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Ein perfekter Tag

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28.07.2002
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Ein perfekter Tag

Ein perfekter Tag


Carolin hatte diese Idee! Eigentlich schon seit längerer Zeit, aber um sie umzusetzen bedurfte es noch etwas der Vorbereitung. Sie war noch nie der Typ gewesen der kopflos und unüberlegt etwas tat und gerade bei dieser speziellen Sache musste sie sehr überlegt handeln. Aber heute war der Tag wo sie alle Zweifel und Probleme ausräumen und klären würde. Sie schlug die Augen auf. Es war sehr früh am morgen, doch die ersten zarten Sonnenstrahlen verhießen einen schönen sonnigen Tag. Perfekt! Mit viel Sorgfalt deckte sie den Frühstückstisch zündete eine Kerze an und genoss einfach nur. Die Ruhe, die leckeren Brötchen, die sie frisch aufgebacken hatte, den schein der Kerze, der soviel Ruhe ausstrahlte. Fast einen Hauch Romantik verspüren ließ. Sie lächelte. Ja, das war schon mal ein guter Tagesbeginn. Nach dem Frühstück, dessen Überreste sie achtlos auf dem Tisch stehen ließ, ging sie ins Bad. Sie duschte mit der teuren Duschlotion, die Marcel ihr geschenkt hatte und mit der sie sonst sehr sparsam umging. Sie schminkte sich sehr dezent bis auf die feuerroten Lippen und beschloss ihr langes, glänzendes Haar offen zu tragen.
Aus ihrem unübersichtlichen Kleiderschrank, der bis in die letzte Ecke ausgelastet war, wählte sie gezielt ihr Lieblingsoutfit. Eine teure Jeans und ein etwas verbleichtes Top. Zusammen sah es sehr sexy aus und sie fühlte sich unglaublich wohl darin. Ein kurzer Blick in den Spiegel bestätigte sie. Sie war sehr schlank was durch den Schnitt der Hose gut zur Geltung kam. Manche Frau hätte sie um ihre Maße beneidet. Aber das war nicht wichtig. Nicht heute.
Sie schlüpfte in ihre bequemen Turnschuhe, griff nach dem Schlüssel und verließ die Wohnung.
Sie hatte Urlaub genommen, in der Agentur würde man heute auf sie verzichten müssen.
Carolin hatte kein bestimmtes Ziel, sie schlenderte durch die Strassen, durch die sie schon als Kind geschlendert war. Im nahe gelegenen Park setzte sie sich auf eine Bank, genoss die warmen Sonnenstrahlen und hing einfach ihren Gedanken nach. Den Gedanken um die Sache. Aber irgendwie war sie sich schon sehr sicher, dass sie es tun würde. Ein letzter Zweifel war noch auszuräumen. Heute Abend mit Marcel. Sie war gespannt.
Sie schien den ganzen Tag über kein direktes Ziel zu haben und doch suchte sie bestimmte Orte und Plätze auf, die ihr gefielen, an denen sie sich wohl fühlte. Alles in allem ein schöner Tag, der sie unglaublich befriedigte und entspannte. Sie war glücklich! Oh ja, sie machte es genau richtig.
Vor so einer Entscheidung!
Ausgeglichenheit und Wohlbefinden schienen ihr das wichtigste dafür zu sein. Man durfte nicht traurig oder deprimiert sein, das ergab keinen Sinn. Für die Sache!
Langsam näherte sich der Abend und es wurde Zeit sich zu dem kleinen gemütlichen Bistro zu begeben, in dem sie mit Marcel verabredet war. Es war ihr Bistro! Dort hatten sie sich kennen gelernt und dort hatte ihr gemeinsamer Weg begonnen.
Marcel war schon dort und wartete. Als er sie erblickte, erhob er sich freudig, kam ihr entgegen und nahm sie fest und innig in den Arm. Sein Kuss war lang und zärtlich, ja fast ein wenig begierig, sie musste lächeln. Auch jetzt nach fast zwei Jahren hatte ihre Liebe nichts eingebüsst. Sie war immer noch stark und unbelastet. Perfekt, wenn es die perfekte Liebe gab.
Sie verbrachten einen romantischen Abend, Carolin trank nur Wasser. Sie wollte einen klaren Kopf behalten. Es war besser. Gegen 22 Uhr verabschiedete sie sich von Marcel. Er wäre gerne mit ihr gegangen, aber das war unmöglich. Für sie unmöglich. Sie verließ ihn mit einem liebevollen Kuss und ging dann fort, ohne sich noch mal nach ihm umzudrehen. Sie hatte es eilig. Es blieben ihr nur noch knapp zwei Stunden. Zuhause legte sie sich auf ihr Bett, satt von den Eindrücken des heutigen Tages. Sie brauchte nicht mehr zu überlegen, sie hatte sich entschieden. Ihre Idee war richtig und der Zeitpunkt war jetzt. Langsam erhob sie sich, ging zur Balkontür und öffnete sie. Die schwarze Nacht umfing sie. Es war kühl geworden und sie spürte eine zarte Gänsehaut. Sie atmete tief durch, lächelte und ging die letzten Schritte bis zur Brüstung. Carolin verharrte einen letzten Moment, spürte einen letzten Moment, dann sprang sie.
Man fand sie auf dem Asphalt, ihr blondes langes Haar umfloss ihr schönes Gesicht, ihre Augen waren friedvoll geschlossen und ihr Mund, aus dem dunkles Blut rann, lächelte.

 

Hallo Toxinchen,
Na gut, dann mache ich mal den Anfang.
Also ich fand den Anfang nicht so passend:
Carolin hatte diese Idee!

Ich finde danach schreibst du sprachlich sehr gut.
Aber natürlich muss ich auf den Schluss zu sprechen kommen; Klar, es ist völlig überraschend was du am Ende schreibst, aber die Gründe von Carolin bleiben mir persönlichen völlig verschlossen. Wenn sie doch so glücklich war, warum bringt sie sich dann um? Der Leser erfährt rein gar nichts über die Gründe von Carolin und das hat mich an deinem Text gestört. Vielleicht solltest du zumindest andeuten was Carolin in den Tod treibt. Auf mich wirkt das Ganze wie eine spöttische Abhandlung des Selbstmordes. Und ich finde, du verharmlost diesen schrecklichen Tod zu sehr. Vielleicht kannst du mich über die Beweggründe von Carolin noch aufklären. Ansonsten hat mir der Text aber recht gut gefallen. Liebe Grüße, bluna

 

hey bluna,

ja die gründe bleiben irgendwie offen ist schon richtig. aber es ist auf keinen fall spöttisch gemeint. carolin ist im grunde ein sehr unglücklicher mensch, obwohl sie alles zum glücklichsein hat. genau das ist ihr problem. es gibt halt menschen die ein glückliches leben führen und trotzdem den freitod wählen. warum?? das weiss man nie so genau. an diesem letzten tag prüft carolin ganz einfach nochmal ihre persönlichen umstände. und sie entscheidet zu gehen. trotz allem zu gehen. sehr mutig wie ich finde. was nicht heisst das ich den tod beschönigen will. man sollte ihn aber auch nicht zu sehr schlecht machen. er gehört ja auch zum leben dazu.und vielleicht sollte man manchen entscheidungen einfach akzeptieren.

bussi

toxinchen

 

Hallo Toxinchen,
meinst du wirklich, dass Tod manchmal der einzige Ausweg ist? Also ich denke man sollte eher den Menschen vorher helfen, als ihr Schicksal einfach zu akzeptieren. Aber gut, dass du deine Geschichte nicht spöttisch gemeint hast. Liebe Grüße, bluna

 

Hallo Toxinchen,

das Unverständnis für das Ende der Geschichte hat bluna ja schon angesprochen: Seit langem hat die Hauptfigur anscheinend die "geniale" Idee vom Selbstmord und wartet nur auf den richtigen Moment. Sie verlebt einen angenehmen Tag, sie genießt ihn, ist mit sich zufrieden, wird geliebt, alles ist perfekt. Dann bringt sie sich um -- was soll das?

Angenommen, sie hütet ein Geheimnis, mit dem sie innerlich nicht zurecht kommt: Hat sie eine Bank überfallen? Hat sie jemanden ermordet? Oder ist ihr Fingernagel abgebrochen? -- Was rechtfertigt das Wegschmeißen des eigenen Lebens? Selbst wenn es keinen rationalen Grund gäbe, so wird sie sich doch nicht aus lauter Freude in die Tiefe stürzen, nur um Petrus kennenzulernen? Gerade weil sie in ihrem Freund eine sehr wichtige Stütze im Leben hat, ist mir die Tat noch schleierhafter.

Schöne Grüße,
Emil

 

hallo abawa,

gut ich versuche es zu erklären. ich möchte in diesem text einfach keinen grund angeben! vielleicht ist sie krank? Vielleicht verrückt! ich halte nichts davon dem leser immer die perfekte lösung zu bieten. nein ich halte schon was davon, aber nicht in diesem text. warum alles vordiktieren. ein bisschen freiheit ist doch mal was anderes. ich beschäftige mich gerade mit einem buch das kreatives schreiben lehrt. vielleicht ist die geschichte deswegen so wie sie ist. sie ist kontrovers. warum nicht? aber es ist mir auch natürlich klar, das sowas nicht jedem gefällt. gott sei dank.
Und nein bluna: der tod ist absolut kein ausweg, zumindest nicht für mich. aber ich kann ja nicht für jeden sprechen.

bussi toxi

 

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