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Copywrite Ein Geruch nach Mandeln

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22.10.2011
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Ein Geruch nach Mandeln

Auf dem Marktplatz verbrannten sie den Winter. Funken stoben in den Himmel, die mannshohe Strohpuppe wand sich in den Flammen. Eine Frau rempelte mich an und johlte: „Da brennt er. Endlich! Der Winter muss brennen.“ Ich blickte in ihr gerötetes Gesicht und sagte: „Ich steh nicht auf Hinrichtungen.“
Ich war dem Strom aus Festbesuchern gefolgt, hatte mich mitziehen lassen bis zum Marktplatz. Um mich herum drängten sich als Frühlingsblumen verkleidete Menschen und applaudierten. Von irgendwoher wirbelte ein Kranz mit bräunlichen Blüten in die Luft. Ich sah ihm hinterher, wie er einen Bogen beschrieb, wie er vor dem Himmel stand, für einen Moment im Blau gefroren, bis er wieder nach unten segelte. Und als habe der Kranz sie geboren, stand dort, wo er niederging, Marina. Schlank, aufrecht, lachend. Gar nicht weit von mir. Ein jäher Geruch nach gebrannten Mandeln stach mir in die Nase. Der Mann neben ihr reichte ihr eine Tüte Pommes Frites, sie griff hinein und stopfte sich mehrere auf einmal in den Mund. Die Gesichter der Menschen um mich herum verschwammen, nur Marinas Gesicht blieb klar, der kauende Mund, die Finger vor ihren Lippen. Als hätte ich sie mit meinem Blick gebannt, sah sie auf, schrak zusammen und hob die Hand. Erkannte sie mich? Grüßte sie mich etwa? Ich deutete auf meine Brust, nein, jemand anders war gemeint, ein Mann in der Reihe vor mir. Marinas Begleiter griff nach ihrer Hand, sie lächelte, beide drehten sich um und gingen davon, hin und wieder blickte sie zurück, als wollte sie, dass man ihr folgte.
Ich bahnte mir einen Weg durch die Menschenmenge, wich einer Gruppe von Kindern in Osterglockenkostümen aus, zwängte mich an überdimensionalen Schmetterlingen vorbei, verlor Marina aus den Augen, drängte weiter, ignorierte die wütenden Rufe der Menschen, die ich zur Seite schob, und endlich, dort, wo Markt und Schmelzerstraße sich kreuzten, lief sie. Keine zehn Meter vor mir, ihre Hüften tickten im Takt ihrer Schritte von einer Seite auf die andere. Irgendwann hielt sie an. Wieder schob sie ein paar Pommes in den Mund und sah zu dem Mann hoch. So klein war sie, ich hatte vergessen, wie klein sie war. Er fragte sie etwas, sie antwortete, er wischte einen roten Klecks aus ihrem Mundwinkel. Zärtlich sah das aus.
Einträchtig liefen sie weiter.
Ich betrachtete ihren Nacken, den Kopf, den schmalen Rücken, und stellte mir vor, wie sich aus der Fassade des Hauses, an dem sie gerade vorbeilief, ein Stein löste, ein zweiter, dritter, immer mehr, eine herabstürzende Lawine aus Mauerbrocken, bis die Wand endgültig brach und Marina unter sich begrub.

***​

Eine andere Zeit, ein anderes Leben. Wie lange war das her?
Ich stand hinter der Theke meines Wagens, rührte in der Karamellmasse, fügte Mandeln hinzu, rührte weiter. Die Hitze unter dem Kupferkessel trieb mir den Schweiß auf die Stirn. „Eine Tüte? Oder auch zwei? Bitte sehr!“ Die Leute drängten sich um den Stand, sie liebten den MandelMeik, den Kessel, die Handschuhe mit den aufgedruckten Elchen, den Duft nach Vanille, Butter und Mandeln. Vor dem Stand wartete eine Schlange, manche kamen von weither, nur um meine Mandeln zu kaufen. Mit einem Male stand sie da. Marina. Sie strahlte mich an, als meinte sie mich und nur mich. Damals kannte ich ihren Namen noch nicht, damals war sie für mich nur die Mandelfrau. „Dich kenne ich doch“, sagte ich. Sie lachte. Ich rührte in den Mandeln, der Holzlöffel tanzte, die Tüten befüllten sich wie von allein. Es war dieses Lachen, das sich um nichts scherte. Marina lachte, weil sie es so wollte. Ich strich über meine Schürze, zog den Bauch ein, legte die Handschuhe weg, wischte meine Hände an einem Handtuch ab und zupfte an meinem Bart. „Neulich in Grombach hast du auch schon bei mir Mandeln gekauft. Stehst du vielleicht auf mich?“
Die Leute ringsum kicherten. Marina beugte sich vor, ließ mich einen Blick in ihren Ausschnitt werfen, blickte mich von unten her frech an und sagte: „Ahhh, erwischt. Schreib mir doch eine Liste mit den nächsten Einsatzorten. Ich liebe deine … Mandeln.“
Wieder kicherten die Leute, einige klatschten, sie mochten diesen kleinen Flirt. Genauso wie ich. Ich reichte Marina die Tüte. „Du kriegst alles, was du willst. Die Tüte geht aufs Haus. Bis später.“ Sie nickte und zwinkerte mir zu.

Später am Abend suchte ich sie. In der Hand knitterte einer meiner Flyer, die Mobilnummer darauf hatte ich mit der Hand geschrieben. Groß und gut lesbar. Was wollten solche Frauen beim ersten Date? Kino? Oder Picknick? Oder lieber doch Pizza? Sie hatte mir so nett zugelacht.
Im Bierzelt war sie nicht, auch nicht bei den Leuten, die aus dem Theaterzelt kamen. Irgendwann sah ich sie vor dem Wirtshaus, ich winkte ihr zu, sie bemerkte mich nicht und ging hinein in die „Goldene Feder“.
Drinnen war es leer. Mitten im Gastraum stand ein junger Mann und wischte die Tische. Vor ihm meine Mandelfrau. Sie konnte mich nicht bemerkt haben, so wie sie ihn anstarrte. „Na, ein Bier?“, fragte er und ging zum Tresen. Während er zapfte, schob er die Ärmel seines Hemdes zurück, Marina verfolgte seine Bewegungen mit den Augen, dann trat sie zu ihm. Ganz dicht. Er blickte auf.
Ich schlich hinaus. Durch das Fenster drang warmes Licht, auf dem Glas befand sich eine Schliere wie der Fingerabdruck eines Riesen. Ich wandte mich ab.
Elf Uhr war es. Ich musste Elli abholen, meine Tochter. In Gedanken hörte ich sie sagen: „Komm, probier es, Mama ist schon so lange tot. Du wirst nicht jünger. Außerdem trinkst du zuviel, wenn du allein bist.“ Ellis Litanei. Ich lächelte und schüttelte meine Unruhe ab. Elli, mein Augenstern. Sie würde sich für mich freuen, wenn ich mal wieder einen Flirt probierte. Noch einen Moment konnte ich mir geben, was hatte das schon zu bedeuten, dass die Mandelfrau im Wirtshaus war. Bestimmt nichts. Eine Viertelstunde verging. Die Ziffern der Uhr leuchteten grün zu mir hoch. Elli würde nicht böse sein, wenn ich ein paar Minuten später kam. Hin und wieder liefen Festbesucher vorbei, sonst war es still. Sollte ich gehen? Meine Gedanken drehten sich, der Junge im Gastraum, der Flyer in meiner Hand, die Armbanduhr, eine Nachricht an Elli, das Display leuchtete hell, doch ich brach ab, denn ich sah, wie sie aus dem Gasthaus schlich. Meine Mandelfrau. Sie war zerzaust, die Lippen aufgeworfen, zu rot im Licht des Fensters, verschwollen, als hätte sie zu lange geküsst. Die Bewegungen langsam und satt. Eine dralle, frisch gefickte Katze. Als sie mich sah, verzog sie das Gesicht. Mit einer wegwerfenden Geste stieg sie in ein Auto.

***​

Immer noch strömten mir Besucher entgegen, die zum Marktplatz wollten. Marina und ihr Begleiter gingen schnell, sie schlängelten sich durch das Menschengewühl. Obwohl sie nebeneinander und Hand in Hand liefen. Einmal stolperte ich über ein Bein, stürzte und fiel auf das Knie. Der Schmerz stach, mir wurde übel, ein Mann half mir hoch, fragte mich etwas, doch ich winkte ab und hinkte weiter. Das Paar stand vor einem großen Fachwerkhaus. Ein Restaurant. Eine junge Frau lief mit ausgebreiteten Armen auf sie zu. Eine sehr junge Frau, vielleicht achtzehn, ungefähr so alt wie … Ich stockte, für einen Moment hatte ich das Gefühl zu ersticken, mir wurde schwindlig. Eine Tochter. Marina hatte eine Tochter. Und ein Geruch von Mandeln in der Luft. Mittlerweile war es düster geworden, die untergehende Sonne tauchte den Himmel in dunkles Rot. Als hätte er Nasenbluten, dachte ich. Lichter flammten auf.
„Ob die schon Spargel haben? Ach ich freu mich, ist so ein schöner Tag.“ Die Stimme der jüngeren Frau war weich. So klang eine Stimme, die noch alles vor sich hatte. Das gekräuselte Haar, der Gesichtsschnitt, die kleine, spitze Nase. Unter dem hellen Kleid mit den blauen Punkten zeichneten sich die Konturen ihres Körpers ab.

***​

Vor dem Haus, das Elli mir genannt hatte, stand niemand mehr. Ich klingelte, eine Frau schaute aus dem Fenster und rief: „Bist du Ellis Vater?“
„Ja.“
„Sie ist schon weg.“
„Wie lange?“ Angestrengt starrte ich zu ihr hoch, schirmte meine Augen gegen die Helligkeit der Hausbeleuchtung ab.
„Vor einer Viertelstunde vielleicht?“
Ich stieg in mein Auto, rief Elli auf dem Handy an. Abgeschaltet. Ich hinterließ eine Nachricht und fuhr los. Welchen Weg hatte sie genommen? Ich bog in die Hermannstraße ein, das war länger, aber ruhig und voller Grüngestrüpp, wie Elli es liebte. Das sind Forsythien, sagte sie. Langsam fuhr ich den Weg ab, hielt an, beobachtete den Bürgersteig, spähte in die Nebenstraßen, hielt an, spähte, immer wieder. Elli war nirgendwo.

Die Luft in der Wohnung roch abgestanden. Auf ihrem Bett lag der alte Stoffhase, den ich ihr zu ihrem fünften Geburtstag geschenkt hatte. Alter Gauner hatte Elli ihn getauft. Als ich sie fragte, warum sie einen Stoffhasen so nannte, antwortete sie, du sagst doch auch immer alter Gauner zu mir. Und dabei kiekste ihre Stimme in dem kindlich-kehligen Tonfall, dem ich nichts abschlagen konnte. Ich hob den Hasen hoch, ein Ohr war angenäht, das Fell verschlissen. Er hatte viel erlebt mit uns, der alte Gauner.
Ich zündete mir eine Marlboro an, griff zum Handy, rief Elli an.
Später fuhr ich erneut den Weg ab, zweimal, dreimal, immer wieder.
Zuhause füllte ich ein großes Glas mit Wodka, stürzte es in einem Zug runter. Ihr Handy blieb abgeschaltet. Ich hinterließ eine Nachricht nach der anderen, rief ihre Freunde an. Ist Elli bei dir? Weißt du, wo Elli ist? Elli, Elli, Elli?
Elli war noch nie von zu Hause weggeblieben, ohne Bescheid zu sagen, sie war so zuverlässig, sie war mein Augenstern.

Ich erwachte vom Schrillen des Telefons. Das Licht war an, ich lag mit dem Kopf auf dem Tisch, die Hand in einer Schnapspfütze. Speichel war mir aus dem Mund gelaufen, ich rieb die Kruste mit dem Finger ab, fuhr mir über die Augen. Das Klingeln. Elli! Ich torkelte los, stolperte über eine Flasche, prallte gegen die Kommode. Im Fallen wischte ich eine Vase herunter, die Fotos, die Tischuhr mit der dämlich guckenden Elchfigur, alles krachte zu Boden, der Elch rollte in eine Ecke, ein Stück des Geweihs brach, das Gehäuse der Uhr zerbarst. Nur das Display blieb heil, fünf Uhr war es. Endlich, mit zitternder Hand nahm ich das Telefon ab. „Elli?“ Ich keuchte.
„Herr Meik? Endlich erreichen wir Sie. Ihre Tochter, wir müssen Ihnen sagen, dass … leider … Herr Meik? Herr Meik? Herr Meik?“

Es gab keinen Herrn Meik mehr, keinen MandelMeik, keinen Mann, der Liebe suchte, keinen Vater. Er war fort. Genauso wie Elli.
Sie war im Dunkeln eine andere Straße als sonst entlanggelaufen, ein Auto hatte sie erfasst.

An diesem Tag war es das erste Mal, dass ich die Mandeln roch, obwohl ich gar nicht am Stand arbeitete. Der Geruch war würzig, voller Röststoffe, vanillig und buttrig, aber er legte sich auf die Brust und wenn man Luft holte, biss es.
Ich roch sie auf der Straße, in der leeren Wohnung, auf dem Weg zum Arzt oder zur Polizei, ich roch sie, wenn ich Marina ausspähte wie ein krankes Wild, das den Wald verseuchte, ich roch Mandeln, wenn ich ihre Freunde suchte, das Auto, in das sie eingestiegen war.
Irgendwann ließ ich es. Der Mandelgeruch wurde schwächer. Ich verkaufte den Stand, zog weg, flirtete nie wieder mit einer Frau. Jeden Morgen um fünf Uhr klingelte mein Wecker.
In der Therapie sagten sie mir, keiner habe Schuld. Ich sagte: „Oder alle.“

***​

Die andere Straßenseite mit ihren Umrissen aus Schornsteinen, Antennen, Mauervorsprüngen und Lichtern hätte einem Ozeanriesen gehören können. Hoch und abweisend. Vor mir auf dem Boden Marlborokippen, eine neben der anderen aufgereiht. Zwanzig Stück. Als die drei aus dem Restaurant traten, wischte ich hastig mit der Fußspitze über die Reihe, ging langsam zu einem parkenden Auto, tat, als wollte ich einsteigen.
Vor der Tür des Restaurants umarmten sie sich. Marina sah abgespannt aus, müde. Um ihre Augen, ihren Mund waren Falten eingegraben, ich hatte sie vorher nur nicht bemerkt. Das Leben war wohl nicht immer gut mit ihr umgegangen. Unruhig zuckten ihre Augen hin und her, als ahnten sie meine Anwesenheit. Als Marina und der Mann gingen, starrte ich ihnen nach, zögerte, schluckte, zögerte immer noch, bis ihre Umrisse vor meinen Augen verschwammen.
Die junge Frau ging schnell. Ich musste laufen, um sie einzuholen. Ihr zierlicher Rücken tanzte vor meinen Augen, verlor die Konturen, verwandelte sich in den meiner Tochter und zurück. Was würde Marina sagen, wenn sie ihre Tochter nie wiedersah? Wie würde es ihr damit gehen? Ich spuckte auf den Boden. Ja, so war das mit dem Leben, dachte ich, es versetzt dir einen Schlag und alles ist anders. Du kommst nie wieder hoch. Du brennst. Dein Leben lang.
An der nächsten Straßenecke blieb sie stehen, zog eine Packung Zigaretten heraus. Ich wartete ein paar Meter entfernt, tat, als wollte ich die Klingelschilder eines Hauses lesen. Es war dunkel hier, nur eine einsame Straßenlaterne, in deren Lichtschein die ersten Mücken tanzten. Sie zündete sich eine Zigarette an, der Schein des Streichholzes tauchte ihre Augen für einen Moment in dunkle Schatten, ein zu Lebzeiten skelettierter Kopf. Zischend sog ich den Atem ein. Sie blickte auf, sah suchend in meine Richtung, wandte sich ab und lief weiter. Aus ihrem lässigen Gang wurden schnelle, unruhige Schritte. Manchmal hielt sie an, warf den Kopf nach hinten, ich stoppte und stellte mir vor, wie sie auf meine Geräusche lauschte. Dann rannte sie los. Unter einer Brücke holte ich sie ein. „Rennen Sie doch nicht, ich möchte Sie sprechen. Sie sind doch Marinas Tochter? Oder?“
Sie blieb stehen, schwankend, als ob ihr Körper die Flucht fortsetzen wollte. Sie wandte sich zu mir um. „Ja?“ Ihr Mund war verzogen, als würde sie weinen.
„Bitte, ich wollte Sie nicht erschrecken, Ihre Mutter … “
Im Geiste sah ich Marinas Gesicht vor mir. Wie es errötete und verblasste, wie die Augen sich zusammenzogen und starben, wenn sie begriff, es gab keine Tochter mehr, kein Kind. Es gab nichts Schlimmeres als das. Nein, nichts Schlimmeres. Ein Kreis schloss sich. Marina wiederzusehen, ihre Tochter, der Mandelgeruch. Mir war übel. Was wollte ich hier, was dachte ich da, meine Gedanken wirbelten, alles erträgt sich leichter, wenn du nicht allein bist in deinem Schmerz, was wollte ich hier, es wird leichter, wenn du den Schmerz teilst, ja, wenn du ihn teilst, teil ihn, teil ihn mit jemandem, teil ihn mit der, die so schuldig ist wie du. Was tu ich, was tu ich nur. Alles schmerzte, ich hielt mir den Kopf und den Bauch, krümmte mich. „Ich will Sie nach Hause bringen, Ihre Mutter, sie ist, nicht gut … nein, nicht gut.“
„Was hat Sie denn, ich habe sie doch eben noch … Wer sind sie überhaupt? Ich kenne Sie nicht.“
„Ein Freund, nur ein alter Freund.“ Mein Magen brannte, schmerzte so unendlich, wand sich wie die Strohpuppe in den Flammen, was tue ich, was tu ich nur.
„Welcher Freund bitte?“ Ihre Stimme klang kühl, geschäftsmäßig. Sie nahm ihr Handy heraus.
Ich schlug es ihr aus der Hand.
Mit einem Satz wich sie zurück, öffnete ihre Handtasche. Ich packte sie am Arm, riss ihr die Tasche aus der Hand und schüttete den Inhalt auf den Boden. Eine Spraydose kollerte auf die Straße. Tränengas. Ich lachte. Das passte, Marinas Tochter wollte mir die Augen ausglühen. Ein Stoß vor die Brust, ich stürzte, sie rannte los, ich rappelte mich auf, setzte ihr nach, warf mich von hinten auf sie, unsere Körper krachten auf die Straße. Sie wand sich. Ich drückte sie zu Boden, mit aller Kraft, presste ihren Kopf in den Dreck, sie sollte ruhig sein, verdammt, sie sollte einfach ruhig sein, wieso wollte sie mir nicht zuhören, umklammerte weiter ihren Kopf, quetschte ihn in den Dreck, als müsste ich eine Ratte bändigen. Endlich wurde sie ruhig. Ich drehte sie zu mir um, damit sie mich ansah. Ihre Augen waren geweitet. Aus einem Mundwinkel tropfte Blut, die Haut ihrer Wangen war abgeschürft. Ich legte meine Hand um ihren Hals. Sie war still jetzt, ganz still, nur da, unter meinem Finger, wo er fast ihr Ohr berührte, pochte eine Ader. Vorsichtig fuhr ich darüber, tupfte darauf, als wollte ich Zuckerkörnchen aufstippen. Ihre Augen starrten mich an. Ganz dunkel und voller Angst wie die eines kleinen Mädchens. In dem fahlen Licht sah die Ader aus wie eine winzige Nuss. Oder wie eine Mandel.
Von weither wehte Musik herüber, hatte ich das Lied früher schon einmal gehört? Wie hieß es? Ich wusste es nicht mehr. Vom Himmel sah man nur einen winzigen Ausschnitt, nach oben hin schnitt die Brücke ihn ab, doch genau in diesem Brückenbogen hing der Mond. Hing da wie eine riesige gelbliche Tablette, von der ein Stück abgebrochen war, schief, matt, beschädigt. Noch einmal strich ich über die Ader, ganz vorsichtig. Dann erhob ich mich und ging davon.

 
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Liebe Novak,

ich habe gerade das Original gelesen und keine Kommentare von deiner Kopie, ich möchte das ganz jungfräulich angehen. Hut ab, gerade diesen Text als Kopiervorlage zu nehmen, weil ich mich nie für diese Geschichte von Chutney zum Kopieren entschieden hätte. Ich bin gespannt.


Ich bahnte mir einen Weg durch die Menschenmenge, wich einer Gruppe von Kindern in Osterglockenkostümen aus, zwängte mich an zwei überdimensionalen Schmetterlingen vorbei, verlor Marina aus den Augen, drängte weiter, ignorierte die wütenden Rufe der Menschen, die ich zur Seite schob,
Das macht Stimmung.

Keine zehn Meter vor mir, ihre Hüften tickten im Takt ihrer Schritte von einer Seite auf die andere.
tickten? :rolleyes: Denkst du an ein Metronom? Ich weiß, was du sagen willst: zack, zack, zack, - sehr fordernd und klar - aber ticken passt für mich überhaupt nicht in so ein Bild. Wenn es auch ausgelutschter ist, finde ich wippen in dem Kontakt trotzdem besser, weil es weiblicher, erotischer und
einladender wirkt. Ticken ist so hart, unnachgiebig.

bis die Wand endgültig brach und Marina unter sich begrub.
Puh. Hartes Brot. Okay, wir wissen Bescheid.

Mit einem Male stand sie da. Marina. Sie strahlte mich an, als meinte sie mich und nur mich. Damals kannte ich ihren Namen noch nicht, damals war sie für mich nur die Mandelfrau. „Dich kenne ich doch“, sagte ich. Sie lachte. Ich rührte in den Mandeln, der Holzlöffel tanzte, die Tüten befüllten sich wie von allein. Es war dieses Lachen, das sich um nichts scherte.
Das gefällt mir sehr, das hat so etwas Nostalgisches an sich, ich sehe da automatisch ein 50-er Jahre Kleid, schmale Taille, weit bis zum Knie ausgestellt.

Elli, mein Augenstern. Sie würde sich für mich freuen, wenn ich mal wieder einen Flirt probierte.
einen Flirt probieren?
Ich fände schöner: ... wenn ich wieder einmal flirten würde.

Marina und ihr Begleiter gingen schnell, sie schlängelten sich durch das Menschengewühl. Obwohl sie nebeneinander und Hand in Hand liefen.
Der zweite Satz steht irgendwie in der Luft. Ich würde da eher ein Komma oder ein Gedankenstrich setzen.

Die Luft in der Wohnung roch abgestanden. Auf ihrem Bett lag der alte Stoffhase, den ich ihr zu ihrem fünften Geburtstag geschenkt hatte. Alter Gauner hatte Elli ihn getauft.
Kursiver Name wäre einfacher zu lesen

Ich erwachte vom Schrillen des Telefons. Das Licht war an, ich lag mit dem Kopf auf dem Tisch, die Hand in einer Schnapspfütze. Speichel war mir aus dem Mund gelaufen, ich rieb die Kruste mit dem Finger ab, fuhr mir über die Augen. Das Klingeln. Elli! Ich torkelte los, stolperte über eine Flasche, prallte gegen die Kommode. Im Fallen wischte ich eine Vase herunter, die Fotos, die Tischuhr mit der dämlich guckenden Elchfigur, alles krachte zu Boden, der Elch kollerte in eine Ecke, ein Stück des Geweihs brach, das Gehäuse der Uhr zerbarst. Nur das Display blieb heil, fünf Uhr war es. Endlich, mit zitternder Hand nahm ich das Telefon ab. „Elli?“ Ich keuchte.
Sehr eindrücklich beschrieben.

„Herr Meik? Endlich erreichen wir Sie. Ihre Tochter, wir müssen Ihnen sagen, dass … leider … Herr Meik? Herr Meik? Herr Meik?“
Ich bin 100% sicher, dass weder Polizei noch Rettungsdienst eine Todesnachricht über das Telefon an die Angehörigen überbringen. Das passiert IMMER persönlich.

Die andere Straßenseite mit ihren Umrissen aus Schornsteinen, Antennen, Mauervorsprüngen und Lichtern hätte einem Ozeanriesen gehören können.
Gefällt mir gut, das Bild. Habe ich so auch noch nie gelesen/gehört, jedoch kann man sich das sehr gut vorstellen.


Sie zündete sich eine Zigarette an, der Schein des Streichholzes tauchte ihre Augen für einen Moment in dunkle Schatten, ein zu Lebzeiten skelettierter Kopf.
Das Bild mit dem skelettierten Kopf finde ich schwierig, weil ich den ganzen Kopf in Knochen sehe und nicht nur die dunklen Augenhöhlen. Ich finde es zu dick aufgetragen und nimmt zuviel Aufmerksamkeit.

Zischend sog ich den Atem ein. Sie blickte auf, sah suchend in meine Richtung, wandte sich ab und lief weiter. Aus ihrem lässigen Gang wurden schnelle, unruhige Schritte. Manchmal hielt sie an, warf den Kopf nach hinten, ich stoppte und stellte mir vor, wie sie auf meine Geräusche lauschte. Dann rannte sie los. Unter einer Brücke holte ich sie ein. „Rennen Sie doch nicht, ich möchte Sie sprechen. Sie sind doch Marinas Tochter? Oder?“
Sie blieb stehen, schwankend, als ob ihr Körper die Flucht fortsetzen wollte. Sie wandte sich zu mir um. „Ja?“ Ihr Mund war verzogen, als würde sie weinen.
„Bitte, ich wollte Sie nicht erschrecken, Ihre Mutter … “
Ein für mich interessanter Absatz. Die Warterei und das Beobachten vor dem Restaurant ist ja schon Stalken, aber nun wird das Hinterherlaufen für die Tochter eine Bedrohung. Ihr müsste es auch komisch vorkommen, dass er sie dann nicht gleich anspricht, wenn er tatsächlich etwas von ihr wissen wollte oder mit ihr sprechen - aber dieses Hinterhergelaufe bringt so einen unguten Grundton in die Geschichte, in einem Film wäre ab da eine bedrohlich wirkende Musik eingesetzt worden. Und auch die recht beruhigenden Worte, die er dann sagt, täuschen nicht darüber hinweg, dass etwas im Argen liegt.

Was wollte ich hier, was dachte ich da, meine Gedanken wirbelten, alles erträgt sich leichter, wenn du nicht allein bist in deinem Schmerz, was wollte ich hier, es wird leichter, wenn du den Schmerz teilst, ja, wenn du ihn teilst, teil ihn, teil ihn mit jemandem, teil ihn mit der, die so schuldig ist wie du.
Die Therapie hat nicht wirklich genützt: er ist festgefahren im Schmerz des Verlustes; in der Ungerechtigkeit, dass der Fahrer ohne Strafe davon gekommen ist; in der Ungerechtigkeit, dass er jetzt keine Frau und kein Kind mehr hat. Marina hat ihn hängenlassen, jetzt soll sie auch leiden.
Der Arme weiß nicht wohin mit seinen Gefühlen.

„Welcher Freund bitte?“ Ihre Stimme klang kühl, geschäftsmäßig. Sie nahm ihr Handy heraus.
Ich schlug es ihr aus der Hand.
Ab dem Moment wird klar, dass das Ganze nur ungut enden wird.

Die Hauptschlagader pocht noch, das Mädel ist also noch am Leben. Wird sie jemand finden, bevor es zu spät ist? Kann sie sich dann an ihn erinnern? Wird er verhaftet werden?
Oder stirbt sie und er leidet weiter. Tut vielleicht weiteren Personen weh, weil er seinen Schmerz nicht anders kanalisiert bekommt? Vielleicht hilft auch irgendwann eine Therapie?
Das ist nun sehr offen, das Ende.

Die Geschichte ist eine ganz andere geworden, wenn die Wurzeln auch die gleichen sind. Weg von diesem erotischen Text hin zu einer erst melancholischen, dann düsteren Stimmung, die dein Text verbreitet. Ich finde es beeindruckend, wie du da deine Story draus gemacht hast. Die Aufgabe zu copywriten hast du meiner Meinung nach sehr gut hinbekommen.

Einzig die zeitliche Einordnung der ersten 3-4 Abschnitte fand ich anfangs etwas mühsam, ich las das dreimal durch, bis ich das richtig verortet hatte und bin mir immer noch nicht 100% sicher, ob ich es so verstehe, wie du es gemeint hast.

Von dieser Irritation abgesehen ein sehr eindrücklicher Text, der hängen bleibt. Mit interessanten Bildern und sehr guten Beschreibungen von Szenerien, in denen du mich als Leser Absatz für Absatz mehr reingezogen hast.

Liebe Grüße
bernadette

 
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Liebe @Novak

ich gehe die Texte in der Erscheinngsreihenfolge durch. So halte ich die Motivation, alle mit Genuss zu lesen und zu kommentieren, was mir auffällt, was ich irgendwie zum Diskurs beitragen kann. Auf deine Geschichte habe ich mich gefreut. Ich weiß ja von dir, dass dich viele Dinge umtreiben, nicht zuletzt real life.
Das Handwerk beherrscht du, so viel steht fest. Die Satzperioden fließen, die Novak'sche Suspense funktioniert, Spannung entsteht von Anfang an. Du schreibst auf sehr hohem Niveau, schaffst bewusst oder instinktiv genügend Zwichenräume, damit der Leser sich die eigne Version des Erzählten zurechtlegen kann. Die Erzälstimme führt unaufdringlich durch den Text, was soll ich sagen: ein sehr guter Text.
Aber, aber ... - mir fehlt ein wenig Nachhaltigkeit. Ganz zu greifen bekomme ich den Text auf der Intentionsebene nicht. Vielleicht schürfe ich auch zu tief und sollte mich einfach unterhalten fühlen. Und dies gelingt dir wirklich perfekt!

Ich blickte in ihr gerötetes Gesicht und sagte: „Ich steh nicht auf Hinrichtungen.“
das ist schien satirisch gemeint, oder=?

Ich sah ihm hinterher, wie er einen Bogen beschrieb, wie er vor dem Himmel stand, für einen Moment im Blau gefroren, bis er wieder nach unten segelte. Und als habe der Kranz sie geboren, stand dort, wo er niederging, Marina. Schlank, aufrecht, lachend. Gar nicht weit von mir.
starke Passage, mit der nicht nur Marina charakterisiert wird,

„Ahhh, erwischt. Schreib mir doch eine Liste mit den nächsten Einsatzorten. Ich liebe deine … Mandeln.“
tja, die Mandeln, schkoumhüllt womöglich.

Wieder kicherten die Leute, einige klatschten, sie mochten diesen kleinen Flirt.
die Szene finde ich übertrieben, warum sollte die Zuschauer klatschen, überhaupt wundere ich mich, warum die überhaupt mitbekommen, was geredet wird.

Die Bewegungen langsam und satt. Eine dralle, frisch gefickte Katze. Als sie mich sah, verzog sie das Gesicht. Mit einer wegwerfenden Geste stieg sie in ein Auto.
hübsches Bild, aber das eine oder andere Adjektiv lkannst du one Verlust streichen

Elli war noch nie von zu Hause weggeblieben, ohne Bescheid zu sagen, sie war so zuverlässig, sie war mein Augenstern.
Augenstern, ich habe den Ausdruck schon gehört, der nutzt sich aber exponentiell ab, je öfter das Narrativ verwendet wird.

„Herr Meik? Endlich erreichen wir Sie. Ihre Tochter, wir müssen Ihnen sagen, dass … leider … Herr Meik? Herr Meik? Herr Meik?“
Es gab keinen Herrn Meik mehr, keinen MandelMeik, keinen Mann, der Liebe suchte, es gab keinen Vater mehr. Er war fort. Genauso wie Elli.
ich dachte immer, dass PolizistenTodesnachrichten nicht am Telefon, anzusprechen.

Ja, so war das mit dem Leben, dachte ich, es versetzt dir einen Schlag und alles ist anders. Du kommst nie wieder hoch. Du brennst. Dein Leben lang.
:Pfeif:

Vom Himmel sah man nur einen winzigen Ausschnitt, nach oben hin schnitt die Brücke ihn ab, doch genau in diesem Brückenbogen hing der Mond. Hing da wie eine riesige gelbliche Tablette, von der ein Stück abgebrochen war, schief, matt, unfertig. Noch einmal strich ich über die Ader, ganz vorsichtig. Dann erhob ich mich und ging davon.
starkes Ende, weil die Sache weiter schwebt.

So, jetzt fallen mir bald mal die Augen zu.
Deshalb: #
Liebe Grüße
isegrims

 
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Erst mal an alle, also @TeddyMaria, @Fliege, @Friedrichard, @bernadette und @Isegrims, eine große Bitte um Entschuldigung für das späte Antworten.
Ich war sehr beschäftigt und bin auch einfach nicht mehr so schnell, das merke ich leider. Und genügend Ruhe und Zeit, um vernünftig zu antworten, will ich mir auch nehmen, denn manche Entscheidung will auch überdacht sein.

Hallo, liebe Teddymaria
Ich fand das sehr schön, dass du einen Gegenbesuch gemacht hast, hab mich sehr gefreut. Sehr bereichernd, nicht nur wegen der tickenden Hüften und dem fehlenden Fragezeichen, sondern auch für deine Überlegungen zu dem Namen, das war eine sehr faszinierende Idee, Marina auf ewig die Mandelfrau sein zu lassen, obwohl ich es dann doch anders gemacht habe.

Deine Geschichte habe ich gerne gelesen, obwohl ich musste wie ein Schießhund.
Huch, das ist ja mal ein seltenes Kompliment.

Tatsächlich gewinnt die Geschichte dadurch, dass sie in sich (und in das Original) verwoben ist.
Ja, das fand ich auch das Spannende beim Schreiben. Ich muss aber auch zugeben, so wirklich geplant war das nicht. Ich fand Chutneys Geschichten halt alle so gut, alle sehr dicht, da gab es irgendwie nichts, wo man eine Lücke hätte ausfüllen können. Ich wusste gar nicht, wie ich damit umgehen sollte. Aber dann kam mir irgendwann die Idee, dass man ja auch eine gänzlich nebensächliche Figur wählen und eine Parallelgeschichte aufbauen kann.

Du hast die Geschichte in deinem Kommentar schön zusammengefasst. Ich habe meine Intention sehr verstanden gefühlt. Deine Idee, dass sie endlich etwas miteinander verbindet, fand ich übrigens sehr interessant. Man kann das auf jeden Fall so lesen.
Zum Schluss lässt er sie leben. Er kann sie nicht töten. Und so, wie ich ihn kenne, hätte er das ohnehin nicht gekonnt, er ist nur in dieser Situation in einem Ausnahmezustand.

Noch viel tragischer finde ich die Geschichte vor dem Hintergrund des Originals. In Marinas Leben ist Meik eine Nebenfigur, nur zur Stelle, um ihre Attraktivität und Trunkenheit hervorzuheben. Es gibt zwei Männer in ihrer Geschichte, aber Meik ist keiner davon. Also, diese Nebenfigur zentral zu machen, hinzuzudichten, dass die kleine Begegnung im Original sein Leben für immer verändert; das finde ich abgefahren gemacht. Was für eine Idee!
Ich weiß gar nicht, ob diese Idee so selten ist. Und wenn man es mal realistisch betrachtet, wer weiß denn schon, ob nicht irgendeine Zufallsbekanntschaft, die einem selbst gar nichts bedeutet hat, im Leben eines anderen eine Kette in Gang gesetzt hat, deren Tragweite groß ist, viel größer als für einen selbst, immer eine, die man nicht kennt. Und in aller Regel nie erfahren wird.

"schwanken", das klingt so betrunken. Oder sehr breithintrig, wie ein Schiff. Ist das gewollt? In einem Jugendbuch, das ich beschämend oft lese, ist von "tickenden" Hüften die Rede. Das ist zwar sehr viel markanter formuliert, klingt für mich aber schmaler, jugendlicher, nicht so drall wie "schwankende" Hüften. Und das würde ja besser zur Beschreibung von Marina kurz danach passen, wobei ...
Du warst nicht die erste, die „schwanken“ ungut fand. Meine Idee dahinter war, kein allzu positives Wort wie wippen oder schwingen zu wählen. Ich wollte eine Distanz. Es ist ja nicht unwesentlich, welche Wörter man wählt, um eine Sicht, eine Atmosphäre zu kreieren. Man kann damit ganz schön steuern. Ich hab jetzt frecherweise dein „ticken“ genommen – in der Hoffnung, dass das nicht zu sehr aus deinem Jugendbuch geklaut ist. Ich finde das Wort toll, weil es in beide Richtungen geht, es hat was Anziehendes und gleichzeitig Gefährliches. Also wie gemacht für das, was ich sagen will. Nur leider, das haben im Zusammenhang ungewöhnliche Wörter so an sich, was dem einen sin Nachtigall ist dem andern sin Uhl. Bernadette fands glaub recht unpassend. :D Naja, ich schaue es mir eh nochmal an, ob es vielleicht doch nicht so gut ist, vielleicht liegt es auch an dem unmittelbaren Satzzusammenhang, in dem es bei mir steht, wo „ticken“ dann nicht gut passt. Aber egal, bis hierhin erst mal tausend Dank für die tickenden Hüften.
Dass Marina die später kindlich vorkommt, fand ich nach etwas Überlegung gar nicht so schlimm, die Irritation kann man, finde ich, verkraften. Sie klärt sich. Und was seine Sicht auf sie ist ja sehr sehr ambivalent. Einst eine Frau, die ein anderes, ein erfülltes Leben für ihn hätte sein können, sehr idealistisch gedacht, dann seine personifizierte Qual. Aber eben immer noch faszinierend. Und warum nicht in dieser sehr unterschiedlichen Weise. Aber ich schau es mir auf jeden fall noch mal an.

Was ich mich am Ende gefragt habe: Woher kennt Meik ihren Namen? Das hat mich erst überrascht, obwohl, wenn ich darüber nachdenke, wenn ihr zwanzig Jahre lang nachgestellt hat, dann kann er den Namen ruhig wissen. Gleichzeitig frage ich mich, ob die Geschichte nicht ein wenig gewinnen würde, wenn er ihr zunächst einen eigenen Namen gibt und ihn dann behält.
Gut, dass er den Namen irgendwann rausfindet oder hört, das kann gut passiert sein, wie du sagst, obwohl ich nicht glaube, dass er ihr wirklich so lange nachgestellt hat. Das war nur für eine gewisse Zeit. Den Namen Mandelfrau beizubehalten fand ich zunächst mal eine sehr, sehr faszinierende Idee, ich hatte sogar angefangen, die Geschichte entsprechend umzubauen. Es hat was für sich, denn die Frau oder das Objekt der Begierde bleibt in der Fantasie und in den Gedanken diese Wunschgestalt. Aber dann wollte ich doch nicht mehr. Mich hat dabei total was gestört. Ich konnte das nicht recht benennen, aber es geht wohl in die Richtung,, dass die Mandelfrau nach Ellis Tod für ihn ja nicht mehr existiert, sie ist nicht mehr der unerfüllbare Wunsch, die Hoffnung, auch nicht die Erinnerung an die einstige Anbetung und Hoffnung, sondern sie hat sich geändert, ist von der Mandelfrau zur Marina geworden, Zu der Frau, der er mit die Schuld am Tod seiner Tochter gibt.

Ich finde die Geschichte vom "Alten Gauner" herzerwärmend. Für mich war Elli auch von Anfang an irgendwo zwischen fünfzehn und zwanzig Jahren alt, und der Hase hat dem keinen Abbruch getan. Ich liebe heute (noch) meine Kuscheltierbande, das dürfen also auch ältere Mädchen, und Du sagst ja hier schon, dass der Hase "alt" ist.
Da war ich echt froh, dass das in deinen Augen geklappt hat. Ich wollte es bisher nicht zugeben, aber ich hab auch noch so eine Kuscheltierbande.

Liebe Maria, es war toll, dass du da warst. Danke für Lob, für Hilfen und Anregungen und nicht zuletzt für das Lesen.
Novak

Liebe Fliege,

Wie schön, Dich mal wieder federführend zu erleben! Und mir ist egal, ob Du eigentlich tausend andere Dinge lieber tust, von denen habe ich ja nix
Hehe, das stimmt natürlich, diesem Argument kann ich mich schlecht entziehen.
Und entschuldigen muss ich mich auch gleich noch mal, dass ich so lange gebraucht habe, um zu antworten. Ich war mit diesen tausend anderen Dingen im Clinch. Und bin es eigentlich immer noch. Ich hoffe, bei dir ist alles okay und alles läuft in deinem Sinne.

Auf dem Marktplatz verbrannten sie den Winter.
Kann Dir zwar nicht sagen warum, aber der Satz hat es mir total angetan. Wahrscheinlich, weil es eben schön ist, wenn der Winter dem Frühling weicht und dieser Satz für mich dieses "Lebensgefühl" so wunderbar einfängt. Überhaupt habe ich mich auf deinem Fest atmosphärisch sehr wohl gefühlt

Ich muss mal ehrlich sagen, der Satz kam so über mich. Man kennt ja das Credo, dass man mit einem guten Satz gleich rein in die Szene gehen soll. Und der Satz tut das. Ich find den selbst klasse, wenn ich das mal so mich selbstlobend sagen darf. Stell dir mal vor, der Winter wär dann gar nicht eine Strohpuppe gewesen? Hehe, wäre auch ein guter Horroranfang. Rein in eine fiese Hexerverbrennung.

Und als habe der Kranz sie geboren, stand dort, wo er niederging, Marina.
Das sind so Novak-Sätze und ich liebe sie!
Novak-Sätze. Wie schön. Meine Güte, ich fühl mich grad ganz liebevoll gebauchpinselt. Wenn ich mal wieder an mir selbst zweifele, und das kommt ja, wenn man mich kennt, recht schnell mal vor, dann les ich das einfach.

Das kann man natürlich gut alleinstehend lesen, aber in Kombi mit der Vorlage, machen solche Sätze einfach super viel Spaß.
Ja, das war es auch, was mir Vergnügen bereitet hat, das so zu verweben. Hat mir ehrlich gesagt, auch wieder so ein bisschen Spaß am schreiben „eingeflößt“. Ich hoffe nur, ich komme auch ab und an dazu, bei den vielen andere Projekten.

Diesen schmierigen Gefährten! Sehr feine Idee, ihn zum Prot. zu machen.
Schmierig, wie cool. Chutney hatte geschrieben, er sah verlebt aus. Ich glaube, das hatte mich fasziniert. Man fragt sich, warum sieht er schon da so verlebt aus? Und dann entspannte sich eine kleine Hintergrundfolie. Also zum Beispiel, dass er älter ist als sie, was der Flirt für ihn bedeutet, dass er eine Tochter hat, kein leichtes Leben, weil er allein für sie zuständig ist, und das Mandelrühren, naja, ob man damit zum Millionär wird? Also auch kein einfacher Job.

Hammer Satz! Und für dieses Ergebnis hat er nun seine Tochter nicht abgeholt. Shit happens und Menschen gehen kaputt. Außerdem leiten wir so sanft zu Novaks Wohlfühloase ein.
Ich mag den Satz selbst sehr gerne. Er hat für mich einen gewissen Rhythmus. Davon abgesehen, das ist ja schon eine ziemlich komische Sache, wenn man sich so sehr wünscht, jemanden kennen zu lernen, und dann sieht man, dass das alles eine Wunschvorstellung war.
Novaks Wohlfühloase fand ich toll. Mensch, Fliege, warum komm ich mir immer vor wie in einem echt gemütlichen Schaumbad, angenehm warm, wenn ich Kommentare von dir lese? Aber eins stimmt, ja, was du sagst, ich neige zum Drama. Man muss schon schwer aufpassen, dass in meinen Geschichten alle am Leben bleiben.

Danke, Novak. Obwohl, ich hätte es ihm im Wahnrausch auch zugtraut. Aber er unterbricht ihn ja selbst -Was tue ich hier? - insofern hatte die Kleine wohl Glück, dass er sich da nicht zu 100% reinsteigern konnte ... ach Novak, was haste nur mit deinen bösen, bösen Personal immer?
Naja, die sind für mich sehr spannend. Normal bin ich selber. Oft spannender als andere. Vielleicht sollte ich mal eine Geschichte über ganz normale Menschen schreiben, und trotzdem Spannung hinkriegen, dann wäre ich wohl mal raus aus der Wohlfühloase. .

Ich finde, Du hast nix verlernt. Weiß auch gar nicht, wie das gehen soll. Die Ausrede kannste mal getrost zum Biomüll bringen.
Das sagst du so. Mag in der Theorie so sein, dass man nie nichts verlernt, hat sich unterwegs beim Schreiben aber gänzlich anders angefühlt.

Habe ich sehr gern gelesen und falls Du Kritik willst, habe ich nicht. Sorry. Aber fällt mir bei Dir auch echt schwer, den Text nur als Text zu sehen. Da müsstest Du wahrscheinlich mit Maske tanzen.
Ja, da hast du Recht, ich mein, dass ich mit Maske tanzen müsste. Wenn man sich ganz gut kennt, kann man vielleicht nicht mehr so unbedarft nur über den Text reden. Da spielt viel anderes mit hinein. Aber andererseits, ich trau dir sehr wohl zu, dass du mir eine wirklich verunglückte Geschichte auf sehr charmante fliegende Weise, aber eben trotzdem auch sehr deutlich und klar und direkt an die Birne schmirgelst. Von daher, warten wir mal ab, wie das mit der nächsten Geschichte wird, wenn ich rauskomme aus der Wohlfühloase des Grauens.
Ach Fliege, was war das schön, dass du da warst.
Bis die Tage
Novak

Lieber Friedel,
Da bist du ja, das hat mich sehr gefreut, dich zu Besuch zu haben, ich hatte deine Namensforschung schon vermisst. Irgendwie lässt es mich immer wieder erstaunen, was du da alles zutage förderst. Davon ab, zu deiner wunderbaren Geschichte wollte ich eigentlich auch ganz zeitig, weil ich sie sehr mochte, jetzt bist du mir nicht nur zuvor gekommen, nein, du musstest auch noch ewig auf die Antwort warten. Friedel, es tut mir leid, ich war anderweitig sehr beschäftigt, bitte nicht böse sein.

Aber es kam mit den Namen viel grausamer, ich fiel zurück in die Wirtschaftswunderzeit und ließ mich auf einer Hochzeit einer befreundeten Gastarbeiterfamilie von Rocco Granata in den Samba einüben, will sagen „foltern“:
Marina marina, marina, ti voglio al piu presto sposar. Oder so ähnlich. Nun, für die Namensgebung kann ich eigentlich nichts, das hat Chutney "verbockt". :) Als Kind kannte ich von dem scheußlichen Schlager auch noch eine andere Version, eine auf deutsch. Die von Rocco Granata, hab ich mir eben gerade angehört. Als Kind mochte ich den Schlager sehr. „Du bist ja die schönste der Welt, wunderbares Mädchen, bald sind wir eine Bärchen, komm und lass mich nie alleine, oh no no no no no. Dieses malentendido vom Pärchen hat mich mein Leben lang verfolgt. Ich weiß nicht, ob du das Buch von Axel Hacke kennst, es heißt: Der weiße Neger Wunbabah Das kleine Handbuch des Verhören. Ich glaube, ich könnte selbst ein ganzes Buch über solche Verhörer schreiben.

Dir fallen immer so viel Einzelheiten auf, hier zum Beispiel die Marlboro. Ja, der Hintergrund passt natürlich schon. Eine Zigarette für die zarte Damenhand würde Meik wohl eher nicht rauchen. Irgendwie wählt man ja schon auch die Werbebotschaft aus, um einen Charakter durch die Nennung einer Marke zu charakterisieren.


Das Unheil hat eine fantastische, alptraumhafte Vorlaufzeit.
Das hat mich gefreut. Klingt, als ob es passen würde. Den Namen Mandel-Merik habe ich übrigens nicht bewusst gewählt oder nur insofern, als ich aus irgendeinem merkwürdigen Grund eine Konsonantengleichung wollte. Und natürlich die Angleichung an seine berufliche Existenz. Dass Michael in Wirklichkeit einen so treffenden Namen hat: Er ist wie Gott, war mir nicht bewusst, aber ja, es passt, ein bisschen führt er sich ja so auf, wenn er meint, Richter spielen zu dürfen.

(soweit ich weiß nur als Substantivierung Zuviel zusammen.
Ja, das wurde 1996 mit der Rechtschreibreform geändert. Ist eines der Wörter, die ich mir nie nicht merken kann. Furchtbar. Man schreibt IMMER zu viel. Mensch!
Den von dir angesprochenen Konjunktiv schau ich mir auch noch mal an. Man kann beides verwenden, also Konjunktiv I und Konj. II, um Irreales auszudrücken, aber ich schau noch mal drauf und prüfe auf jeden Fall für mich selbst noch einmal den Klang der beiden Möglichkeiten.
Lieber Friedel, vielen Dank für dein Feedback, ich freu mich jedesmal ganz arg über deinen Besuch, bis bald dann bei deinem Copy.
Viele Grüße von Novak

Liebe bernadette,
ich fand das nicht nur toll, dass du hier vorbeigeschneit bist mit Lesen und Kommentieren und allem Drumunddran, sondern dass du überhaupt mitgemacht hast. Du hast ja wenig Zeit und einiges um die Ohren, ich hoffe, alles klappt für dich gut und läuft. Ich drück jedenfalls die Daumen.
Ich hab mal wieder sehr von deinem Kommentar profitiert. Du hast immer eine sehr pragmatische Sicht auf die Dinge und dann kann man für sich und die Geschichte einfach noch mal prüfen, ob das, was man wollte, geklappt hat.

Hut ab, gerade diesen Text als Kopiervorlage zu nehmen, weil ich mich nie für diese Geschichte von Chutney zum Kopieren entschieden hätte.
Ja, ich merke gerade, ich bin insgesamt vielleicht etwas sehr naiv an diese Copys drangegangen. Eigentlich wollte ich nur mal wieder was schreiben und mich beim Schreiben auf etwas bereits Existierendes beziehen. Ich hatte mir wenig Gedanken gemacht, wie das gehen sollte. Beim ersten Copy, hatte ich einfach Glück, da wurde mir Peregrina zugelost, ganz durch Zufall, da fand ich schon immer eine bestimmte Geschichte spannend und hatte mich eh schon immer für einen bestimmten Aspekt interessiert. Naja, sowas ist natürlich nicht die Regel.
Hier war mein Anspruch eigentlich nur, ich wollte mal wieder schreiben, und das musste für sich alleine stehen können, aber man sollte, wenn man die Originalgeschichte kennt, den Zusammenhang wahrnehmen können. Aber ja, ich merke, das Kopieren ist im Prinzip gar nicht so einfach. das war hier wohl eher ein Zufallstreffer.

tickten? Denkst du an ein Metronom? Ich weiß, was du sagen willst: zack, zack, zack, - sehr fordernd und klar - aber ticken passt für mich überhaupt nicht in so ein Bild. Wenn es auch ausgelutschter ist, finde ich wippen in dem Kontakt trotzdem besser, weil es weiblicher, erotischer und
einladender wirkt. Ticken ist so hart, unnachgiebig.

Ich finde das so geil, wie das hin und her geht. Ich denke natürlich nicht an ein Metronom, sondern an Teddymaria :), kannst du weiter oben in meiner Antwort an sie nachlesen, Teddy hatte dann „tickten“ als Vorschlag oder Idee aus einem Buch. Der Hintergrund ist, dass ich „schwankten“ geschrieben hatte. Sowohl Chutney als auch Maria fanden das Wort in dem Zusammenhang nicht so dolle. Jetzt, warum hatte ich es eigentlich gewählt … und nicht wippen oder schwingen? Ich wollte es eben nicht so eindeutig positiv weiblich und erotisch, sondern eher sachlich oder, wenn es geht, sogar eine Nummer negativ. Denn er sieht Marina ja ambivalent. Also schwingt und wippt da nichts mehr Verheißungsvolles für ihn, sondern diese Hüften sind negativ. Tickende Hüften hat was Faszinierendes und gleichzeitig Gefährliches. Aber, Bernadette, ich gucke mir die Stelle auf jeden Fall noch mal an. Ich finde das Verb als solches in dem inhaltlichen Zusammenhang zwar äußerst passend, aber vielleicht muss man doch ein bisschen angleichen oder umformulieren. Ich prüfe.

Das gefällt mir sehr, das hat so etwas Nostalgisches an sich, ich sehe da automatisch ein 50-er Jahre Kleid, schmale Taille, weit bis zum Knie ausgestellt.
Hihi, wie schön, so hab ich das gar nicht gesehen mit diesem ausgestellten Kleid, aber es passt.

einen Flirt probieren?
Ich fände schöner: ... wenn ich wieder einmal flirten würde

Ich gucke und prüfe nach, ich glaube, deins klingt besser. Oder auch flirten könnte.

Marina und ihr Begleiter gingen schnell, sie schlängelten sich durch das Menschengewühl. Obwohl sie nebeneinander und Hand in Hand liefen.
Der zweite Satz steht irgendwie in der Luft. Ich würde da eher ein Komma oder ein Gedankenstrich setzen.

Auch hier schau ich noch mal nach. Genauso wie bei der Kursivschreibung des Stofftiernamens. Wenn das Kursivschreiben eines Namens das Lesen erleichtert, warum nicht?

Herr Meik? Endlich erreichen wir Sie. Ihre Tochter, wir müssen Ihnen sagen, dass … leider … Herr Meik? Herr Meik? Herr Meik?“
Ich bin 100% sicher, dass weder Polizei noch Rettungsdienst eine Todesnachricht über das Telefon an die Angehörigen überbringen. Das passiert IMMER persönlich.

Du hast recht, dass das nicht per Telefon gemacht wird, aber wenn du genau liest, steht das gar nicht direkt, sie könnten auch einfach nur sagen, dass die T. im Krankenhaus liegt oder ihr ein Unfall zugestoßen ist und er hört aus der Stimme heraus, dass was Schlimmes passiert ist und er bricht kurz weg. Er ahnt es ja eh schon die ganze Zeit. Ich spare mit diesem Beginn eines Telefonats und dem Beginn einer Zeitspanne aus, was da genau passiert, wie der Ablauf ist, ob er hingeht usw. Diese Aussparung wollte ich ganz bewusst, ich minimiere den Zeitablauf, weil ich mich auf den Mann konzentrieren will, zu dem er danach geworden ist.
Genau genommen suggeriere ich die Todesnachricht hier zwar, aber es steht nicht da. Und der gesamte Zeitablauf ist, was ich wollte, sehr zusammengekürzt dadurch. Der eigentliche Tod der Tochter, das Davor und Danach sind in die Fantasie des Lesers verlegt. Er soll verstehen, dass das passiert. Aber dieser Zeitabschnitt selbst soll so genau gar nicht vorkommen. Aus mehreren Gründen. Es spielt ja keine wesentliche Rolle für die eigentliche Geschichte, wie die Nachricht über den Tod der Tochter an ihn herangetragen wird, Leser soll nur erfahren, dass es passiert ist. Es ist ja der Umgang MandelMeiks mit dem Tod der Tochter und den Umständen, die dazu geführt haben, die für die Geschichte wichtig sind. Man kann das natürlich auch anders machen, noch stärker getellt, aber momentan jedenfalls noch finde ich den kleinen Trick, es auszusparen und trotzdem zu suggerieren, immer noch gut.

Die andere Straßenseite mit ihren Umrissen aus Schornsteinen, Antennen, Mauervorsprüngen und Lichtern hätte einem Ozeanriesen gehören können.
Gefällt mir gut, das Bild. Habe ich so auch noch nie gelesen/gehört, jedoch kann man sich das sehr gut vorstellen.

Ja, das stimmt schon, das ist ein komisches Bild, aber ich finde auch, es zeigt seine Einsamkeit. Vor ihm hochragend das Schiff mit den Lichtern und er alleine davor.

Das Bild mit dem skelettierten Kopf finde ich schwierig, weil ich den ganzen Kopf in Knochen sehe und nicht nur die dunklen Augenhöhlen. Ich finde es zu dick aufgetragen und nimmt zuviel Aufmerksamkeit.
Okay, ich selbst finde das Bild ganz gut, aber ich denke auf jeden Fall drüber nach, ob es zu aufdringlich ist. Ich warte auch noch mal ab, ob es eventuell weitere Kritiker gibt.

Dieses Hinterhergelaufe bringt so einen unguten Grundton in die Geschichte, in einem Film wäre ab da eine bedrohlich wirkende Musik eingesetzt worden. Und auch die recht beruhigenden Worte, die er dann sagt, täuschen nicht darüber hinweg, dass etwas im Argen liegt.
Genau. Ich glaube, wir Frauen kennen das ganz gut, wenn man sich eh schon etwas unwohl fühlt, wenn man alleine durch eine einsame Gegend läuft, dann sind Schritte hinter einem irgendwie immer ein bisschen gruselig.

Die Therapie hat nicht wirklich genützt: er ist festgefahren im Schmerz des Verlustes; in der Ungerechtigkeit, dass der Fahrer ohne Strafe davon gekommen ist; in der Ungerechtigkeit, dass er jetzt keine Frau und kein Kind mehr hat. Marina hat ihn hängenlassen, jetzt soll sie auch leiden.
Ja, das ist das Thema der Geschichte. Den bewegt nicht nur sein Verlust, sondern auch die Ungerechtigkeit, deshalb vielleicht kann er nicht loslassen, nicht erkennen, dass keiner Schuld hat, dass es hier auch gar nicht um Schuld geht. Er kann auch nicht verzeihen, weder sich selbst noch anderen. Sondern er hat sich richtig festgefräst in seiner Idee, dass alles anders gekommen wäre, hätte es Marina nicht gegeben.

Die Hauptschlagader pocht noch, das Mädel ist also noch am Leben. …
Das ist nun sehr offen, das Ende.

Ja das stimmt, das Ende ist sehr offen. Ich denke aber, man versteht, dass er von seinem eigentlichen Vorhaben abgelassen hat. Eigentlich hatte er das ja so auch nicht wirklich vor, sie umzubringen, sondern er ist in dieser Situation gefangen.

Die Geschichte ist eine ganz andere geworden, wenn die Wurzeln auch die gleichen sind. Weg von diesem erotischen Text hin zu einer erst melancholischen, dann düsteren Stimmung, die dein Text verbreitet. Ich finde es beeindruckend, wie du da deine Story draus gemacht hast. Die Aufgabe zu copywriten hast du meiner Meinung nach sehr gut hinbekommen.
Das hat mich wahnsinnig gefreut. Ich habe wie gesagt mittlerweile einen sehr hohen Respekt vor diesen Copys. Ich weiß nicht wirklich, wie man drangehen soll. Ich selbst tu mich für mich selbst sehr schwer, eine Geschichte in ein anderes Genre zu übertragen oder so. Ich habe da zu sehr Angst, die Geschichte nur nachzuerzählen. Ich bin auch erstaunt, wie gut andere sowas hinkriegen. Das ist teilweise sehr einfallsreich und versiert. Bei mir endet es eher immer in einem Perspektivwechsel.

Einzig die zeitliche Einordnung der ersten 3-4 Abschnitte fand ich anfangs etwas mühsam, ich las das dreimal durch, bis ich das richtig verortet hatte und bin mir immer noch nicht 100% sicher, ob ich es so verstehe, wie du es gemeint hast.
Wieselmaus schreibt sowas Ähnliches. Ich prüfe natürlich nochmal nach und überdenke. Eine winzige Änderung hatte ich schon mal vorgenommen. Aber ob die jetzt vor oder nach deinem Lesen war, keine Ahnung. Die Handlung läuft in Sprüngen ab, da muss man beim Lesen sehr konzentriert sein, das stimmt schon.

Von dieser Irritation abgesehen ein sehr eindrücklicher Text, der hängen bleibt. Mit interessanten Bildern und sehr guten Beschreibungen von Szenerien, in denen du mich als Leser Absatz für Absatz mehr reingezogen hast.
Auf dieses Urteil bin ich saustolz.
Ich freue mich.
Noch ein schönes Wochenende für dich, liebe Grüße an dich, bernadette,, lass es dir gut gehen


Und hallo, lieber Isegrims,

Ich weiß ja von dir, dass dich viele Dinge umtreiben, nicht zuletzt real life.
Allerdings. Ich lerne ordentlich viel für den Cajonunterricht. Und spielen, also nicht nur lernen, das will ich natürlich auch. Ach und dann gibts natürlich noch so viel mehr, was man tun will. Und überhaupt. Also an einem Mangel an Beschäftigung oder Interessen- und Zeitvertreib leide ich nun wirklich nicht. Eher im Gegenteil. :)

Das Handwerk beherrscht du, so viel steht fest. Die Satzperioden fließen, die Novak'sche Suspense funktioniert, Spannung entsteht von Anfang an. Du schreibst auf sehr hohem Niveau, schaffst bewusst oder instinktiv genügend Zwichenräume, damit der Leser sich die eigne Version des Erzählten zurechtlegen kann. Die Erzälstimme führt unaufdringlich durch den Text, was soll ich sagen: ein sehr guter Text.
Das ist doch schön. Klingt eigentlich gut. Und trotzdem wusste ich, da kommt noch was.


Aber, aber ... - mir fehlt ein wenig Nachhaltigkeit.
da hab ich erst mal nachdenken müssen. Ich weiß nicht, ich hab mit diesem Begriff Schwierigkeiten. Es ist doch eigentlich ein ökonomisch-ökologisches Konzept, was du da nennst. Und das soll ich auf Geschichten anwenden? Natürlich freut es einen, wenn jemand schreibt, dass der eigene Text eindrücklich ist. Oder in Erinnerung bleiben wird. Und vielleicht meinst du das auch einfach nur. Naja und da geht es dem einen Leser so und dem anderen so. Darüber lässt sich ja nicht diskutieren. Aber der Begriff "Nachhaltigkeit eines Textes" der kommt so scheinbar objektiv daher. Und als anzustrebendes Ziel in Abgrenzung zur Unterhaltung. Ich weiß nicht, ich mag das nicht. Ich schreibe, weil es mir gefällt und wenn es dann noch jemand anderem gefällt, umso besser. Und wenn es anderen nicht gefällt, dann hat der Pech gehabt und ich, was diesen Leser betrifft, eben auch. Es sei denn, der Leser kennt einen Grund, warum an der Geschichte was fehlt und was genau an der Geschichte fehlt. Dann kann man überlegen, ob er was ändern will oder nicht. Aber eine abstrakte Nachhaltigkeit???
Ich hab richtig überlegen müssen, ob das überhaupt ein Ziel ist, das ich erreichen möchte.

Ganz zu greifen bekomme ich den Text auf der Intentionsebene nicht. Vielleicht schürfe ich auch zu tief und sollte mich einfach unterhalten fühlen.
Der Text hat die Intention, die in ihm drinsteckt. Nicht mehr, nicht weniger. Eine Geschichte über einen Mann, der mit einem schlimmen Ereignis nicht zurecht kommt und Schuldige sucht. Ich weiß nicht, ich will nicht wiederholen, was die Geschichte erzählt. Da muss man eigentlich nicht tief schürfen, um die Intention dieser Geschichte zu erfassen. Die spricht in meinen Augen für sich selbst. Aber das muss sich ja nicht für jeden so anfühlen.
Und wenn es dir nicht so geht, dann ist es, wie es ist.


Ich blickte in ihr gerötetes Gesicht und sagte: „Ich steh nicht auf Hinrichtungen.“
das ist schien satirisch gemeint, oder=?

Wieso satirisch? Der sagt das so, wie er es meint, er steht nicht auf diese merkwürdigen öffentlichen Aufführungen, bei denen an menschliche Körper erinnern sollende Strohpuppen umgebracht werden.

Wieder kicherten die Leute, einige klatschten, sie mochten diesen kleinen Flirt.
die Szene finde ich übertrieben, warum sollte die Zuschauer klatschen, überhaupt wundere ich mich, warum die überhaupt mitbekommen, was geredet wird.

An dieser Szene werde ich nichts ändern. Ich kann noch mal nachschauen, ob das ein oder andere Wort zuviel oder zu wenig ist, aber ich fürchte, dich stört eher das Prinzipielle. Aber warum sollen die Leute denn nicht mitkriegen, was am Stand geredet wird, der mandelMeik ist bekannt, die Leute kommen zum Teil von weither, um seine Mandeln zu kaufen. Da stehen sie schon mal gedrängt und hören zu und nehmen teil. Davon abgesehen nehme ich da relativ direkt Bezug auf den Originaltext.
Aber auch von dem abgesehen, bist du manchmal auf dem Schillermarkt bei uns in Frankfurt? Kennst du den Schinkenbecker? Der macht allfreitaglich eine regelrechte Performance beim Verkauf seiner Schinken und seine Zuschauer danken es ihm und dem jeweiligen armen Tropf, den er gerade bedient durch Einwürfe, lachen etc. Das ist also gar nicht so selten. Man muss ohnehin warten, bis man endlich drankommt und kaufen kann und in der Zeit kriegst du alles mit. Ob du willst oder nicht. Und horchst und lachst oder auch nicht.

Die Bewegungen langsam und satt. Eine dralle, frisch gefickte Katze. Als sie mich sah, verzog sie das Gesicht. Mit einer wegwerfenden Geste stieg sie in ein Auto.
hübsches Bild, aber das eine oder andere Adjektiv lkannst du one Verlust streichen

Nein, kann ich nicht. Ja, hier gibt es viele Adjektive. Mehr, als ich sie sonst gebrauche. Aber hier färben sie erstens inhaltlich die Atmosphäre. Auch und erst recht in in der bestimmten Fülle. Und zweitens: Du darfst den Rhythmus der Silben nicht vergessen, die Vokalgleichungen mit a und i tragen hier sehr zur Athmosphäre bei. Ich hab das Gefühl, wenn ich hier was wegließe, wär das gesamte Bild futsch.

Augenstern, ich habe den Ausdruck schon gehört, der nutzt sich aber exponentiell ab, je öfter das Narrativ verwendet wird.
Hä? Das ist ein Wort und kein Narrativ. Aber davon abgesehen, ja, man könnte ein anderes Wort finden, ich denke auch natürlich drüber nach, aber in dem Zusammenhang finde ich es schon passend. Ich finde manchmal Wortneuschöpfungen oder die Benutzung von Wörtern in einem anderen Zusammenhang klasse, hier eher nicht, ich will ja den Kosenamen eines stinknormalen Vaters für seine geliebte Tochter ausdrücken. Das muss was nachvollziehbares sein, und nichts völlig gewöhnliches wie „Schatz“ oder so. Und Augenstern finde ich, passt da. Trotzdem, ich denke natürlich nach, ob ich was Vergleichbares, Selteneres finde.

ich dachte immer, dass PolizistenTodesnachrichten nicht am Telefon, anzusprechen.
Ich bitte dich, dazu auch noch mal in die Antwort an bernadette reinzuschauen. Da habe ich mich ausführlicher geäußert. Ich schreib ja nicht, dass die Polizei angerufen und den Tod mitgeteilt hat. Du hast Recht, dass das nicht per Telefon gemacht wird, aber wenn du genau liest, steht das ja auch gar nicht da. Da will jemand mit ihm in Kontakt kommen und sagt etwas, was nichts Gutes verheißt, das hört man an der Stimme und er befürchtet ja eh schon die ganze Zeit, dass was passiert ist. Dann die schreckliche Nacht, da kann man schon mal kurz wegtaumeln. Ich habe die Zeitabläufe ab diesem Anruf, der ihn vielleicht nur davon informieren will, dass seine Tochter einen Unfall hatte und er bitte ins Krankenhaus möge, ausgespart. Ganz bewusst. Ich will diesen ganzen Zeitabschnitt aussparen. Es spielt ja keine wesentliche Rolle für die eigentliche Geschichte, wie die Nachricht über den Tod der Tochter an ihn herangetragen wird. Sondern es ist sein Umgang mit dem Verlust, sein Gefühl eigenerSchuld und der Marinas, die ihn treibt. Das ist der Schwerpunkt der Geschichte. Ich schrieb an bernadette, dass man das natürlich noch anders machen kann, noch getellter beispielsweise. Ich habe diesen Weg gewählt, bisher bin ich damit noch zufrieden. Vielleicht komme ich ja noch auf eine andere Idee. Oder du hast eine

Das Ende habe ich noch ein ganz ganz kleines bisschen abgeändert. Es ist sehr offen, das stimmt. Aber das gefällt mir ja gerade so. Und so ganz offen ist es eigentlich auch wieder nicht.
Lieber Isegrims, vielen Dank für dein Lesen und deine Eindrücke.
Genieße den Rest des Wochenendes. Übermorgen wirds kalt.
Liebe Grüße Novak

 

Haha, @Novak

Deine Geschichte habe ich gerne gelesen, obwohl ich musste wie ein Schießhund.
Huch, das ist ja mal ein seltenes Kompliment.

Da habe ich mich bei dem Satz so konzentriert, dass ich mich nicht beim Wort "Schießhund" verschreibe, dass ich doch tatsächlich das Wort "aufpassen" vergessen habe. "aufpassen", aufpassen musste ich. (Ich korrigiere das oben mal, ist ja peinlich.)

Ehrlich gesagt, ich bin nämlich echt super happy, dass es mir anscheinend gelungen ist, Deine Geschichte passend zusammenzufassen. Dafür habe ich wirklich eine Weile gebraucht. Aber es hat Spaß gemacht. Das ist, was ich sagen wollte. :lol:

Ich wollte es bisher nicht zugeben, aber ich hab auch noch so eine Kuscheltierbande.

Und so verrückt wie mein Freund und ich ist sicher niemand mit der Kuscheltierbande. Eben stromerte der Freund durch die Wohnung und hat dabei den Löwen gebürstet. :D Das hat das Vieh sich nämlich heute Morgen gewünscht. Und ja, der Löwe hat natürlich eine eigene Bürste nur für seine Mähne.

Cheers,
Maria

 

Und ja, der Löwe hat natürlich eine eigene Bürste nur für seine Mähne.
Nee, das toppt mich, bei mir sitzen sie nur in einem kleinen Kinderwagen, aber Körperpflege? Die Kerle kommen in die Waschmaschine.

 

Liebe Novak,

dass du den Text so energisch verteidigst, ist ein gutes Zeichen. Vielleicht können wir in Zukunft wieder mehr von dir lesen. :Pfeif:

Aber der Begriff "Nachhaltigkeit eines Textes" der kommt so scheinbar objektiv daher. Und als anzustrebendes Ziel in Abgrenzung zur Unterhaltung. Ich weiß nicht, ich mag das nicht. Ich schreibe, weil es mir gefällt und wenn es dann noch jemand anderem gefällt, umso besser.
für mich ergibt sich da keine Grenze zur Unterhaltung, eher zur Massenliteratru, die mir als Leser keinen Moment des Staunens oder der Erkenntnis mitgibt, Ungefähr das wollte ich sagen.

Aber eine abstrakte Nachhaltigkeit???
Ich hab richtig überlegen müssen, ob das überhaupt ein Ziel ist, das ich erreichen möchte.
ich meine ja nichts Artifizielles. Ob das als Ziel formuliert werden kann, spielt doch keine Rolle, eher stellt sich die Frage, was man bewirken möchte.

Aber auch von dem abgesehen, bist du manchmal auf dem Schillermarkt bei uns in Frankfurt? Kennst du den Schinkenbecker? Der macht allfreitaglich eine regelrechte Performance beim Verkauf seiner Schinken und seine Zuschauer danken es ihm und dem jeweiligen armen Tropf, den er gerade bedient durch Einwürfe, lachen etc.
ja, den kenne ich, Aus der Szene geht aber mMn nicht diese besondre Konstellation nicht hervor, da denke ich an die Wursttheke beim Rewe.

Und zweitens: Du darfst den Rhythmus der Silben nicht vergessen, die Vokalgleichungen mit a und i tragen hier sehr zur Athmosphäre bei. Ich hab das Gefühl, wenn ich hier was wegließe, wär das gesamte Bild futsch.
überzeigt: ich habe den Satz gerade laut gelesen.

ich will ja den Kosenamen eines stinknormalen Vaters für seine geliebte Tochter ausdrücken. Das muss was nachvollziehbares sein, und nichts völlig gewöhnliches wie „Schatz“ oder so. Und Augenstern finde ich, passt da.
Vielleicht mag ich den Ausdruck einfach nicht

Ich will diesen ganzen Zeitabschnitt aussparen. Es spielt ja keine wesentliche Rolle für die eigentliche Geschichte, wie die Nachricht über den Tod der Tochter an ihn herangetragen wird. Sondern es ist sein Umgang mit dem Verlust, sein Gefühl eigenerSchuld und der Marinas, die ihn treibt. Das ist der Schwerpunkt der Geschichte. Ich schrieb an bernadette, dass man das natürlich noch anders machen kann, noch getellter beispielsweise.
du könntest die nackte Information nennen, in einem Halbsatz, mich hat ja nur der Anruf etwas verwirrt

So, jetzt mal was trinken
Wünsche dir einen schönen Abend und eine Menge Cajun (wie heißt das gleich?)-Vergnügen
Isegrims

 

Hallo zurück, lieber @Isegrims,

dass du den Text so energisch verteidigst, ist ein gutes Zeichen. Vielleicht können wir in Zukunft wieder mehr von dir lesen.
Falsch gedacht. Ich diskutier nur gerne.

Für mich ergibt sich da keine Grenze zur Unterhaltung, eher zur Massenliteratru, die mir als Leser keinen Moment des Staunens oder der Erkenntnis mitgibt, Ungefähr das wollte ich sagen.
Quod erat demonstrandum, Ise. Genau darum ging es. Da bekommt ein Geschmacksurteil etwas scheinobjektiv Wertendes. Auch was die Wirkung eines Textes betrifft, muss man da aus meiner Sicht aufpassen.
Natürlich kann man über einen Text reden, über seine Literarizität, Kriterien am Text festmachen. Aber der Begriff Nachhaltigkeit, wie du ihn gebraucht hattest, vermischt das alles mAn zu sehr. Aber da gehen wir jetzt weit weit über die Mandelgeschichte und über meine persönlichen Intentionen oder gar Wirkabsichten hinaus.

Aus der Szene geht aber mMn nicht diese besondre Konstellation nicht hervor, da denke ich an die Wursttheke beim Rewe.
Beim Rewe gibt es bei dir an der Wursttheke also Kupferkessel und Karamellmasse? Und eine Schlange Menschen, die von weither kommen? Aber nur, wenn davor Ise steht mit einem Kringel Fleischwurst um den Hals. :D

du könntest die nackte Information nennen, in einem Halbsatz, mich hat ja nur der Anruf etwas verwirrt
Ja, das hab ich auch schon überlegt nach deinem und bernadettes Unbehagen, aber bisher gefällt mir das alles noch nicht im Vergleich zu dem, wie ich es jetzt gemacht habe.

So, jetzt mal was trinken
Wünsche dir einen schönen Abend und eine Menge Cajun (wie heißt das gleich?)-Vergnügen
Aber nein, Cajon heißt die Kloppkiste
Dir einen schönen Tag und viele Grüße
Novak

 

Liebe @Novak,
wie schön, auch mal etwas von dir zu kommentieren! Ich glaube, deine letzte Geschichte (vor dieser) stammt aus der Zeit, als ich gerade neu ins Forum gekommen bin. Von deinen Sachen habe ich inzwischen schon einige gelesen und habe mich jetzt richtig gefreut, dass mal Nachschub kommt. :)

Auf dem Marktplatz verbrannten sie den Winter.
Schöner Einstieg. Es hat einen Touch von Hexenverbrennung oder Mittelalter, jedenfalls habe ich kurz so eine Assoziation gehabt, und bis auf wenige, moderne Details wie Handys könnte deine Geschichte auch zu jeder anderen Zeit spielen. Auch durch den ruhigen, schlichten Erzählton, da ist nichts hektisch oder gehetzt.
„Ich steh nicht auf Hinrichtungen.“
Mit diesem Wissen im Hinterkopf hoffe ich am Ende der Geschichte, dass er nicht endgültig zudrückt ...
Und als habe der Kranz sie geboren, stand dort, wo er niederging, Marina.
Das zum Beispiel ist wunderschön, und es klingt in positivem Sinne retro.
hin und wieder blickte sie zurück, als wollte sie, dass man ihr folgte.
Gefällt mir außerordentlich gut!
zwängte mich an zwei überdimensionalen Schmetterlingen vorbei,
Hier liest sich das für mich etwas kompliziert. Bzw. habe ich beim Lesen die „zwei“ immer mit „...dimensionalen“ verwurschtelt, und dann irgendwas mit zweidimensional draus gemacht. Vielleicht kannst du die „zwei“ auch einfach weglassen?
und stellte mir vor, wie sich aus der Fassade des Hauses, an dem sie gerade vorbeilief, ein Stein löste, ein zweiter, dritter, immer mehr, eine herabstürzende Lawine aus Mauerbrocken, bis die Wand endgültig brach und Marina unter sich begrub.
Auch eine meiner Lieblingsstellen! Wobei ich auf „immer mehr“ verzichten könnte.
Im WK-Editierfenster, Menüzeile, 6. Stelle von rechts ist die Option „Ausrichtung“. Damit bekommst du die Sternchen in die Mitte der Zeile.
Mitten im Gastraum stand ein junger Mann und wischte die Tische. Vor ihm meine Mandelfrau. Sie konnte mich nicht bemerkt haben, so sehr starrte sie ihn an. „Na, ein Bier?“, fragte er. Während er zapfte, schob er die Ärmel seines Hemdes zurück,
Hier hat mich irritiert, dass der junge Mann erst mitten im Gastraum Tische wischt, dann aber übergangslos zapft, also ja wohl hinter dem Tresen steht. Dort könnte er mMn auch gleich stehen und Gläser polieren oder den Tresen abwischen etc.
Durch das Fenster drang warmes Licht, auf dem Glas befand sich eine Schliere wie der Fingerabdruck eines Riesen.
Apropos Glas: Hier hatte ich wirklich erst an ein Trinkglas gedacht. Auch wenn der Prot jetzt wieder draußen ist. Vielleicht besser „Scheibe“. Hm, klingt doof mit „Schliere“ zusammen, auch der Rhythmus wäre anders. Aber ich wollte es trotzdem mal gesagt haben. :shy:
Ich musste Elli abholen, meine Tochter. In Gedanken hörte ich sie sagen: „Komm, mach hin, Mama ist schon so lange tot.
Puh, ich glaube, das hast du nicht so gemeint, das liegt an mir - aber ich habe es tatsächlich zuerst so gelesen: Mach hin, hol mich ab, Mama kann ja nicht kommen, weil sie schon so lange tot ist … :sad:
Die Bewegungen langsam und satt. Eine dralle, frisch gefickte Katze.
Drall hast du Marina zwar nicht beschrieben, sondern klein und zart, es ist aber trotzdem ein wunderbares Bild!
Eine sehr junge Frau, vielleicht achtzehn, ungefähr so alt wie … ich stockte, für einen Moment hatte ich das Gefühl zu ersticken
Nach den drei Pünktchen mMn groß weiterschreiben?
So klangen eine Stimme, die noch alles vor sich hatten.
Hier stimmt einiges nicht.
alles krachte zu Boden, der Elch kollerte in eine Ecke
“kollern“ ist ein eher kindliches Wort, das mir in dem Zusammenhang nicht zum sonstigen Sound der Geschichte passt. Einfach „rollen“?
Der Geruch war würzig, voller Röststoffe, vanillig und buttrig, aber er legte sich dir auf die Brust und wenn man Luft holte, biss es.
dir und man zusammen ist mMn nicht konsequent
ich roch sie, wenn ich Marina ausspähte wie ein krankes Wild, das den Wald verseuchte,
auch Oberklasse :thumbsup:
Ja, so war das mit dem Leben, dachte ich, es versetzt dir einen Schlag und alles ist anders. Du kommst nie wieder hoch. Du brennst. Dein Leben lang.
Schöner Bogen zum Beginn der Geschichte
der Schein des Streichholzes tauchte ihre Augen für einen Moment in dunkle Schatten, ein zu Lebzeiten skelettierter Kopf.
Auch 'ne schöne Beobachtung, manchmal sieht das tatsächlich so aus!
umklammerte weiter ihren Kopf, quetschte ihn in den Dreck, als müsste ich eine Ratte bändigen.
Sehr eindringlich ...
Von weither wehte Musik herüber, hatte ich das Lied früher gehört?
Mir fehlt vom Gefühl ein „schon (mal)“ zwischen Lied und früher.
Hing da wie eine riesige gelbliche Tablette, von der ein Stück abgebrochen war, schief, matt, unfertig.
Auch klasse, wobei mich das „unfertig“ stört, weil: Wenn was abgebrochen ist, ist etwas ja eher kaputt als noch nicht fertig
Noch einmal strich ich über die Ader, ganz vorsichtig. Dann erhob ich mich und ging davon.
Super. In diesem schlichten, letzten Satz steckt noch einmal so viel drin, die Quintessenz der Geschicht sozusagen, jedenfalls denke ich, dass du es auch so gemeint hast.
Die großartige Vorlage von @Chutney habe ich natürlich auch gelesen, und ich finde es wirklich spannend zu sehen, welche verschiedenen Möglichkeiten es gibt, an ein CW ranzugehen. Deine Variante mit der Nebenfigur empfinde ich jedenfalls auch als sehr gelungen.
Viele Grüße und ein schönes Wochenende wünscht dir Raindog

 

Liebe @Raindog,

da kommt ja noch was! :bounce: Und dann auch noch so ein schöner, hilfreicher Kommentar.
Erst mal will ich mich bei dir entschuldigen. Ich hab wenig Zeit gehabt und zu der wenigen Zeit kam dann auch noch Verpeiltheit dazu. Das ist eine explosive Mischung. Also entschuldige, das darf trotzdem nicht vorkommen. Und schon gar nicht bei einer meiner Lieblingsautorinnen. ;)

wie schön, auch mal etwas von dir zu kommentieren! Ich glaube, deine letzte Geschichte (vor dieser) stammt aus der Zeit, als ich gerade neu ins Forum gekommen bin. Von deinen Sachen habe ich inzwischen schon einige gelesen und habe mich jetzt richtig gefreut, dass mal Nachschub kommt.
Oh, ja, das ist lange her, kann sein, dass du da gerade auf die Seite gekommen bist. Beim vorletzten Copy war ich noch mal dabei, sonst Funkstille. Ich brauche wahnsinnig viel Zeit und Muße und Ruhe, um schreiben zu können. Mir fällt auch nicht unbedingt immer was ein, von daher war so ein Copy ganz gut, zu gucken, dass man nicht eingerostet ist. Und Mensch, das bedeutet mir viel, dass dir der Nachschub mundet.

Schöner Einstieg. Es hat einen Touch von Hexenverbrennung
Ja, das fand ich auch.

bis auf wenige, moderne Details wie Handys könnte deine Geschichte auch zu jeder anderen Zeit spielen. Auch durch den ruhigen, schlichten Erzählton, da ist nichts hektisch oder gehetzt.
Das kann gut sein, ist mir so noch nicht aufgefallen, aber ja, kann sein, ich denke, das läuft eher unbewusst ab. Ich hatte das jetzt nicht geplant oder so, dass man das zeitlich nicht so ganz genau fixieren muss. Halt nur Neuzeit wegen Handy, sonst nichts. Und hektische Geschichten, gehetzte Tonfälle, das gibts schon so oft, ich mags lieber, wenn der Tonfall innerhalb der Geschichte je nach Situation wechselt. Also zum Beispiel eine actionreichere Szene durch entsprechende Satzstrukturen unterstützt.

Ich geh deine Anmerkungen mal durch. Was ich nicht erwähne, arbeite ich eh ein, weils selbstverständlich ist.

„Ich steh nicht auf Hinrichtungen.“
Mit diesem Wissen im Hinterkopf hoffe ich am Ende der Geschichte, dass er nicht endgültig zudrückt ...
Ja genau, darauf hab ich gesetzt, dass man das vielleicht im Hinterkopf behält und ihn nicht für einen Psychopathen hält, sondern für jmd, der in einer bestimmten Situation durchdreht oder beinahe durchdreht.

Und als habe der Kranz sie geboren, stand dort, wo er niederging, Marina.
Das zum Beispiel ist wunderschön, und es klingt in positivem Sinne retro.
Retro, das klingt schön. Ist ja jetzt wieder modern, retro, da bin ich also eigentlich up to date. Wunderbar. Oder ist retro etwa schon wieder retro????

Hier liest sich das für mich etwas kompliziert. Bzw. habe ich beim Lesen die „zwei“ immer mit „...dimensionalen“ verwurschtelt, (…) Vielleicht kannst du die „zwei“ auch einfach weglassen?
Mach ich.

und stellte mir vor, wie sich aus der Fassade des Hauses, an dem sie gerade vorbeilief, ein Stein löste, ein zweiter, dritter, immer mehr, eine herabstürzende Lawine aus Mauerbrocken, bis die Wand endgültig brach und Marina unter sich begrub.
Auch eine meiner Lieblingsstellen! Wobei ich auf „immer mehr“ verzichten könnte.
Schau ich mir an, kann gut sein, dass ich es mache, wie du rätst.

Im WK-Editierfenster, Menüzeile, 6. Stelle von rechts ist die Option „Ausrichtung“. Damit bekommst du die Sternchen in die Mitte der Zeile.
Oh Mann, jetzt hab ich es, die ganze Zeit hab ich mich erfolgreich drumrumgedrückt. Ich bin nämlich eigentlich zu faul. Ich will das nicht machen. :D

Hier hat mich irritiert, dass der junge Mann erst mitten im Gastraum Tische wischt, dann aber übergangslos zapft, also ja wohl hinter dem Tresen steht. Dort könnte er mMn auch gleich stehen und Gläser polieren oder den Tresen abwischen etc.
Ist ja so, dass ich da auf Chutneys Geschichte Bezug nehme und bei ihr steht der Junge erst mal mitten in Gastraum. So habe ich es jedenfalls in Erinnerung. Ich guck noch mal. Wie auch immer, ich kann ja auch eine kleine Zwischenbemerkung einfließen lassen.

Apropos Glas: Hier hatte ich wirklich erst an ein Trinkglas gedacht. Auch wenn der Prot jetzt wieder draußen ist. Vielleicht besser „Scheibe“. Hm, klingt doof mit „Schliere“ zusammen, auch der Rhythmus wäre anders. Aber ich wollte es trotzdem mal gesagt haben.
Hehe, nett anzuschauen, wie du dich um Kopf und Kragen redest. :D Jetzt im Ernst, ich schau mal nach, vielleicht fällt mir ja was ein.

Puh, ich glaube, das hast du nicht so gemeint, das liegt an mir - aber ich habe es tatsächlich zuerst so gelesen: Mach hin, hol mich ab, Mama kann ja nicht kommen, weil sie schon so lange tot ist …
Das liegt an dir. Ganz klar. :D
Jetzt im Ernst. Das ist so typisch hessisch, das kann schon sein, dass die Formulierung dadurch etwas eigen ist. Ich gucke.

Drall hast du Marina zwar nicht beschrieben, sondern klein und zart, es ist aber trotzdem ein wunderbares Bild!
Als klein habe ich sie beschrieben mit einem schmalen Rücken. Ich finde, man kann dann trotzdem noch drall sein, besonders, wenn man sehr zufrieden ist. Mein Bild geht ja so ein bisschen darauf, dass man der Frau ansieht, dass sie ein Schäferstündchen hatte.

“kollern“ ist ein eher kindliches Wort, das mir in dem Zusammenhang nicht zum sonstigen Sound der Geschichte passt. Einfach „rollen“?
mach ich

dir und man zusammen ist mMn nicht konsequent
Jaahhhh, weiß ich nicht, bin nicht sicher. Ich schau mal.

der Schein des Streichholzes tauchte ihre Augen für einen Moment in dunkle Schatten, ein zu Lebzeiten skelettierter Kopf.
Auch 'ne schöne Beobachtung, manchmal sieht das tatsächlich so aus!
Gut, dass du das sagst. Diese Formulierung war kritisiert worden, ich fand das aber ganz gut, dann geht das vielleicht doch mehr in Richtung Geschmackssache, und es bestätigt sich für mich, dass ich die Stelle ruhig so lassen kann.

Von weither wehte Musik herüber, hatte ich das Lied früher gehört?
Mir fehlt vom Gefühl ein „schon (mal)“ zwischen Lied und früher.
Ich hab das eigentlich bewusst weggelassen. Wollte ausdrücken, dass er das Lied kennt, es stammt aus einer früheren, glücklicheren Zeit. Er aber noch unsicher ist, ob er dieser Wahrnehmung trauen kann. Also es soll grad nicht so ein lapidares "hab ich das schon mal gehört ja nein, möglich ist alles" sein. Sollte mehr sein, deswegen hab ich das so gemacht.

Hing da wie eine riesige gelbliche Tablette, von der ein Stück abgebrochen war, schief, matt, unfertig.Auch klasse, wobei mich das „unfertig“ stört, weil: Wenn was abgebrochen ist, ist etwas ja eher kaputt als noch nicht fertig
Ja, das stimmt, das weiß ich, eigentlich ist es dann kaputt und nicht unfertig. Ich habs trotzdem extra gemacht. Diese Szene in der Unterführung ist ja eine Spannungssteigerung und als er dann diese pochende kleine Ader wahrnimmt, kommt die Wende, er drückt nicht mehr zu, obwohl er vorher auf 180 ist. Das Wahrnehmen der Musik, der Anblick des Mondes, das ist wie ein Beginn. In aller Kaputtheit, aber ein Beginn. Deswegen hab ich unfertig gewählt. Also wenn jetzt noch eine ganze Schar tapferer Krieger kommt und sich beschwert, kanns sein, dass ich doch einknicke, aber im Moment bin ich zu verliebt in die Idee.

In diesem schlichten, letzten Satz steckt noch einmal so viel drin, die Quintessenz der Geschicht sozusagen, jedenfalls denke ich, dass du es auch so gemeint hast.
So habe ich es gemeint.

Deine Variante mit der Nebenfigur empfinde ich jedenfalls auch als sehr gelungen.
He, beim nächsten Mal bist du dabei, dann erfindest du die nächste Copyvariante. :)

Liebe Raindog, vielen Dank für dein Lesen, für die Tipps, die Genauigkeit. Hast mir sehr geholfen, der Geschichte noch die letzten unebenen Restchen abzufeilen.

Bis dann.
Novak

 

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