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Ein Mädchen glaubt
Marina ist im Sommer zwölf Jahre alt geworden. Als ihre Mutter die Post holte, sage sie: „Marina, Post für dich!“
Schon kam diese angerannt und öffnete hastig den Brief.
„Das ist nur wieder ein Werbebrief, dieses Mal von der Kirche.“
Die Mutter nahm ihr den Brief aus der Hand und las. Dies war gewiss kein Werbebrief, es wurde Zeit, dass Marina zum Konfirmationsunterricht ging. Als ihre Mutter sagte, dass es sich um die Einladung zum kirchlichen Unterricht handle, sah das eben noch so aktive Mädchen nun gar nicht mehr so glücklich aus.
„Warum muss ich dahin?“, fragte sie entsetzt.
„Du musst nicht, aber…“ begann ihr Vater, der gerade das Frühstück machte. „Aber es stärkt deine Nähe zu Gott und… “, fuhr ihre Mutter dann fort. „Und du bekommst am Ende Geschenke“, strahlte ihr Bruder Thomas.
Eine ganze Zeit verging und nun war der Tag, an dem sie zum ersten Mal zum Unterricht musste. Alle stellten sich vor und danach wurde eine Geschichte von Gott vorgelesen. Aus lauter Langeweile malten Marina und ihre Freundinnen Tessa und Marah ein paar Strichmännchen und versuchten ihre Bilder zu einem Daumenkino zusammen zu flicken. Was die Pastorin erzählte, war ihnen scheinbar völlig egal. Als sie endlich wieder gehen durften, fragte Marina ihre Freundinnen, warum sie eigentlich zum Unterricht gingen. Beide antworteten: „Wegen der Geschenke natürlich!“
Zuhause dachte sie nach:
„Um was geht es hier eigentlich? Um Geschenke, um Pate werden zu können, um den abergläubischen Quatsch von Noah, Jesus, Moses, den Jüngern und Gott zu glauben oder ist dies alles wahr? Das ist nicht gerade realistisch! Und Gott, tja, ich weiss nicht recht, ob ich überhaupt an ihn glauben soll! Ich habe ihn nie gesehen, nie gehört, nie gespürt! Wieso sollte es ihn geben!? Vielleicht existiert er gar nicht! Mich hat nie der Schlag getroffen, wenn ich etwas Verbotenes getan habe.“
Sie wollte unbedingt wissen, ob es Gott nun gäbe und so beschloss sie, ihn zu rufen und zu verlangen, dass er sich zeigen soll. Sie kniete nieder, faltete die Hände zusammen und sah aus dem Fenster:
„Lieber Gott, ich weiß nicht, was ich glauben soll. Hilf mir. Erscheine! Rede mit mir! Schick mir ein Zeichen! Schick mir irgendein ein Zeichen, dass es dich gibt!“ Doch alles blieb ruhig, nur draußen spielten Thomas und sein Freund Rugby. Ungeduldig sagte sie noch einmal: „Schick mir ein Zeichen! Schick mir irgendein Zeichen, dass es dich gibt!!! Sonst bin ich gezwungen nicht an dich zu glauben!“ Es blieb ruhig. „Nun gut…“ sagte sie mit zickigem Unterton,
„Dann wird es so sein. Dich gibt es nicht!“
Am nächsten Morgen in der Schule erzählte sie ihren Freundinnen alles. „War ja klar, warum probierst du das überhaupt aus? Ist doch logisch, dass sich da nichts tut!“,
spottete Marah. Draußen goss es in Strömen, es blitzte und zuckte und der Donner wurde immer lauter. Bei Schulschluss hatten die Mädchen keine große Lust nach Hause zu gehen, obwohl sie sich sonst so freuten, aber bei dem Regen? Sie rannten über die Straßen, die Pfützen und die Wege, ja, es war so richtig ungemütlich. „Wir nehmen die Abkürzung über das große Feld dort!“ schrie Marah. Tessa nickte und rannte ihr nach und auch Marina zögerte nicht. Plötzlich krachte der Blitz in einen Baum neben ihnen und schon brannte der Baum lichterloh. Tessa erschrak. „Los, weiter!“ rief Marina zitternd. Die Haare klitschnass, mit triefenden Jacken, durchweichten Schuhen und ungemütlich nassen Hosen rannten sie unermüdlich weiter. Wieder ein Blitz, diesmal traf er Marah, die unter einem lauten Schrei zusammenbrach. „Wir hätten nicht die Abkürzung nehmen sollen. Los, wir müssen Hilfe holen, ihr kann bestimmt geholfen werden!“ schrie Tessa weinend. „Nein, wir müssen uns in Sicherheit bringen bis das Gewitter weiter gezogen ist, wir sind der höchste Punkt auf dem Feld, wir sind Futter für das Gewitter. Leg dich hin!“ „Nein, komm mit, sonst ist es vielleicht zu spät für Marah!“ Bettelnd sahen sie sich an. „Ok, ok! Ich hole Hilfe und du bleibst hier.“ Marina legte sich schluchzend neben Marah und Tessa rannte davon.
Marina starrte ihr nach und als sie nicht mehr zu sehen war, wurde das Mädchen trotz des Wetters müde. Sie fühlte sich schrecklich und verantwortungslos. Selbst als sie eingeschlafen war, flossen noch Tränen.
Sie bekam auch nicht mit, wie ein Krankenwagen sie in Sicherheit brachte.
Eine bekannte Stimme weckte sie mit: „Marina? Bist du wach?“
Es war Tessa, neben ihr ein Arzt. „Wie geht es dir?“ fragte sie strahlend.
„Gut.“, antwortete Marina und sah sich um. Dann stand sie auf und sah aus dem Fenster zum Himmel hoch: „Wo ist Marah? Wie geht es ihr?“
fragte sie besorgt. Der Doktor: „Sie lebt, braucht aber noch viel Ruhe. Sie hätte sterben können. Nicht viele haben so etwas bisher überlebt, aber ihr hättet euch auch nie auf das Feld begeben dürfen! Es ist ein Wunder, dass sie lebt.“ Marina lächelte nicht und ignorierte seine Tadelung. Sie sah verträumt zum Himmel und sagte: „Ja, das ist ein Wunder.“