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Ein netter Abend
„All-In!“
Stille.
„Ich bin raus“ sagte Rick.
Da waren es nur noch Big Pro und ich.
Verblüfft sah ich ihn an – verblüfft im Innern – nach außen hin wie immer.
Was hatte dieser Kerl bloß auf der Hand?
Ich sah ihm tief in die Augen. Sein Blick ruhte auf mir, so entspannt, als blicke er in den Sonnenuntergang. Die Sonne war längst untergegangen. Es war nun an der Zeit, für einen von uns beiden, es ihr gleich zu tun. Ich konnte nicht aussteigen. Sonst würde ich 10.000 Dollar verlieren - für nichts.
Big Pros Mundwinkel zuckten leicht, als wolle ihm der Ansatz eines Lächelns oder eines Grinsens entfliehen. Es gab keinen Zweifel: Er bluffte!
Schweiß trat auf seine Stirn. Ich wusste, er wusste, dass ich es wusste. Er konnte mich nicht täuschen. Ich konnte direkt fühlen, wie sein Herz schneller schlug. Und noch schneller, mit jeder Sekunde die verging. Selbst wenn er einen König auf der Hand hätte, würde ich gewinnen. Ich hatte die Gewinner-Hand. Diese Hand konnte nicht verlieren. Von Anfang an, konnte sie nur gewinnen. Eine Straße oder ein Flush waren unmöglich. Womit glaubte er mir Angst machen zu können? War er wirklich dumm genug, um zu glauben ich würde das Risiko nicht eingehen? Der Mann, der angeblich nicht verlieren kann?!
Die Zeit verging und niemand sprach ein Wort. Alle Blicke waren gespannt auf uns beide gerichtet. Auf uns beide, die wir da saßen und uns anschwiegen und anstarrten.
„Ich bin dabei.“
Alle Augenpaare am Tisch weiteten sich. Bis auf zwei.
Langsam schob ich alle meine Chip-Stapel in die Mitte. Ich musste mir gar nicht ausrechnen, wie viel Geld jetzt im Pot war. Es war offensichtlich, dass der Gewinner dieses Duells das Spiel gewinnen würde. Und der Gewinner würde ich sein.
„Ich bin gespannt“ sagte Big Pro.
Stolz präsentierte ich der Runde meine Karten:
„Ass-Drilling.“
Siegessicher suchte ich den Blickkontakt zu Big Pro.
Ohne eine Miene zu verziehen, sagte er:
„Das war’s dann wohl.“
Die Freude siegte kurzzeitig über mein Pokerface und meine Hände griffen wie von allein nach den Chips.
„Das war’s dann für dich! Full House!“
Zu Tode erschrocken, blickte ich auf seine Karten.
Ich hatte alles verloren!
Das ganze Erbe verzockt – an einem Abend!
Und wieder hatte ich nichts.
Ich hätte nie anfangen sollen, zu spielen.
„Probier's doch mal mit Hallenhalma“ spottete Big Pro.
„Hier; für den Heimweg.“
Ein 100 Dollar-Schein flatterte vor mir auf den Tisch. Wortlos stand ich auf, mit nichts, nichts als 100 Dollar.
Mein Gesicht zeigte keinerlei Emotion, als ich hinaustrat, in die Stadt der Sünden
- Die Stadt, von der man sagt, sie könne aus 100 Dollar eine Million machen, wenn man sie nur lässt.
Ich hoffe, das ist wahr.