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Ein bisschen Maggi bitte

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03.09.2013
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Ein bisschen Maggi bitte

Lotta, so wurde sie gerufen seid sie denken konnte. Lotta, komm' mal, Lotta geh' mal, Lotta mach mal. Lotta klingelten die Ohren.

Zu Lotta's Pech war sie das älteste von drei Mädchen, aber fünfte insgesamt. Die Buben waren fein raus. Buben brauchten, wenn man dem Vater und dem Opa glauben schenkte, nicht mit im Haushalt helfen, Mädchen aber sehr wohl. Carlotta, auf diesen Namen hatte die Mutter ihre Älteste taufen lassen, ein guter Name, ein Starker, doch gerufen wurde sie immer nur Lotta.
Lotta kannte sich im Haushalt aus, seid sie 12 war. Zu diesem Zeitpunkt war die Mutter krank geworden. Eigentlich war sie schwanger gewesen, mit dem sechsten Kind. Aber irgend etwas war schief gegangen, die Ärzte die Lotta zu Gesicht bekam schienen auch ratlos. Die Kinder hatten Angst um ihre Mama. Die Buben wollten es überspielten und machten dumme Sprüche, ihre Augen verrieten sie. Papa und Opa rangen die Hände und gingen beten, doch auch Gott half der Mama nicht.

Lotta kümmerte sich um die Kleinen, machte das Essen und auch die Wäsche. Alles was sonst Mama machte. Papa und Opa waren nur am Hände ringen und beten. Die Jungs machten was sie wollten und nur die beiden jüngsten Mädchen halfen, so gut sie konnten.
Dann wurde die Mama wieder gesund, oder eben fast. Sie war wieder auf den Beinen, aber sie wirkte bleich und abgespannt. Etwas, das auch nicht besser wurde. Und traurig war sie. Lotta sah sie von jetzt an nicht mehr wirklich aus vollem Herzen lachen, so wie früher, und singen tat sie auch nicht mehr. Die Kinder, die um sie waren, wurden nicht bemerkt oder überschwänglich geherzt während die Augen voller Trauer blieben.
Dann musste Mama ins Krankenhaus gehen. Carlotta und ihren Geschwistern wurde nicht gesagt warum, besuchen durften sie die Mama auch nur einmal. Nach zwei Wochen war die Mutter auch schon wieder zurück, aber noch bleicher, müder und noch sehr viel trauriger. Kinder kamen nicht mehr und irgendwann blieb auch der Papa einfach weg. Mama wurde sehr behütend und klammerte sich an Lotta und ihre Schwestern.

Lotta stapfte durch den Schnee und moserte leise vor sich hin. Insbesondere auf ihren Hund, der winselnd neben ihr lief und ausgesprochen schuldbewusst wirkte.
"Das du mir das nicht noch einmal machst du irre Nuss du!"
Besagte irre Nuss sah zu ihr auf und wusste, Frauchen hatte ihr vergeben, das hörte sie in deren Stimme, ihr ganzer Körper sprach davon. Gut, sie waren ja auch schon fast im warmen Haus.
"Wehe du rennst mir noch mal hinter diesem nutzlosen Kerl her. Der macht dir nur einen dicken Bauch und verlässt dich."
Moki, wie Lotta's Hündin eigentlich hieß, auch wenn Lotta sie des öfteren eine irre Nuss schimpfte, guckte hoch, erinnerte sich an den nutzlosen Kerl mit glänzenden Augen und absolutem Unverständnis für Lotta's Worte. Das war doch das Ziel des Ganzen, deshalb traf man sich doch mit einem hübschen Rüden, Frauchen, dachte der Hund vermutlich, was allerdings an Lotta vollkommen verschwendet war.
Dann waren sie endlich durch die Tür, Moki wurde hochgehoben, mit dem üblichen alten Handtuch abgerubbelt, bevor Lotta sie in ihre Wohnung brachte. Ja, Lotta lebte allein, seid Jahren schon. Nicht, das sie nicht ihren Anteil an Männern gehabt hatte, oh nein, das sollte man wirklich nicht denken. Sie hatte nur nicht vor gehabt sich zu einer laufenden Gebärmutter entwürdigen zu lassen, die, einmal außer Gebrauch, dann weggeworfen wurde. So wie es bei Mama gewesen war. Lotta sah traurig auf Moki herunter. Und nun war sie zu alt um überhaupt noch Kinder zu bekommen. Heute würde sie gerne eine Beziehung haben, auch ein oder zwei Kinder. Schließlich sah sie das zumindest einer ihrer Brüder und beide jüngeren Schwestern in glücklichen Beziehungen lebten.Es war also möglich.
Der älteste Bruder hatte einen tödlichen Unfall gehabt mit gerade einmal 25 und nie eine Chance bekommen. Und sie hatte sich um die Mutter gekümmert bis diese dann recht früh verstarb. Seid dem lebte Lotta allein mit Moki. eigentlich war sie zufrieden so. Sie hatte ihre Interessen und die Arbeit. Abends kuschelte sie viel mit ihrer kleinen, irren Nuss und las Bücher, strickte Pullover oder nähte, am liebsten vor dem künstlichen Kamin.
Verdammt, das hörte sich sogar für sie, Lotta verflixt langweilig an, dabei war sie doch erst Anfang vierzig. Sie musste sich wohl oder übel noch ein Hobby zulegen, ein weniger langweiliges, aber was? Sie würde schon etwas finden, zuckte Lotta die Schultern und machte sich daran das Abendessen vorzubereiten.

Drei Wochen später war Lotta wieder einmal mit Moki unterwegs, der Schnee war einer matschigen, grauen Pampe gewichen, die kalte, frostklirrende Luft einer feuchten Kälte die alles durchdrang. Einfach grässlich fand nicht nur Lotta, auch Moki war einfach nicht gut drauf. Sie fiepte hoch zum Frauchen.
"Ja, ja, wir gehen doch schon. Da vorne ist es."
Was ein Glück das die alte Buchhandlung zwischen Büro und Wohnung lag, sehr praktisch wenn man mal wieder Bücherebbe und Lust zu lesen hat. Das mit dem weiteren Hobby hatte Lotta längst wieder von sich geschoben und vergessen. Es gab aber auch viel zu tun, na ja oder so. Ihre Nichten und Neffen freuten sich lange nicht so über selbst gestrickte Pullover wie über die neusten Modeerscheinungen oder technisches Krimskrams. So ein Computer war vielleicht ganz nett, ein Fenster zur Welt, ging es Lotta durch den Sinn als sie ihre Lieblingsbücherei betrat, Moki im Schlepptau.
Moki wusste genau wo sie hin durfte und machte sich in dem Moment selbstständig, als Lotta ihr die Leine abmachte. Die kleine Hundedame flitzte schnellstens durch den gesamten Laden, stupste eine Tür im Hintergrund auf und schlüpfte hindurch. Nicht einmal eine Minute später war ein Schmatzen und Schlürfen zu hören, gefolgt von einem Trappeln und ganz zum Schluss einen zufriedenen Hundeseufzer.
Lotta hatte eine Tüte mit sich gebracht, voll mit alten Büchern. Diese Secondhand Bücher stellte sie auf ein spezielles Regal und schaute was andere hier hinterlegt hatten. Jeder brachte hier unterschiedliche Werke her, die er nicht mehr behalten wollte und nahm sich dafür dann von diesem Regal was er interessant fand. Mal brachte Lotta zehn Bücher und griff sich eins, ein anderes mal nahm sie fünfzehn Bücher für fünf die sie mitbrachte. Das war auch in Ordnung so. Der Buchladen an sich lebte natürlich vom Verkauf und der fand auch statt. Das Secondhand Regal war nur ein kleiner Bonus, für alle die gern lasen aber vielleicht sich nicht immer neue Bücher leisten konnten. Oft aber wurde dann trotzdem das ein oder andere Buch direkt mitgenommen, viele bestellt und noch mehr von den Kunden des Ladens kamen wenige Stunden später zurück und meinten, sie müssten doch noch unbedingt genau dieses Buch jetzt sofort mitnehmen. Eigentlich hatten sie nur Bücher tauschen wollen. So war das eben. Lesen ist eine Lust und manchmal auch eine Leidenschaft.
Heute strich Lotta durch den Laden, die Secondhand Bücher schon auf dem Tresen und konnte einfach nichts finden, was sie mitnehmen wollte. Dabei hatte sie sich schon so auf neue Abenteuer in Form von Büchern gefreut. Leben aus zweiter Hand, so hatte eine ihrer Schwestern es genannt. Na und? Kann nicht jeder Berge besteigen oder Welten umsegeln und nicht jeder war dazu geeignet ein 08/15 Leben zu führen, dachte Lotta trotzig. Was ihr allerdings nicht dabei half ein gutes Buch zu finden.
Nun, manchmal finden Bücher einen. Das Buch das beschloss das Lotta es mitnehmen sollte, fiel aus dem Regal in dem Moment als Lotta davor stand und ganz woanders hinsah. Eigentlich hätte das gar nicht passieren können, doch, es rutschte einfach herunter und fiel ihr auf den Fuß. Es war nicht schwer, nicht einmal dick, ein ganz normales Paperback auch noch. Doch Lotta merkte es trotz des dicken Winterstiefels, bückte sich und hob es auf. Sie staunte nicht schlecht, was sich da an sie geschmissen hatte.
Maggie für dich. Lotta blinzelte und las noch einmal. Magie für dich. Ein Leitfaden für ein bisschen Würze im Leben. Lotta grinste, hob das Buch in die Luft, während sie sich umdrehte.
"Maria, ich habe was gefunden oder es hat mich gefunden. Etwas das jedes Leben Braucht. Ein bisschen Maggi, als Würze im Leben!"

 

Hallo Ailith,

die wichtigste Voraussetzung zum Schreiben hast du: Du liest Bücher, und die Bücher laufen dir (entschuldige) Lola nach.
Deshalb hier herzlich willkommen.
Welches Thema hat deine Geschichte?
Eine seit (!) ihrer Kindheit zu hausfraulichen Tätigkeiten gezwungene Frau zieht sich aus der Männerwelt zurück, um ihr Leben mit Hund und Büchern zu verbringen. Dann allerdings mahnt ein Buch (wie vom Himmel gefallen), dass man für das Leben ein wenig Würze (Männer?) brauche. Übrigens ein hübsches Wortspiel bzw. Maggie/Magie/Maggi (bewusst?). Kannst du daraus etwas machen?
Das ist eine Geschichte von den vielen, die in deinem Text stecken: das Leben in der Familie, die kranke Mutter, die Männerbekanntschaften undundund.
Du erwähnst nur diese Geschichten, erzählst sie aber nicht; du zählst sie auf.
So denke ich mir über Lola, armes Mädchen, so ist halt das Leben, und lese die nächste Kurzgeschichte auf Kg.
Was will ich wissen: Nehmen wir nur die Büchergeschichte: Welche Bücher liest die Lola? Was ist das für ein Laden? Wer ist Maria? In welchen Lebensumständen lebt Lola jetzt (äußerlich/innerlich)? Welche Lebenseinstellung hat sie? Was fühlt sie? Kennt sie andere Menschen undundund?
Du schreibst nicht nur für dich, sondern auch für mich, den Leser. Und als solche stelle ich, da ich interessiert bin, was denn diese Lola für eine ist, diese Fragen.
Und solche Fragen würde ich für alle deine anderen Geschichten in deinem Text stellen.
Denn ich fühle, dass du mir, dem Leser, etwas mitteilen willst, was für dich und damit auch für mich wichtig ist. Was ist das?
Schreiben heißt, an einem Text lange zu arbeiten. Mühsam ist das. Aber es lohnt sich für dich und dann auch für mich als Leser.
Herzlichst
Wilhelm

 

War eine sehr spontane Angelegenheit einer Nacht und ja, das Wortspiel ist mir bewusst, mit diesem hat diese Geschichte sogar angefangen.
Vom Prinzip ist es einfach nur die Momentaufnahme eines Lebens mit einem kleinen Rückblick warum es überhaupt dazu kam. Falls ich daraus noch etwas machen werde, sofern Lotta und Moki sich einen Platz in meinem Gehirn sichern, wird das allerdings dann wesentlich länger als eine kurze Geschichte.

 

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