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Ein besonderer Geburtstag
„Hallo, aufstehen!“, ruft Sven. Es ist Sonntag und seine Eltern liegen noch im Bett, aber heute geht das nicht. Heute ist sein Geburtstag!
Mama schaut verschlafen auf die Uhr. Sie muss blinzeln, um die verschwommenen, roten Balken auf dem Radiowecker als Zahlen erkennen zu können. Kurz vor Sechs, so früh standen sie ja nicht mal während der Woche auf.
„Du hättest ihm mal erzählen sollen, dass er erst nachmittags auf die Welt gekommen ist“, sagt Papa verschlafen.
Fröhlich klettert Sven zwischen seine Eltern ins Bett. Ein bisschen Kuscheln, bevor er seine Geschenke bekommt, kann sicher nicht schaden.
„Alles Gute zum Geburtstag, Großer“, sagt Papa. Auch Mama gratuliert und nimmt ihren Sohn fest in den Arm.
„Na, wie alt bist du denn geworden?“, fragt der Vater um Sven zu ärgern und grinst. Sven kann kaum glauben, dass sein Vater das nicht weiß.
„Papa!“, ruft er empört, „Ich bin jetzt acht!“
Um das wirklich klar zu machen, hält er die passende Anzahl Finger hoch.
„Acht Jahre, soso! Was schenkt man denn einem achtjährigen Jungen zum Geburtstag? Hmmm.“ Der Vater schaut sehr angestrengt während er nachdenkt. Sven hofft, dass sein größter Wunsch in Erfüllung geht. Aber seine Eltern hatten sich immer gesträubt einen Hund zu kaufen, egal wie oft der Junge versprochen hatte, dass er sich immer gut darum kümmern wolle.
„Ich weiß“, ruft Papa, „du willst bestimmt ein Malbuch!“
„Nur wenn du immer mit mir zusammen drin malst“, lacht Sven.
„Wenn ich das gewusst hätte, hätten wir uns nicht soviel Mühe mit Deinem richtigen Geschenk machen müssen“, ruft Papa und kitzelt Sven, bis dieser nur noch quietschen kann vor lachen.
In der Zwischenzeit hat Mama schon mit den Füßen ihre Pantoffeln geangelt und geht in die Küche, um Kaffee und Frühstück zu machen. Als die beiden anderen dazu kommen, ist der Tisch schon gedeckt und im Ofen backen frische Brötchen. Außerdem gibt es heißen Kakao. Lecker.
Trotzdem kann Sven das Frühstück kaum genießen, die Neugierde auf sein Geschenk ist viel zu groß. Hastig schlingt er die Bissen herunter und verbrennt sich ein bisschen den Mund, als er den Kakao hinterherschüttet. Aber er ist ja jetzt schon acht Jahre alt, also verzieht er nur die Mundwinkel und kneift die Augen zusammen, bis es aufhört, weh zu tun.
„Fertig!“ ruft er, nachdem er das letzte Stück seines Marmeladenbrötchens heruntergeschlungen hat, „bekomme ich jetzt Geschenke?“
„Na, du hast es aber eilig“, sagt Mama und schaut Papa ganz geheimnisvoll an. „Dann schauen wir doch mal ins Wohnzimmer, ob du etwas bekommst.“
Sven rutscht hastig von seinem Stuhl und läuft den Flur entlang ins Wohnzimmer. Auf den Tisch hat Mama Konfetti gestreut und Schokoladenherzen dazwischen verteilt. In der Mitte liegen drei Päckchen in buntem Glitzerpapier, das mit den Augen des Jungen um die Wette leuchten will. Aber Svens Augen leuchten gar nicht.
Keine Spur von einem Hund, nur Päckchen. Hunde schenkt man nicht in Päckchen.
Sven versucht seine Enttäuschung herunterzuschlucken, Mama und Papa haben ja immer schon Nein gesagt.
Schließlich überwiegt auch die Neugierde, was sich denn nun in den Geschenkpaketen befindet und er macht sich daran, sie zu öffnen.
Ein neues Stiftemäppchen für die Schule kommt als erstes zum Vorschein. So eins, wo man die Stifte nicht einsortieren muss, die sind ja was für kleine Kinder. Sven hat jetzt eins wo man alles einfach hineinwirft, der tolle Roboter aus dem Kinofilm ist auch darauf. Zumindest darum werden alle in der Klasse ihn beneiden, wenn schon nicht um einen Hund.
Als er das zweite Geschenk aus der Verpackung befreit hat, hält er ein Buch über Dinosaurier in der Hand. Dinos findet Sven super und er blättert gleich begeistert zwischen den Seiten herum und bestaunt die Abbildungen. Besonders toll findet der Junge die Bilder mit Größenvergleichen. Manche von den Urzeitmonstern waren ja so groß wie ein Haus, das muss er später noch mal ganz genau betrachten. Aber es steht ja noch ein Geschenk auf dem Tisch, das muss erst mal ausgepackt werden!
Das letzte Päckchen ist größer und quadratisch. Was hier wohl zum Vorschein kommt? Das Papier lässt sich schwer entfernen, das hat bestimmt Papa eingepackt. Es ist ganz viel Tesafilm daran und die kleinen Finger müssen eine Weile arbeiten, bis sie den Inhalt herausgeschält haben.
Ein ferngesteuertes Auto! „Mensch, Papa, Mama, das ist ja super, danke!“ Der Junge strahlt übers ganze Gesicht, und fängt gleich an, die einzelnen Teile aus dem Karton zu ziehen. Ein schwarz-gelber Geländewagen kommt zum Vorschein, mit ganz großen Reifen und Scheinwerfern sogar auf dem Dach! Außerdem sind da noch eine Fernbedienung mit zwei Hebeln, eine Bedienungsanleitung und ein Päckchen mit Batterien. Sven hat mit einem Mal alle Enttäuschung über den unerfüllten Wunsch vergessen.
Mama schaut in die Anleitung, die Sven und Papa kaum eines Blickes gewürdigt haben, während Vater und Sohn die Batterien einsetzen. Papa würde am liebsten selber fahren, aber Sven gibt die Fernbedienung nicht aus der Hand. Begeistert steuert er das Auto durch die Wohnung, ziemlich oft auch gegen Schränke, Stühle und was sonst noch in den Weg gerät. Das Lenken ist gar nicht so einfach wie es immer aussieht!
„Na, mit ein bisschen Übung müssen wir uns dann bald hoffentlich keine Sorgen mehr um die Einrichtung machen“, sagt Papa lachend. Mama zieht eine Grimasse, sie denkt an die Zeit, bis es soweit ist, dass ihr Sohn das Auto geschickt um Hindernisse herum lenken wird, anstatt mit Vollgas dagegen zu fahren. Trotzdem muss sie lachen, als das Auto unerwartet an ihrem Bein zum Stillstand kommt.
Den Vormittag verbringt die Familie spielend und lachend bis Sven erschöpft ist, schließlich war er ja schon sehr früh wach. Gemeinsam lassen sie sich auf dem Sofa nieder und der Junge kuschelt sich an seine Mutter.
„Ich weiß, dass du gerne einen Hund bekommen hättest“, sagt Mama leise und streichelt Sven über den Kopf. „Aber wie fändest du es denn, wenn du statt dessen ein Geschwisterchen bekämst?“
Der Junge schaut sie überrascht an. Mama lächelt und Sven lächelt zurück; er begreift, dass dies keine Frage sondern eine Ankündigung war.
„Ich hätte gerne eine kleine Schwester“, sagt er fröhlich.
„Das“, sagt Mama, „wird die nächste Überraschung.“