Ein Augenblick des Glücks
Ein Tag wie jeder andere. Der Wecker klingelt laut, schrill, ermahnend, als wollte er sagen: steh auf, neue Probleme, Sorgen, Aufgaben, die du unmöglich bewältigen kannst, warten auf dich, du wirst wieder Fehler machen, nie wiedergutzumachende Fehler, du wirst mit Menschen umgehen müssen, die du nicht leiden kannst, du wirst Menschen verletzen, die dir viel bedeuten, du wirst...
Also raus aus dem Bett, es ist kalt, und dunkel, wo ist der Lichtschalter, ach hier, nein, zu grell, also wieder aus und im Dunkeln Richtung Küche laufen, dabei nicht über die Berge von Klamotten stolpern, die längst gewaschen sein müssten oder die Bücher, die so bald wie möglich in die Bücherei zurückgebracht werden müssen, also wäre es an der Zeit, anzufangen, sie zu lesen. Geschafft, endlich in der Küche, was war das? Oh, eine halbleere Flasche Wein, deren Inhalt sich nun auf dem Küchenboden verteilt. Vorwärtstasten, vielleicht stehen da ja noch mehr, noch zwei Schritte bis zum Kühlschrank! Tür auf und da ist sie, inmitten von abgelaufenen Joghurts, saurer Milch und der Käse sah auch schon mal besser aus. Da ist sie: meine Schokolade, sanft beschienen vom Licht des Kühlschranks, der den Raum in ein schummriges Licht taucht. Meine Schokolade, zuerst eiskalt, dann zart schmelzend. Ich lasse mich auf den nächsten Stuhl fallen, jetzt weiß ich auch, wo ich meine Haarbürste hingelegt habe. Ich schließe die Augen, während ich mir ein weiteres Stückchen in den Mund schiebe. Das Leben ist schön.