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Ein falscher Zug

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28.11.2003
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Ein falscher Zug

Stellen Sie sich einen durchschnittlich großen, durchschnittlich attraktiven Durchschnittsmenschen vor. Das ist Alfred. Alfred arbeitet in einem großen Unternehmen in der Aussichtslose-Schreibtischjob-Abteilung.
Während Leute ihrer Arbeit nachgehen und zahllose Autos die Luft verpesten macht Alfred Mittagspause. Doch das ist keine gewöhnliche Durchschnittsmittagspause. Diese, ist die letzte die Alfred in seinem Leben noch machen wird. Und er weiß das.
Mit einer unwahrscheinlichen Zielstrebigkeit (vergleichbar mit der eine Frau sich ihren Traummann angelt, wenn sie ihn mal gefunden hat) und einer beunruhigenden Gelassenheit schreitet unser ganz normaler Bürokaufmann auf den Eingang der NNN, der nationalsten Nationalbank der Nation, zu. Könnten wir seine Gedanken lesen würden wir wahrscheinlich etwas vernehmen das dem hier gleichkäme: 34 Jahre! 34 Jahre Demütigungen! Mein ganzes Leben hab ich mich herumschubsen lassen. Egal ob die Kinder in der Schule, als ich noch klein war, oder meine Frau. Oder dieser Snob beim Arbeitsamt, der mir extra die Arbeit mit den geringsten Aufstiegschancen herausgepickt und sie mir, mit einem Grinsen auf den Lippen, bei dem man den Eindruck bekam er hätte gerade seinen ersten Orgasmus gehabt, zuteilte. Aber ich habe mich nicht unterkriegen lassen. Ich habe weitergemacht, und durchgehalten. Und heute ist es so weit. Ich werde endlich meine Rache an dieser grausamen Gesellschaft genießen können. 2 ganze Jahre habe ich mich auf diesen Moment vorbereitet
Entschlossenen Schrittes tritt er durch eine Drehtür in einen kleinen Vorraum. Hinter diesem Vorraum befindet sich ein größerer Raum der den Eindruck erweckte, man befände sich auf einem Schachbrett. Der Raum ist quadratisch angelegt und die exakt 64 schwarz-weißen Fließen welche den Boden zieren waren ebenfalls wie auf einem Schachbrett angeordnet. Diese beunruhigende Gelassenheit und die so unerschütterliche Sicherheit in Alfreds Gesicht weichen blitzartig kaltem Schweiß und ungesund wirkender Blässe. Es beginnt ein mentaler Wettstreit zwischen Vernunft und dem kläglichen Rest Alfreds, angeführt von einem Monstrum, welches den Namen Stolz trägt. Anfangs scheint es, als hätte die Vernunft bereits gesiegt, doch nach 3-4 mental-verbalen Kinnhaken von Alfreds Stolz, gibt sich die Vernunft geschlagen, der gesunde Menschenverstand verabschiedet sich ebenfalls und beide verschanzen sich im dunkelsten Eck seines Bewusstseins.
Kaum merkbar aber doch schleichen sich immer wieder dieselben Worte von seinen Stimmbändern aus, über die Lippen in die Freiheit. „1c! Vergiss 1c bloß nicht!“ flüstert unser psychisch durchschnittlich stabiles Nervenbündel vor sich hin ohne es überhaupt zu merken. Eine Person welche in der Kunst des Gedankenlesens etwas geübter ist als wir, hätte diese Flut von Gedanken, welche gerade auf Alfred einstürzt, sicher nicht unbemerkt an sich vorüber ziehen lassen. *Beruhige dich. Cool bleiben. Es wird alles so laufen wie du’s geplant hast. Du hast dich 2 Jahre lang vorbereitet, jeden Abend deine Strategie mit Hilfe eines Schachbrettes perfektioniert und sogar deine Frau verloren und deine Familie aufgegeben. Alles nur für diesen Tag. Aber vergiss 1c nicht wieder. TU ES! Und 1c nicht vergessen!
Da war sie wieder. Alfred hat wieder diese Entschlossenheit in seinen Augen, vor der selbst ein halb verhungerter Löwe flüchten würde, um sich noch mal zu überlegen ob es nicht doch gesünder für ihn wäre einfach im Gras zu liegen und zu verhungern. Zielstrebig setzt er einen Fuß vor den andern, erreicht einen kleinen Kasten und entfernt mit einem einzigen Schuss das Alarmsystem. Leute schreien auf, schmeißen sich zu Boden und werfen ihre Hände hinter ihre Köpfe. Der oberste Bankangestellte versucht den Alarm auszulösen. Jedoch ohne großen Erfolg. Als Alfred die Schreie vernahm und hörte wie kleine Kinder losweinten durchdrang ihn ein außergewöhnlich starkes Gefühl der Zufriedenheit. Nachdem er dieses Gefühl einige kurze Sekunden genossen hatte, erinnert er sich daran wo er ist, und was er tut und richtet seine Aufmerksamkeit auf einen kleinen, etwas fester gebauten Mann, der gerade versucht, so unauffällig wie es ihm nur möglich ist, seine Geldbörse in seiner Unterhose zu verstauen. Anschließend bewegt Alfred sich gezielt auf Schalter Nr.4 zu. Denn das Sicherheitssystem ist ein amerikanisches und nicht gerade sehr ausgereift. Er hatte sich in den lezten 2 Jahren genau ausgerechnet wie er gehen muss um den Kameras kein verwendbares Beweisfoto zu liefern und an Schalter 4 war das am einfachsten. Der Chef der Bank, dessen Platz sich am anderen Ende des Raumes befindet hockt hinter seinem Schreibtisch und ist den Tränen nahe. Während sich unser kleiner Millionär in spe auf den Kassier vor sich konzentriert, der gerade versucht so viel Geld wie nur möglich in einen großen Reisekoffer zu stopfen, hechtet ein höherrangiger Angestellter, hinter den Tisch des Bankleiters.
„Warum schlagen sie denn nicht Alarm, Chef?“ fragt der Mann im Armani Anzug verwundert.
Der Vorgesetzte dieses Jungen Mannes sitzt mit gesenktem Kopf da und antwortet ohne aufzusehen:„ Weil dieser Verrückte die Alarmanlage zerschossen hat.“
„Und was ist mit …“
Ein lauter Knall. Das Echo des Schusses tanzt durch den Raum. Der Oberbänker geht langsamen Schrittes und mit erhobenen Händen, auf den Schalter zu, von dem Alfred gerade dabei ist ein paar Milliarden abzuheben. Von dieser Aktion verunsichert warnt er den alten Mann:“Wenn du irgendeinen Unsinn vorhast vergiss es! Sonst muss ich zu Methoden greifen, die dir nicht gefallen werden.“
„Ich bin nur vorgekommen um zu fragen ob wir noch irgendwas für Sie tun können. Brauchen sie noch eine zusätzliche Tasche für das Geld?“ fragt er den bösen Bankräuber der von dieser Aktion total überrascht ist. Total verwirrt sieht sich der zukünftige Multimilliardär um und beantwortet die ihm gestellte Frage mit einem verunsicherten „Ja, bitte!“ Wenige Minuten später hört der 34 jährige schnell näher kommende Sirenen. „Der stille Alarm! Ich hab 1c vergessen. Ich hab vergessen den stillen Alarm auszuschalten“ Er schnappt sich den Koffer, stürmt aus der Bank, schlägt 2 Polizisten mit dem Koffer K.O. und wird letztendlich von 4 weiteren Gesetzeshütern gestoppt.
SCHACH MATT!

** Dieser mentale Schwarm war dermaßen gewaltig, dass an dieser Stelle nur ein kleiner Auszug erwähnt werden soll.

 

Naja - Milliarden sind's wohl nicht, die man aus einer Bank ausrauben kann - bezweifle, dass man sie tragen könnte (abgesehen von alten Lira oder Dina).
Ansonsten ein nettes Geschichtchen, dass einem beim lesen erheitert.
Warum 1c?
Haben die Zahlen in der Geschichte eine Bedeutung?

 

ein Stapel von einem cm Hoehe entspricht ungefaehr 100 Banknoten. Bei 100-Euro-Noten ist so ein 1-cm-Buendel schon 10'000 EUR wert. Nehmen wir an, er hat 200 solche Buendel (2'000'000 EUR), danach waren keine 100-Euro-Noten mehr da. Deshalb nimmt er noch alle 500-Euro-Noten mit: 100 Buendel a 50'000 EUR = 5'000'000 EUR.
Jetzt kommen die fuenfziger, davon hat die Bank viele, naemlich 400 Buendel a 5'000 EUR, ergibt nochmal 2'000'000 EUR.
Und weil die Kassiererin gerade die 100 Buendel mit 200-Euro-Scheinen gefunden hat, bekommt er noch 2'000'000 EUR obendrauf.

So ein Scheinbuendel ist naeherungsweise 123 cm^3 (ca. 150*82*10 mm) gross (grosszuegig gemittelt, eher kleiner). Derzeit hat er 800 Buendel, das ergibt ein Volumen von 98400 cm^3, also 98,4 Liter - wahrscheinlich eher zwischen 80 und 90 Liter. Mein Pilotenkoffer in der Ecke fasst etwa 40 Liter, mit zwei von denen kann man also 11 Millionen Euro in 80'000 Scheinen wegtragen.
Waeren es nur 500-Euro-Scheine, koennte er mit knapp 20'000'000 EUR in einem, bzw. 40'000'000 EUR in zwei Koffern davonlaufen - von Milliardenbetraegen immer noch weit entfernt.

Deswegen koennte er es mit Gold versuchen: die Feinunze liegt derzeit bei 280-300 EUR, der Handelspreis in Deutschland bei ca. 10'000 EUR/kg. Die Dichte von Gold betraegt 19,32 g/cm^3, d.h. ein kg Gold hat ein Volumen von 51,75 cm^3 (runden auf 52). In einen 40-Liter-Koffer passen etwa 760 solcher Barren, was einem Gegenwert von 7'600'000 EUR entsprechen wuerde - bei einem Gewicht von 760 kg...


Deswegen laesst sich unser Protagonist sein erbeutetes Geld bequem auf sein eigenes Konto ueberweisen. Und die Moral von der Geschicht': es lebe der bargeldlose Zahlungsverkehr.

 

@Frohike:
Kannst Du das auch mal für Rohdiamanten ausrechnen? Könnte ich für eine meiner KGs evtl. gebrauchen.

@TagTraum:
ist mir aufgefallen:
64 Fliesen und nicht Fließen!

Nochmal zu den Zahlen:
Soll Regel 1c den Springer repräsentieren der ursprünglich auf C1 steht?

 

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