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Ein Mohrenkopf für 10 Cent

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28.02.2018
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Ein Mohrenkopf für 10 Cent

Hört mal zu: Es gibt keine Katzen in Berlin! Es dauerte eine Weile, bis ich es bemerkte. Seit ich hierhergekommen bin, hatte ich ein komisches Gefühl, als ob hier etwas Großes fehlen würde, aber ich wusste nicht genau, was. Neukölln ist eine Nachbarschaft von Farben und Gerüchen. Zehn Minuten von meinem Zuhause sind drei Kinos, zwei Parks und ein Friedhof. Nicht einmal hundert Meter entfernt von der Wohnung ist der türkische Markt mit Obst, Gemüse, Tahini und einer riesigen Menge von Israelis. Die Qualität ist so lala. Aber nur da kann man Gurken von normaler Größe finden. Ihr müsst wissen, dass Neukölln einer der dreckigsten Orte ist. Aber das ist auch seine große Schönheit. Auf den Straßen werfen die Menschen nicht nur Essen und Plastiktüten weg, sondern auch Matratzen, Toiletten, Wasserhähne, kaputte Bierflaschen und vieles mehr. Auf den Gehwegen und hinter Bänken sammelt sich alles schnell an, bis etwas passiert, aber normalerweise passiert nichts. Viele Arten von Menschen sieht man hier. Obdachlose, Frauen mit Burka, Verrückte, die mit der Luft reden, Drogenhändler. Das ist wirklich eine vielfältige Nachbarschaft. Auch international.

Eines Tages fuhr ich Rad und sah einen Hund, der an einem Baum schnüffelte, auf dem ein Eichhörnchen saß, und da fiel es mir wie Schuppen von den Augen: Es gibt hier keine Katzen! Nirgendwo. Nicht auf den Autos, nicht an den Mülltonnen, nicht einmal in Eingängen von Gebäuden. Von der offensichtlichsten und natürlichsten Sache im Stadtbild von Tel Aviv findet sich hier keine Spur. Es kann nicht nur am Wetter liegen, denn es laufen ja Füchse hier herum, und in anderen Städten Europas kann man Katzen finden. Vielleicht wissen sie etwas über diese Stadt, was wir noch immer leugnen.

Die Gesundheitsdienste hier sind gut. Als mein Ei zu kratzen anfing, ging ich zum Arzt. Der hat es mit einer Taschenlampe und einer Lupe untersucht, fand aber nichts. Es ist nicht ungewöhnlich rot, und es ist nicht geschwollen, vielleicht ist es etwas Geistiges. „Wie ich es betrachte“, erklärte er, „dein Ei versucht dir zu sagen, dass etwas nicht in Ordnung ist. Kann es sein, dass du dich an Berlin noch nicht gewöhnt hast? Wie lange bist du schon hier?“ Er hatte einen großartigen Körper, und wenn ich großartig sage, wisst ihr, da bin ich wählerisch, ihr kennt mich. Breite Brust, dicke Schultern. Macho! Und wir reden, reden, reden, er ist eigentlich ganz sympathisch, für einen Deutschen ist er sogar freundlich. Er hat einige graue Haare im Bart, das ist süß. Und alle Leute außerhalb des Raumes warten. Wer weiß, woher sie die Geduld haben, aber man muss bedenken, dass sie nicht wie wir sind. Was Disziplin angeht, sind sie Meister. Kurz gesagt, meine ganze Geschichte habe ich ausgeschüttet. Wie ich hierhergekommen bin, um nach etwas Anderem, Differentem zu suchen, vom Beginn anzufangen, um diesem Wahnsinn in Israel zu entkommen. Dass ich mir aber schon ein Jahr lang einen Knoten in die Zunge mache, nur um im Laden nach etwas zu fragen, dass ich schon seit einem Jahr nicht arbeite, aber jeden Monat Arbeitslosengeld bekomme. Gott sei Dank, mein großes Glück ist der deutsche Pass, den ich meiner Großmutter verdanke, die eine wahre Überlebende war. Ohne Staatsbürgerschaft wäre es wirklich nicht einfach gewesen. Und woher weißt du, ob ein Wort weiblich oder männlich oder neutral ist? Gibt es Regeln für diese gottverdammte Sprache? Hab ich hier Spaß, ist eine schwierige Frage, und ich glaube nicht, dass wir jetzt Zeit haben. Also verabschiedeten wir uns und schüttelten uns die Hände, und er lächelte nicht einmal.

Nach einem Monat, ich glaube, es war Oktober, ging ich zurück zum Dermatologen. Das Ei nervte mich weiter, aber echt. Wie kleine Ameisen, die einen Marathon laufen. Wieder dachte er, es gäbe kein Problem - aber er wollte wirklich wissen, ob meine Seele beruhigter war. Schau mal, jetzt fangen die zehn kalten Monate an, es ist kein Picknick, ja, man kann zwischen Morgen und Abend nicht unterscheiden, und alles ist grau. Unser mittelmeerisches Klima hält dich glücklich. Schweiß, kurze Kleidung, die Sonne zerreißt die Haut. Und warum haben Sie keine Klimaanlagen, keine Luft? Wenn es etwas gibt, was ich in dieser Stadt wirklich schätze, ist es, wie groß sie ist. Man kann die U-Bahn nehmen und eine Stunde in die gleiche Richtung fahren, und schwankende Menschen mit BERLINER KINDL in ihren Taschen werden immer noch einsteigen. Und wie kann jeder leben, wie er will, ohne Rücksicht auf irgendjemanden zu nehmen. Denn was dir passiert, interessiert die Leute nicht. Schon im nächsten Augenblick hat er mich so hart gefickt. Er öffnete eine kleine Tür zu einer Kabine, in der sich nur ein Putzschrank befand. Was für ein Chaos. Gestank nach Chlor und alten Lumpen. Ich lehnte mich in die Dunkelheit, Spritzen, immer noch in ihrer Kiste, fielen auf den Boden neben uns. Ich griff zwei Griffe an und gab ihm meinen Arsch. Er rammte ihn nach innen wie ein Verrückter, tuck, tuck, tuck, rein, raus mit voller Kraft, hungrig, scharf, ohne die Prostata in Frieden zu lassen, stoppte nicht, verlangsamte sich nicht. Es war der schmerzhafteste Fick, den ich je bekommen habe. So sind die Deutschen - sie kennen keine Gnade.

Im November fragte ich Dr. Kammerhof, ob ich es nicht schon zu lange da unten habe, warum geht es nicht weg, vielleicht gibt es irgendeinen Blut- oder Urintest, den ich machen kann. Denn nun kitzelt auch mein zweites Ei. Wir können es durch Gewebekultur untersuchen lassen, sagte er, aber Sie sollten wissen, sexuell übertragbare Krankheiten sind keine große Geschichte in Berlin. Jeder hier hat ein Herpesbläschen, wenn nicht mehr. Und man kriegt das hin. Das ist genau das, was hier schön ist, man wird akzeptiert, so wie man ist. Er zog aus der Schublade einen Kit für die Probennahme, und als die Rohbaumwolle die Falten meiner Haut strich, habe ich ihm erzählt, dass es mir in letzter Zeit besser geht. Ich kann schon Zeitungen lesen, vielleicht ist mir noch nicht alles klar, aber das Wichtigste bekomme ich hin. Es macht mich verrückt, dass das Verb immer am Ende des Satzes kommt. Er nickte und legte den Stick in einen hermetischen Behälter. Dann fügte er eine schwarze Markierung meiner Seriennummer hinzu, und packte den Behälter in eine Plastiktüte. Wissen Sie, Dr. Kammerhof, manchmal verspüre ich starke Lust, eine Umarmung, einfach eine Umarmung, zu bekommen, genau wie jetzt. Und manchmal frage ich mich, wann jemand in meiner Nachbarschaft lachen wird – glockenhell lachen, wirklich lachen -, weil er einen blöden Witz gehört hat oder jemand einen Meter entfernt gefurzt hat. Aber nicht hysterisches Gelächter, nicht das Lachen betrunkener Jungs - solche Dinge gibt es -, sondern authentisches Lachen mitten auf der Straße. Er hörte nur zu und verzog leicht den Mund, aber im Glanz seiner Augen glaubte ich, Verständnis zu finden.

Am Ende des Jahres hatte Christian aufgehört, in der Klinik zu arbeiten. Als ich nach Weihnachten nach ihm suchte, war er fort. Sein Kollegin sagte mir, dass es ihm nicht gut ging. Leberprobleme. Dass seit einige Wochen alle seine Patienten zu ihr weitergeleitet wurden. Und was ist mit meinen Eiern? Ich kratzte mich nicht mehr, es war wahrscheinlich nur ein Pilz, und vielleicht hatte er doch recht und ich musste die Dinge mit mir selbst klären. Aber ich habe ein Papillom gekriegt, vielleicht von ihm, vielleicht von jemand anderem.

Und ich bin immer noch hier. Fast drei Jahre sind seitdem vergangen. Gestern habe ich eine Verlängerung des Mietvertrages um weitere zwei Jahre unterschrieben, weil, egal was ihr sagt, es keine Stadt wie Berlin gibt. Vielleicht spielen die Busfahrer keine Musik im Bus, vielleicht kann man Katzen nur auf Bildern sehen, vielleicht klappt es nicht immer so, wie du willst – aber wo ist das schon so? Doch wenn man dir zehn Mohrenköpfe für einen Euro gibt, wirst du sie nicht nehmen?

 

Hallo, galgalon

Und woher weißt du, ob ein Wort weiblich oder männlich oder Neutrum ist? Gibt es Regeln für diese gottverdammte Sprache?

Es wird Dich sicher nicht überraschen, dass die Antwort auf die letzte Frage selbstverständlich "Ja" ist. Inwiefern die Regeln der Sprache im Sinne der Einfachheit - Umgangssprache - und im Sinne der Kunst - Literatur - gebeugt werden dürfen, ist naturgemäß wahrscheinlich schon seit dem Bestehen von Sprache Gegenstand einer hitzig geführten Debatte. Ich befinde mich ja eher am Ende: "Beuge die Regeln, wenn es Deinem Zwecke dienlich ist", erlaube also sehr viel Spielerei. Deine Sprache hingegen ist keine Spielerei.

Wie mein Kunstlehrer früher immer meinte: "Die Künstler, die so schmieren, könnten auch naturalistisch malen. Sie tun es nicht, weil sie eine Botschaft transportieren." Für Sprache gilt das Gleiche: Um mit ihr zu spielen, muss man sie zunächst beherrschen. In Deiner Sprache erkenne ich kein Muster, sodass bei mir der Eindruck entsteht, dass Du kein Muttersprachler bist. Es ist nicht schlimm, wenn dem so ist. Auch Nicht-Muttersprachler dürfen schreiben. Allerdings dürfen auch sie sich Hilfe suchen von Leuten, die die Sprache gut beherrschen, die ihre Fehler ausmerzen. Denn Fehler zu machen, ist keine Kunst. Und gerade das geschriebene Wort geht sehr undankbar mit Fehlern um. Manchmal verstrickst Du Dich so sehr, dass ich lange gebraucht habe, um zu verstehen, was Du sagen möchtest.

Vielleicht kennst Du jemanden, dem Du Deine Texte geben kannst, bevor Du sie hochlädtst. Derart kleinschrittige Korrekturen sind hier im Forum nur schwer vorzunehmen. Also bitte gib Deine Texte jemandem zur Korrektur, bevor Du sie online stellst. Dann können wir uns stärker auf das wirklich Interessante konzentrieren: den Inhalt.

Der ist nämlich wirklich interessant. Du schreibst eine feinfühlige Geschichte voller schöner Bilder über das Leben an einem fremden Ort, über das Ankommen, über die Beobachtungen, die man nur als Ortsfremder anstellen kann. Darüber, sich zuhause zu fühlen und nicht mehr an einen anderen Ort zu wollen.

Dies zeigt sich auch formschön in der Beziehung Deines Prots zu dem Arzt. Erst hat er keinen Namen. Schließlich bekommt er einen Nachnamen, am Ende sogar einen Vornamen. Genauso lernt Dein Prot auch Berlin kennen. Ich, die ich auch eine geliebte Wahlheimat gefunden habe - nicht in einem fremden Land, aber an einem Ort, an dem ich nie war, bevor ich dorthin gezogen bin, und der mir bis heute in vielerlei Hinsicht verblüffend exotisch vorkommt -, konnte mich wundervoll in Deinen Prot einfühlen. Ich habe diese Geschichte gerne gelesen, sie hat meine Fantasie beflügelt.

Die vielen Fehler haben es mir jedoch wirklich schwer gemacht. Manche Teile habe ich erst beim zweiten Lesen verstanden. Das ist schade, weil Du eigentlich eine so schöne Geschichte erzählen möchtest. Also bitte: Such Dir jemanden, der das korrigiert. Bestimmt kennst Du jemanden, der das gerne tut. Danach komme ich gerne nochmal wieder vorbei, und wir können über die Details sprechen.

Bis dahin viele Grüße,
Maria

 

Boah galgalon,

im Namen vom wunderbaren, einzigartigen Berlin-Neukölln und allen seinen Bewohnern (inklusive Obdachloser, Burka tragender Frauen und Verrückten, die mit Luft reden), erlaube ich mir zu sagen: ... nee du, nicht cool. :dozey:

Was mich etwas stutzig macht, ist der qualitative Unterschied deiner Schreiberei. Manche Textstellen sind gar nicht so verkehrt:

Er hörte nur zu und verdrehte leicht die Lippen, aber im Glanz seiner Augen glaubte ich Verständnis zu finden.
Am Ende des Jahres hatte Christian aufgehört, in der Klinik zu arbeiten. Als ich nach Weihnachten nach ihm suchte, war er fort. Sein Kollege sagte mir, dass es ihm nicht gut ging. Leberprobleme. Das seit einige Wochen alle seine Kunden zu ihr weitergeleitet wurden. Und was ist mit meinen Eiern? Ich kratzte mich nicht mehr, es war wahrscheinlich nur ein Pilz, und vielleicht hatte er doch recht und ich musste die Dinge mit mir selbst klären.
Andere sind echt unterirdisch.
Ist noch ne Menge zu tun.

Viele Grüße
wegen

 

Moin galgalon
Willkommen hier bei uns.
Gute Grundidee einer Geschichte. Die Ausführung gefällt mir noch nicht da sie von Fehlern nur so strotzt, leider. Auch Absätze zu machen würde das Lesen erheblich erleichtern.
Falls Du tatsächlich kein Muttersprachler bist, ist das fürs erste zu entschuldigen, ich schließe mich aber Marias Meinung an und empfehle Dir vor dem Posten eine Durchsicht von jemandem, der des Deutschen mächtig ist. Letztlich wirst Du hier eine Menge über Sprache lernen, was vermutlich auch Deine Intention war/ist, oder ?

In diesem Sinne frohes Schaffen wünscht : Der LORD

 
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Vielen Dank, TeddyMaria, für Ihre Hilfe. Ihre Bearbeitung war sehr hilfreich.

Danke Lord Arion. Die ursprüngliche Geschichte wurde in einer anderen Sprache (Hebräisch) geschrieben, und wahrscheinlich Klang besser.

Hallo wegen, ich habe nichts gegen Neuköllners, und auch der Protagonist sagt, es ist ein sehr bunter und internationaler Ort. Er sieht nicht alles als negativ. Seine Welt, Emotionen und Gedanken sind kompliziert.

 

Lieber galgalon

Cool, das mit der Korrektur ging schnell (Teamwork, yay). Finde gut, dass Du die meisten der Stellen, die ich beim besten Willen nicht korrigieren konnte, auch bearbeitet hast. Aber dazu kommen wir gleich. Ich lese gerade erst, dass jemand meinte, dass Absätze die Lesbarkeit erhöhen würden. Darüber könntest Du nachdenken, obwohl es meiner Meinung nach nicht unbedingt notwendig ist.

Ich habe die Geschichte jetzt ja sehr oft gelesen, also können wir jetzt, wo wir mit dem Groben durch sind, direkt in die Details gehen.

Hört mal zu:

Das würde ich eigentlich streichen. Deinen Einstieg mit den Katzen finde ich sehr gelungen. Aber diese ersten drei Wörtchen wirken nicht so richtig.

Auf den Gehwegen und hinter Bänken sammelt sich alles schnell an, bis etwas passiert, aber normalerweise passiert nichts.

Deine Beschreibung mit dem Müll ist sehr gut, aber hier frage ich mich: Was soll denn passieren? Kommt die Müllabfuhr? Nehmen Leute etwas von dem Müll nach Hause? Da darfst Du gerne konkreter werden.

Hab ich hier Spaß, ist eine schwierige Frage, und ich glaube nicht, dass wir jetzt Zeit haben.

Ich sehe, an dem Satz hast Du auch gearbeitet. Da war ich auch etwas ratlos. So ist es gut geworden.

Ich lehnte mich in die Dunkelheit, Spritzen, immer noch in ihrer Kiste, fielen auf den Boden neben uns. Ich griff zwei Griffe an und gab ihm meinen Arsch.

Das ergibt eigentlich keinen Sinn. Du schreibst, dass sich in den Raum nur ein Putzschrank befindet, aber dann sind da Spritzen? Braucht man die zum Putzen? Und Du hast die zwei Griffe nicht geändert, da muss ich nochmal ... Hat der Arzt extra irgendwelche Griffe in seinem Putzmittelraum angebracht? Das erscheint mir doch wirklich sehr seltsam. Das kann so eindeutig nicht stehen bleiben. Vielleicht hält sich Dein Prot an einem Regal fest? Nur so als Idee. Aber in dem Zimmer ist ja nur ein Putzschrank ... Da stimmt was nicht.

So, das wäre es erstmal von mir. Bitte schau Dir die angemerkten Stellen nochmal an. Ich mag Deine Geschichte. Sie erzählt sich mit einer Leichtigkeit und einer wundervollen Authentizität. Gerne immer wieder gelesen. Hat viel Freude gemacht.

Viele Grüße,
Maria

 

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