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Ein Bommerlunder für alle Fälle

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23.11.2016
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Ein Bommerlunder für alle Fälle

Was für ein schöner Tag, dachte Nick, als er mit seinem Dienstfahrrad zum schicken Haus mit der Jugendstilfassade in Schwabing fuhr. Die Sonne ließ den Stuck leuchten. Eine Brise wehte um Nicks Nase. Er stieg ab und saugte tief den Duft frisch gemahlener Bohnen ein, der aus dem Laden im Erdgeschoss strömte, freute sich, dass seine Postaustragetour für heute bald geschafft sein wird und schmeckte schon den Kaffee, den er sich nach getaner Arbeit immer gönnte.
Nick schnappte sich aus der Fahrradtasche die Briefe für die Bewohner und die Buchsendung, die heute für Maria Zickinger bestimmt war. Ach nein, nicht die schon wieder, dachte Nick, das letzte Mal hat sie ein fürchterliches Theater gemacht, weil die Buchsendung eingedrückt war. Die ist fast so schlimm wie die Möchtegernprominente drei Straßen weiter, die morgens um neun schon eine Fahne hat. Kritisch überprüfte er den braunen Umschlag, konnte aber keine Beschädigung erkennen.
Pfeifend sprang er die Stufen nach oben zu den Briefkästen, stolperte beim Hauseingang, verteilte die Post, ärgerte sich kurz über eine Sendung, die nicht durch den Briefschlitz von Herrn Müllers Briefkasten passte, und sah aus den Augenwinkeln Frau Winter mit einer großen Einkaufstüte auf ihn zusteuern. Man sah ihr die Hüftschmerzen an, über die sie sich seit drei Monaten bei Nick beklagte.
»Guten Morgen Frau Winter, da haben Sie aber viel eingekauft. Darf ich Ihnen helfen?«
»Ach, junger Mann, das wäre wirklich nett, wenn Sie mir die Tasche rauftragen könnten. Wissen Sie, meine Tochter kommt heute mit der kleinen Sarah zum Mittagessen. Hach, wo habe ich denn meinen Schlüssel?!«
Frau Winter kroch voran, Nick hinterher. Sie ächzte bei jedem zweiten Schritt im Einklang mit den Stufen der alten Holztreppe.
»Lassen Sie sich ruhig Zeit, Frau Winter. Soll ich Sie noch ein wenig stützen?«
»Sie haben doch schon die schwere Tasche. Nein, es ist aber auch ein Kreuz. Diese Schmerzen. Oben nehme ich erst einmal meine Medizin.«
Bommerlunderduft hing in der Luft, vermischte sich mit Bohnerwachs und Reinigungsmittelgerüchen und Nick bekam Durst, als er mit Frau Winter im fünften Stock ankam, die direkt gegenüber von Maria Zickinger wohnte. Um einen ordentlichen Eindruck zu machen und sich nicht allzu schäbig neben der immer perfekt aussehenden Maria Zickinger zu fühlen, wischte er sich über seine rotblonden Haare und versuchte, seinen schlechten Haarschnitt zu kaschieren, indem er seine struppigen Strähnen ordentlich von der Kopfmitte nach unten strich. Ohne Erfolg. Es sah jetzt noch mehr nach Topfschnitt aus.
Die eichene Wohnungstür kam ihm vor wie ein Schlosstor und er sich selbst wie ein fahrender Händler auf der Durchreise, den man aus der Stadt jagte, wenn er die falschen Produkte anbot. Nochmals überprüfte er die Buchsendung, konnte aber keine Delle finden.
Beim dritten Versuch schaffte Nick es endlich, den kleinen Klingelknopf zu betätigen.
Maria öffnete die Tür und sah Nick mit ihren Kokosnussaugen an, jedes Haar an der richtigen Position, das Make-up mehrlagig aufgetragen und poliert wie Autolack, die Wimpern lang und schwarz, die Nägel rot und die diätengestählte Figur verpackt, wie es nur Frauen können, deren zweiter Vorname Modeboutique ist.
»Endlich, mein Buch!«, sagte Maria und begann, die Tür zu schließen. »Da fällt mir ein, meine Wohnzimmerlampe ist kaputt. Sie sind zwar nur der Postbote, aber ein Mann«, stellte Maria zögernd fest. Ihr Blick wanderte von unten nach oben und wieder nach unten, wobei er an den schmutzigen Schuhen kleben blieb. »Sie können bestimmt eine Glühbirne wechseln, oder? Ziehen Sie aber um Himmels willen die Schuhe aus, bevor Sie reinkommen. Die sehen fürchterlich aus.«
Nick versuchte etwas zu sagen, sein Mund stand aber einfach nur offen und die Stimmbänder gaben Brummgeräusche von sich, wie bei einem meditierenden Yogi.
»Nun kommen Sie schon. Ich habe nicht den ganzen Tag Zeit«, drängelte Maria und stolzierte barfuß voran. Nick wackelte durch einen hellen Flur hinterher, an einem Wandschrank entlang, vor dem eine Batterie von Pumps stand: rote, blaue und schwarze, wobei man letztere auch als Stelzen verwenden konnte.
Er stolperte über einen Flokati, der hinter dem Wohnzimmereingang lag. Maria kicherte ein helles Lachen, in das sich kleine Grunzlaute mischten, sodass Nick unwillkürlich an ein Ferkel dachte, was ihn irritierte, denn ein derartig sauberes Schwein hatte er noch nie gesehen. Schon gar nicht in so einer reinweißen Umgebung. Weißes Sofa, weiße Regale, der weiße Flokati und eine geöffnete Rotweinflasche auf einem weißen Wohnzimmertisch.
»Hier ist das gute Stück«, riss Maria ihn aus seinen Gedanken.
Nick blickte auf eine weiße Deckenleuchte mit fünf Glaskugeln, wobei eine in der Mitte dunkel war, wie ein kurzer Test zeigte. Maria hielt ihm eine Ersatzbirne entgegen, verschränkte den anderen Arm, wackelte mit dem linken Fuß und sah ihm auffordernd in die Augen.
Nick spürte, wie seine Hände zitterten und das Hungergefühl in seinem Magen einem leichten Krampf wich. Hoffentlich geht das gut, dachte er und erinnerte sich an seine letzte Handwerksaktion bei seinen Eltern. Danach war er drei Wochen krankgeschrieben. Die Ärztin hatte gelacht wie eine Hyäne, als sie mit einem Akkuschrauber die Schraube aus seiner linken Hand entfernte.
Mit beiden Händen nahm er die Birne aus Marias Hand, steckte sie in die linke Hosentasche seiner knielangen Hose, reckte sich und fragte nach einer Leiter oder einem Hocker, den Maria aus dem Wandschrank hervorholte und der ebenfalls weiß war.
»Weiß ist wohl Ihre Lieblingsfarbe«, sagte er, stieg auf den Hocker, zog die Glaskugel vorsichtig ab, reichte sie Maria und schraubte die defekte Birne heraus, die ihm nach der letzten Drehung aus den Fingern glitt und sanft in den Wuschelhaaren des Flokatis landete. Puh, Glück gehabt, dachte Nick.
»Ich mag Weiß, weil es so sauber ist, so rein. Ich achte sehr auf Sauberkeit. Ich will keinen einzigen Fleck, nirgends, hören Sie? Sonderlich geschickt sind Sie ja nicht«, nörgelte Maria und blies eine blonde Haarsträhne aus dem Gesicht, die sich erstaunlicherweise gelöst hatte. Die Arme waren jetzt verschränkt und die linke Hand spielte mit der Glaskugel. Der Fuß wackelte schneller.
Nick fummelte die Birne aus seiner Tasche, bekam sie gerade noch mit zwei Fingern zu greifen, führte sie in das Gewinde und drehte. Und drehte weiter. Schweiß stand auf seiner Stirn. Der rechte Arm begann zu schmerzen.
»Schrauben Sie in die richtige Richtung?«
»Oh. Äh, danke für den Hinweis! Da hätte ich noch ewig drehen können.«
»Das glaube ich nicht, so wie Sie schwitzen. Sie sollten mehr Sport machen.«
Ein Schweißtropfen verfing sich in seiner linken Augenbraue. Endlich saß die Birne fest im Sockel. Nick ließ schnaufend die Arme sinken, nahm die Glaskugel aus Marias Hand und spannte zwei Federn der Lampenfassung, die er durch die Glaskugelöffnung fädelte. Er nahm die dritte Feder und drückte sie fest nach hinten, spannte seinen Körper an, streckte die Zunge raus, biss drauf und rutschte ab. Die Feder schnalzte bösartig gegen seinen Finger und die Glaskugel sprang in den sicheren Tod. Erschrocken machte er mit dem rechten Fuß einen Schritt zurück, der zunächst ins Leere ging, dann aber auf der Glühbirne landete, die sich im Flokatiwuschel versteckt hatte.
Nick jaulte wie eine Katze, der man auf den Schwanz gestiegen war, als sich die Scherben in seine Fußsohle bohrten.
Marias Augen wurden groß wie Weinfässer und Nick glaubte, ein rotes Funkeln in den schwarzen Pupillen zu sehen. Die Wuschelhaare neben seinem Fuß verfärbten sich erst rosa und dann langsam in ein tiefes Rot. Die Glaskugel sah aus, als ob ein Elefant sein Nachtlager darauf hatte.
Nick humpelte langsam und innerlich fluchend zum Sofa, stempelte rote Füße in den Flokati, drehte sich langsam herum, um sich zu setzen und unterschätzte seinen Wendekreis.
Maria brüllte etwas, das er nicht verstand, fragte sich dann aber, woher der Rotweinsee neben ihm auf dem Sofa kam. Er griff nach der inzwischen leeren Flasche und stellte sie auf den weißen Wohnzimmertisch. Sein Fuß pochte und unter ihm breitete sich eine kleine Blutlache im Gewuschel des Flokatis aus. Verlegen und ängstlich blickte er zu Maria.
Ihre Weinfässer waren mittlerweile zu zwei waagerechten Schießscharten mutiert, auf ihn gerichtet und umgeben von blondem Gestrüpp, in dem sich zwei Hände verfangen hatten. Rote Nagellackfarbtupfer blitzten in dem Haargewühl auf und tanzten darin Samba zu schrillen, rhythmischen Silben aus Marias Mund, in die sich die Wörter »Trottel«, »Idiot» und »das werden Sie mir ersetzen« mischten.
Bevor Nick etwas sagen konnte, klingelte es an der Tür.
»Frau Winter?«, hörte Nick Maria erstaunt rufen.
»Was ist das denn für ein Lärm bei Ihnen, Kindchen? Ist was passiert?«, sagte Frau Winter. Ihre Stimme kam näher.
»Du meine Güte! Junger Mann, sind Sie verletzt?«
»Ich bin in eine Lampe getreten. Mein Fuß ist voller Glassplitter «, sagte Nick.
»Kindchen, holen Sie doch mal Verbandssachen. Ich besorge inzwischen was zum Desinfizieren und Salz für Ihre Sofaflecken, das sieht ja schlimm aus. Na los, nun machen Sie schon und schauen Sie nicht so böse!«
Nick zuckte bei jedem Splitter, den Frau Winter aus seiner Fußsohle riss. Munter erzählte sie dabei Geschichten aus ihrer Zeit als Krankenschwester. Damals im Krieg, wo man zum Desinfizieren Bommerlunderschnaps benutzte.
»So, jetzt gibt es erst einmal ein Stamperl für den Fuß, eines für den jungen Mann und eines für Sie, Kindchen. Achja, die Krankenschwester dürfen wir auch nicht vergessen«, kicherte Frau Winter, trank den Schnaps in einem Zug und kippte dann Bommerlunder über die Schnittwunden. Nicks Gesicht ließ jede Halloweenkürbisfratze langweilig aussehen und Maria lachte so laut, dass sich Frau Winter die Ohren zuhielt, nachdem sie noch drei Schnapsgläser gefüllt hatte.
»Trinkt Kinderchen, das hilft sogar bei Hüftschmerzen«, nuschelte Frau Winter. Sie zog mit zufriedener Miene die blutgetränkte Socke über den Verband am Fuß, stand auf und erwischte beim zweiten Versuch die Bommerlunderflasche, aber nicht richtig, sodass sich der restliche Bommerlunder auf das Sofa ergoss, direkt auf das Salz, das Frau Winter auf den Rotweinsee gestreut hatte. Die Mischung aus Bommerlunder, Rotwein und Salz bildete kleine Bläschen und tröpfelte von der Vorderkante.
»Es tut mir so schrecklich leid«, jammerten Frau Winter und Nick im Kanon. Maria schob sie durch den Flur und rief wie eine kaputte Schallplatte: »Raus hier! Raus hier!«.
Die Tür krachte hinter ihnen ins Schloss. Nick schlüpfte in den linken Schuh und humpelte mit dem rechten in der Hand neben Frau Winter her, die zurück in ihre Wohnung wollte.
Beide erstarrten, als ein brüllendes »Scheiß kaputte Lampenkugel« durchs Treppenhaus hallte.
»Klingeln Sie, junger Mann!«, raunte Frau Winter, »Ich hole noch eine Flasche Bommerlunder!«

 

Liebe Mitglieder,

jetzt traue ich mich, mein Erstlingswerk in die Arena zu werfen. Keine große Literatur, nur eine kleine, hoffentlich humorvolle, Alltagsgeschichte für die Unterhaltung zwischendurch.

Viel Spaß beim Lesen.

Bin sehr gespannt auf Eure Kommentare.

Gruß

Geschichtenwerker

 
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Hola Geschichtenwerker,

das Erscheinen Deiner ersten KG unterbrach mich beim Beantworten Deines Kommentars zu meiner TdM-Geschichte. Oh ha, dachte ich mir, jetzt wird mir vorgeführt, wie ein literarischer Text auszusehen hat! Schließlich hast Du mir feinste Unterschiede in der Bedeutung einzelner Worte dargelegt, dass ich mich erstaunt sagen hörte: ‚Jawohl, Herr Oberlehrer’. Das ist mir auch noch nicht passiert!
Jedenfalls nahm ich an, dass Du zum Auftakt Deine beste Geschichte einstellst – aber denkste; ich war ziemlich enttäuscht. Nur fehlerfrei zu schreiben ist zu wenig. Der Text ist mir zu brav, da berührt einen gar nichts. Und Humor?

Er stolperte über einen Flokati, der hinter dem Wohnzimmereingang lag. Maria kicherte ein helles Lachen, in das sich kleine Grunzlaute mischten, sodass Nick unwillkürlich an ein Ferkel dachte, was ihn irritiere, denn ein derartig sauberes Schwein hatte er noch nie gesehen.
Na ja, ist ein sehr schwieriger tag. Bin eh nicht so heiß auf Humoriges, weil selten etwas Gescheites darunter geboten wird – lieber wäre mir ein Text, der mich hellwach macht beim Lesen, mit anspruchsvollen Formulierungen, gerne originell, noch nie dagewesen, mit kleinen Überraschungen vielleicht, etwas beinahe Einmaliges.
Ich weiß, das ist beinahe nicht zu schaffen, aber als fernes Ziel eine feine Sache.
Deine Bommerlundergeschichte hat mir in ihrer Anspruchslosigkeit und literarischen Dürftigkeit nicht so doll gefallen. Da hätte ich mehr erwartet. Aber vielleicht das nächste Mal!

José

... während sie mit einem Akkuschrauber die Schraube aus seiner linken entfernte.

 
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Hallo josefelipe,

vielen Dank für Deinen Kommentar. Die Tippfehler habe ich gleich korrigiert.

Tut mir leid, dass ich Deine Erwartungen nicht erfüllen konnte. Dies ist tatsächlich meine allererste fertige Geschichte. Ich wählte eine einfache Alltagsbegebenheit als Thema, um mich nicht gleich beim ersten Versuch zu verheben. Insofern hatte ich keine Wahl zwischen verschiedenen Geschichten, sondern nur die Wahl, mal diesen kleinen Versuch online zu stellen oder es zu lassen und weiter im stillen Kämmerlein zu sinnieren (wobei ich dieses stille Kämmerlein nicht habe, eher ein Irrenhaus um mich herum).

Oberlehrerhaft wollte ich tatsächlich nicht daherkommen. Dies habe ich auch schon in einem anderen Kommentar betont.

Immerhin entnehme ich Deinem Kommentar, dass Du mir mehr zutraust. Das spornt mich an, weiterzumachen und mir beim zweiten Versuch, ein stärkeres Thema zu wählen.

Nochmals vielen Dank.

Ich bin übrigens gespannt, was Du auf meinen Kommentar zu Deiner Geschichte antworten wolltest.

Grüße

Geschichtenwerker

 

Hallo Geschichtenwerker,

toller Name. Willkommen hier. ;)

»Was für ein schöner Tag«, dachte Nick,
Gedanken sollte man zur besseren Unterscheidung anders darstellen als wörtliche Rede.
Z.B.: Was für ein schöner Tag, dachte Nick,

»Was für ein schöner Tag«, dachte Nick, als er mit seinem Dienstfahrrad zum schicken Haus mit der Jugendstilfassade in Schwabing fuhr. Die Sonne ließ das Gelb des Hauses leuchten. Eine laue Brise wehte um Nicks Nase und er saugte tief den Duft von frischem Kaffee ein, der aus dem Kaffeeladen im Erdgeschoss des Hauses strömte, freute sich, dass seine Postaustragetour für heute bald geschafft sein würde und schmeckte schon das köstliche, braune Getränk, das er sich nach getaner Arbeit immer gönnte.
Wortwiederholung: 3 x Haus in drei Sätzen. Kurz danach sogar nochmal.
Vorschlag:
Was für ein schöner Tag, dachte Nick, als er mit seinem Dienstfahrrad zum schicken Haus mit der Jugendstilfassade in Schwabing fuhr. Die Sonne ließ das Gelb des Gebäudes leuchten. Eine Brise wehte um Nicks Nase und er saugte tief den Duft von frischem Kaffee ein, der aus dem Kaffeeladen im Erdgeschoss strömte,

ärgerte sich kurz über eine Werbesendung, die nicht durch den Briefschlitz von Herrn Müllers Briefkasten passte
Werbesendungen werden doch i.d.R. für alle Bewohner eines Hauses ausgetragen (Massensendung). Und warum sollten die Briefkästen im Haus unterschiedlich groß sein?

sah aus den Augenwinkeln Frau Winter mit einer großen Einkaufstüte auf ihn zusteuern, bedächtig, einen Schritt nach dem anderen, wobei man ihr die Hüftschmerzen ansah, die sie seit drei Monaten plagten.
Vier Beschreibungen für ein und dasselbe. Hier könnte man es durch Kürzen prägnanter machen.
„Bedächtig“ und „ein Schritt nach dem anderen“ sind m.E. sowieso das gleiche.
Gehen würde z.B.:
sah aus den Augenwinkeln Frau Winter mit einer großen Einkaufstüte auf ihn zuwackeln, wobei man ihr die Hüftschmerzen ansah, die sie seit drei Monaten plagten. (woher weiß er das eigentlich?)

»Guten Morgen Frau Winter, da haben sie aber viel eingekauft. Darf ich Ihnen helfen?«
haben Sie

»Ach, junger Mann, das ist lieb von ihnen. Das wäre wirklich nett
von Ihnen
Wiederholung: lieb / nett
Vorschlag: »Ach, junger Mann, das wäre wirklich nett …“

Nick klingelte beim dritten Versuch. Bei den ersten beiden, hatte er den kleinen, runden Klingelknopf nicht richtig getroffen. Maria öffnete die Tür
Merkwürdige Formulierung.
Vielleicht so: Beim dritten Versuch fand / erwischte Nick endlich den (winzigen)(winzig-)kleinen Klingelknopf. Maria öffnete …

das Make-up mehrlagig aufgetragen und poliert, wie der Autolack eines Porsche,
Ist der Autolack auf einen Porsche was Besonderes und/oder anders als auf einen Golf oder Opel?

»Endlich mein Buch, auf das ich schon so lange gewartet habe«, sagte Maria und begann die Tür zu schließen.
»Da fällt mir ein,
Zeilenwechsel ist nicht notwendig. Kein Sprecherwechsel.

bevor sie reinkommen.
bevor Sie reinkommen.

während ihr Blick
während seine Stimmbänder
während sie mit einem Akkuschrauber
usw.
Insgesamt hast du 7x „während“. Das ist ziemlich oft und muss in den meisten Fällen gar nicht sein. Soll heißen, es kann auch ruhig etwas nacheinander anstatt gleichzeitig passieren.

wie ein fahrender Händler auf der Durchreise, den man aus der Stadt jagte, wenn er die falschen Produkte anbot.
wie es nur Frauen können, deren zweiter Vorname Modeboutique ist.
wie bei einem meditierenden Yogi.
an ein Ferkel dachte, was ihn irritiere, denn ein derartig sauberes Schwein hatte er noch nie gesehen.
jaulte wie eine Katze, der man auf den Schwanz gestiegen war,
Ihre Weinfässer waren mittlerweile zu zwei waagerechten Schießscharten mutiert,
usw. usf.
Deine Vergleiche finde ich recht gut, obwohl die Wirkung in der Summe etwas verpufft.
Ich finde, man sollte damit sparsam umgehen. So wirkt es sonst nur, als ob der Autor unbedingt zeigen möchte, was er an tollen Formulierungen draufhat. :Pfeif:

Einige Beschreibungen sind unwichtig für die Geschichte und somit absolut überflüssig, gerade in Kurzgeschichten:

Eine laue Brise
Eine Brise ist doch immer lau oder sachte oder lau.

Die Sonne ließ das Gelb des Hauses leuchten.
Die Farbe ist nicht wichtig.

Die ist fast so schlimm, wie die Möchtegernprominente drei Straßen weiter, die morgens um neun schon eine Fahne hat.
Wofür ist diese Frau wichtig?

»Frau Winter?«, hörte Nick Maria sagen.
»Was ist das denn für ein Lärm bei Ihnen, Kindchen? Ist was passiert?«, hörte Nick Frau Winter, während ihre Stimme näherkam.
2 x „hörte Nick“
„während ihre Stimme näherkam.“: Idee: hörte Nick Frau Winter, die näherkam.

Mir ist aufgefallen, dass du fast nur „sagte“ verwendest, aber für andere Verben unterschiedliche Begriff wie z.B.für „gehen“: sprang die Stufen, stolperte, stolzierte, zusteuern, kroch, wackelte, humpelte – was ich sehr gut finde.
Durch Austausch von „sagen“ (z.B.hauchen, flüstern, schreien, meinen, antworten etc.) könntest du auch viel direkter, passender, präziser werden.

Hört sich jetzt vielleicht ein wenig viel an, aber du möchtest ja Feedback. :)
Alles nur meine persönliche Meinung. Nimm dir das, was du gebrauchen kannst, den Rest schmeiß einfach weg.

Humor ist schwierig. Sooo witzig fand ich es jetzt auch nicht.
Trotzdem gerne gelesen.

Schönen Abend noch und viel Spaß hier. :)

Liebe Grüße,
GoMusic

 

Hallo GoMusic,

vielen Dank für Deine wertvollen und ausführlichen Kommentare. Soweit ich das um diese Uhrzeit überblicken kann, habe ich alle berücksichtigt und die Geschichte entsprechend überarbeitet.

Nur die Vergleiche habe ich noch nicht abgeschwächt. Das möchte ich mir mit einem frischen Kopf genauer ansehen.

Wenn Du schreibst, dass Du es nicht sooo witzig fandest, dann impliziert das, dass Du es vielleicht ein wenig witzig fandest. Ehrlich gesagt, würde ich das für mich für einen allerersten Versuch als Erfolg werten.

Und schön, dass Du sie gerne gelesen hast. Das freut mich sehr.

Liebe Grüße

Geschichtenwerker

 

Hallo Geschichtenwerker

und willkommen hier :thumbsup:

Was ist das Besondere an dem Bommerlunder, außer, dass allein das Wort nach betrunkenen Blödeln klingt? Da ist also ein Postbote, der super viel Zeit hat, um die Post auszutragen, allen möglichen Leuten hilft und einer Frau, die ihn nicht mag, eine Glühbirne reindreht. Er stellt sich ungeschickt an, die Glaskugel zerfetzt, er verletzt sich an den Splittern der Birne und sie trinken Bommerlunder, bevor und nachdem er davongejagt wird. Ein Hauch von erotischer Verstrickung dazwischen. Klingt nach Screwball-Comedy, wenn da nicht der Bommerlunder wäre, der das Ganze eher zu einer deutschen Stammtischgeschichte macht. Einigermaßen amüsant war es trotzdem.


Paar Textstellen:

. Eine Brise wehte um Nicks Nase und er saugte tief den Duft von frischem Kaffee ein,
gutes Bild

»Lassen Sie sich ruhig Zeit, Frau Winter. Soll ich Sie noch ein wenig stützen?«
der muss von 6 bis 22 Uhr arbeiten, oder?

Bommerlunderduft hing in der Luft,
wie riecht denn das Zeug?

mit ihren braunen Kokosnussaugen
braun könntest du streichen

Zumindest gehe ich davon aus, dass sie einer sind«, erzählte Maria.
würde die nie so sagen, fürchte ich

von Schuhen stand: rote, blaue und schwarze Pumps, die man auch als Stelzen verwenden konnte, Sandaletten, braune Stiefel, zwei Paar Sneaker und Schuhe, deren Namen er nicht kannte.
ist mir zu viel: und was sind Schuhe, deren Namen man nicht kennt?

Danach war er drei Wochen krankgeschrieben. Die Ärztin hatte gelacht wie eine Hyäne, als sie mit einem Akkuschrauber die Schraube aus seiner linken Hand entfernte.
:D

Maria brüllte etwas, das er nicht verstand, fragte sich dann aber, woher der Rotweinsee neben ihm auf dem Sofa kam. Er griff nach der inzwischen leeren Flasche und stellte sie auf den weißen Wohnzimmertisch.
klar, du brauchst diesen Kontrast, aber ist doch ein bisschen viel Farbe

Ihre Weinfässer waren mittlerweile zu zwei waagerechten Schießscharten mutiert, auf ihn gerichtet und umgeben von blondem Gestrüpp,
die Weinfässer? hat sie welche in der Wohnung?

Damals im Krieg, wo man zum Desinfizieren Bommerlunderschnaps benutzte.
muss ganz schön alt sein.

Kein schlechtes Debüt:D

viele Grüße
Isegrims

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo Isegrims,

vielen Dank für Deine Kommentare und ich freue mich, dass Du Dich tatsächlich ein wenig amüsiert hast und das als "kein schlechtes Debüt" bezeichnet hast.

Die meisten Deiner Anmerkungen habe ich in entsprechenden Textänderungen berücksichtigt.

Die Stelle

Maria brüllte etwas, das er nicht verstand, fragte sich dann aber, woher der Rotweinsee neben ihm auf dem Sofa kam. Er griff nach der inzwischen leeren Flasche und stellte sie auf den weißen Wohnzimmertisch.

habe ich erst einmal gelassen. GoMusic hat auch bemängelt, dass die Zahl der Bilder eventuell zu hoch ist. Ich grübel noch, wovon ich mich am besten verabschiede.

die Weinfässer? hat sie welche in der Wohnung?

Ein paar Absätze vor der Stelle, über die Du gestolpert bist, steht

Marias Augen wurden groß wie Weinfässer

Dadurch bin ich davon ausgegangen, dass der Bezug auf die Weinfässer eindeutig und verständlich ist.

Damals im Krieg, wo man zum Desinfizieren Bommerlunderschnaps benutzte.
muss ganz schön alt sein.

Darüber hatte ich tatsächlich vorher nachgedacht. Wenn man davon ausgeht, dass Frau Winter mit ca. 16 die Ausbildung zur Krankenschwester gemacht hat, dann ist sie etwas über Mitte achtzig, was gerade noch funktioniert.

An dem Bommerlunder ist aus meiner Sicht tatsächlich nur dieser Name das Besondere. Bommerlunder ist meines Wissens eine Art Kümmelschnaps.

Übrigens finde ich es sehr interessant, dass Du die leichte Beziehungskomponente gespürt hast. Die Geschichte hat sich verselbständigt. Ursprünglich wollte ich tatsächlich über die Beziehung zwischen einem neurotischen Postboten und einer selbstverliebten Zicke schreiben, die in einer tödlichen Katastrophe enden sollte, weil die Zicke den Postboten über die Zeit zu sehr demütigt.

Es kam ein Wochenende dazwischen und von anderen erzählte Kindheitsgeschichten, in denen aufgeschlagene Knie mit Bommerlunderschnaps desinfiziert wurden.

Mir kam die ursprüngliche Idee zu abgedreht und damit zu unglaubwürdig vor und nachdem das meine erste echte Geschichte war, die über Fragmente hinauskam, habe ich diese Mutation zugelassen. Ich war auch einfach neugierig, wohin sich das Ganze entwickelt.

Nochmals vielen Dank für Deine Kommentare!

Gruß

Geschichtenwerker

 

Hallo Geschichtenwerker,

mir hat deine Geschichte gut gefallen, es gibt einige wirklich komische Beschreibungen und die Verkettung der Missgeschicke ist auch gelungen. Mir sind ein paar Fehler aufgefallen, die ich hier mal aufliste:

Die Sonne ließ die Fasse leuchten
Fassade? Das wäre aber eine Wiederholung.
Kaffee ein, der aus dem Kaffeeladen im Erdgeschoss des strömte
Hier fehlt ein Wort und 2x Kaffee finde ich auch etwas ungeschickt.
riesen Theater
würde ich zusammen schreiben
Die ist fast so schlimm, wie die Möchtegernprominente
kein Komma
wenn Sie mir die Tasche
Beim dritten Versuch schaffte Nick es endlich, den kleinen Klingelknopf zu betätigen.
Junger Mann, sind Sie verletzt?
Maria schob sie durch den Flur und rief wie eine kaputte Schallplatte: »Raus hier!«
Wobei du dann das "Raus hier!" noch ein paar mal wiederholen könntest oder sogar solltest.
Es gibt ansonsten noch ein paar schiefe Bilder, die ich etwas anders formulieren würde, z.B. die Glaskugel, die in den sicheren Tod springt oder "das gute Designerstück", das man in wörtlicher Rede so nicht nennen würde.
als ob ein Elefant sein Nachtlager auf ihr hatte
irgendwie gefällt mir das nicht, warum nicht einfach, als ob ein Elefant sich auf sie gesetzt hätte?

Soweit erst einmal, vielleicht hilft dir ja die eine oder andere Anmerkung!

Schönen Gruß
Bender

 

Hallo bender53,

danke für Deinen Kommentar und ich freue mich wirklich sehr darüber, dass Du an meinem Erstlingswerk ein wenig Freude hattest.

Es ist schon erstaunlich, wie betriebsblind man wird und daher nicht mehr in der Lage ist, offensichtliche Fehler zu finden. Danke, Du hast wirklich genau gelesen. Ich habe hoffentlich alle Fehler erwischt und verbessert.

Das "riesen Theater" habe ich übrigens so gelassen, da "Riesentheater" sich für mich nach "Theater der Riesen" liest.

Von dem Nachtlager des Elefanten konnte ich mich auch nicht trennen. Ich glaube, ich verstehe was Du meinst. Wenn der Elefant aber nur auf der Glaskugel sitzt, liest sich das für mich nach Klischee.

Die Kaffee-Kaffeeladen Wiederholung habe ich entschärft, indem der Kaffeeladen zum schlichten Laden wurde.

Die Fassade am Anfang der Geschichte ist Geschichte und ich habe sie durch Stuck ersetzt: Die Sonne ließ den Stuck leuchten.

Das "Designerstück" ist zum Stück geschrumpft, was den Dialog doch realistischer macht.

Die Glaskugel springt immer noch in den sicheren Tod. Mir fällt gerade nichts besseres ein, das auch einen gewissen Witz transportiert. Vielleicht habe ich im Laufe des Tages noch eine zündende Idee.

Außerdem habe ich den Satz mit dem Rotweinring auf dem weißen Tisch gestrichen. Isegrims war es an der Stelle zuviel Farbe und beim nochmaligen Lesen erschien mir dieser Satz verzichtbar.

Nochmals vielen Dank. Es ist schön zu sehen, wie sich die Geschichte entwickelt und aus meiner Sicht gewinnt.

Gruß

Geschichtenwerker

 

Hi Geschichtenwerker,

an dieser Geschichte sind mir vor allem die fein und bewusst (so scheint es mir jedenfalls) rhythmisierten Sätze aufgefallen. Das trägt den ganzen Text über ohne Holpern (jedenfalls für mein Gefühl), und das macht ihn für mich auf ungezwungene Art unterhaltsam. Und vielleicht deswegen verzeihe ich der Geschichte auch gewisse augenzwinkernde Schlenker, die aus meiern Sicht leicht zu viel werden können, hier aber für meine Geschmack dezent genug eingestreut sind.

Eine Brise wehte um Nicks Nase und er saugte tief den Duft von frischem Kaffee ein, der aus dem Laden im Erdgeschoss strömte,
Zu dem Zeitpunkt sehe ich ihn noch fahrend, deswegen passt mir das Riechen nicht ganz glatt. "Beim schicken Haus ankam" wäre eine Möglichkeit, oder auch "...leuchten. Er stieg ab. Eine Brise ..."

und schmeckte schon das köstliche, braune Getränk,
Hier kann man sich natürlich fragen, welches braune Getränk. Es gibt so viele Getränke, ich habe mir automatisch irgendetwas Exotisches darauf gereimt, deswegen hat es mich nicht gestört. Aber man kann darüber stolpern ...

Die ist fast so schlimm wie die Möchtegernprominente drei Straßen weiter, die morgens um neun schon eine Fahne hat.
Schön wäre es vielleicht, ein Einzlereignis einzustreuen, warum die eine oder die andere so schlimm ist.

Pfeifend sprang er die Stufen nach oben zu den Briefkästen, stolperte beim Hauseingang, verteilte die Post, ärgerte sich kurz über eine Sendung, die nicht durch den Briefschlitz von Herrn Müllers Briefkasten passte und sah aus den Augenwinkeln Frau Winter mit einer großen Einkaufstüte auf ihn zusteuern, wobei man ihr die Hüftschmerzen ansah, über die sie sich seit drei Monaten bei Nick beklagte.
Sehr schön leichtfüßig zusammengestellt, und ich hätte diesen Satz deswegen auch dann zitiert, wenn ich nichts daran auszusetzen hätte ;) Es ist nur eine Kleinigkeit, aber ich würde vor "wobei" einen Punkt setzen und dann mit einem neuen Hauptsatz anschließen.

neben der immer perfekt aussehenden Maria Zickinger
Da würde ich sagen: "neben der immer perfekten" flutscht einen Tick besser.

zu fühlen, wischte er sich über seine rotblonden Haare und versuchte, seinen schlechten Haarschnitt zu kaschieren, indem er seine struppigen Strähnen ordentlich von der Kopfmitte nach unten strich. Ohne Erfolg. Es sah jetzt noch mehr nach Topfschnitt aus.
Auch so eine schöne Kadenz, wie der lange Satz dahinplätschert, dann kurz abgestoppt wird und so. Klingt gut zusammen.

deren zweiter Vorname Modeboutique ist.
HIer ein Beispiel für so ein Augenzwinkern. So was finde ich immer ganz schwierig, das wird schnell gezwungen witzig, aber hier passt's, finde ich. Auch weil ich das so noch nicht gehört habe.

»Endlich mein Buch, auf das ich schon so lange gewartet habe«,
Den zweiten Teilsatz vielleicht streichen? Das klingt etwas künstlich.

»Da fällt mir ein,
Da gibt es bestimmt auch eine elegantere Überleitung. Das klingt etwas blass.

vor dem eine Batterie von Pumps stand: rote, blaue und schwarze, die man auch als Stelzen verwenden konnte.
Das fand ich ganz hübsch, könnte es mir aber gut noch etwas entschiedener vorstellen: Kann man alle diese Pumps auch als Stelzen verwenden oder nur die schwarzen? Ich wäre dafür, nur die schwarzen, vielleicht ist es auch so gemeint, aber dann nicht ganz deutlich.

»Das glaube ich nicht, so wie Sie schwitzen.
Die ist ja fies :D

Ein Schweißtropfen verfing sich in seiner linken Augenbraue.
Könnte vielleicht weg, weil es wiederholt, was ich gerade gesagt bekommen habe.

Ihre Weinfässer
Da würde mir "die Weinfässer" statt "ihre" besser gefallen, dann deutest du nicht so mit dem Finger drauf. Versteht man das dann noch? Ich glaube schon, aber es ist ein Risiko.

Nicks Gesicht ließ jede Halloweenkürbisfratze langweilig aussehen
Dieser Vergleich gefällt mir ausnahmsweise mal nicht so. Vielleicht liegt es daran, dass Halloween ziemlich weit hergeholt ist, und dann wirkt es wie ein Standardvergleich, den man zu jeder Gelegenheit bringen könnte. Die Modeboutique, die Weinfässer - da musste ich den Bezug nicht suchen, das hat sich ganz glatt gefügt, aber hier, hm, da würde ich lieber etwas anderes sehen.

ein brüllendes »Scheiß kaputte Lampenkugel«
Ich mag es meistens nicht so, wenn eine Rede in dieser Art substantiviert wird. Für mich ist da eine Dissonanz. Andere stören sich nicht daran.

»Klingeln Sie, junger Mann!«, raunte Frau Winter, »Ich hole noch eine Flasche Bommerlunder!«
Schöner prägnanter Schluss, gefällt mir gut, so knapp zu enden nach der bis dahin ganz geduldig und sorgfältig ausgebreitet Geschichte.

So, das war's von mir für diesmal.

Besten Gruß
erdbeerschorsch

 
Zuletzt bearbeitet:

Lieber erdbeerschorsch,

dreimal musste ich hinsehen, um zu realisieren, nach einer kleinen Panikattacke, dass Du wirklich mein absolutes Schnellschusserstlingswerk, das ich hier mehr als Testballon denn ernsthaft literarisches Werk eingestellt habe, gelesen und auch noch kommentiert hast.

Das dadurch ausgelöste Gefühl ist wie alte Bilder aus den 80iger ansehen und sich wundern, dass man wirklich mal so aussah.

Aber da muss ich jetzt durch und irgendwie ist es nach dem ersten Schock auch ganz amüsant und unterhaltsam zu sehen, wie ein Feingeist wie Du einen literarischen Schnellburger verspeist.

Du startest mit:

an dieser Geschichte sind mir vor allem die fein und bewusst (so scheint es mir jedenfalls) rhythmisierten Sätze aufgefallen. Das trägt den ganzen Text über ohne Holpern (jedenfalls für mein Gefühl), und das macht ihn für mich auf ungezwungene Art unterhaltsam.

Das finde ich überaus nett von Dir und ja, mir kam es tatsächlich auf den Rhythmus an, auf Leichtigkeit, auch wenn die Geschichte selbst banal ist und keinerlei Anspruch hat. Ich sah das als kleinen Versuch, als Schreibübung, um zu sehen wie es läuft.

Beim jetzigen Lesen finde ich den Text zu gewollt, zu bemüht an der einen oder anderen Stelle, wobei für Dich vielleicht ich gerade den Bogen noch nicht zu weit überspannt habe, auch wenn die Bogensehen schon zu reißen droht:

Und vielleicht deswegen verzeihe ich der Geschichte auch gewisse augenzwinkernde Schlenker, die aus meiern Sicht leicht zu viel werden können, hier aber für meine Geschmack dezent genug eingestreut sind.

Und hier die erste gute Anregung von Dir:

Eine Brise wehte um Nicks Nase und er saugte tief den Duft von frischem Kaffee ein, der aus dem Laden im Erdgeschoss strömte,
Zu dem Zeitpunkt sehe ich ihn noch fahrend, deswegen passt mir das Riechen nicht ganz glatt. "Beim schicken Haus ankam" wäre eine Möglichkeit, oder auch "...leuchten. Er stieg ab. Eine Brise ..."

Ich habe es jetzt mal wie folgt probiert:

Eine Brise wehte um Nicks Nase. Er stieg ab und saugte tief den Duft

Hier eine Unklarheit, die Du gefunden hast:

und schmeckte schon das köstliche, braune Getränk,
Hier kann man sich natürlich fragen, welches braune Getränk. Es gibt so viele Getränke, ich habe mir automatisch irgendetwas Exotisches darauf gereimt, deswegen hat es mich nicht gestört. Aber man kann darüber stolpern ...

Da hatte ich gehofft, dass der vorherige Satzteil

saugte tief den Duft von frischem Kaffee

also Assoziation ausreicht, um das braune Getränk als Kaffee zu identifizieren.

Funktioniert wohl nicht, vielleicht aber auch nicht so wichtig, denn Dich hat es nicht so sehr gestört. Vielleicht funktioniert bei anderen auch die Assoziation, wenigstens unterbewusst.

Die ist fast so schlimm wie die Möchtegernprominente drei Straßen weiter, die morgens um neun schon eine Fahne hat.
Schön wäre es vielleicht, ein Einzlereignis einzustreuen, warum die eine oder die andere so schlimm ist.

Die Ursprungsvariante enthielt dies tatsächlich, ist aber dann den Überarbeitungen zum Opfer gefallen. Man könnte dies auch als Anlass nehmen, das Ganze mehr in Richtung Satire zu ziehen. Dazu ist aber das Thema dann doch zu banal. Ich hätte auch Sorge, dass ich dann zu sehr abschweife (ich hatte auch mal die Idee, eine Satire zu schreiben, aufgehängt an den Erlebnissen eines Postboten. Vielleicht setze ich das mal probeweise um.)

Eine der besseren Stellen und im gewissen Sinne auch ein Merkmal, meines Schreibstils, der sich langsam entwickelt (nicht im Forum sichtbar, weil ich die letzten Werke nicht online gestellt habe):

Pfeifend sprang er die Stufen nach oben zu den Briefkästen, stolperte beim Hauseingang, verteilte die Post, ärgerte sich kurz über eine Sendung, die nicht durch den Briefschlitz von Herrn Müllers Briefkasten passte und sah aus den Augenwinkeln Frau Winter mit einer großen Einkaufstüte auf ihn zusteuern, wobei man ihr die Hüftschmerzen ansah, über die sie sich seit drei Monaten bei Nick beklagte.
Sehr schön leichtfüßig zusammengestellt, und ich hätte diesen Satz deswegen auch dann zitiert, wenn ich nichts daran auszusetzen hätte Es ist nur eine Kleinigkeit, aber ich würde vor "wobei" einen Punkt setzen und dann mit einem neuen Hauptsatz anschließen.

Ja, das mit dem Punkt finde ich gut und auch wieder nicht, weil er nicht so richtig zum "wobei" passt.

Die Alternative wäre nach dem Punkt mit "Man sah ihr die Hüftschmerzen an, über die sie sich ..." weiterzumachen. Die habe ich jetzt auch mal in den Text aufgenommen, weil sie irgendwie besser zu dem leichten Perspektivwechsel passt, der hier passiert.

Hier blitzt mal wieder Dein Können durch:

neben der immer perfekt aussehenden Maria Zickinger
Da würde ich sagen: "neben der immer perfekten" flutscht einen Tick besser.

Und ist sofort entsprechend geändert.

Auch diesem Vorschlag bin ich gefolgt:

»Endlich mein Buch, auf das ich schon so lange gewartet habe«,
Den zweiten Teilsatz vielleicht streichen? Das klingt etwas künstlich.

Und der nächste Vorschlag

vor dem eine Batterie von Pumps stand: rote, blaue und schwarze, die man auch als Stelzen verwenden konnte.

Das fand ich ganz hübsch, könnte es mir aber gut noch etwas entschiedener vorstellen: Kann man alle diese Pumps auch als Stelzen verwenden oder nur die schwarzen? Ich wäre dafür, nur die schwarzen, vielleicht ist es auch so gemeint, aber dann nicht ganz deutlich.

Letzter Teilsatz geändert in "wobei man letztere auch ..."

Ein Schweißtropfen verfing sich in seiner linken Augenbraue.
Könnte vielleicht weg, weil es wiederholt, was ich gerade gesagt bekommen habe.

Stimmt, ich habe es mal dringelassen, weil mir sonst die Birne zu schnell im Sockel sitzt, auch wenn ich dadurch die unschöne Redundanz habe.

Ihre Weinfässer
Da würde mir "die Weinfässer" statt "ihre" besser gefallen, dann deutest du nicht so mit dem Finger drauf. Versteht man das dann noch? Ich glaube schon, aber es ist ein Risiko.

Das "ihre" ist in der Tat reingekommen, weil andere Leser es nicht verstanden haben.

Tja, hier bin ich ein wenig ideenlos gerade:

Nicks Gesicht ließ jede Halloweenkürbisfratze langweilig aussehen
Dieser Vergleich gefällt mir ausnahmsweise mal nicht so. Vielleicht liegt es daran, dass Halloween ziemlich weit hergeholt ist, und dann wirkt es wie ein Standardvergleich, den man zu jeder Gelegenheit bringen könnte. Die Modeboutique, die Weinfässer - da musste ich den Bezug nicht suchen, das hat sich ganz glatt gefügt, aber hier, hm, da würde ich lieber etwas anderes sehen.

Wenn mir ein besserer Vergleich einfällt, ändere ich das. Bis dahin kann ich Dir nur darin zustimmen, dass der jetzige nicht originell ist.

ein brüllendes »Scheiß kaputte Lampenkugel«
Ich mag es meistens nicht so, wenn eine Rede in dieser Art substantiviert wird. Für mich ist da eine Dissonanz. Andere stören sich nicht daran.

Literarischer Tiefpunkt - aber auch hier verlässt mich momentan die Kreativität und ich hoffe, dass die Schwäche in einem kleinen Lacher des Lesers untergeht.

Herzlichen Dank für Deinen Kommentar, der mich sozusagen kalt erwischt hat, aber ich kann heute kopfschüttelnd über meine 80ger-Jahre-Frisur lachen, also warum nicht auch über meinen Erstling.

Ich hoffe nur, dass mein literarischer Schnellburger nicht zu negativen Nachwirkungen wie Sodbrennen geführt hat.

Bester Gruß
Geschichtenwerker

 

Sie sind zwar nur der Postbote, aber ein Mann«, stellte Maria zögernd fest.
Auch eine Art von Diskriminierung, wenn auch keine Vergewaltigung, zunächst im "nur" und dann die biologische mit der soziologischen Rolle gleichzusetzen ... (um auch so was mal zu erwähnen)

Hallo Geschichtenwerker,

warum gräbt der jetzt den Erstling aus, wirstu Dich fragen, denn sollt man nicht Vergangenes ruhen lassen. Nee, es ist keine Fledderei und i. d. R. geben Erstlinge mehr her, als der Nachfolger nach ersten Erfahrungen hierorts.

Dass der Briefträger (von der Teutschen Post oder einem Privaten wäre noch interessant) in seinem bürgerschaftlichen Engagement und seiner Gutmütigkeit seinen Job gefährdet grenzt schon an Loriot - man erinnere sich des Vertreters, der ein Wandgemälde geradehängen will und die gute Stube demoliert oder an den Heinzelmann, mit dem die Hausfrau so schön saugen kann. Natürlich ist Nick gutmütig und ich mit meinen vier linken Extremitäten - was beim Fußball von Vorteil ist (niemand weiß aufgrund der krummen Beine, wo ich hinlaufen werde) ist im realen Leben von Nachteil. Dass ich mal beim abendlich gemütlichen Beisammensein im Anschluss eines ÖTV-Seminars mit dem Bezirksvorsitzenden Loriots "Herren im Bad" gab, sei nur mal so nebenbei erwähnt. Angetrunken, wie wir waren, geriet einer von uns in die falsche Zeile und von da an wurd's richtig komisch ... Schade nur, dass der Herr M. nicht aus Bochum-Wattenscheid-Höntrop kam (ein Monster von Gebietsreforme nur des Namens nach).

Also, Loriot solltestu gar nicht versuchen, nachzuahmen, aber dass Dein Humor und Witz in die Richtung gehen, hat schon was.

Aber warum hier die würde-Konstruktion?

Er stieg ab und saugte tief den Duft von frischem Kaffee ein, der aus dem Laden im Erdgeschoss strömte, freute sich, dass seine Postaustragetour für heute bald geschafft sein würde und schmeckte schon das köstliche, braune Getränk, das er sich nach getaner Arbeit immer gönnte
daraus spricht doch der allwissende Autor, der ja schon einen kleinen Lebensentwurf für die Szene bereit hält. Warum nicht Futur - es wäre ja nicht das verquirlte Futur II, sondern I. Die Tour ist fast zu Ende, da wird er doch bald Feierabend haben ...

Bei dieser Slapsticknummer

Pfeifend sprang er die Stufen nach oben zu den Briefkästen, stolperte beim Hauseingang, verteilte die Post, ärgerte sich kurz über eine Sendung, die nicht durch den Briefschlitz von Herrn Müllers Briefkasten passte[,] und sah aus den Augenwinkeln Frau Winter mit einer großen Einkaufstüte auf ihn zusteuern.
ist das Komma nachzutragen, weil der Relativsatz zu Ende ist und die Konjunktion "und" die Aufzälungen des Hauptsatzes fortsetzt.

Hach, wo habe ich denn meinen Schlüssel.«
klingt nach mehr ls bloßer Aussage, aber eher nicht nach einer Frage, vielleicht ein "?!"?

Maria öffnete die Tür und sah Nick mit ihren Kokosnussaugen an, jedes Haar an die richtige Position gelegt, das Make-up ...
Hier meine ich, schlage bei ihrer verdeckten Arbeit die Fälle-Falle zu. Warum? Das Haar ist zwar "an die richtige Position gelegt worden", liegt aber jetzt an "der" richtigen Postion. Partizipien haben die Tendenz, sich zum Adjektiv zu wandeln ...

»Endlich mein Buch«, sagte Maria und begann[,] die Tür zu schließen.
Gezeitenwechsel
Rote Nagellackfarbtupfer blitz[t]en in dem Haargewühl auf und tanzten darin Samba zu ...
»Kindchen[,] holen Sie doch mal Verbandssachen.

Allemal ein guter Einstieg, meint der

Friedel,
der noch ein schönes erstes Advents-Wochenende wünscht!

 

Hallo lieber Friedel (@Friedrichard),

in der Tat erschrak ich ein wenig, als der Bommerlunder plötzlich wieder auftauchte - andererseits mag ich die Geschichte trotzdem noch, auch wenn Sie vielleicht recht platt ist und nicht auf hohe Literatur getrimmt ist, was mir der Liebe Josefelipe damals bei meinem Einstieg um die Ohren haute.

Andererseits steckt in dieser Formulierung

Sie sind zwar nur der Postbote, aber ein Mann«, stellte Maria zögernd fest.

Auch eine Art von Diskriminierung, wenn auch keine Vergewaltigung, zunächst im "nur" und dann die biologische mit der soziologischen Rolle gleichzusetzen ... (um auch so was mal zu erwähnen)

wie Du treffend bemerkt hast. Diese Anspielung war bewusst gesetzt und es freut mich, dass Du sie herausgepickt hast.

Also, Loriot solltestu gar nicht versuchen, nachzuahmen, aber dass Dein Humor und Witz in die Richtung gehen, hat schon was.

Das freut mich natürlich, dass Du sehr einen gewissen Humor und Witz in die Richtung von Loriot siehst, was ich jetzt einfach mal als Kompliment nehme.

Deine aufgedeckten Fehler habe ich alles beseitigt. Es ist immer wieder erstaunlich, wie viele Flusen Du noch findest.

An dieser Stelle:

Maria öffnete die Tür und sah Nick mit ihren Kokosnussaugen an, jedes Haar an die richtige Position gelegt, das Make-up ...
Hier meine ich, schlage bei ihrer verdeckten Arbeit die Fälle-Falle zu. Warum? Das Haar ist zwar "an die richtige Position gelegt worden", liegt aber jetzt an "der" richtigen Postion. Partizipien haben die Tendenz, sich zum Adjektiv zu wandeln ...

bin ich noch etwas weiter gegangen und habe das Wort "gelegt" weggestrichen, da es aus meiner Sicht überflüssig ist und sich "jedes Haar an der richtigen Position gelegt" irgendwie nicht so recht in den Satz einfügen mag.

Vielen Dank für Deinen Kommentar und die Fehlersuche. Ich habe mich sehr über Deinen Besuch bei mir gefreut und wünsche Dir noch einen schönen Rest-Adventssonntag.

Lieber Gruß
Geschichtenwerker

 

Hallo Bas,

was für eine schöne Überraschung und klar werkle ich auch nach einem Jahr noch an der Geschichte herum. Zwar fehlt mir für eine größere Überarbeitung gerade die Zeit, aber Deinen Kommentar kann ich relativ schnell umsetzen und ich freue mich in der Tat sehr über Deine Mühe und Zeit, die Du in meinen Erstling gesteckt hast.

Er stieg ab und saugte tief den Duft von frischem Kaffee ein, der aus dem Laden im Erdgeschoss strömte, freute sich, dass seine Postaustragetour für heute bald geschafft sein wird und schmeckte schon das köstliche, braune Getränk, das er sich nach getaner Arbeit immer gönnte.

Zwei Verbesserungsvorschläge: Lass ihn den Duft einfach einsaugen, streich das tief. Klingt knackiger. Und lass das köstliche, braune Getränk Kaffee – oder Kakao? Cola? – sein.

Einerseits finde ich die Verbesserungsvorschläge gut, andererseits sträube ich mich teilweise noch ein wenig aus folgenden Gründen.

Das Wort "tief" gibt dem Satz einen anderen Rhythmus. Klar, wenn ich es streiche, fließt der Satz glatter, aber ich wollte an der Stelle dieses kurze Innehalten des Protagonisten auch im Rhythmus des Satzes widerspiegeln. Vielleicht nimmt man das als Leser nicht wahr, mag sein. Vielleicht nimmt man es auch als störend wahr, dann wäre es schlecht. Ich glaube, Du empfindest es einfach als "unnötig", womit Du grundsätzlich recht hast. Bei solchen Sachen frage ich mich aber nach einem Jahr hier im Forum, ob das nur Autoren so lesen oder auch "unbedarfte" Leser.

Jedenfalls denke ich weiter darüber nach und lasse es einstweilen im Text.

Mit dem "braunen Getränk" hast Du auch recht und die Stelle ist überarbeitet, auch wenn es jetzt die Wortwiederholung "Kaffee" gibt, was mich mittlerweile nicht mehr stört. Ich überlege noch, ob nicht ein Stück der Charakterisierung von Nick durch das Streichen verlorengeht. Aber eigentlich ist der Text zu oberflächlich, um sich da weitergehende Gedanken zu machen.

Vielleicht einfach ein »Riesentheater«?

Tut mir leid, aber da denke ich immer an Theater der Riesen. Die Schreibweise "riesen Theater" ist bewusst so gewählt, um die Assoziation an Riesen zu vermeiden.

Sie ächzte bei jedem zweiten Schritt im Einklang mit den Stufen des alten Holztreppenhauses.
Ein schönes Bild, auch wenn ich die Stufen eher auf die Holztreppen als auf das Haus beziehen würde.

Hier folge ich Dir gerne und das Holztreppenhaus ist jetzt eine Holztreppe.

Die eichene Wohnungstür kam ihm vor wie ein Schlosstor und er sich selbst wie ein fahrender Händler auf der Durchreise

Vielleicht liegt es an mir, aber die Formulierung sagt mir nicht zu, dieses »und er sich selbst wie ...«. Vielleicht eher »Die eichene Wohnungstür kam ihm vor wie eine Schlosstor und er selbst fühlte sich wie ein fahrender Händler ...« oder ähnlich?

Hm - in dieser Formulierung steckt ein gewisser Wortwitz, der verlorengeht, wenn man in dem zweiten Teil des Satzes ein eigenes Verb einfügt. Ich wollte auch hier ein kurzes Innehalten des Lesers provozieren, einen Wimpernschlag, bis man den Satz begreift. Wahrscheinlich stört Dich genau dieses kurze Stoppen. Auch hier wieder die Frage, stört einen das, weil man durch die Brille des Autors liest und nach Stolpersteinen sucht oder weil ein Leser sich tatsächlich daran stört.

Da ich das bewusst so formuliert hatte, lasse ich es mal, wie es ist. Vielleicht magst mich jetzt für stur halten, dann nimm mir das bitte nicht übel.

»Endlich mein Buch«, sagte Maria

Etwas eigenartig, wie die kokosnussäugige Dame die Worte nutzt … Vielleicht eher »Endlich, mein Buch!« oder ähnlich?

Sehr guter Punkt. Ursprünglich, wollte ich mit dieser Schreibweise eine gewisse Beiläufigkeit und Emotionslosigkeit bei Maria zum Ausdruck bringen. Das klappt aber so nicht. Also habe ich Deinen Vorschlag dankend übernommen.

Man glaubt es kaum, aber tatsächlich heißt es »um Himmels willen«

Ja, in der Tat eine weitere Fluse! Danke.

Nick wackelte durch einen hellen Flur mit weißem Wandschrank hinterher

Wieder eine etwas unglückliche Formulierung, das lässt den Verdacht aufkommen, dass der arme Postbote den weißen Wandschrank mit sich herumschleppt. Vielleicht eher »Nick wackelte durch den hellen Flur, an einem weißen Wandschrank vorbei« oder ähnlich?

Lustige Vorstellung, dass Nick mit seiner Tollpatschigkeit, den Wandschrank mitschleppt. Ist geändert (statt vorbei, nahm ich entlang, um die Doppelung des nachfolgenden "vor" zu vermeiden:
Nick wackelte durch einen hellen Flur hinterher, an einem Wandschrank entlang, vor dem eine Batterie von Pumps stand
)

Die Arme waren jetzt beide verschränkt und ihre linke Hand spielte mit der Glaskugel.
Würde da statt »Die Arme waren jetzt beide verschränkt« zum einfacheren »Ihre Arme waren jetzt verschränkt« tendieren, »und die linke Hand spielte mit der Glaskugel«, um ein doppeltes »ihre« zu vermeiden. Und der nächste Satz sollte dann natürlich auch nicht mit »Ihr Fuß« beginnen …

Alles übernommen.

streckte die Zunge raus, biss auf sie und rutschte ab. Die Feder schnalzte bösartig auf seinen Finger
»biss auf sie« … Hm … Vielleicht eher »biss drauf«? Und die Feder könntest du »gegen« statt »auf« seinen Finger schnalzen lassen, wenn du magst

Ja, guter Vorschlag. Habe ich übernommen. Auch das "gegen" statt "auf", um die Wiederholung "drauf" - "auf" zu vermeiden. Rhythmisch passt Dein Vorschlag auch gut in den Satz, finde ich.

Nächste Denksportaufgabe (langsam wird mein Kaffee kalt! :D )

Die Glaskugel sah aus, als ob ein Elefant sein Nachtlager auf ihr hatte.
Etwas holprige Formulierung, fände »als hätte dort ein Elefant sein Nachtlager aufgeschlagen« oder ähnliches schöner – davon abgesehen aber ein toller Vergleich

Ja, da stolpert man drüber. Deinen Vorschlag finde ich rhythmisch an der Stelle nicht so gut, weil der Satz dadurch so lang wird. Ich habe es jetzt mit "Die Glaskugel sah aus, als ob ein Elefant sein Nachtlager darauf hatte.", um diesen Stolperstein "auf ihr" weg zu bügeln.

Es freut mich übrigens, dass Dir der Vergleich gefällt.

Junger Mann sind Sie verletzt?
Komma nach »Mann«

Ja, da kommt wohl eines hin. ;-)

erwischte beim zweiten Versuch die Bommerlunderflasche, aber nicht richtig, sodass sich der restliche Bommerlunder auf das Sofa ergoss,

Das »aber nicht richtig« könnte man streichen

Könnte man, aber - Du ahnst es schon - auch hier wollte ich ein wenig verzögern.

Wie du im ersten Kommentar erwähnt hast, war das deine erste Geschichte und stellenweise merkt man das. Der ein oder andere Streichkandidat hat sich eingeschlichen, Dinge, Beschreibungen, die du offenbar selbst benötigt hast, um dir ein Gerüst zu bauen, über das du deine Menschlein dann klettern lassen kannst. Manchem Satz hätte eine Verschachtelung weniger wahrscheinlich gut getan, but who am I to judge ...

Danke, für das Feedback. Ehrlich gesagt - ich traue es mich gar nicht zu sagen - habe ich diese Geschichte damals in einem Rutsch am Sonntagnachmittag zwischen Kindergebrüll und Hausarbeit runtergeschrieben. Es ist also nicht wirklich konstruiert. Ursprünglich hatte ich mir diese Figuren ausgedacht, weil ich eine (längere) Geschichte über eine unglückliche Liebe zwischen Nick und Maria schreiben wollte. Dazu fehlte mir dann aber die Kapazität, also habe ich mir diese kurze Anfangssequenz überlegt, wie die beiden sich vielleicht hätten kennenlernen können.

Aber gleichzeitig liest man deinen Spaß am Schreiben heraus. Vor allem bei den kleinen menschlichen Dingen, die immer wieder zwischen den Zeilen mitschwingen. Es war kein Humorfeuerwerk, das du hier abgebrannt hast, aber sehr angenehme Unterhaltung, die Lust auf mehr macht. Ich werde jedenfalls die Augen nach deiner nächsten Geschichte offenhalten und bin gespannt, wie du dich mittlerweile entwickelt hast.

Das freut mich natürlich sehr und ich bin selbst gespannt, wohin die Reise geht. Dass Du sogar auf meine nächste Geschichte wartest, motiviert mich, bald wieder eine Geschichte einzustellen. Vor Weihnachten werde ich das aber wohl eher nicht schaffen.

Noch einmal herzlichen Dank für Deinen ausführlichen Kommentar.

Lieber Gruß

Geschichtenwerker

 

Hallo Bas,

eigentlich dürfte ich Dir gar nicht schreiben, weil ich sonst nicht mit der Arbeit hinterherkomme, aber irgendwie juckt es mich gerade in den Fingern:

Nicht übel nehmen? Ich empfinde das als eine Riesenfrechheit, @Geschichtenwerker. Oder vielleicht doch eine riesen Frechheit? Oder sogar eine Riesen-Frechheit? Ich weiß es nämlich nicht und nach ein bisschen Recherche bin ich mittlerweile der Ansicht, dass nichts davon richtig ist. Aber wissen tu ich es immer noch nicht. Ich werde dieses ganze Riesending in Zukunft jedenfalls meiden und stattdessen auf groß oder riesig ausweichen.

Ja, das artet in ein Riesenproblem aus! ;-) Aber weiß Du, ich habe die Riesen in die Wüste geschickt und einfach ein "fürchterliches" Theater draus gemacht.

Tatsächlich ging es mir dabei auch um den Rhythmus, ich empfand es in der Hinsicht als "störend". Deine ... Interpretation gefällt mir, das Innehalten, und das du dir über so einen Firlefanz Gedanken machst finde ich auch sehr schön, weil ich mich dann nicht komplett blöd fühle, wenn ich von Rhythmuskram quatsche. Natürlich bleibt es dir überlassen, ich persönlich empfand es als ein bisschen holprig, was ich gerade zu Beginn einer Geschichte vermeiden würde.

Genau wegen dieses Firlefanzes bin ich hier und Du rennst offene Türen ein, wenn Du von Rhythmus sprichst (Du musst nur auf den Flokati aufpassen, wenn Du durch die Tür stürmst - ja, ich weiß schon, Humor in Schriftform ist schwierig ...).

Irgendwie hab ich den ersten Kaffee da übersehen an der Stelle - jetzt sind meine Augen eh darauf ausgerichtet und ich kann nicht mehr beurteilen, ob die Dopplung störend ist ... Aber vielleicht könntest du aus dem "Duft von frischem Kaffee" ja den "Duft gemahlener Bohnen" machen?

Ist tatsächlich geschehen und entspricht, wenn mein Gedächtnis mich nicht im Stich lässt, der ersten Satzvariante, die ich damals schrieb. Das war mir damals zu unklar, weil "gemahlene Bohnen" nicht unbedingt Kaffeebohnen sein müssen, aber sei's drum, die Variante gefällt mir so ganz gut.

Wie ich mittlerweile gesehen habe, liegt deine letzte Geschichte schon ein Jahr zurück. Ich will dir keinen Druck machen, bloß nicht, aber ... Mach hinne jetzt!

Das ist jetzt aber schon ein Riesendruck, den Du da ausübst! :D

Aber Du weißt ja: bei einem sturen Esel kann der Riese drücken wie er will und der Esel bewegt sich trotzdem nicht.

Lieber Gruß
Geschichtenwerker

 

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