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Ein anderes Leben

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20.02.2016
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Ein anderes Leben

Auf einmal stand sie in Aleppo. Um sie herum alles vertraut. Sie wusste, wo sie hin musste. Zügigen Schrittes ging sie die Straße entlang, um sich herum einige Gestalten, die auf den schmutzigen, trockenen Boden blicken, um nicht aufzufallen. Menschen überall und doch unsichtbar. Die Mauern waren gelblich verblichen, weißer Staub lag auf den geordneten Ziegelsteinen. Ein Haus halb abgerissen oder gesprengt. Auf dem Boden Scherben, die in der Sonne glitzerten. Sie versprachen Glück, aber diese Ironie wurde von dem Mann, der ihr entgegenkam, achtlos beiseite getreten. Das lauteste Geräusch war das Klirren, als die Scherbe auf einem Stein aufkam.

Sie suchte sich ihren Weg durch die Gassen und wusste, dass sie ein Ziel hatte, aber nicht welches. An jeder Ecke spähte sie zuerst vorsichtig um die Kurve. Sie konnte nie wissen, was sie dahinter erwartete. Es war schon längst Gewohnheit geworden. Ebenso wie die Flieger, die bisweilen hoch über ihren Köpfen kreisten. Sie wirkten harmlos, so weit weg, wie schwarze Vögel vor der Sonne, die über sie wachten. Langsam bewegten sie sich über den blauen Himmel, suchend, wartend… Vielleicht nur auf den richtigen Augenblick? Sie erschrak, sprang beinahe in einen Haufen aus Schutt und Geröll, als direkt neben ihr eine Tür aufgestoßen wurde. Der Mann, der im Türrahmen erschien, schaute sie prüfend an. Erschrockene Gesichter von allen Seiten wegen dem Lärm, den sie verursacht hatte, als sie im Wegrutschen einige Steine zur Seite gekickt hatte. Sie richtete sich auf, blickte wieder auf den Boden und versuchte, Gelassenheit zu vermitteln. Aus dem Augenwinkel sah sie, wie die Menschen sich wieder abwandten und ihren Weg weitergingen. Hinter ihr traten nun Frauen und Kinder auf die Straße, offenbar der ganze Haushalt des Mannes samt Gepäck. Die Frau weinte leise, zog sich schutzsuchend in das Haus zurück, strich mit der Hand über die Mauern und ließ die Hand dann dort liegen, als wollte sie das verfallene Haus stützen. Der Mann drehte sich um, und sie konnte seinen Gesichtsausdruck nicht mehr erkennen, aber als er den Arm seiner Frau ergriff, wirkte er zugleich bestimmend und sanft. Widerwillig löste die Frau sich von der Sicherheit ihres Zuhauses, um das Gepäck zum Auto zu bringen.

Sie zwang sich, weiterzugehen und die Szene zu ignorieren, doch sie hörte noch eine Weile, wie immer weitere Gepäckstücke verfrachtet wurden, eines der Kinder zu weinte und die Familie hastig zu beten begann, für die schwere Reise, die ihnen bevorstand. Sie mahnte sich zu Konzentration. Sie sollte ihren Weg auf Gefahren überprüfen. Aber was sollte sie denken über den Mann, der sich hinter einem staubigen Fenster verbarg und ihr mit seinen Blicken folgte? War er eine Gefahr? Ihr Herzschlag beruhigte sich, erhöhte sich an der nächsten Ecke schon wieder und pumpte so kräftig in ihrer Brust, als wollte er ihr sagen, ich bin noch da, ich lebe, denk an mich! Sie wollte in das Auto steigen zu der ängstlichen Frau und dem Mann, der bestimmt einen Plan hatte und wusste, wie man zu diesem besseren Leben kommt, von dem alle erzählen. Sie wusste aber, sie konnte nicht fliehen, sie musste diesen Weg entlang gehen und sich den Bildern stellen, die sich ihr boten. Den dünnen Kindern, die in einem Innenhof saßen und etwas aßen, das sie freiwillig nicht einmal angefasst hätte. Den Ruinen auf der Seite, die verlassen von dem Krieg zeugten, der hier bisweilen wütete. Den Drohnen, die ab und an näher kamen, als wollten sie hämisch darauf hinweisen, über welche Macht sie verfügten.

Sie hörte feste Schritte, eine Gruppe von Menschen kam von der Seitenstraße aus in ihre Richtung. Sie drückte sich an die Mauer, schlich weiter im Schutz der drei Leute, die auf der anderen Straßenseite mit geduckten Schritten weiter gingen. Eine offene Tür neben ihr, durch die sie sich gerne zurückgezogen hätte. Was sollte sie tun, wer war es, der gleich um die Ecke biegen würde? Ihr Herz pumpte nicht mehr, es raste. Ihr Schleichen hörte sich für sie an wie Stampfen auf dem Boden, ein rollender Stein wirkte wie eine Lawine. Sie war zu langsam, eine Gruppe von Männern bog um die Kurve, schwer bewaffnet, die Gewehre bereits in der Hand. Der Mann auf der anderen Straßenseite war stehen geblieben. Sie tat es ihm nach, schwer atmend, als ob sie selbst mit der schweren Ausrüstung der Soldaten marschieren würde. Einer der Männer stoppte kurz und schaute sich um. Sie wollte rennen, weit weg von hier. In ein Haus, auf den Hügel, raus aus dieser Stadt, in das Auto, das sie an einen sicheren Ort bringen würde. Sie wagte es nicht, den Blick des Vorangehenden zu erwidern, der sie doch eindeutig anstarrte. Wen sonst, hinter ihr war nichts als ein hohes Gebäude. Der Mann drehte sich auf der Stelle, suchend. Sie folgte seinem Blick über die Kreuzung. Einen Moment war alles starr und die Zeit stand still. Dann zerriss ein ohrenbetäubender Knall die Luft. Sie spürte eine Druckwelle, die sie noch stärker an die Mauer zwang. Hatte jemand geschossen? Orientierungslos blickte sie an sich herunter, ihre Hände fühlten sich taub an, aber sie sah nichts und erst Sekunden später konnte sie wieder klar denken. Der Knall war von keiner Waffe gekommen, sondern von einer Explosion. Eine Hitzewelle traf ihre linke Seite. Als sie den Kopf kurz nach oben drehte und für einen Moment vergaß, wo sie selbst war, sah sie Rauch in einigen hundert Meter Entfernung aufsteigen. Sie atmete unwillkürlich auf, weil der Knall nicht ihr gegolten hatte, obwohl eine Explosion in solcher Nähe nicht gerade eine Erleichterung war. Es war eben auch Gewohnheit geworden.

Wirklich Gewohnheit? Sie kam doch nicht aus Aleppo oder? Etwas stimmte nicht. Ein anderes Bild, eine andere Geschichte keimte in ihr auf, doch jetzt hieß es erst einmal weitergehen. Eng an die Wand gedrückt, vorsichtig die Soldaten beobachtend, die sich genauso abrupt, wie sie gestoppt hatten, wieder in Bewegung gesetzt hatten.

Noch zwanzig Meter bis zur nächsten Kreuzung. Die Menschen auf der anderen Seite gingen ebenso schnell wie sie, es war ein Wettlauf weg von der Aufmerksamkeit. Jedes Nicken eines Soldaten drohte damit, dass sein Kopf sich auch einfach umdrehen könnte. Jeder langsamere Schritt schien nur die Voraussage, dass gleich einer stoppen könnte.

Noch zehn Meter. Die Steine auf dem Boden hartes Geröll, woher kam der weiche Stoff und die kühle Brise, die sie an ihren Füßen spürte? Wohin wollte sie überhaupt laufen? Aber sie musste sich doch konzentrieren, in dieser Welt der Gefahren, musste die Häuser um sie herum überprüfen. Ein Glitzern auf der linken oberen Seite. Auf 5 Uhr, kam ihr in den Sinn, obwohl das überhaupt keinen Sinn machte, sie war doch kein Soldat. Hatte sie wohl zu viele Actionfilme gesehen? Sie drehte sich um, aber in Aleppo drehte sie sich nicht um, sah nur kurz auf um herauszufinden, was dort drüben die Sonne reflektiert hatte. Der Mann auf der anderen Seite hatte es auch gesehen. Er begann zu rennen. Blieb noch genug Zeit? Wie in Zeitlupe drehten sich die Soldaten hinter ihr um, sie konnte ihre Waffen klirren hören, sie hatte es zu spät gesehen! Um sie herum alles warm und geborgen, ihre Hand fühlte sich seltsam taub an. Woher kam das?

Sie durfte nicht an ihre Hand denken. Sie musste rennen, ohne Rücksicht auf den Müll auf dem Boden, den Plastiktüten, die unter ihren Füßen knirschten, den Scherben, die sie viel zu laut zur Seite kickte. Im Blick nur der Gewehrlauf, der sie anvisierte. Sie wurde schneller, es ging um ihr Leben. Sie rannte und rannte, doch der Lauf folgte ihr, sie musste schneller, schneller! Dabei musste sie doch nur die Augen aufschlagen, oder nicht? Aber es ging noch nicht, es fehlte noch das entscheidende Ende. Die Soldaten hinter ihr, die jedoch auf die schwarze Gestalt hinter dem Fensterbrett zielten. Ein erster Schuss ertönte. Wach auf, schrie ein Teil von ihr! Sonst passiert es!
Der Schuss ging daneben, gegen das Fensterbrett und verschaffte ihr noch eine Sekunde mehr Zeit, aber auch wenn sie schon so lange um ihr Leben rannte, kam die Kreuzung nicht näher! Die Häuser neben ihr nur noch eine durchgehende Mauer, in der es keine schützenden Hauseingänge mehr gab. Die Soldaten weder Schutz noch Gefahr, nur sie und der Gewehrlauf, der nach der kurzen Ablenkung wieder genau auf sie zeigte. Es gab kein Entkommen. Du bist nicht in Aleppo, sagte ihr Verstand. Der Rest von ihr wusste, was jetzt kommen musste. Ein letzter Schritt auf dem braunen, trockenen Boden. Dann der erlösende Knall. Sie wusste, sie war getroffen.

Sie fiel. Tiefer und tiefer, ohne auf dem Boden aufzuschlagen. Etwas anderes versuchte, sie zu packen. Sie in die Realität zu ziehen. In die Realität? Sie war doch tot, sie musste irgendwann aufkommen. Der Schuss hatte ihr gegolten! Ihre taube Hand, auf der sie immer noch lag. Der Mann hinter dem Fenster, es hatte es auf sie abgesehen. Ihre Füße, viel zu kalt. Der Schuss, der sie irgendwo getroffen hatte. Sie wusste nicht wo. Wo blieb der Schmerz? Doch endlich, als sie ihre andere, schweißnasse Hand spürte, konnte sie sich lösen.

Mit einem Ruck erwachte sie, setzte sich im Bett auf und stützte sich ab. Verlor das Gleichgewicht beinahe, weil die Hand immer noch taub war. Ihr Herz pumpte wie wild in ihrer Brust. Es schrie jetzt, jubelnd und zugleich panisch, ich bin noch da, ich lebe noch. Ihre Augen gewöhnten sich an die Dunkelheit. Sie sah die Möbel um sich herum, ordentlich eingerichtet in dem kleinen schlichten Zimmer. Aus dem offenen Fenster erblickte sie die grünen Gipfel der Bäume um das Haus. Die roten Dächer einer ordentlichen deutschen Kleinstadt. Kein Geröll, keine Explosion. Keine Gewehre. Ihr Atem wurde ruhiger. Langsam wurde sie die Bilder in ihrem Kopf los, die immer wieder diese eine Szene wiederholten. Soldaten, Schuss, Fall. Soldaten, Schuss, Fall. Verschwommen, weit weit weg, und doch so unglaublich real. Wenn sie die Augen schloss, war sie wieder dort.
Langsam konnte sie rational darüber nachdenken, ihren Alptraum gleichzeitig schrecklich und faszinierend finden. Die Nachrichten mit Bildern von Flüchtlingen und dem Krieg in Syrien hatten sie offenbar bis in den Schlaf verfolgt. Schrecklich war das. Erschreckende Bilder, jeden Tag. Aber sie konnte jetzt weiterschlafen. Die grausame Szene war verschwunden, sie war wieder eine ganz gewöhnliche Deutsche. Sie konnte die Decke um ihre Schultern ziehen. Ihre Füße zurückziehen in die wohlige Wärme. Sich einkuscheln und das ganze Leid vergessen, dass ihr in ihrem Traum wiederfahren war. Das war nicht ihre Welt. Gute Nacht.

 
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Hallo Schatten,

bei zwei Beiträgen sage ich mal noch herzlich willkommen!

Sie wusste, wo sie hin musste.
Gefühlt ist „wohin sie musste“ eleganter


sie sie Straße
die


schattenhaft Leute
Was sind schattenhafte Leute?


Menschen überall und doch nirgendwo.
Heißt?


Scherben auf dem Boden, die in der Sonne glitzerten.
Wenn du mit „Auf dem Boden“ anfängst, ist das Relativpronomen leichter zuzuordnen.


Sie versprachen Glück, aber diese Ironie wurde von dem Mann, der ihr entgegenkam, achtlos beiseite gekickt.
Kicken passt nicht zur restlichen Sprache. Außerdem muss man bei dem Satz ganz schön um die Ecke denken.


Das einzige Geräusch in der Straße war das Klirren, als die Scherbe auf einem Stein aufkam.
Eine einzige Scherbe würde denke ich nicht reichen, um durch die ganze Straße zu hallen.


Bei jeder Ecke
An

Man konnte nie wissen, was sie dahinter erwartete.
Man? Sie.


wegen dem Lärm
des Lärms


löste die Frau sich von der Sicherheit ihres Zuhauses, um das Gepäck zum Auto zu bringen. Sie zwang sich,
Da gibt’s Schwierigkeiten, das Sie der Protagonistin zuzuordnen.


drei anderen Leute, die auf der anderen Straßenseite
drei Leute


Sie wagte es nicht, den Blick des Vorangehenden zu erwidern, der sie doch eindeutig anstarrte, wen sonst, hinter ihr war nichts als ein hohes Gebäude.
Würde einen Punkt nach „anstarrte“ machen.


drangen die rationalen Gedanken in ihr vor.
„und plötzlich konnte sie klar denken“ … „Die rationalen Gedanken dringen in mir vor“ klingt blöd.


Als sie den Kopf kurz nach oben drehte
Als sie aufblickte


500 Meter
In literarische Texten würde ich Zahlen ausschreiben.


Sie atmete unwillkürlich auf, obwohl eine Explosion in solcher Nähe nicht gerade eine Erleichterung war. Es war eben auch Gewohnheit geworden.
Sie atmet vermutlich auf, weil es sie nicht erwischt hat, das müsste hier deutlich werden.


wie sie gestoppt hatten, wieder in Bewegung gesetzt hatten.
Manchmal kann man beim Plusquamperfekt die Wiederholung vermeiden, indem man eine Form nimmt, die mit „sein“ gebildet wird (oder umgekehrt), also z. B.: wieder in ihren Marsch verfallen waren


Wettlauf um die Zeit, weg von der Aufmerksamkeit
Mit. Und eigentlich ist es ja kein Wettlauf mit der Zeit, weil es ja nicht so ist, dass sie zwangsläufig erschossen wird, wenn sie fünf Minuten statt drei braucht.


Noch 10 Meter.
Zehn auf jeden Fall ausschreiben.


Hatte sie wohl zu viele Actionfilme gesehen?
Da steckt so ein bisschen die Krux dieses Textes drin. Man muss sicher nicht alles erlebt haben, bevor man darüber schreibt. Nur schaden kann's halt auch nicht. Nachvollziehen zu wollen, wie sich Bürgerkrieg anfühlt, ich würde mir da ziemlich dummdreist bei vorkommen. Es sei denn, ich habe mich mit ein paar Leuten ausgiebig unterhalten, die echt gerade so mit dem Leben davongekommen sind. Aber wenn ich's mehr oder weniger auf dreimal Black Hawk Down gucken fußen lasse … also, wie gesagt, ich würd's eh nicht machen, aber unter den Umständen dann schon mal gar nicht.


Woher kam das, mit ihrer Hand war doch gar nichts!
Das klingt sehr umgangssprachlich.


ohne Rücksicht auf den Müll auf dem Boden, den Plastiktüten, die unter ihren Füßen knirschten, den Scherben
Ohne Rücksicht auf die Plastiktüten und die Scherben. Knirschen ist bei Plastiktüten auch das falsche Wort.


Wach auf, schrie ihre Vernunft!
Klingt albern, dass die Vernunft etwas schreit.


Du bist nicht in Aleppo, schrie ihr Verstand.
Den Verstand würde ich auch nicht so zur Persönlichkeit ausufern lassen.


Dann der erlösende Knall, sie wusste, sie war getroffen.
Bei Punkt nach Knall kommt's knackiger.


Mit einem Ruck erwachte sie, fuhr im Bett hoch und stützte sich ab.
Hast du das schon mal gemacht? Ist mir echt beim krassesten Alptraum noch nicht passiert, ich kenne das nur aus'm Film, dass die Leute dann so hochkommen.


Belehrende Texte finde ich grundsätzlich schwierig. Jedenfalls, wenn sie Literatur sein sollen. Gute Literatur will meines Erachtens niemanden belehren. Sie erzählt und überlässt die Entscheidung dem Leser, ob er aus dem Erzählten eine Lehre mitnehmen will. Und wenn's „nur“ eine coole Geschichte war, muss das reichen. Wenn nicht, fehlt alles, worauf es ankommt.

Im Übrigen finde ich die Lehre falsch. Schäm dich beim Pizzaessen, weil im Sudan Kinder verhungern. Die werden davon nicht satt. Wenn ich eine bestimmte Partei wähle oder mich in einer Organisation engagiere, die sich für faire Deals mit Entwicklungsländern einsetzt, dann steigt die Chance schon eher. Ja, es gibt Evolutionsbremsen, die Busse blockieren und so, und denen würde so ein Wochenende Aleppo All Inclusive vermutlich ganz gut tun. Die erreichst du aber nicht, die lesen nur Bild und Landser-Hefte.

Also, das mit dem Traum, und dieses Ende, dieses Abzielen aufs schlechte Gewissen, das macht den Text zur Predigt, das würde ich killen. Wenn es nun unbedingt dieses Thema sein muss, würde ich mir ein Ehrenamt in der Flüchtlingsunterkunft in deiner Umgebung zulegen (falls du ein solches nicht eh schon hast). Dann würde ich gezielt das Gespräch mit Syrern suchen, sehr akribisch nachfragen und sehr genau zuhören. Wie heißen die Menschen? Wie viele Leute kennen sie, die durch Bomben gestorben sind? Was haben die Toten beruflich gemacht? Mit was für einem Auto flüchtet die Familie da? Muss der Vater vielleicht nochmal zurück ins Haus, weil sie das Lieblingsstofftier der Tochter vergessen haben? Und dann die Angst der Mutter: Da ist der Vater, der alles für sein Kind tun würde, darum will er ja aus dem Land raus, aber was ist denn, wenn jetzt die Bombe kommt und er für einen scheiß Teddy gestorben ist? Wie soll man damit weiterleben? Wie heißt der Teddy? Ist es überhaupt ein Teddy? Ich weiß ehrlich gesagt gar nicht, was bei Kids in der Ecke der Welt an Stofftieren en vogue ist.

Mit solchen Einzelheiten machst du den Text zur Geschichte. Die würde ich mir gefallen lassen. Das hier ist mir zu viel gut gemeint und zu wenig Literatur.


Beste Grüße
JC

 
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Hallo Schatten,

ich denke du hast bei deiner Geschichte ein spannendes Thema gewählt, es geht ja, wenn ich es richtig verstanden habe, um eine Flucht, oder?

Nur leider konnte ich die Spannung nicht so richtig spüren. Es fühlt sich alles ein wenig gehetzt an und schnell erzählt an. Vielleicht ist aber auch dein Schreibstil nur nicht meins.

Ich glaube auch nicht, dass sich die Prota tatsächlich während sie träumt fragen würde, ob das jetzt alles so passt. Ich denke nicht, dass man träume während man träumt hinterfrägt.

Viele Grüße,

Helen

 

Hallo Marissa,

ich war erster Kommentator, darum stand mein Name in der Spalte rechts. Verfasst hat's: der Schatten.


Greetz
JC

 

Hallo Proof,

danke für die ausführliche Kritik! Das hat wirklich geholfen, ich habe auch schon verbessert wie du vielleicht gesehen hast, bei den allermeisten Sachen muss ich dir absolut Recht geben.

Ich mein, es sollte gehetzt klingen und dass man in einem Traum am Ende hinterfragt, ob es tatsächlich ein Traum ist, kommt bei mir schon manchmal vor, das nennt sich dann luzides Träumen. Ich finde das ein ganz spannendes Gefühl wenn man nicht weiß, was Wirklichkeit und was Traum ist und wollte das deswegen rein bringen.

Ich kann die Kritik verstehen, dass es belehrend wirkt. Ich persönlich finde schon, dass Literatur lehren sollte, zwar nicht BElehren, sondern Zusammenhänge aufzeigen und auf gesellschaftliche Probleme aufmerksam machen, wie zum Beispiel darauf, dass wir unser entspanntes Leben leben und uns das Leben der Flüchtlinge so unglaublich fern vorkommt, dass es uns wenig beeinflusst. Das ist aber keine Kritik am Einzelnen, dass wir uns alle schämen sollten, sondern einfach eine Feststellung. Vielleicht war ein Traum aber einfach nicht das beste Mittel dafür.

Andererseits kann ich den Kritikpunkt, dass man sich zuerst ausreichend über die Flüchtlingskrise informieren muss, nicht wirklich nachvollziehen. Zumindest am Ende kommt ja raus, dass sie nie in Aleppo gelebt hat und deshalb keine Ahnung von dem Leben dort hat, und da es aus ihrer Sicht erzählt ist, muss der Text deswegen auch nicht realistisch beschreiben wie es dort aussieht und die Situation ist.

Aber vielen Dank und ich nehme mir das auf jeden Fall zu Herzen, dass es nicht richtig rübergekommen ist und ein Traum das Thema vielleicht bisschen zu klischeemäßig abhandelt.

LG Schatten

 

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