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Ein heißer Sommertag

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19.05.2015
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Ein heißer Sommertag

Der Sommertag brennt. Dunst liegt über der Stadt. Menschen fließen über die Zeil. Am Rande der Straße, unter einem müden Baum mit verblichenen Blättern sitze ich auf einer Bank und beobachte die Menschen. Ich sehe starre, gierige Augen. Frauen, die ihre Haut zur Schau stellen. Männer, die ihre Frauen präsentieren. Ungeschützte Schönheit. Dazwischen meine Brüder, als Bettler verkleidet, gebückt im Dreck. Jeder geht an dem anderen vorbei und reiht sich ein in das Wogen der Masse.

Meine Augen sind klar und mein Herz fülle ich mit Liebe. Ich bin berufen, das Licht in die Welt zu bringen und werde sie zwingen, die Augen zu öffnen. Das Blut wird leuchten und die Jagenden, die Suchenden, werden die Plastiktüten mit ihren Einkäufen vergessen. Ich helfe ihren Seelen und sie werden schmerzhaft ihre Augen öffnen.

Kichernd gehen junge Frauen an mir vorbei, kaum jünger als ich. Sie erkennen und beachten mich nicht, obwohl ich auf den Ansatz ihrer Brüste schaue und ihre schwellenden Hintern in den engen Hosen oder Röcken entdecke. Sie sind fröhlich, leicht wie Vögel und ich wünsche mir, ihre Haut zu berühren. Haut wie Milch, die schmeckt wie Honig. Hinter ihnen junge Männer, Knaben eher, sechzehn oder siebzehn Jahre alt. Sie lachen, zeigen ihre Muskeln, recken ihre Brustkörbe und klopfen sich gegenseitig auf die Schultern. Mit Stolz tragen sie dieselben Turnschuhe, nach denen ich mich sehnte. Markenschuhe, auf die ich sparte, für die ich meine Eltern anbettelte, bis ich die 200€ in den Händen hielt, die ich brauchte. Ich erinnere mich wie neu und makellos sie rochen, wie unbefleckt sie waren. Ich dachte, dass jeder sehen müsste, welche Schuhe ich trage, dass alle, an denen ich vorbeigehe, mich und meine Schuhe bewunderten. Ich täuschte mich. Gestern habe ich meine überzähligen Kleider und Schuhe den Bedürftigen der Gemeinde gespendet. Ich brauche sie nicht mehr. Ich habe mich entschieden.

Während ich hier sitze, gehen Hunderte an mir vorbei und sehen mich nicht. Die Sonne brennt auf den Asphalt. Die Erde darunter wünscht sich, befreit zu werden. Im Brennglas meiner Gedanken schwitze ich nicht. Ich bete für die Menschen, die an mir vorbei wandern. Ich bin vorbereitet und mache die Sonne heller, weil ich wie ein Blitz bin, der aufzuckt und den Tag erhellt. Eins muss mir noch gelingen: das Mitleid besiegen, hart sein, den Schmerz ertragen und mich im Licht zeigen. Heute will ich meinen Mut testen und mich vorbereiten auf das Größere, das kommen wird. Nur ein Versuch. In meiner Tasche habe ich eine Wollmütze mit ausgeschnittenen Löchern für die Augen. Und den Brandsatz nach einer Anleitung aus den Flüssigkeiten gemixt, die ich mir besorgt habe.

Ich lasse mich in die Menge gleiten, biege ab in Richtung Paulskirche und Römer. Als ich in der Schule war, besuchten wir die Paulskirche. Lehrergerede über Freiheitskampf. Nichts hat sich geändert. Was ist das für eine Freiheit kommen, solange es erlaubt ist, Geld zu scheffeln, andere mit den Mitteln des Rechts zu betrügen und sich dabei wohl zu fühlen?

An eine Wand gelehnt, sehe ich eine junge Frau. Sie trägt Jeans und einen zerschlissenen Pullover und um den Hals ein Pappschild. Darauf steht: „Ich bin alleinerziehend und arm, bitte helfen Sie mir.“ Vor sich hat sie eine Plastikschale auf den Asphalt gestellt. Münzen darin, Centbeträge, mehr nicht. Schnell und ohne sie zu beachten, gehen Leute mit gefüllten Beuteln an ihr vorbei. Die Frau gefällt mir mit ihrer weißen Haut. Wenn sie nur aufstünde und ihren Körper aufrichtete, um ihn den Menschen entgegen zu strecken, die sie übersehen, die Augen vor ihr verschließen, sich wegdrehen. Früher hätte ich das genauso gemacht, weggeschaut. Meine Schritte werden langsamer, ich beuge mich zu ihr herab, hole mein Portemonnaie aus der Hosentasche. Ich schütte alle Münzen, die sich darin befinden, in das Tellerchen und den 50€-Schein lege ich obendrauf. Sie schaut hoch zu mir, zu dem Mann mit dem schwarzen Bart und den dunklen Augen und ich erkenne wie hell und durchscheinend ihre Augen sind. Ein vorsichtiges, verkniffenes Lächeln. Für einige Augenblicke halten sich unsere Blicke.

„Danke.“
„Ich freue mich, dir zu helfen, Schwester.“

Ein stiller Blick von ihr, verwundert, ängstlich. Hastig richte ich mich auf und gehe weiter. Kein Blick zurück. Ich fühle mich leicht. Für einen Moment überlege ich mir, ob die Frau eine Ganovin ist, die sich verkleidet und abends in ihrer komfortablen Wohnung ihre Tageseinnahmen zählt. Ich unterdrücke den Gedanken, besser ist es, zu glauben und zu hoffen.

Mein Schädel brennt. Ich bin wenige Schritte vom Römerplatz entfernt. Ich mag diese Häuser, die aussehen, als stünden sie jahrhundertelang hier und kämen aus einer alten Welt, die ehrlicher war. Vor der Fassade des Rathauses bleibe ich stehen, mitten unter Touristen aus Asien. Mein Blick wandert hin und her, um die Menschen zu spüren, die sich gegenseitig fotografieren und anlachen. Eine ganze Gruppe in der ländlichen Kleidung ihrer Heimat geht an mir vorbei. Sie sehen nach Indern aus. Die Frauen tragen lange, bunte Kleider, in Farben, die hier keiner tragen würde, warme Töne, orange, ein helles Blau.

Der Anblick der Farben erinnert mich an einen Sommertag auf dem Land, an eine Sommerwiese mit vielfarbigen Blumen, an die Frau, die ich dort geküsst und begehrt habe, an ihre Haut, ihre Lippen, die sich geöffnet haben, an sie, die sich geöffnet hat. Unsere Küsse füllten unsere Münder aus und wir vergaßen, was um uns war. Erst als wir die Augen wieder aufmachten, bemerkten wir, wie schön das Meer der Blumen war. Vollendeter war kein Sommertag. Heute ist ein Tag wie damals. Ich habe genug gewartet und gehe zurück zur Einkaufsstraße, weg von den idyllischen Häusern des historischen Zentrums. Als ich an die Stelle komme, wo die Bettlerin sitzt, wende ich meinen Blick ab, um sie nicht anschauen zu müssen.

Ich will mich auf meine Aufgabe konzentrieren und denke an diejenigen, die mir die Augen geöffnet haben, höre die wohlklingende Stimme von Anton in mir, der mir erklärte, dass Satan die Welt beherrsche und wie schön diese Welt wäre, wenn sie gereinigt sei. Wir Kinder des Lichtes atmeten anschließend freier und die Angst verschwände, das Gift für die Seelen. Nachdem er von Satan gesprochen hatte, begann ich, die Gesichter des Teufels auf den Straßen zu suchen und fand sie in den Blicken meiner Eltern, die aufblitzenden Augen, wenn sie davon sprachen, was sie unbedingt haben wollten, sei es ein Auto oder Schmuck. Der Satan war im Blick meines Vaters, der eines Abends sagte, er gehe mit Freunden etwas trinken, obwohl er mit einer anderen Frau ins Restaurant ging. Er saß da und lächelte die Fremde an, während meine Mutter ihm zu Hause die Wäsche bügelte. Ich lief schnell an ihm vorbei. Für alle sichtbar hatte er einen Platz am Fenster gewählt. Die Frau mit ihren dunklen Haaren und dem harten Gesicht war nicht besonders hübsch. Mein Vater lachte und gestikulierte dennoch mit ihr. Am nächsten Tag war ich bei Anton und habe ihm von meinem Vater erzählt. Er hat mich an das Lachen Satans erinnert. Wir müssen die Welt reinigen, dem Satan entgegen treten. Ich hab verstanden, was Anton meint und werde handeln. Heute ist der richtige Tag.

Langsam nähere ich mich meinem Ziel, der geschäftigen Kleinmarkthalle. Wo man Gemüse, Obst, Fleisch und Fisch kaufen kann, die angefüllt ist mit Gerüchen. Bei meinem letzten Besuch holte ich mir ein französisches Maishühnchen und Fisch, der ein Tag zuvor glücklich im Ozean schwamm. An diesem frühen Nachmittag wird es nicht voll sein in der Halle. Mein Plan ist einfach: eine unbelebte Stelle auf der Empore suchen, meine Tasche platzieren und den Zünder entsichern. Wenn das erledigt ist, bleiben mir zehn Minuten, um die Halle zu verlassen.

Als ich reingehe, genieße ich den kühlen Luftzug der Klimaanlage nach der Hitze draußen. Ich rieche ein Gemisch aus Kräutern und süßem Obst, während ich an den ersten Ständen vorbei gehe und das aufgetürmte Obst betrachte. Die Erdbeeren sind rot und glänzend als wären sie poliert. Ich stelle mir vor, Erdbeeren mit Sahne zu vermischen und mir in den Mund zu stopfen. Oder sie gleich ungewaschen zu vertilgen, wie ich es als Kind auf dem Feld gemacht habe. Frauen und Männer in grünen Schürzen stehen hinter den Ständen. Ich beobachte eine kleine, alte Frau mit weißen Haaren und unsicherem, hinkendem Gang. Für einen Moment schaut sie mir direkt in die Augen und lächelt, häuft Äpfel auf und stapelt die Früchte. Wenige Leute kommen mir entgegen. Wie ich es erwartet habe. Ich bleibe entschlossen und konzentriert. Ich muss nicht überlegen, jede Einzelheit ist durchdacht. Eine Treppe führt mitten in der Halle zur Empore. Dorthin führt mein Weg. Hochgehen, die Tasche ohne Zögern abstellen und die Halle verlassen. Oben auf der Empore angelangt, schaue ich mir die Stände mit Fisch und Kaviar an. Kaum was los, die Verkäufer schauen gelangweilt ins Leere. Die Köstlichkeiten sind teuer, der Lohn eines ganzen Tages für das Prekariat. An einer Stelle finde ich eine Lücke zwischen aufgestapelten Kisten und Eimern. Die anderen Plätze sind unbrauchbar, weil dort überhaupt nichts steht und ein herumstehender Gegenstand auffiele. Ich beschließe die Tasche in die oberste der gestapelten Kisten zu legen. Die ausgewählte Lücke zwischen den Ständen befindet sich vor einem der letzten Fischbuden. Langsam nähere ich mich, vorsichtig schaue ich mich um, ob jemand sich hinter mir befindet. Eine Frau und ein Mann überholen mich. Ein junges Pärchen, das sich an den Händen hält, in beständigem Austausch von Worten, Gesten und Berührungen. Sie sind vor mir und stehen an einem Fischstand. Vielleicht feiern sie das Jubiläum ihres Kennenlernens. Sie sollten sich mit ihrem Einkauf beeilen.
Es riecht nach Fisch und Meer. Feuer wird den Geruch vertreiben. Hinter mir befindet sich eine ältere Frau, die sich ziellos umschaut. Ich bemerke sie, als ich nur noch wenige Meter von der Lücke mit den Kisten entfernt bin und mich an die Balustrade lehne, um auf den Moment zu warten, die Tasche abzustellen. Ich fühle mich unbeobachtet. Wenn ich fliehen muss, werde ich die Mütze überziehen, die ich mir zurechtgeschnitten habe. Meine Kleidung ist unauffällig. Jeans, schwarzes T-Shirt ohne Aufdruck. Mein Blick wandert von der Balustrade über die Stände im Erdgeschoss. Menschen. Manche mit gefüllten Tüten voller Obst und Gemüse. Andere schlendern ziellos und genießen die Kühle der Halle.

Ich bin entspannt, hellwach und absolut konzentriert. Was werden die Leute machen, wie werden sie sich bewegen, sobald sie den Brandsatz bemerken? Panik? Das Paket sieht wie ein sehr großer Kaugummi aus und wird ein Loch in den Boden reißen, wahrscheinlich die Balustrade beschädigen. Die Fische werden in der Luft tanzen und das Gemüse wird fliegen.

An die Menschen darf ich nicht denken, das Ziel zählt. Der Moment ist gekommen. Mit festen Schritten, ohne mich zu beeilen, gehe ich zu der Lücke zwischen den Ständen und lege die Tasche in die oberste Kiste, die dort stehem, als wäre sie mir zu schwer, als wollte ich sie nach meinen Einkäufen wieder abholen. Ich wende mich ab und gehe mit aller Gelassenheit, die ich aufbringen kann, zur Treppe, bleibe kurz stehen und hole das Handy mit dem installierten Zeitzünder aus der Tasche. Ich brauche nur ein Signal senden und die Bombe ist aktiviert, programmiert von Brüdern. Das Handy habe ich von Anton. Ich drücke hastig auf den Knopf und sende das Signal.

Mir bleiben zehn Minuten. Bis dahin will ich auf der Zeil sein und mich in der Menge auflösen. Aus der Ferne werde ich Sirenen hören, Blaulicht sehen, den Knall der Bombe hören, Unruhe wird sich in der Stadt ausbreiten und ich werde weitergehen, einfach weitergehen. Ich bin kein Märtyrer und will nicht sterben, obwohl ich keine Angst vor dem Tod habe. Solange ich lebe, kann ich größere Aufgaben übernehmen, die Welt verändern. Es geht ohnehin nicht um mich, es geht um Würde und ein Leben im Einklang mit Gott. Es geht um Wahrheit in einer Welt, die von Geld und falscher Propaganda beherrscht wird. Sie lügen, wenn sie sagen, wir seien dumm, fanatisch und verblendet. Wir sind das Licht. Die Propheten - unter ihnen Jesus - sprachen vom Licht Gottes. Die Wahrheit muss durch die Dunkelheit hindurch sichtbar werden.

Schnell die Treppe hinab, ohne dass es nach einer Flucht aussieht. Einer, der es eilig hat. Dann passiert etwas, womit ich nicht gerechnet habe. An einem der Stände mit Blumen, nicht weit vom Ausgang, stehen Muriel und Hicham, meine Tante und mein Onkel. Sie riechen an Blumen und kichern wie Kinder. Ich muss eine Entscheidung treffen. Entweder gehe ich an ihnen vorbei, als hätte ich sie nicht gesehen und sie bleiben hier, wenn das Feuer und das Chaos ausbricht, oder ich versuche sie so schnell es geht, nach draußen zu locken. Meine Tante backt die besten Kuchen der Welt. Sie lieben Kinder, obwohl sie keine eigenen haben. Sie streiten nie, lächeln immer und sind wunderbar. Als Kind habe ich sie oft gesehen, in den vergangenen Jahren selten. Ich bin erwachsen und halte mich von der Familie fern. Ausgerechnet jetzt sehe ich sie hier, heute, in dieser Stunde. Die Zeit verrinnt. Ich muss sie ansprechen und wegbringen. Als ich bei ihnen ankomme, bemerken sie mich anfangs nicht. Dann wendet meine Tante ihren Kopf und sieht mich. Ihr Lachen zieht sich über das ganze Gesicht.

„Asik, Junge, bist du das wirklich? Wir haben dich lange nicht gesehen,“ sagt sie. Schulterklopfen und eine stumme Umarmung meines Onkels folgen. Ich versuche ruhig zu bleiben. Minuten verrinnen.
„Kommt ihr mit mir nach draußen? Ich habe es eilig, draußen könnte ich noch eine Zigarette mit euch rauchen.“
„Du musst wirklich gleich los?“
„Lasst uns raus gehen, da können wir besser reden.“
„Ja, gleich. Du siehst gut aus“, sagt mein Onkel.

Der Onkel ist ein stämmiger, kleiner Mann. Wir gehen zusammen los. Es sind nur wenige Schritte bis zum Ausgang. Die beiden sind langsam und betrachten mich immer wieder. Wir kommen an dem Stand mit den Rindswürsten vorbei, vor dem eine lange Schlange Menschen ein heißes Stück Wurst ergattern will. Die Tür öffnet sich automatisch und die gleißende Helligkeit blendet uns, Hitze schlägt uns entgegen, stärker und spürbarer als vor dem Betreten der Halle. Ein paar Schritte vom Eingang entfernt, bleiben wir an einer Stelle stehen, die Schatten bietet. Meine Tante hat sich bei mir eingehakt und sich auf dem Weg an mich gedrückt.

Gleich wird es losgehen. Ich habe nicht auf die Uhr geschaut. Ich zünde mir die Zigarette an, meine Tante fragt mich, wie es mit dem Studium läuft. Da hören wir den Knall. Eine Scheibe zerbricht über der Stelle, an der wir stehen. Rauch spuckt heraus, grauer, dunkler Rauch. Meine Ohren dröhnen. Schrecken bricht aus. Tante Muriel zittert, klammert sich an mich und den Onkel. Menschen rennen schreiend aus der Halle. Onkel Hicham schaut mich an, fragend, mit starren Augen. Er nimmt seine Frau an der Hand und drängt von der Halle weg. Dicht hinter ihnen folge ich. Meine Kehle schnürt sich zu. Angst. Beschleunigung. Alles wird schneller. Die Ruhe des Sommertags ist vorbei, wie ich es wollte, genau wie ich es wollte.

Immer mehr Menschen drängen aus der Halle. Wie ein Sturm. Sie treiben in alle Richtungen, weg von der Halle. Meine Zigarette ist längst auf den Boden gefallen. Wir gehen weiter, schneller. Ich weiß, dass ich mich verabschieden muss, obwohl ich Tante und Onkel nicht allein lassen will, auf deren Gesichtern Furcht das Lächeln gelöscht hat.

Eine zweite Explosion. Schreie. Leute, die an uns an uns vorbei rennen. In der Nähe höre ich Martinshörner. Ich drehe mich um und blicke zum Eingang der Halle zurück. Rauch. Verletzte. Einige wanken, werden gestützt. Genau kann ich es nicht sehen. Ich muss weg. Auf der Straße liegen herausgeschleuderte Gegenstände, Fische darunter, neben Bruchstücken von Plastik und Holz. Die Bombe muss eine viel stärkere Wirkung entfaltet haben, als ich es vermutet habe. Ich bereue nichts, überhaupt nichts bereue ich. Die Fische flogen in den Himmel empor und liegen jetzt auf dem Asphalt, mit glänzendgrauen Schuppen, glitschigem Leib. Mein Werk gefällt mir, die Schreie gefallen mir.

Ich höre die leise Stimme Onkel Hichams: „Wir gehen weg von hier, mein Junge.“ Er sagt es ins Nichts. Ohne noch auf mich zu warten, nimmt er die Hand meiner Tante und geht los. Langsam und energisch. Er achtet nicht darauf, ob ich mitkomme. Mag sein, dass er mich vergessen hat. Ich bleibe dicht hinter ihnen. Wir begegnen Menschen, die vom Geschehen weg eilen, anderen, die sich hin drängen. Mein Onkel wird schneller. Wie von alleine gehe ich, als wären die Beine nicht mehr Teil von mir, wie in einem Traum. Der Platz vor dem Römer ist leergefegt.

„Wer mag das angerichtet haben? In der Halle war es so friedlich“, sagte Tante Muriel.
„Die Welt ist grausam. Hauptsache euch ist nichts passiert.“
Es klingt wie eine Lüge. Ich muss gehen, weg von ihnen, weg von dem Rauch, der hinter mir aufsteigt. Ich suche nach der Stelle, wo die junge Bettlerin war. Sie ist verschwunden.
Ich umarme Tante und Onkel und verabschiede mich. Auf meiner Wange bleibt eine Träne von Tante Muriel zurück.
„Ich muss gehen.“
Mein Blick geht nicht zurück.

 

Liebe Wortkrieger,

ich möchte euch herzlich um Kommentare zu diesem Text bitten, sowohl was den Inhalt als auch was Form und Thema betrifft.
Der Text ist von Hand geschrieben und mit nur wenigen Korrekturen eingetippt worden ..... ich kämpfe mit dem Text könnte man sagen .... und ich weiß, dass ich noch Korrekturen durchführen muss....aber dennoch wage ich es und frage um Rat.
Euer
Isegrims

 

Liebe(r) Isegrims,

das ist der echte Horror: Ein sensibler Mensch, der um sich herum die Zeichen des Bösen, des Schlechten sieht, geht durch Frankfurt, um eine Zeitbombe zu deponieren und zu zünden. Er ist durchdrungen von Ideen, die von religiösen Fanatikern stammen.

denke ich an diejenigen, die mir die Augen geöffnet haben, höre die wohlklingende Stimme von A. in mir, der mir erklärt, dass Satan die Welt beherrscht und wie schöne diese Welt wäre, wenn sie nur gereinigt würde.

Wir müssen die Welt reiner machen und sie reinigen.

Er glaubt handeln zu müssen, ein Zeichen zu setzen.

Er ist

der Arm Gottes
und hat
die Zeichen empfangen
Er ist
vorbereitet
und kann
die Sonne heller machen, weil wir ein Blitz sind, der selbst die Sonne beeindruckt
Er will
nicht mehr einfach die Augen schließen und nur das sehen, was er
sehen will.

Es gilt einen Feind zu besiegen:

Außerdem habe ich noch die Fahne des Feindes mit den lügnerischen Sternen, die Hoffnung zeigen sollen, wo keine Hoffnung ist,

Aber du beschreibst auch seine Ambivalenz, seine Vielschichtigkeit:
Eins muss mir noch gelingen: ich muss das Mitleid besiegen, ich muss hart sein, ich muss es ertragen können, wenn Schmerz und Blut im Licht erscheinen.

Und du beschreibst seinen inneren Konflikt:
An die Menschen darf ich jetzt gar nicht denken, allein an das Ziel.

Noch deutlicher wird die innere Zerrissenheit, als er seinen Onkel und seine Tante sieht, und sich dafür entscheidet, sie vor der von ihm selbst gelegten Bombe zu retten.

Ich bin beeindruckt von der Art, wie du den Prot. zeichnest. Der Leser erhält einen tiefen Einblick in diesen sensiblen und verwirrten Menschen.
Du gehst so dicht an ihn heran, dass ich einen Moment lang fürchtete, du beschreibst dich selbst, was hoffentlich nicht der Fall ist. Zu deutlich entsteht vor mir das Bild eines Menschen, der mit all seinem Weltschmerz das Opfer religiöser Fanatiker geworden ist.

Du hast dir sehr viel Mühe mit der Erwähnung von Details gegeben und dir gelingt eine sehr anschauliche Darstellung der Straße und der Halle.

Ich habe deinen Text beeindruckt und staunend gelesen.

Freundliche Grüße
barnhelm

Ps: Es sind noch einige Zeichensetzungsfehler vor Nebensätzen und auch der eine oder andere Zeitfehler vorhanden. Aber das hast du ja selbst auch schon bemerkt.

 

Ein heißer Sommertag

– will mich weniger an den zu meist noch geleugneten Klimawandel – warum sollen nicht alle Nationen ein kindliches Vergnügen an den wirtschaftlichen Leitungen der westlichen Zivilisation haben?, selbst wenn man den biederen Amazonas Eingeborenen dazu zwingen muss – zunächst für Zivilisationskritik halten
Auf einem der großen Plätze, die dem Menschenstrom, der sich, entschlossen zum Konsum und der Präsentation der eigenen Pracht und Schönheit, auf die Einkaufsstraße ergießt, …

Doch in nullkommanix wird’s so etwas wie ein Gotteskrieger, der da Zivilisationskritik betreibt. Pardon: Betreiben will mittels Sprengstoff. Dass der wenig mit dem selbsternannten Kalifaten – es sollte niemand überraschen, dass der Titel an sich einem weniger aus dem Hause Saud, das ja wie das House Bush ein besonderes Verdienst zu der heutigen Misere zukommt - sondern dem relativ friedfertigen jordanischen Königshaus zustünde, sehn wir mal von ab, dass es auch schon Panzer gegen Palästinenser auffahren ließ.

Vielleicht ist’s auch nur ein gerade aufgeweckter Schläfer, der an sich studiert und da durch Ffm. stolziert und ein Zeichen setzen will. Aber was mich dann berührt (bis dahin hätt ich ihn – nicht unbedingt freiwillig, aber aus Selbsterhaltungstrieb - unterrichten wollen, wie man Trinitrotoluol herstelle, ohne „ehrwürdige“ Kaufleute zu belästigen) ist seine Familienanhänglichkeit. Wer hätte je geglaubt, dass ein solcher Held Mitgefühl ausgerechnet für die Familienbande („Das Wort »Familienbande« hat einen Beigeschmack von Wahrheit.“ Karl Kraus, gerade erst in Novaks Garten zitiert) von Onkel und Tante empfinde?

Keine Panik, ich bring niemandem bei, Sprengstoff herzustellen. Aber ich hätte nie gedacht, dass ein solcher Held – in den Sagen ist es immer ein tragischer, der selbst zum Opfer wird – auch zum barmherzigen Samariter werde, selbst in verawndtschaftlichen BANDEN verstrickt …

Gleichwohl, barnhelm hat schon einiges gesagt,

Isegrims,
und ich mag Deine ausufernde, ruhige Erzählweise. Aber besonders in den Kettensätzen, die eigentlich winzig sind und niemals kleist’sches Format erreichen, wimmelt es von Fehlern – vom schlichten Zeichen (Kommas und Auslassungspunkte) bis zum Effekt, dass die Satzaussage verlorengeht vom relativ kurzen

Kichernd gehen junge Frauen an mir vorbei, kaum jünger als ich[,] und sie erkennen mich nicht, …
über den eher bescheidenen Vierzeiler
Ich erinnere mich gut, wie ich mich selbst danach gesehnt habe Schuhe von Nike an den Füßen zu tragen, wie ich gespart und meine Eltern angebettelt habe bis ich endlich mein Ziel erreicht habe und sie kaufen konnte und schließlich dachte, dass jeder sehen, was ich trage, wenn ich an ihm vorbeigehe, dass jeder mich und meine Schuhe bewundern würde,
wo mich sogar die würde-Konstruktion stört bei dem hohen Anspruch, der aus Deinem stilistischen Anspruch zur Hochsprache an sich spricht.

Das erste Aufscheinen dieses Misslingens ist ein ganz harmloses

Hinter ihnen gehen Jungs, …,
wo Du Dich – nach meinen bisher eher geringen Erfahrungen mit Deinem Stil, der mir an sich gefällt, da wiederhol ich mich gerne – in der Umgangssprache verirrst.

Der Plural von Junge ist keine angloamerikanische aufs „…s“ reduziete Endung. Und das anglo-eurpäisch dominierte Jahrhundert geht zu Ende … Man sollte Portugisisch , Spanisch oder Mandarin lernen …

Gruß

Friedel

 

Liebe(r) Barnhelm
ich danke dir für deine Worte und es freut mich, dass dich eine so schwierige Geschichte berührt hat. Ich war unsicher, ob das Thema und die Form, die ich gewählt habe, richtig sind, aber diese Unsicherheit wird mir nach und nach genommen....

Oh nein: ich bin weit weit davon entfernt ähnliche Gedanken zu haben wie mein Protagonist, möchte aber gerne eine der möglichen Erklärungen für einen solchen Charakter liefern.

Die Fehler werde ich bald schon ausmerzen.

viele Grüße
Isegrims

 

Hallo Isegrims,

Deine Erzählung ist ein Versuch, dich in einen Menschen hineinzuversetzen, der von der westlichen Zivilisation mit ihrer Konsumsucht und Dekadenz angeekelt ist. Der Versuch ist dir gelungen, die Geschichte ist lesenswert.

Tempel der westlichen Kunsumsucht und Dekadenz sind ja vor allem Kaufhäuser, Stätten der Verführung, und deshalb bevorzugtes Ziel solcher Anschläge. Beim Lesen musste ich an die Kaufhausbrandstiftungen der 68er denken:

http://de.wikipedia.org/wiki/Kaufhaus-Brandstiftungen_am_2._April_1968

und an ein Flugblatt der Kommune I von 1967, das solche Anschläge propagierte:

Das Feuer griff sehr schnell auf die übrigen Stockwerke über und verbreitete sich dann noch in den anliegenden Kaufhäusern und Geschäften, da die umgebenden Straßen für die anrückende Feuerwehr zu eng waren. Der Effekt, den die Gruppe erreichen wollte, dürfte wohl ihren Erwartungen voll entsprochen haben. Es dürften im Ganzen etwa 4000 Käufer und Angestellte in die Katastrophe verwickelt sein. Das Kaufhaus glich einem Flammen- und Rauchmeer; unter den Menschen brach eine Panik aus, bei der viele zertrampelt wurden; einige fielen wie brennende Fackeln aus den Fenstern; andere sprangen kopflos auf die Straße und schlugen zerschmettert auf; Augenzeugen berichteten: "Es war ein Bild der Apokalypse"; viele erstickend schreiend. Das Riesenaufgebot an Feuerwehr und Polizei war wegen der Neugierigen und der ungünstigen Raumverhältnisse außerordentlich behindert - ihre Fahrzeuge waren mehrmals in Gefahr, in Brand zu geraten.

Dieses genüssliche Ausmalen des Massentods verdorbener Menschen könnte ja auch von deinem Prot stammen, so dass mir beim Lesen der Gedanke kam: Der Autor der Geschichte Ein heißer Sommertag ist ein alter 68er, also ein Linker.

Andererseits scheint dein Attentäter religiös motiviert zu sein, er fühlt sich als "Licht Gottes" und will für die "Reinheit" kämpfen, nimmt auch Anstoß an sexuell freizügiger Kleidung der Frauen, so dass mir natürlich zugleich der Gedanke kam, dein Prot sei ein Gotteskrieger, den eine gewisse patriarchalische Religion inspiriert, also ein Rechter. Denn Linke haben es ja nicht so mit (patriarchalischer) Religion - oder doch? Der Autor des zitierten Flugblatts spricht ja von "Apokalypse", ein Begriff einer strafandrohenden repressiven Religion!

Das ging mir bei der Lektüre durch den Kopf
Grüße
gerthans

 
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Lieber Friedel

ich habe mich zu bedanken für deine ausführlichen Kommentare.....
Herein gekrochen bin ich in diesen Menschen und es war nicht einfach, aber mir war klar, dass natürlich auch ein solcher Protagonist, lieben kann, soziale Beziehungen hat. Osama Bin Laden hat liebevolle Briefe an seine Frau geschrieben, die erst kürzlich in Teilen vom Pentagon veröffentlicht wurden und selbst von einem Hitler und Stalin ist bekannt, dass sie ausgesprochen charmant waren oder sein konnten.
Am meisten erschrocken habe ich mich darüber, dass ich die Geschichte zu schreiben begonnen habe und sie auch schon fertig hatte, als in Oberursel Islamisten verhaftet wurden, die eine Bombe beim Radrennen am 1.Mai deponieren wollten. Es gibt Dinge, über die nachgedacht und die gesagt werden sollten...
Ich weiß, dass ich mit meinem stilistischen Ansatz vorsichtig sein muss.... entweder es klingt zu einfach oder zu gewählt. Korrekturen werde ich noch vornehmen.
Ich habe übrigens überhaupt nicht recherchiert, wie eine solche Bombe gebaut wird. Wie geht das nun mit dem Trinitrotuol oder wie das Zeig heißt ?:)

viele Grüße und herzlichen Dank
Isegrims


Lieber Gerthans,

ich musste eine Weile über deine Anmerkungen nachdenken.... dein Zitat fand ich ausgesprochen interessant und ich kannte die Beschreibung nicht, die mir allerdings durchaus gefällt, weil sie eine Metapher an sich ist und eine solche Metapher wollte ich beschreiben.
Keineswegs bin ich oder mein Protagonist ein 68er (dafür ist der Protagonist und ich auch zu jung), viel zu bemüht und letztlich bürgerlich erscheint diese Bewegung heutzutage. Verstehen möchte ich aber schon, was Menschen bewegt solch eine verzweifelten Tat zu begehen und der Ekel an der kapitalistischen Welt, die allein von Konsum und Oberflächlichkeit angetrieben ist, mag einer der Gründe sein. Literatur - so fiktiv sie ist - kann solche Fragen stellen.

Einen schönen und warmen, ja fast schon heißen Sommernachmittag
wünscht dir und euch allen
Isegrims

 

Ich habe übrigens überhaupt nicht recherchiert, wie eine solche Bombe gebaut wird. Wie geht das nun mit dem Trinitrotuol oder wie das Zeig heißt ?
Naja, "...tuol" oder wie das Zeug heißt,

Isegrims,

zeigt mir - allein schon wegen der mutmaßlich falsch geschriebenen Endung, dass Du durchaus weißt, dass Meister Nobel uns zuwinkt, der ja nun nicht mit Zündhölzern, ehemals ein schwedisches Monopol, reich wurde.

Ich ahne, dass wir viel Freude mit Dir bekommen werden. Und das ist gut so,

behauptet der

Friedel,
der jetzt nochmals auf 3Sat die Anstalt anschaut ... und nebenbei schreibt

 

Liebe Freunde des gepflegten Wortes :)

ich habe an der Geschichte soeben noch einige Fehler beseitigt und

wünsche euch allen

einen wunderbaren Start in diese Sommerwoche

Isegrims

 

Diese Geschichte habe ich schon vor einer Weile eingestellt und sie nach den schrecklichen Ereignissen der letzten Tage überarbeitet, vor allem sprachlich.

Einen friedlichen Sonntag
wünscht
Isegrims

 
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Hallo Isegrims,

Du hast ein sehr schwieriges Thema gewählt. Zu schwierig, finde ich. Zumindest reicht Dein Werkzeugkasten nicht aus, um das zu bewältigen. Der Text hat einige gravierende sprachliche Mängel, aber die sollen erst einmal nicht interessieren. Werfen wir einen Blick auf das Inhaltliche.

Es ist völlig klar, dass der Leser den Text auch als psychologische Studie der Hintergründe lesen wird, die zu solchen Aktionen führen, wie sie am Freitag in Paris stattfanden. Selbst wenn der Protagonist nicht vom Dschihad spricht. Und für eine psychologische Studie reicht nicht, was Du zusammengetragen hast:

- Hass auf die angebliche Verderbtheit und Dummheit der Menschen der westlichen Zivilisation
- Glaube, in übermenschlicher, göttlicher Mission zu handeln und den Menschen das Licht zu bringen
- den eigenen Mut testen
- Glaube an das größere Danach, das Jenseits
- Angst vor dem Satan

Habe ich was übersehen?

Mein Hauptkritik gegen diese Beschreibung der Motive richtet sich nicht gegen die einzelnen Punkte (die werden in der einen oder anderen Variante sicher bei vielen Dschihadisten zutreffen). Das Problem, das ich mit dieser Liste habe, besteht darin, dass es sich dabei einfach um eine Sammlung all der Stereotypen handelt, die wir nun hinlänglich aus den Medien kennen.

Und das deutet auf einen Mangel an Wissen auf Seiten des Autors hin. Wenn man sich nämlich intensiv mit einer Thematik befasst, fördert man immer Dinge zu Tage, die überraschen. So ging es mir als ich eine Studie über die RAF gelesen habe, so ging es mir bei der Lektüre über einen Mafia-Killer.

Konkret: Was dem Text fehlt, ist Insider-Wissen. Du kannst keine überzeugende Studie auf Allgemeinplätzen aufbauen, die man in jeder Talkshow zu hören bekommt.

Ein Merkmal von solchen Ideologien, die letztlich zu offenem Terror führen, besteht in einer eigenen Semantik. Diese Semantik ist ein Labyrinth aus Dogmen und Theorien, die den Boden für die letztendliche Manipulation bereiten. Das lief bei der RAF so, das ist bei den Neofaschisten so und das ist auch beim Dschihadismus der Fall. In diese Semantik werden die Anhänger Schritt für Schritt eingeführt und erst, wenn sie sie internalisiert haben, sind sie bereit für die Manipulation und den Terrorakt.

Dein Protagonist redet und denkt aber nicht im Bedeutungs- und Theoriegeflecht eines Dschihadisten, sondern borgt sich gewissermaßen nur ein paar Phrasen aus. Das ist so überzeugend, als würdest Du einen Neonazi mit dem Motiv beschreiben, er wolle die jüdische Weltherrschaft und die Verunreinigung der arischen Rasse durch die Schwarzen bekämpfen. Das reicht einfach nicht aus.

Überzeugend wird die Beschreibung eines Fanatikers immer erst dann, wenn man die inneren Prozesse der Verschmelzung von Biografie und ideologischem Dogma aufzeigen kann. Und das gelingt Dir nicht.

Noch was zur Sprache: Der Start ist bereits fragwürdig.

Der Himmel über der Stadt unter der geschäftigen Dunstglocke brennt, so heiß ist es an diesem Sommertag.

Diese über-unter-Konstruktion funktioniert nicht gut. Stell es Dir als Kamerafahrt vor. Geht nicht.

Auf einem der großen Plätze, die dem Menschenstrom, der sich, entschlossen zum Konsum und der Präsentation der eigenen Pracht und Schönheit, auf die Einkaufsstraße ergießt, sitze ich auf einer Bank und beobachte die vorbeigehenden Menschen.

Auf einem ..., die dem ..., der sich, ... auf die ...

Das sollte alles entschlackt werden. Ist zu weitschweifig und umständlich. Gerade längere Satzkonstruktionen sollten gut gebaut sein und flüssiges Lesen ermöglichen. Am leichtesten wäre es, zu kürzen.

Ich bin das Licht Gottes und ich bin berufen, es in die Welt bringen. Auch Blut ist Licht. Leere Herzen, die an mir vorbeigehen. Plastiktüten mit ihren Einkäufen tragen sie in den Händen. Sie jagen und suchen und können doch ihre Seelen nicht füllen. Helfen möchte ich ihnen, auch wenn es schmerzhaft für sie ist, die Augen zu öffnen. Ich werde es sein, der ihnen die Augen öffnet.

Kichernd gehen junge Frauen an mir vorbei, kaum jünger als ich. Sie erkennen und beachten mich nicht, obwohl ich auf den Ansatz ihrer Brüste schauen und ihre schwellenden Hintern in engen Hosen oder Röcken entdecken. Sie sind fröhlich, leicht wie Vögel und ich wünsche mir, ihre Haut zu berühren. Haut wie Milch, die schmeckt wie Honig. Hinter ihnen junge Männer, Knaben eher, sechzehn oder siebzehn Jahre alt. Sie lachen, zeigen ihre Muskeln, recken ihre Brustkörbe und klopfen sich gegenseitig auf die Schultern. Und tragen stolz ihre Marken-Turnschuhe.


Hier noch mal stilistisch und inhaltlich: Dieser gesamte Bewusstseinsstrom funktioniert für mich nicht, denn er klingt nicht so, wie ein Mensch denkt. Das ist ein Pamphlet, aber kein Gedankengang. Mir ist schon klar, dass Du die Indoktrination des Protagonisten aufzeigen wolltest, aber mich überzeugt das nicht. Ich glaube z.B. keine Sekunde, dass es so oder ähnlich im Kopf eines der Männer zugegangen ist, die am Freitag dieses Massaker angerichtet haben.

Wenn Du über einen Dschihadisten schreiben willst, Isegrims, dann musst Du Dich in die Höhle des Löwen begeben und Dich fundiert mit der Religion, der Ideologie und der Psychologie dieser Leute auseinandersetzen.

Ich finde es gut, dass Du den Versuch gemacht hast, in die Haut eines Gotteskriegers zu schlüpfen und auch, dass Du ihn nicht nur als mordgierige Maschine zeigst. Aber Deine Differenzierungen reichen mir nicht, sie überzeugen mich nicht.

Gruß Achillus

 
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So, Achillus, jetzt bist du dran :)

Und am besten beginne ich mit einem Zitat aus der Ilias:
Göttin, singe mir nun des Peleussohn Achilleus
Unheilbringenden Zorn, der tausend Leid den Achäern
Schuf und viele stattliche Stelen zum Hades hinabstieß
Der Heroen, sie selbst zur Beute machte den Hunden
Und den Vögeln zum Fraß...
Homer; Ilias 1-5 (übersetzt von Roland Hampe)

Es liegt mir nun fern diese Geschichte allzu sehr zu verteidigen, vor allem, weil ich um ein paar der Mängel weiß, die sie enthält und die du benennst. Auch will ich erst gar nicht anführen, dass dies eine meiner ersten Geschichten war, die ich hier eingestellt habe...

Deshalb zunächst vielen Dank für die Zeit und für die Gedanken, die du darauf verwendet hast...
Am Ende bringt ehrlich vorgetragene Kritik stets mehr als ein halbherziges Lob.

Auch will ich nicht anführen, dass es recht langatmig wäre eine psychologische Studie eines Dschihadisten zu lesen.

Nur wer sagt denn, dass mein Protagonist ein Dschihadist ist?
Nur wer sagt dir, dass es nicht genau die von dir angeführten Stereotype sind, die in den Gedanken aller möglichen Radikalen stecken, ob diese Islamisten, Nazis oder Kapitalismuskritiker sind?

- Hass auf die angebliche Verderbtheit und Dummheit der Menschen der westlichen Zivilisation
- Glaube, in übermenschlicher, göttlicher Mission zu handeln und den Menschen das Licht zu bringen
- den eigenen Mut testen
- Glaube an das größere Danach, das Jenseits
- Angst vor dem Satan
Und warum glaubst du, dass eine genaue Recherche wirklich zu einem besseren Ergebnis führt?
Konkret: Was dem Text fehlt, ist Insider-Wissen. Du kannst keine überzeugende Studie auf Allgemeinplätzen aufbauen, die man in jeder Talkshow zu hören bekommt.
By the way: wäre ich ein Insider und hätte Insider-Wissen, dann wäre ich geheimdienstrelevant...

Und: besteht nicht gerade darin die Gefahr, dass Menschen sich mithilfe von Phrasen radikalisieren?
(Vor einigen Jahren ist hier in der Nähe ein junger Mann bewaffnet mit einem Gewehr zum Flughafen gefahren und hat ein paar Amerikaner erschossen, einfach weil er im Internet von Vergewaltigungen durch Amerikaner im Irak gehört hat)

Die Geschichte scheitert wohl eher an deiner eigenen Erwartungshaltung (siehe oben)
Literatur ist in der Lage empathisch zu sein. Mein Protagonist handelt nicht wie die Bestie, die du dir in einer solchen Geschichte wünscht? Ist es das, was dich interessiert? Sind es Menschen, die ich ganz leicht als Terroristen abhaken kann, ist es das, was wir längst mit Hitler und Konsorten gemacht haben, mit Stalin und Pol Pot? Was bringen all die Details, die sich beispielsweise in deinen Geschichten finden, egal wie brillant etwas beschrieben ist?

Die von dir erwähnten Stellen habe ich geglättet und hoffe, dass sie präziser sind, wobei ich auch hier anführen möchte, dass ich aus der vereinfachten Perspektive meines Protagonisten schreibe und eben nicht aus der außenstehenden eines Erzählers...

Es ist windig hier und ach, was hat Hektor, das Tier, später aus dem Helden Achillus gemacht...
viele Grüße und herzlichen Dank
Isegrims

 

Hallo Isegrims, schöne Replik. Vielen Dank für die Auszüge aus der Ilias. Ich kann Deine Argumentation schon nachvollziehen. Bin gespannt, was andere Leser zu Deinem Text sagen. Grundsätzlich hatte ich gehofft, dass der Freitag von Paris im Forum irgendwie thematisiert wird. Aber wahrscheinlich hat es den meisten die Sprache verschlagen. Deine Geschichte könnte Anlass sein, darüber nachzudenken. Hoffe, es schreiben noch ein paar Leute was dazu.

Gruß Achillus

 

Ich habe den Text ein wenig überarbeitet und versucht einzelne Stellen prägnanter zu machen.
Ja, Achillus (und alle anderen): der Kommentar war kurz nach den Anschlägen von Paris, Brüssel folgte und wer auch all die Anschläge beachtet, die außerhalb Kerneuropas beinahe jede Woche verübt werden, weiß wie aktuell das Thema ist, dass die Bedrohung nah ist.

 

Hej Isegrims,

dein Versuch, dich in einen Attentäter zu versetzen, stimmt mich misstrauisch, denn ich fürchte, die Beweggründe sind oft wesentlich aggressiver und misanthrophisch. "Dein" Attentäter dagegen kommt beinahe sympathisch daher und ich kann dem nichts abgewinnen. Ich bin nicht willig und in der Lage, mir vorzustellen, dass er derart friedlich fühlt und in sich ruhend, mitfühlend und emphatisch.

Ansonsten ist sie schön zu lesen, verständlich und kurzweilig.

Freundlicher Gruß, Kanji

 

Hallo Isegrims,

bei dem Blick auf das Datum, an dem du den Text zuerst veröffentlicht hast, war ich erstaunt, ihn heute wiederzufinden.
So viel ist inzwischen passiert, und nichts ist schwieriger als plausible Antworten zu bekommen, warum junge Leute, hier aufgewachsen, zu Attentäter werden. Da helfen soziologische und psychologische Hintergrundsstudien leider nur bedingt. Du hast den schwierigen Weg gewählt, dich in einen hineinzuversetzen. Du wolltest wohl kaum Identifikation stiften, aber doch ein gewisses Maß an Empathie erzeugen, weil du - wie ich glaube - davon überzeugt bist, verstehen heißt nicht entschuldigen, sondern möglicherweise verhindern. Ich finde es von dir sehr verdienstvoll, dieses Thema weiter zu bearbeiten. Schon allein, um hier im Forum ein Gegengewicht zu so vielen trivialen Texten zu schaffen und auch deshalb, weil derzeit viele Menschen in Deutschland leichtfertig und auch unbedarft den Einsatz von Gewalt akzeptieren.
Insofern habe ich deinen Text gerne gelesen. Zur literarischen Qualität kann ich nicht so viel sagen. Jedenfalls wird er länger in meinem Gedächtnis bleiben als manch anderer hier, der sehr viel Aufmerksamkeit auf sich gezogen hat.

Herzliche Grüße
wieselmaus

 
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My dear Isegrims,

ich zwinge mich, den Stift nierzulegen, der mich durch die Korrektur des Englisch Abis begleitet. Ein bisschen Ablenkung, ein bisschen Diversion, kann nicht schaden, denke ich, sehe ich doch mal nach, ob ich neben dem Horror, der mich die letzten Stunden begleitet hat, ein wenig anderen Horror finde. Da poppt auch schon deine Story auf. Ich fange also an zu lesen, und muss schon am Ende des ersten Abschnitts innehalten.

Ausgezeichnet, Isegrims, die paar Sekunden, in denen sich die Erkenntnis dessen materialisiert, was unweigerlich passieren wird, sind leider nie mehr wiederholbar. Kann ich ja eine Geschichte nur ein Mal zum ersten Mal lesen. Also nehme ich den Fuß vom Gas und denke mir Nur langsam! Koste es aus.

Also noch mal hoch in die Überschrift. Hmmm. Sollte der Autor die Doppeldeutigkeit des Titels vielleicht durch ein graphisches Merkmal unterstreichen? Gänsefüsschen, Italics, bold print ... Nein! Der intelligent Leser wird's auch so verstehen.
Dann noch mal den ganzen ersten Abschnitt. Eine Erzählung in der der Autor das Wort "Ich" verwendet, mein persönlicher Horror, aber dir nehme ich das ab. Die Tatsache, dass man direkt drin ist, in seinem Kopf, verstärkt meine Bestürzung. Das ist kein Hörensagen. Das ist Info aus erster Hand.

Dann stolpere ich wieder über

Ich sehe es in ihren Augen. Leere, die mit ihrer Lust nach Konsum, vergessen wollen.

und wieder, und wieder. Ich kapier's nicht. Ist es eine Personifikation? Soll es "will" heißen? Oder bin ich im Moment einfach zu doof. Natürlich habe ich auch den thread nicht gelesen, in dem sich wohl die Erklärung verbirgt, aber trotzdem, das hält mich auf.

Egal, weiter. Ich komme zu

diese Jagenden und Suchenden

und stutze. Ich bin einer, der Texte so liest, wie er sie schreibt. Ich lese mir die Worte regelrecht vor und achte dabei sehr auf Rhythmus und Klang. Das hier ist mir persönlich ein Partizip zu viel. Dir nicht? Völlig OK.

Dann:

nach denen ich mich sehnte. Markenschuhe, auf die ich sparte, für die ich meine Eltern anbettelte, bis ich die 200€ in den Händen hielt, die ich brauchte. Ich erinnere mich wie neu und makellos sie rochen, wie unbefleckt sie waren. Ich dachte, dass jeder sehen müsste,

Ich kann nicht anders. Das klingt für mich nicht schön.

Als nächstes frage ich mich, ob hier:

und mache die Sonne heller

nicht ein Futur stehe sollte. Aber der Gedanke ist von

Eins muss mir noch gelingen: das Mitleid besiegen,

schnell verdrängt. Da läuft es mir kalt den Rücken runter. Das ist so herrlich kontrastiv/antithetisch.

Langsam lockt jedoch das Abitur, und ich ich beschließe, die Geschichte in aller Ruhe später weiter zu lesen. Also noch bis zum Ende des Abschnitts. Und wieder stört sich mein inneres Ohr an einer klanglichen Wiederholung:

Und den Brandsatz, den ich mir nach Anleitung aus Flüssigkeiten gemixt habe, die ich besorgt habe.

hat für mich ein "habe" zu viel.

Lieber Isegrims, der Einstieg ist dir hervorragend gelungen. Ich freue mich schon auf den Rest, aber nun muss ich wieder hinunter in die Abgründe, wo Dinge auf mich warten wie:

"Erika Fuchs also let Donald Duck sometimes quotations from Schiller say."

Das ist eine ganz eigene Art von Horror.

Thomas

 
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Hi Kanji

was du schreibst:

dein Versuch, dich in einen Attentäter zu versetzen, stimmt mich misstrauisch, denn ich fürchte, die Beweggründe sind oft wesentlich aggressiver und misanthrophisch. "Dein" Attentäter dagegen kommt beinahe sympathisch daher und ich kann dem nichts abgewinnen. Ich bin nicht willig und in der Lage, mir vorzustellen, dass er derart friedlich fühlt und in sich ruhend, mitfühlend und emphatisch.
ist, glaube ich, exakt das Problem und der Beweggrund, aus dem heraus ich diese Geschichte geschrieben habe. Es ist für uns verdammt einfach, uns Attentäter, Massenmörder, Hitlers, Stalins, Kim-Yong (wie heit der noch?) als Monster vorzustellen und ihnen jegliche Menschlichkeit abzusprechen. Ist aber garantiert nicht so.
Und gerade diese aktuellen Attentäter sind eben auch Teil einer verlorenen Generation, die nach Idealen sucht, die nach Bindung sucht. Das sollten wir bedenken.

viele Grüße
Isegrims

@wieselmaus und sunny16: ich schreib euch später und antworte ausführlich...

 

Hallo Isegrims,
mir gefällt der Text ziemlich gut. Aus irgendeinem Grund ist mir Asik ziemlich sympathisch. Und das mag ich an dem Text. Ich bin generell sehr interessiert daran, die Menschen, die eine Gräueltat vollbringen kennenzulernen. Dass er nicht als brutaler, skrupelloser Fanatiker dargestellt wurde, gefällt mir.
Was mir auch sehr gut gefällt, ist die Sprache, in der er denkt. Das ist sehr arabisch. Ich schreibe gerade auch eine Geschichte in dem Milieu und habe mir etliche Dialoge angehört, um ein Gefühl für die arabische Sprache und Denkweise zu bekommen. Das ist also ziemlich gut gemacht:

Meine Augen sind klar und mein Herz fülle ich mit Liebe. Ich bin berufen, das Licht in die Welt zu bringen und werde Blut zwingen, die Augen zu öffnen. Das Blut wird leuchten und die Jagenden, die Suchenden, werden die Plastiktüten mit ihren Einkäufen vergessen. Ich helfe ihren Seelen und sie werden schmerzhaft ihre Augen öffnen.

Es muss immer sehr blumig und eine Spur pathetisch sein, um authentisch zu wirken.


Nachdem er von Satan gesprochen hatte, begann ich, die Gesichter des Teufels auf den Straßen zu suchen und fand sie in den Blicken meiner Eltern, die aufblitzenden Augen, wenn sie davon sprachen, was sie sich unbedingt haben wollten, sei es ein Auto oder Schmuck.

Schau Dir den Satz bitte noch mal an. Ich denke, da ist ein "sich" entbehrlich.

Ich könnte mir sehr gut vorstellen, dass Du den Text draußen auf der Straße geschrieben hast. Handschriftlich, wie Du sagst. Es sind sehr gute Beobachtungen drin, die so meistens eben nur beim Beobachten entstehen. :)
Gut gemacht.
Gretha

 
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So. ich mache mal weiter:

Ich lasse mich in die Menge gleiten, gehe über die Zeil, biege ab, in Richtung Paulskirche und Römer. Als ich in der Schule war, besuchten wir die Paulskirche. Lehrergerede über die deutschen Bürger, die hier zusammenkamen, um die Freiheit zu erkämpfen, vertrieben wurden, unterjocht von Adel und später von der Gewalt des Geldes. Woher soll die Freiheit kommen, solange es erlaubt ist, andere mit den Mitteln des Rechts zu betrügen und sich dabei wohl zu fühlen?

Ich bin mir nicht sicher, was ich von dem Abschnitt halten soll. Stilistisch gibt's da nichts auszusetzen, aber inhaltlich? Der Bursche ist ja ein richtiger Philosoph, ein Denker, ein Klassenkämpfer. Überleg' dir doch noch mal, ob du das wirklich willst, oder ob du ihn nicht doch auf die "persönlichen" Gedanken reduzieren möchtest. Das würde nichts wegnehmen.

Dann kommt die Szene mit der "Schwester", und die gefällt mir gut. Das geht mir fast zu schnell hier. Aus dieser Begegnung könnte man mehr machen. Im Grunde ist er doch ein ganz netter Kerl ... vielleicht einer, mit dem man mal ausgehen möchte und sich unterhalten ... wenn da natürlich nicht ein gravierender Fehler wäre.

Hier nur eine Anmerkung:

An eine Wand gelehnt, sehe ich eine junge Frau. Sie trägt Jeans und einen zerschlissenen Pullover und um den Hals ein Pappschild. Darauf steht: „Ich bin alleinerziehend und arm, Bitte helfen Sie mir.“

Ich würde das korrekt schreiben. Er mag sie doch, findet sie interessant, sie haben Augenkontakt ... und dann lässt du sie mit diesem Rechtschreibfehler ganz schön doof aussehen. Was macht das dann mit ihm?

Dann:

Für einen Moment überlege ich, ob die Frau eine Ganovin war, die sich verkleidet und abends in ihrer komfortablen Wohnung ihre Tageseinnahmen zählt. Ich unterdrücke den Gedanken, besser ist es, zu glauben und zu hoffen.

Hier habe ich ein Problem mit dem Sprung Vergangenheit-Gegenwart. Vielleicht ist "Ganovin ist" besser, vielleicht auch nicht. Jetzt ein wenig Kleinkram:

stehen, mitten

von überall her. Mein Blick wandert hin und her,
klanglich ein "her" zu viel.

Sie sehen nach Indern aus. Die Frauen tragen lange, bunte Kleider, in Farben, die wir hier nicht sehen, warme Farben, orange, ein helles Blau. Farben, die aus der Natur stammen.
klanglich ein "sehen" zu viel.

Der Anblick der Farben erinnert mich an einen Sommertag auf dem Land, an eine Sommerwiese mit vielfarbigen Blumen, an die Frau, die ich dort geküsst und begehrt habe, an ihre Haut, ihre Lippen, die sich geöffnet haben, an sie, die sich geöffnet hat. Unsere Küsse füllten unsere Münder aus und wir vergaßen, was um uns war. Erst als wir die Augen wieder aufmachten, bemerkten wir, wie schön das Meer der Blumen war. Vollendeter war kein Sommertag.

Heute ist ein heißer Sommertag wie damals, wenngleich es kein stiller Tag ist. Die indische Reisegruppe geht weiter, angeführt von einem Mann, der streng wirkt, auf sie einredet und sie antreibt, als wären sie Gefangene. Ich gehe zurück zur Einkaufsstraße, weg von den idyllischen Häusern des historischen Zentrums. Als ich an die Stelle komme, wo die Bettlerin sitzt, wende ich meinen Blick ab, gehe an ihr vorbei, um sie nicht anschauen zu müssen.

Hier, finde ich, musst du ein bisschen aufs Gas. Warum musst du die indische Reisegruppe noch mal erwähnen. Das könntest du doch schon oben abhaken. Und dann geht er zurück zur Zeil? Warum war er denn dann eigentlich unten beim Römer? Nur um sich die schönen Häuser anzusehen? Hier verliert deine Geschichte für mich etwas an Zielstrebigkeit.

Er saß da und lächelte die Fremde an, während meine Mutter ihm zu Hause die Unterhosen bügelte. Ich lief schnell an ihm vorbei.
Den Kontrast finde ich ein wenig krass. Mach doch "Wäsche" draus.

Warum ein Mal A. und dann doch Anton?

Ein französisches Maishühnchen, Fisch, der Tage zuvor glücklich im Ozean schwamm, habe ich mir dort erst vor ein paar Tagen geholt.
für meine Ohren zu viele "Tage".

Mein Plan sieht vor, mir eine unbelebte Stelle auf der Empore zu suchen. In der Nähe der Fischstände. Ich suche mir eine geeignete Stelle, platziere meine Tasche und entsichere den Zünder. Wenn das erledigt ist, bleiben mir zehn Minuten, um die Halle zu verlassen.
Das ist nun eine superwichtige Stelle und doch finde ich hier zu viele Wiederholungen und Füllworte. Warum musst du ihn zwei mal in aufeinander folgenden Sätzen eine Stelle suchen lassen? Außerdem fände ich "Empore zu suchen Komma in der Nähe" besser.

Lieber Isegrims,

ich finde, in diesem Mittelteil verliert deine Erzählung ein wenig. Es wird halt ein wenig lang. Dass er sich jetzt auch noch mal den Römer ansehen muss. Er ist ja kein Tourist. Außerdem trägt das auch nichts zu "ihm" bei. Die Zeilen retardieren ein wenig, OK, die Spannung steigt, aber ich hätte es viel interessanter gefunden, wenn du die paar 100 Wörter, die das kostet, vielleicht in ein Gespräch mit der Bettlerin hättest fließen lassen. Er mag sie ... Vielleicht warnt er sie ... so zwischen den Zeilen. Ich weiß es nicht.
Jedenfalls ist er dann endlich an seinem Ziel, und das ist die Markthalle. Hier packst du uns wieder, denn wir wissen, was nun passieren wird.

More later,

Thomas

 

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