Ein Montag im Alex
Die 5 Freunde im Alex
Heute ist wieder so ein typischer Montag. Meine Stammgäste, 5 Halbstarke mit wenig Geld und viel Durst, die immer das gleiche bestellen, betreten meinen Arbeitsplatz.
Und wie jeden Montag ruft der Bodybuilder der Clique mit doofen Sprüchen nach mir, der Kellnerin im Cafe Alex.
Das einzige Mädchen der Clique, Schantal, ordert heute, wie üblich, eine geschälte Weintraube und ein in Wasser getauchtes Wattebäuschchen. Man muss schließlich auf die Figur achten. Dass dieser Vorsatz bei ihr ein bisschen überhand nimmt, kann man daran erkennen, das sie nach der Weintraube immer sofort auf der Toilette verschwindet, und, wie ich fürchte, die Weintraube wieder zutage fördert.
Der selbsternannte Bodybuilder fordert wie immer seinen ungesüßten, muskelaufbaufördernden Eiweißshake. Ich muss ihn wie üblich enttäuschen, denn solche, halb illegalen (wer weiß was da alles an Pillen drin ist) Getränke führen wir nicht, auch wenn ich mir schon ernsthaft überlegt habe, sie extra für ihn, den Bodybuilder, ins Sortiment zu nehmen, da seine kaum vorhandenen Muskeln wirklich mal ein paar Aufbau-Shakes gebrauchen könnten, damit ihm beim nächsten Wettbewerb keine Hantel auf den Fuß fällt. Ich mach mir schließlich auch Sorgen.
Zurück zu den Bestellungen. Einer der Jungen, ganz in schwarzem Kunstleder, sieht dem Sänger einer gewissen, sehr jugendlichen Band, die ein Unwetter in Indien besingt, verdammt ähnlich. Die Ähnlichkeit geht von den dick umrandeten Augen über die grausige Frisur bis hin zu den zu langen, schwarzen Fingernägeln.
Und die Vorliebe für die Farbe Schwarz dieses Jungen geht gar so weit, das er nur schwarze Getränke zu sich nimmt, wie er mir jeden Montag aufs neue erklärt. Das hätte etwas mit Lebenseinstellung zu tun.
Wir haben keine schwarzen Getränke, aber um ihn nicht zu enttäuschen, mische ich einfach etwas Rohöl, das ich extra für diese Zwecke lagere, unter die Apfelschorle, und fertig ist die Gothic-Schorle. Aber ob das gesund ist? Naja, im Öl sind ja wohl Mineralien, oder? Und die haben noch niemandem geschadet.
Bleiben noch zwei, die bedient werden wollen. Zuerst der „Rocker“. Er ist auch so ein Härtefall. Jedes Mal aufs neue versuch er mich davon zu überzeugen, das er schon reif genug für Bier und Alkohol in sonstiger Form ist und privat eh immer trinkt. Er lehnt es ab, irgendwas zu essen, man würde die Rocker im Fernsehn ja auch nie essen sehen. Sein größtes Vorbild ist Kurt Cobain. Schon klar, das man den nie essen sieht, der ist ja auch schon tot.
Aber um auch diesen Gast ruhig zu stellen, wende ich einen leichten Trick an: ich fälsche einen Zeitungsartikel des „Rollingstones-Mag“, in dem berichtet wird, das Mick Jaggers Lieblingsessen Spareribs mit Apfelschorle sind. Seit dem isst der Junge wieder und ich brauch mir keine Sorgen mehr machen, das er eines Tages in die Magersucht abrutschen wird.
Gut, gehen wir zum letzten Gast über. Der Hopper. Er hat die seltsame Eigenart, sich so hinzusetzen, das er mehr liegt als sitzt und kaum noch über die Tischkante gucken kann. Seine, unter den Armen sehr weit ausgeschnittenen, Latex-Muscle-Shirts sehen weder hübsch aus, noch trägt der Geruch, der entsteht, wenn sich Latex mit Schweiß und billigem Rasierwasser mischt, zu einem angenehmen Klima im Alex bei. Schon allein deswegen ist mir der Typ nicht sympathisch. Ein weiterer Punkt ist, das er ständig Cola bestellt, und die Tatsache, das die kleinen braunen Babys in Afrika das gar nicht gut finden (eine Erklärung dafür würde jetzt den Rahmen sprengen), interessiert ihn wenig. Auch der doppelte Cheeseburger, den er sich jede Woche reindreht, ist nicht unbedingt günstig, wenn man seine Figur betrachtet.
Überhaupt, es sollte viel mehr Sport gemacht werden. Und die Jugend muss wieder mehr auf sich achten. Oder auch auf andere. Sie könnten zum Beispiel Blutspenden. Dabei verliert man doch auch Gewicht, oder?
Aber jetzt werde ich mal gehen, und eine Weintraube schälen, eine Colalight besorgen (wenn er nicht auf seine Figur achtet dann tue ich es für ihn) einen Burger braten, ein Wattebäuschen in Fett tunken (sonst fällt das Mädchen noch von Fleisch) und ein bisschen Rohöl aus dem Kanister in der Küche abzapfen.