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Ein neues Leben

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02.02.2002
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Ein neues Leben

Es ist klirrend kalt. Dichte, nach Schwefel riechende Dampfwolken steigen aus dem Becken in die klare Nachtluft. Das fahle Licht, das vom Grunde des Beckens zu kommen scheint, taucht die Szene in ein gespenstisches Licht. Der Nebel dämpft alle Geräusche, das Blubbern und Plätschern des heißen Wassers im Becken klingt fern, unwirklich.

Sie kann kaum ihre Hand vor den Augen sehen. Mit dem Rücken gegen den Rand des Beckens gelehnt, auf einer steinernen Bank sitzend, hat sie die Augen geschlossen und lässt die Ereignisse der letzten Stunden, Tage, Wochen von sich abblättern, die intensiven Erlebnisse, die Zeit des Wartens, bis ihr Kopf wieder frei und klar wird, ihre Sinne geschärft, mit denen sie die unwirkliche Szenerie in sich aufnimmt. Fern dringt leise Musik an ihr Ohr. Durch einen dunklen Kanal ist sie hierher gelangt, völlig nackt und ungeschützt, nur das heiße Wasser, das sie bis zum Hals umgibt, schützt sie vor dem sicheren Erfrieren.

Ihr Begleiter ist ihr durch den dunklen Kanal gefolgt. Der Begleiter, der ihr lieb geworden ist seit jener ersten Begegnung, die am Anfang des langen und verschlungenen Weges gestanden ist, der sie schließlich beide hierher geführt hat. Auch ohne ihn zu sehen, spürt sie seine Nähe, fühlt ihn neben sich auf der steinernen Bank.

Er war nicht ständig bei ihr gewesen seit dieser ersten Begegnung, sie denkt an die langen Stunden, in der sie ihre Aufgabe zu erfüllen hatte, mit den anderen Frauen, aber ohne ihn. Dazwischen, in den Zeiten der Ruhe, war er zu ihr gekommen, oder sie waren gemeinsam aufgebrochen in das weite freie Land, hatten ihre Gedanken und Gefühle geteilt, bevor die Aufgabe sie wieder in Anspruch genommen hatte. Er war längere Zeit fort gewesen, nach langen Wochen sollte dies das erste Wiedersehen sein nach dieser Zeit der Prüfung. Noch nie zuvor waren sie hierher gekommen, sie hatte auch ein wenig Angst empfunden bei dem Gedanken, aber auch eine wohlige Erregung, eine Vorfreude, als er sie aufgefordert hatte, sich zur festgesetzten Stunde an der Pforte des riesigen Gebäudes einzufinden. Gemeinsam hatten sie die Schwelle übertreten, Hand in Hand.

Sie fühlt ihn neben sich, er ergreift ihre Hand. Er ist unbekleidet wie sie, dunkelhaarig. Wassertropfen haben sich in seinem kurzen Bart festgesetzt, der einen schönen Kontrast bildet zu seiner haarlosen Brust. Sie spürt, wie sein ruhiger, bestimmter Blick auf ihr ruht. Ein Kribbeln durchrieselt ihren entspannten Körper. Noch nie hat sie seine Berührung so intensiv empfunden, noch nie ist das Verlangen so stark gewesen wie in diesem Augenblick. Sie spürt, wie seine Lippen einen Kuss auf ihren Hals hauchen, der einen wohligen Schauer durch ihren ganzen Körper jagt. Langsam wendet sie ihm den Kopf zu. Sie kennt diesen Ausdruck seiner Augen, spürt sein Verlangen, so groß wie nie zuvor, wohl auch durch die langen Wochen der Trennung, der schon ungewohnten Keuschheit. Übermächtig wird ihr Wunsch, sich ihm ganz hinzugeben, ohne diesen letzen Vorbehalt, ohne diese letzte Barriere, die ihr bis jetzt immer Schutz und Sicherheit gegeben hat. Sie will es spüren, wie es ist, ganz zu vertrauen, ganz zu empfangen, ganz eins zu sein. Wie im Traum erlebt sie es, dass er sie an sich zieht, auf seinen Körper gleiten lässt, wie seine Zunge und seine Erektion gleichzeitig in sie eindringen, so unglaublich intensiv, die erste ungeschützte Penetration ihres Lebens, die sie nahezu augenblicklich fortreißt in den Taumel der Lust.

Leise bewegt sich ein älteres Paar an ihnen vorbei, darauf bedacht, die beiden nicht zu stören in ihrer weltvergessenen Verschmelzung. Sie lächeln einander an, erinnern sich wohl an etwas ...

Vier Wochen später sagt sie es ihm, dass sie sein Kind unter dem Herzen trägt, seit der Begegnung im städtischen Thermalbad, am Nacktbadeabend im Freiluftbecken. Sie sitzen gerade bei Kerzenschein beim Nachtmahl in ihrer kleinen Wohnung. Ihrer Freundin hat sie es schon erzählt, die junge Juristin in der Rechtsabteilung einer großen Firma, die ihren Freund vor ein paar Monaten kennen und lieben gelernt hat. Seine Augen strahlen vor Glück, er liebt sie doch so sehr, der frischgebackene Diplomingenieur, der sich im Konstruktionsbüro der gleichen Firma gerade seine ersten Sporen verdient.

Lange sagt er nichts, sieht sie nur an. Schließlich steht er auf, küsst sie zärtlich, nimmt sie in die Arme: „Willst du meine Frau werden?“, fragt er sie.

[Beitrag editiert von: Strider am 07.02.2002 um 21:36]

 

Hey.

Einleitung ist ziemlich gut, selbst der Übergang von Protagonistin zur zweiten Person ist ganz gut gelungen...auch sprachlich ist der Text an einigen Stellen schön, anfangs wird tatsächlich eine recht gute erotische Stimmung aufgebaut...nachdem dann aber der eigentliche erotische Teil, in diesem Fall der ersehnte Geschlechtsakt, bereits arg tief in die Klischekiste abdriftet, ruiniert das Ende den Text meiner Meinung nach völlig. Thematik wechselt sprunghaft von Erotik zu Romantik, und diese ist dann auch noch erneut voll von Klischees á la Güteklasse A. Text hat wie gesagt anfangs Potential, läuft aber in eine falsche Richtung...Intention überdenken und Schluss rauswerfen?

San

P.S. Habe noch was vergessen...der Titel ist eher mies. Bildet zwar in gewissem Sinne einen Rahmen zu dem von Dir gewählten Ende, drückt den Klischees aber ein weiteres I-Tüpfelchen auf. Willst Du das so?

[Beitrag editiert von: Rabenschwarz am 11.02.2002 um 03:13]

 

Hallo,

da mir schon klar war, dass das Thema für sich nicht so viel hergibt, habe ich es für einen Versuch verwendet. Eben genau den Versuch, die erotische, fast ins Phantasy-Genre führende Stimmung erst aufzubauen und dann aprupt im Sachlichen enden zu lassen.

Da es so ankommt, als wäre mir das "passiert", ist es wohl nicht besonders gut gelungen.

@Rabenschwarz

Das Paradoxe am Schreiben erotischer Geschichten ist es offenbar, dass die sexuellen Teile die schwierigsten sind. Das unterscheidet Erotik von Pornographie. Offenbar.

 

Strider,

bin mir über die anscheinend oft sehr dünne Linie zwischen Erotik und Pornographie oft selbst nicht so im Klaren, experimentiere gerade selber damit rum.
Wie gesagt, die von Dir angesprochene Intention habe ich im Text nicht so gesehen, da musst Du wissen, ob Du die Sache nochmal anders angehst. Bis etwa zur Mitte fand ich den Text ja gelungen...hatte dann zugebenermaßen eine andere Erwartungshaltung, aber selbst mit der von Dir erläuterten Perspektive braucht der Text meiner Meinung nach noch ein bisschen Arbeit. Hab' ein paar andere Sachen von Dir gelesen, es ist sichtbar, dass Du Dir schon so Deine Gedanken machst, bevor Du loslegst...gut so. :)

San

 
Zuletzt bearbeitet:

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ich finde die geschichte hat einen echt starken anfang, doch als sie ihm das mit dem baby sagt, erwartet man mehr, das ende ist zu kitschig...
aber ansonsten finde ich die geschichte echt stark- gut geschrieben... ich würd an dem ende noch etwas rumpfeilen!

bye mary

 

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