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Ein Einkauf

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08.08.2012
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Ein Einkauf

Basti geht gern einkaufen. Ganz im Gegensatz zu seiner Mutter. Basti freut sich bereits zuhause darauf, durch die ellenlangen Gänge des Supermarkts zu laufen, keine Kurve bremst seinen Lauf, keine Ecke verlangsamt seinen Schritt, er hat Platz. Und alles um ihn herum ist bunt und köstlich.
Wenn seine Mutter die Schuhe hervorholt und er seine kleinen Füße hineinschieben soll, ist er schon voller Tatendrang, der sich kaum im Zaum halten lässt. Basti will los, er spürt jeden Muskel, jede Faser seines Körpers. Er hat Kraft. Und er hat Freude. Er weiß genau, was kommt. Seine Füße bewegen sich von ganz allein, sie sind voller Erwartung, er kann sie kaum bändigen.

Seine Mutter hat an genau dieser Stelle das erste Mal den Schweiß auf der Stirn stehen. Sie flucht still in sich hinein. Und hat ihre liebe Not, diese quirligen Füße in die Schuhe zu stecken, diese patschigen kleinen Zehen, kaum zu fassen.
Basti hat die Schuhe bewältigt, nun muss er die erste Runde drehen, da wird er am Arm zurückgezogen. Die Jacke muss noch sein, es ist frisch draussen. Aber er ist doch bereits auf halbem Weg. Wie soll er seine Arme dort hineinbekommen? Alle Kraft möchte hervorbrechen und kann doch nicht, denn seine Arme werden von einem Schraubstock gehalten und hineingezwängt in eine enge Jacke, der Reißverschluss wird hochgezogen und die zarte Haut unter seinem Kinn mit einem schwungvollen “Ratsch” zwischen zwei Metallzähnchen eingeklemmt. Seine Kraft und sein Schmerz finden einen Weg in die Welt, Basti schreit auf, dass alle Gläser in der näheren Umgebung in Schwingungen geraten. Und nun wird er hochgehoben, hat urplötzlich keinen Boden mehr unter den Füßen, fliegt im Bogen in einen Sitz, mit dem er durch harte Kunststoffschnallen verbunden wird, er schreit. Er wirft sich gegen die Bänder, die ihn in den Sitz pressen, er will doch nur laufen, er will rennen.

Seine Mutter hat Mühe, ihre Berherrschung zu wahren. Gedanken schießen ihr durch den Kopf, Gefühle gehen durch ihren ganzen Körper. Sie hasst es, einkaufen zu gehen. Bis dieses Kind im Kinderwagen sitzt und sie sich auf den Weg machen kann, ist sie bereits so erschöpft, dass sie sich am liebsten sofort hinlegen möchte. Kaum schafft sie es, ihr Kind in die Jacke zu bringen, und dann hampelt dieser Bursche so herum, dass sie ihm den Speck unter dem Kinn mit dem Reißverschluss einklemmt. Schon schreit er wieder in einer Frequenz, die ihre Ohren vor Kummer aufstöhnen lässt. Es würde sie nicht wundern, würde eines Tages das Jugendamt vor der Tür stehen. So wie dieses Kind immer schreit, als ziehe ihm bei lebendigem Leib jemand die Haut ab. Wenn er nicht immer im Kinderwagen toben würde, dann müsste man ihn auch nicht fixieren, als wäre er ein Insasse einer Heilanstalt, der seine Medikamente nicht genommen hat. Sie muss los.

Draussen sieht Basti viel von der Welt. Warum darf er all die tollen Dinge nicht anfassen? Da vorn flattert eine kleine Tüte im Wind, sie winkt ihm zu und möchte von ihm gefangen werden. Aber er kann dort nicht hin, er ist festgezurrt. Und auf dem Boden liegt ein Stein. Es ist ganz sicher der beste Stein, dem er je begegnet ist. Er versucht, ihn zu erreichen, doch seine Arme sind zu kurz. Er fühlt sich an der Jacke zurückgezogen und sitzt wieder gerade in seinem fahrbaren Gefängnis. Schon erhascht sein Blick ein neues Abenteuer. Hat der Mensch da vorn wirklich ein Eis in der Hand? Warum hat er keines für ihn? Wenn er fragen könnte, er würde sicher eins bekommen. Aber der Mensch schaut nicht einmal zu ihm herunter. Er möchte so gern auch ein Eis. Er kennt Eis, er weiß, wie kühl, wie süß und wie cremig ein Eis in seinem Mund schmilzt. Basti schreit seine Traurigkeit heraus.

Die Mutter blickt ratlos auf dieses tobende Bündel im Kinderwagen. Wellen von Ärger schlagen über ihr zusammen. Warum kann es nicht möglich sein, nur kurz einkaufen zu gehen? Warum muss jeder Einkauf ein Kraftakt von unglaublichem Ausmaß werden? Warum muss dieses Kind sich gebärden wie ein Irrer? Kann es denn nicht, wie andere Kinder auch, einfach in seinem Wagen sitzen, zufrieden alles anschauen und Ruhe geben? Welch eine Qual, mit diesem kleinen Teufel in der Welt herumzulaufen.

Basti erkennt das leuchtende Schild des Supermarkts schon aus der Ferne. Und freut sich, gleich darf er heraus aus seinem Wagen und darf laufen. Immer näher kommt das Schild und Basti zappelt und jammert, es soll schneller gehen, schneller, er kann es kaum erwarten, endlich zu rennen. Und dann hebt ihn ohne Warnung die Mutter hoch, er hat keine Bodenhaftung, er fliegt kurz, landet dann mit hartem Schlag auf den kurzen Beinchen, schlingert, sucht sein Gleichgewicht, stößt gegen ein Regal, heraus fallen einige große Pakete. Basti staunt. Solche großen Pakete mit vielen lustigen Bildchen darauf hat er noch nicht gesehen. Er tritt gegen eine Packung, diese fliegt ein Stück weiter. Sein Fuß, sein Bein haben es geschafft, dass sich dieses bunte Paket fortbewegt, wie großartig. Diesmal nimmt er ein kleines bisschen Anlauf und tritt fester. Die Packung schiebt sich etwas schneller, etwas weiter durch den Gang. Wie fein. Er geht einige Schritte zurück und versucht einen neuen Anlauf, will er doch das Paket einmal den ganzen Gang entlang schießen, bis dort hinten hin, wo die leckeren kleinen Sachen liegen, die er sich am liebsten mit beiden Händen in den Mund stecken möchte. Doch ganz unvermittelt fehlt ihm schon wieder der Boden unter den Füßen. Vor seinem Gesicht taucht das Gesicht seiner Mutter auf. Und er erschrickt.

Die Mutter schaut in das Gesicht ihres Sohnes. Sie zischt ihn an, dass sie ihn für den Rest seines Lebens im Kinderwagen festschnallen wird, wenn er sich nicht endlich beim Einkaufen benehmen würde. Ihre Stirn liegt in Falten, die Haut ist gerötet und sie spürt ein Pochen im Kopf, es kündigt sich ein heftiger Schmerz an, lange wird es nicht mehr dauern, bis er mit voller Wucht ausbricht. Und das alles nur, weil dieser kleine Satansbraten nicht wie andere Kinder still und brav an ihrer Hand gehen kann. Sie packt ihn und zieht ihn wie einen kleinen Mehlsack hinter sich her. Er windet sich und wehrt sich und sie bemüht sich nach Leibeskräften, ihn festzuhalten, ihn nicht mitten im Geschäft zu versohlen, nicht zusammenzubrechen und ein heulendes Häufchen Elend zu werden.
Basti findet es nicht schön, dass seine Mutter versucht, seinen Arm durch ziehen zu verlängern. Wobei er durch Nachdenken zu der Überzeugung kommt, sie meint es nur gut. Denn wenn sein Arm länger ist als bisher, kann er Steine von der Straße aufheben, ohne mit dem Kinderwagen kämpfen zu müssen. Es tut ein bisschen weh, was sie da tut, aber es ist zu seinem Vorteil. Er wartet noch ein kurzes Weilchen, dann merkt er, dass der Zug leichter wird. Mit einem kleinen Ausfallschritt nach rechts hat er sich befreit und läuft frohgemut endlich die langen Gänge entlang. Darauf hat er sich die ganze Zeit gefreut, genau das wollte er tun. Die Freiheit genießen, spüren, wie ihm der Gegenwind über das Gesicht streicht. Mit den Fingerspitzen berührt er im Vorbeilaufen die Kanten der Regale, benutzt sie als Wegweiser, bleibt hin und wieder an etwas hängen und zieht es mit sich.
Die Mutter schaut hinter ihrem Kind her, das eine Spur der Verwüstung durch das Geschäft zieht. Sie spurtet hinter Basti her, greift ihn wutentbrannt und brüllt ihn an: “Eh, ich knall dich gleich ab, du Teufel!”

Basti betrachtet seine Mutter. Was hat das zu bedeuten? Ihre Augen wirken so seltsam. Es sieht fast aus, als läge ein flammender Ring um ihre Pupille. Und Basti ist sich sicher, dass sie auch gar nicht mehr riecht, wie sie sonst immer riecht. Dieser Geruch nach Seife und Schweiß, vermischt mit etwas Milch und Brötchen wird gestört von etwas, das er bisher nie bemerkt hat. Nachdenklich, und ganz ohne den Drang, sich zu bewegen, beobachtet er sie noch eine kleine Weile. Die Haut auf ihrer Stirn scheint sich rechts und links knapp über den Augenbrauen zu verdicken. Basti mag die Mutter nicht mehr. Sie riecht nicht mehr wie seine Mutter, sie sieht nicht mehr aus wie seine Mutter, er fühlt sich allein und verloren. Und weil er nicht weiß, wo seine Mutter geblieben ist und wie er sie zurückbekommt, fängt er an, ganz jämmerlich zu weinen. Er schluchzt und seine Nase läuft.

Dieses erstarrte Kind in ihren Händen, sie will es nicht mehr haben. Sie will es endlich loswerden. Wohin mit dieser Teufelsbrut? Ihr Atem geht schnell, ihr Herz schlägt wild und sie spürt die Kante, sie spürt den Abgrund. Noch einen Schritt weiter und sie wird mit Basti in die Hölle stürzen. Gemeinsam werden sie versinken im Chaos, sie fühlt die Gewalt, die sich unerbittlich in ihrem Inneren einen Weg bahnt, den Hass, unbändig.
Dann dringt sein Weinen in ihr Ohr. Ihr Blick klärt sich. Sie sieht ihren Sohn, der sich fürchtet. Der sich vor ihr fürchtet. Sie steht da, mitten in einem Supermarkt, stellte sich vor wenigen Sekunden noch vor, wie sie das Kind in ihren Händen zerstört, und die Angst greift nach ihrem Herzen.

 
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Hallo hollylila,

herzlich willkommen bei kg.de.

Deine Geschichte baut auf einer ungewöhnlichen Idee auf. Eine Mutter-Kind-Beziehung, die durch den Perspektivenwechsel ein Kommunikationsproblem entlarvt. Das ist ein mutiger Ansatz, wie ich finde, der dir auch stellenweise gut gelingt. Das Kind handelt wie ein unbedarftes und normales Kind, neugierig, verspielt, ungeduldig und voller Tatendrang, die Mutter handelt wie eine überforderte Mutter, gestresst, nervös, ebenfalls ungeduldig und wenig einfühlsam.

Dass da zwei Welten aufeinander prallen und nicht wirklich zusammen passen, ist im Wechsel der Perspektiven gut veranschaulicht.

Ob du aber deiner Geschichte mit dem letzten Absatz einen Gefallen tust, da bin ich mir nicht so sicher. Okay, zu Schreiben heißt auch, mutige Perspektiven zu wählen und etwas Besonderes und Ausgefallenes zu wagen. Das versuchst du halt. Du gibst Basti die Chance, angemessen auf seine Mutter zu reagieren, indem du ihn in eine Rolle schlüpfen lässt, in der er ihr auf Augenhöhe begegnen kann. Nun spricht er ihre Sprache, benutzt ihre Denkweise und "macht der Alten klar, was er wirklich will, dass sie ihm auf den Geist geht und was ihn nervt.

So verwandelt sich eine alltägliche Geschichte am Ende in etwas Märchenhaftes, irgendwie auch Moralisches, aber ich meine, dass deine eigentlich feine Idee dadurch irgendwie grobschlächtig und platt finalisiert wird.

Das ist irgendwie so, als würde jemand sehr behutsam und geduldig einen Fernseher reparieren, und am Ende dann doch dagegen treten.

Deinen Stil finde ich weitgehend okay, manchmal wirkt es noch etwas unrund.

Beispiel: Seine Mutter hat Mühe, dem Schweißfluss auf ihrer Stirn Herrin zu werden.

Ist sicher korrekt, liest sich aber komisch. Würde ich irgendwie anders ausdrücken, nicht so gestelzt. An einigen Stellen neigst du zu einer etwas gestelzten Schreibweise. Das braucht dieser Text nicht.

Ich hoffe, meine Kritik bringt dir nützliche Erkenntnisse und raubt dir nicht die Freude, ein aktives Mitglied von kg.de zu werden.

Rick

 
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Hallo hollylila,

herzlich Willkommen, hier bei kg.de.
Mir ging es ähnlich wie Rick. Ich hab die Geschichte bis zu dem unerwarteten Ende gerne gelesen und wusste nicht, mit wem ich mehr Mitleid haben soll, mit der gemarterten, überforderten Mutter oder mit dem eingezwängten Kind, es will ja nur spielen. :D

Dadurch, dass du die Sichtweise der beiden Personen immer wechselst, erhält man von demselben Ereignis eine jeweils neue Interpretation.
Es gibt einen Krimi "Tannöd", der das auch macht, da wird ein Mord aus immer wieder neuer Perspektive beleuchtet. Naja, das fand ich auf die Dauer öde, heißt ja auch "Tannöd", der Krimi. Weil es hier bei dir nur eine kurze Geschichte ist, und weil sie sich ja auch ein Stück entwickelt, wurde es mir hier nicht langweilig.
Aber, ich muss Rick wirklich recht geben. Auch wenn ich das Ende irgendwo schätze, weil es ungewöhnlich ist und mutig, es ist irgendwie auch nicht durchdacht genug und unentschieden.

Dieses Kind spricht da auf einmal wie ein abgehalfterter Gangster, setzt seine Alte unter Druck, so dass das Kind die Mutter hetzt.
Vorher aber hatte ich immer den Eindruck, dass deine Geschichte so ein bisschen Kommunikations- oder Verständnisprobleme entlarven und Verständnis für beide Seiten wecken will. Dazu passt dann das Babygangsterende nicht. Es gab da mal einen Film mit einem sprechenden Baby, da hat mich das auch immer sehr gestört, dass das Baby schon so großkotzig rumgeredet hat.
Also dass du die Perspektivwechsel auf die Spitze treibst, das ist schon klasse. Nur nicht so, wie du es gemaht hat. Probier es vielleicht damit, dich von diesem Filmjargon, in dem das Baby redet, frei zu machen, vielleicht bringt dich ja der letzte Ausspruch der Mutter auf eine neue Idee, das fand ich nämlich echt krass, als sie sagt:

“Eh, ich knall dich gleich ab, du Teufel!”

Vielleicht tut ihr das Söhnchen ja den Gefallen und verwandelt sich in den Gehörnten. Es ist nur eine Idee und völlig unausgereift und sowieso deine Geschichte, es soll dir nur zeigen, dass ich sie interessant finde und das Ende ungewöhnlich, nur so, wie es bisher ist, da hat Rick Recht, da tust du dir keinen Gefallen.
Du könntest entweder bei den normalen Perspektivwechseln bleiben, oder du baust ein wirklich märchenhaftes Ende, aber so wie es jetzt ist, ist es nicht Fisch und nicht Fleisch, es wirkt wie ein Anhängsel an deine Geschichte.

Rick schrieb dir auch schon, dass du auf gestelzte Wendungen achten solltest. Es ist alles flüssig geschrieben, keine Frage, aber es gibt ein paar Stellen drin, die ein wenig bemüht klingen.
Ich weiß nicht, wie lange du schon schreibst, manchmal stelzt man so ein bisschen rum, weil man sich besonders schön audrücken will, gerade, wenn man noch am Anfang ist. Manchmal ist es dann besser, bei jedem Adjektiv zu überlegen, ob man es wirklich braucht und alles, was ein bisschen schwülstig wirkt, zu vereinfachen. Überhaupt, einfach zu bleiben, das ist gerade bei diesem Text völlig in Ordnung.

Im ersten Teil hast du das aus meiner Sicht auch gut gelöst, wenn man vielleicht auch das ein oder andere rausstreichen könnte.

Basti geht gern einkaufen. Ganz im Gegensatz zu seiner Mutter. Basti freut sich bereits zuhause darauf, durch die ellenlangen Gänge des Supermarkts zu laufen, keine Kurve bremst seinen Lauf, keine Ecke hält ihn auf, er hat Platz. Und alles um ihn herum ist bunt und köstlich.
Wenn seine Mutter die Schuhe hervorholt und er seine kleinen Füße hineinschieben soll, ist er schon voller Tatendrang, der sich kaum im Zaum halten lässt. Basti will los, er spürt jeden Muskel, jede Faser seines Körpers. Er hat Kraft. Und er hat Freude. Er weiß genau, was kommt. Seine Füße bewegen sich von ganz allein, sie sind voller Erwartung, er kann sie kaum bändigen.

Nur das "auf" (fettgedruckt) würde ich streichen. Warum? Ich weiß es nicht,
liegt am Rhythmus der Worte, denn Lauf und auf reimen sich, wär mir hier zuviel Fortgang, ich würd es unterbrechen.

Seine Mutter hat an genau dieser Stelle das erste Mal den Schweiß auf der Stirn stehen. Innerlich flucht sie die erste Tirade.

Das ist so eine Stelle, die ich bemüht finde. Ich merke einerseits, was ich sehr gut finde, dass du immer dann wenn von der Mutter die Rede ist, ein bisschen anders schreibst. Vielleicht ist es nur Zufall, wäre jedenfalls eine gute Idee. Aber du solltest darauf achten, dass es nicht zu geschwollen oder gestelzt wirkt.

das erste Mal den Schweiß auf der Stirn stehen.
Mal davon abgesehen, dass sie ja bei dem ganzen Theater nie aufhört zu schwitzen, "erstes Mal" passt also nicht, was spricht gegen das einfache: Genau an dieser Stelle beginnt seine Mutter zu schwitzen.

Innerlich flucht sie die erste Tirade. Hmm, ja, kann man schon schreiben, aber warum nicht einfach nur "flucht". Ist doch ein schönes Wort. Es wird durch die Tirade auch nicht besser, es sei denn, man hört eine ordentlich deftige Tirade. Auch der Übergang zum nächsten Satz "Und hat ihre ..." ist nicht glücklich, denn das Festhalten der kleinen Patschefüße ist ja nicht Folge, sondern Grund ihre Schweißausbruchs.

Aus meiner Sicht wäre besser:

Genau an dieser Stelle beginnt seine Mutter zu schwitzen und flucht das erste Mal, denn diese kleinen, quirligen Füße in die Schuhe zu stecken, diese patschigen, kaum zu fassenden Zehen, das ist schwerer, als einen Goldfisch zu fangen.

Das zweite "kleinen" habe ich kurzerhand eliminiert, denn das hast du schon geschrieben, und über das Goldischende lässt sich streiten, ist vielleicht zu abgedroschen, aber wenigstens kriegt man ein schönes Zappelgefühl.

Prinzipiell gilt, dass all das, was ich als Alternativvorschlag schreibe, kein Eingriff in deinen Text darstellen soll, es ist nur als Verdeutlihung gemeint, als Beipsiel für as, was ich erklären will.

Vielleicht kannst du mit meinen Tipps und Anmerkungen was anfangen, ich wünsch dir viel Spaß beim weiteren Schreiben, ich finde, es lohnt sich.

Grüße von Novak

 

Hallo Rick, hallo Novak,

danke dafür, dass Ihr Euch mit meiner Geschichte auseinandergesetzt habt. Das hat mich gefreut. Und mit dem, was Ihr mir geschrieben habt, kann ich etwas anfangen. Nun arbeitet es in mir und die Geschichte rennt mir durch den Kopf, hin und her und wieder zurück. Meine "Lieblingsausdrucksstelzen" muss ich wahrscheinlich wirklich in den Käfig sperren. Und der letzte Abschnitt bewegt sich hin und her.
Mal sehen, was dabei herauskommt.
Von "Freude rauben" kann keine Rede sein, wenn ich gute Hinweise bekomme und ein "... ich finde, es lohnt sich." wirkt motivierend.

Viele Grüße,
hollylila

 

Habe das Ende verändert. Und nu?
Bin mir unsicher. Wäre schön, nochmal etwas dazu zu hören.
Grüße,
hollylila

 

Hallo, du wolltest eine Rückmeldung? Ok, kriegst du.

Ich finde das Ende besser. Viel besser. Und zwar, weil du Elemente der Geschichte darin weiterträgst. Und man sieht hier wieder, dass du sehr einfallsreich bist, das gefällt mir gut.
Das Fantastische gab es auch schon beim ersten Schluss, aber da hat es zu sehr die Realität verlassen, was es hier nicht tut. Aber es spielt dennoch ein bisschen mit dem Seltsamen und vor allem mit dem Ausspruch der Mutter.
Ich weiß nicht, wie andere das neue Ende sehen, denn es ist ja durchaus ein seltsamer oder märhenhafter Anklang drin. Aber mir gefällt gerade das.
Auch, dass das Ende nicht süß ist und sie einfach nur durch das Weinen des Kindes wieder zur braven Mutter wird, sondern dass sie Angst vor sich selbst kriegt, das gefällt mir gut.
Wenn die Mutter da schreit, dass sie ihr Kind am liebsten aknallen will, das ist ja schon ein Übergang den sie da macht. Ein Übergang, den jeder mehr oder weniger kennt, nämlich, sih selbst nicht al überfordert wahrzunehmen durch eine Situation oder durch gesellschaftliche Zustände, die ein Kind zur Last werden lassen, sondern eine Schuldzuweisung zu machen. Damit wird immer eine üble Spirale in Gang gesetzt.

Wenn ich schon dabei bin, noch ein Blick auf ein paar einzelne Sachen:

Basti betrachtet seine Mutter. Was hat das zu bedeuten? Ihre Augen wirken so seltsam. Es sieht fast aus, als läge ein flammender Ring um ihre Pupille.
Cool!

Dieser Geruch nach Seife und Schweiß, vermischt mit etwas Milch und Brötchen wird gestört von etwas, das er bisher nie bemerkt hat.
Schwefel? :xxlmad:
Ich weiß nicht, ob es sein muss, aber mir hätte hier ein kleiner Hinweis auf den neuen Geruch gefallen. Der Kleine kann ihn natürlich nicht namentlich benennen, weil er ihn noch gar nicht kennt, aber irgendwas Unangenehmes halt.

Nachdenklich, und ganz ohne den Drang, sich zu bewegen, beobachtet er sie noch eine kleine Weile.
Beim fetten Teil bin ich mir unsicher, könnte man vielleicht sogar schon in Richtung Erstarrung schreiben, denn später schreibst du das ja und ohne Drang sich zu bewegen hmmm, das ist mir ein bisschen zu neutral.

Die Haut auf ihrer Stirn scheint sich rechts und links knapp über den Augenbrauen zu verdicken. Basti mag die Mutter nicht mehr. Sie riecht nicht mehr wie seine Mutter, sie sieht nicht mehr aus wie seine Mutter, er fühlt sich allein und verloren.
Klasse

sie fühlt die Gewalt, die sich unerbittlich in ihrem Inneren einen Weg bahnt, der Hass, unbändig.
statt der Hass den Hass schreiben, ist ja im Satz eine Fortsetzung von die Gewalt, also Akkusativ.

Ja hat mir gefallen. Ich finde es toll, wie du dranbleibst und dich mit den Kommentaren auseinandersetzt.
Du schreibst jetzt schon ordentlich und so gesegnet mit Fantasie und der Ernsthaftigkeit, da freu ich mich schon sehr auf weitere Geschichten von dir und bin gespannt.
Viele Grüße
Novak

 

Danke, Novak (kleine Verbeugung, gerötete Ohren),
schön, dass Du Dich ein weiteres mal mit Basti und seiner Mutter auseinandergesetzt hast und es Dir gefällt. Das freut mich.

Ich überlege immer noch, ob ich den Schwefelgeruch konkretisiere, finde aber bisher nicht die passende Formulierung. Braucht wohl noch.

Viele Grüße,
hollylila

 

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