehen, was der Text behauptet.

Angenommen, ich zeige den Ekel eines weißen Rassisten, der gemeinsam mit einer Asiatin in einer Schlange im Supermarkt steht. Glaubst Du es reicht aus, das realistisch zu zeigen? Und dann sage ich als Autor: So ist das eben, der Mann empfindet eben so, ohne diese Emotionen irgendwie einzuordnen? Lediglich das Gefühl eines Menschen zu zeigen, reicht nicht.

Hoffe, das hat die Sache ein wenig geklärt.

Gruß Achillus

 

Hi, Lies21,

Vielen Dank für deinen Beitrag und für die Möglichkeit, in die Herzen der Menschen hineinzublicken, deren Leben von solchen Konstrukten, wie Heimat, gesteuert wird, mit all den dazugehörigen Gewissensbissen.

Nach deiner Story wird manchem Leser sofort klar, was hinter diesem Wort "Heimat" verbirgt. Eigentlich nichts außer Leere! Vor dem Hintergrund einer fortwährenden Veränderung unserer Umgebung, unserer Selbst, wissen wir, dass solche Konstrukte wie Heimat nichts anderes als irgendwelche subjektive Erinnerungen sind, die dazu drohen jederzeit zu verblassen oder neu umgeformt zu werden.

Diese Begriffe "Heimat" und "Betrug" hast Du jetzt sehr gut in direkte Nähe zueinander gebracht, sodass sie fast synonym klingen. Interessanterweise schreibt die Protagonistin dazu, dass dieser "Betrug" mit Austauschen der Erde nicht aufgeflogen ist. Also, Heimat in Form von Abfallprodukten Billionen Bakterien dargestellt! Sehr grotesk.

Als feste Bindeglied für diese zwei Konstrukte ist ein weiterer Konstrukt notwendig - genau so grotesk und überflüssig wie beiden - der Glaube. Ganz wichtig dabei ist zu unterscheiden, dass der Glaube nicht gleich das Wissen ist. Die alte Dame glaubte, etwas zu besitzen, was es nicht war. Sie wurde letzendlich um das Abfallprodukt ihrer persönlichen heimatlichen Billionen Bakterien betrogen.

Solche Begrifflichkeiten wie Heimat marschieren hier in deiner Geschichte mit Verboten (hier, die Schachtel anzufassen. Die Großmutter hätte dem kleinen Mädchen die geheime Erde auch ruhig zeigen können, über die Flucht erzählen usw. aber nein, sie verzichtete darauf und verhängte Verbote) und mit Strafen beim Nicht-Beachten von Verboten einher. Wie "eingeengt" von diesen Konstrukten muss die alte Dame gewesen sein! Danke für diesen Einblick.

Jede GEschichte verspricht dem Leser eine Entwicklung!
Dass die junge Dame sich während der Beerdigung "Vorwürfe" macht, spricht für mich als Leser für eine Non-Entwicklung, fehleden Entwicklung. Auf der ersten zeitlichen Ebene vor vielen vielen Jahren, als alle noch jung und klein waren, zeigst Du uns auf einer Seite die Welt der alten Frau (Flucht, Angst, Glaube, Heimat - aus Selbstbetrug wird Betrug) und dann gleichzeitig auf der anderen Seite die Starkposition der zentralen Protagonistin, die sich als kleines Mädchen - einem unbeschriebenen Blatt gleich - Sorgen macht, letztendlich nicht um die verschüttete Erde oder Gefühle der Großmutter, sondern wegen Angst vor Strafe.

Zum Schluß erleben wir sie gleich nun besorgt um die Gefühle ihrer toten Oma, die nun unter zwei fetten Meter Humus vergraben liegt, einem Produkt von Billionen Pilze und Bakterien, umgeben von der Erde, die zu ihrer neuen Heimat erzwungenenweise geworden ist, die Erde, die sie die letzten Jahre genährt und getragen hat und nun den letzten Schlaf gewährt. Und unter diesen Umständen macht sich diese junge Dame nun die Sorgen wegen der "verschütteten" Erde "aus den alten guten Zeiten". Sie steigert sich so auf in dieses Thema, dass der Leser den Eindruck gewinnt, dass es auswegslos ist. Es fehlt nur noch die entsprechende Strafe mit obligatorischen Beichte (die diese Story letztendlich ist).

Also, die junge Dame denkt und operiert mit denselben Begrifflichkeiten weiter, übernommen von ihrer Mutter, Großmutter etc., ohne nachzudenken, ob es notwendig ist, so zu denken oder zu handeln. Sie musste nicht fliehen, wie ihre Großmutter, sie hat jetzt eine ganz andere Ausgangspositionen, dennoch muss sie auf jeden Fall denken, dass sie etwas Schlimmes über sich weiß, dass etwas Schlimmes getan hat... Anstatt sich von diesen (Vor)Urteilen, wie Heimat, Glaube, Betrug, Strafe zu befreien und ihr eigenes Leben neu zu erfinden, beginnt sich mit diesen Begriffen zu operieren und zu denken, zu ihrem eigenen Nachteil, wie der Leser herauslesen darf. Also, keine Entwicklung möglich. Sehr gut!!! Tschechov raucht besorgt in der Ecke!

Fazit: "Wer glaubt, muss leiden!" Oder "Dummheit muss bestraft werden!"

Gerne gelesen!

Herr Schuster

 

Hallo Lies21,

Du hast Glück und Pech zugleich. Pech, weil Deine Geschichte kritische Kommentare erfahren hat, aber auch Glück, weil diese Diskussion in Deinem Geschichtenfaden sehr wertvoll ist, auch wenn Du das vielleicht anders siehst.

So ist das in diesem Forum. Man stellt eine Geschichte ein und schon findet man sich in einer Diskussion über Literatur wieder. Aber genau deswegen lohnt sich dieses Forum, weil man neue Anregungen bekommt.

Deine Geschichte beschreibt einen Moment, den ich auch gerne als "Kloß-im-Hals"-Moment bezeichne. Chutney hat das, denke ich, sehr gut auf den Punkt gebracht. Es geht letztlich um die verpasste Chance, der Großmutter zu sagen, dass sich die Heimaterde nicht mehr in der Dose befindet, sodass diese Situation auch zum Symbol für die vielen verpassten Chancen wird, die einem womöglich erst am Grab bewusst werden. Und in diesem Punkt sehe ich auch ein gewisses Potential in Deiner Geschichte.

Du hast das recht berichtsartig erzählt und das führt mich zu meinem Kritikpunkt, dem ich aber noch eine allgemeine Überlegung vorschiebe.

Du hast zurecht in einem Kommentar geschrieben, dass dieser Text keine Hochliteratur sei. Das ist ein Punkt, über den ich hier auch immer wieder stolpere und bei dem ich mich frage, ob man nicht auch mal schnell als Kommentator übers Ziel hinausschießt. Aber inzwischen denke ich, dass es darauf gar nicht ankommt, sondern auf den Autor selbst und darauf, wie er mit den Kommentaren umgeht.

Und damit ist man bei der Frage, was man eigentlich als Autor möchte. Eine kleine Szene aufschreiben, so wie Du es hier gemacht hast, oder eine kunstvolle Kurzgeschichte schreiben.

Wenn Du Letzteres möchtest - und jetzt komme ich zur Kritik -, dann fehlt Deiner Kurzgeschichte noch eine ganze Menge, wie es auch die anderen Kommentatoren schon angemerkt haben. Da müsstest Du Dir auch noch viele Gedanken darüber machen, welches Ziel Du mit diesem Text hast und wie Du dieses Ziel literarisch umsetzen könntest (z. B. wenn Du diese verlorene Heimaterde als Symbol für die verpassten Chancen nehmen möchtest, die am Grab hochkommen).

Momentan kommt mir der Text wie ein Foto eines Hobbyfotografen vor, der einen Schnappschuss von einer interessanten Szene gemacht hat, ohne eingehend darüber nachzudenken, wie er die Szene künstlerisch in Szene setzt.

In dem Sinne bin ich gespannt, was Du aus diesem Text noch machst.

Gruß
Geschichtenwerker

 

Guten Abend, Ahillus,

Das ist leider das, was ich als Leser u.a. herausgelesen habe. Es ist leider oder zum Glück so, dass das, was uns der Autor sagen wollte, meistens nicht mit dem einhergeht, was der Leser letztendlich versteht. Tausende Leser - Tausende Arten zu lesen, die fiktive Welt zu erleben.

Hier, im Forum, können wir alles kommentartechnisch in einen Topf werfen und uns über eine Geschichte austauschen. Ich erlebte diese GEschichte als ziemlich gelungen, mit vielen Kanten und Ecken, die dem Leser viele Perspektiven und AUslegungsmöglichkeiten anbieten.

Je besser Geschichte, desto mehr Vielfalt an Meinungen seitens des Leserschaft.

Aber das weißt Du auch ohne mich.

Viele Grüße
H.S.

 

Hallo liebe Leser und Kritiker meiner Geschichte,

an der Ausarbeitung meiner Geschichte arbeite ich noch, stelle aber fest, dass sie bei mir dann automatisch in eine andere Richtung verläuft.

Ich bin überrascht über das Interpretationsspektrum meiner doch sehr kurzen Geschichte. Ich denke Chutney hat am besten verstanden, worum es mir ging. Meine Protagonistin hat hat im Laufe ihres Lebens sicher die Bedeutung von Flucht und Vertreibung mitbekommen. Aber ich denke, niemand der es nicht wirklich erlebt hat, so wie ich, kann es wirklich begreifen. Somit glaubt sie auch weniger an die Heiligkeit dieser Erde. Nein, es geht hier mehr darum, dass sie ihre Oma um deren letzten Wunsch quasi betrogen hat. Den letzte Wunsch eines Sterbenden zu erfüllen, ist sicher auch weniger gläubigen Menschen ein großes Bedürfnis. Und der Enkelin in diesem Fall sogar ein sehr großes.

Und lieber Archilles, Gefühle sind nicht rational und die Entstehung nicht immer erklär- oder nachvollziehbar. Rational gedacht wäre ja alles gut. Die Oma ist friedlich und im besten Glauben verstorben. Gut, dass sie es nie erfahren hat. Aber sie hat eben ein Problem damit, denn sie weiß es ja.

Ein ganz persönliches Beispiel für irrationale Gefühle: Ich habe z.B. keinerlei Probleme damit, wenn eine Wespe (die mich ja stechen könnte) auf meinem Arm herumkrabbelt. Eine Spinne hingegen, die ja völlig harmlos ist, könnte ich dort nicht ertragen. Die würde ich sofort wegfegen. Die tut Dir doch nichts. Das hat man mir beigebracht. Das ändert aber nichts an meiner Abscheu. Ja selbst mit Ratten, die ja Krankheiten übertragen können, habe ich weit weniger Probleme.

Nicht die Entstehung von Gefühlen gut zu beschreiben, sondern sie gut rüberzubringen, ist in meinen Augen wichtig. Was mir aber hier anscheinend nicht gelungen ist, wenn die Interpretationen so breit gefächert sind.

Aber danke für die ehrlichten und nützlichen Anmerkungen. Werde versuchen es besser zu machen.

Liebe Grüße
Lies21

 

Nicht die Entstehung von Gefühlen gut zu beschreiben, sondern sie gut rüberzubringen, ist in meinen Augen wichtig. Was mir aber hier anscheinend nicht gelungen ist, wenn die Interpretationen so breit gefächert sind.

Ich noch mal,

liebe Lies21,

ein literarischer Text ist dann gut, wenn er mehr als eine Deutung zulässt, je eindeutiger er wird, desto mehr nähert er sich dem Bericht an. Und m. M. nach gehört nackte Authentizität in Polizeibericht und Gerichtsakte, wo der Begriff A. ja auch herkommt.

Ist halt meine Meinung ...

Tschüss und vorsorglich ein schönes Wochenende vom

Friedel

 

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